Diskussion Political Correctness in Kinderbüchern

SO!
Ich muss es noch korrekturlesen, aber ansonsten bin ich soweit fertig. 12,5 Seiten sind es jetzt geworden. Ich bin sehr gespannt, was da für eine Note herumkommt, ich selbst find's total mies und seltsames Blabla :D
Wer es unbedingt lesen möchte, kann sich mit einer Mailadresse bei mir anstellen, dann schicke ich es morgen in der korrigierten Form herum.
 

Das ist immer das schönste Gefühl!

Ich habe mal eine ähnliche HA zum Thema Koloniale Bilderwelten in der Reklame des Kaiserreichs geschrieben. Wobei man sich da über den rassistischen Gehalt nicht zu streiten brauchte. Das war es einfach. Allerdings habe ich sogar noch die Ehre des armen Sarotti-Mohrs retten können, indem eine andere, schon fast vergessene Traditionslinie für dessen Kreation herleiten konnte, die nicht unbedingt was mit dem Rassismus aus heutiger Zeit zu tun hat. Was nichts an der rassistischen Rezeption in heutiger Zeit ändert. Aber mit dieser Goldversion hat Sarotti das ja noch sehr elegant gerade gebogen.

Zensur ist halt immer gut, solang es nur die richtigen Leute fordern. Wer sich moralisch besonders privilegiert gibt und laut und lang genug schreit, bekommt auch recht. Ich hab es aufgegeben mich über so etwas aufzuregen. Auch wenn mich mal eine qualitative Studie zu dem Thema interessieren würde, wie viele vermeintlich Menschen sich nun wirklich betroffen fühlen. In den Medien werden ja immer nur Einzelfälle zur Unterstützung der jeweiligen Meinung vorgeführt.
 
Mich würde vor allem auch sehr eine Befragung von Kindern interessieren. Die Zeit hat sowas ähnliches gemacht:

Was eigentlich sagen die jungen Leser selbst dazu?

Die ZEIT hat zwei Hamburger Schulklassen das Problem vorgelegt. Hier einige Antworten: »Früher dachten viele Deutsche, sie seien klüger als Menschen aus anderen Ländern. Sie fanden es lustig, sich zum Beispiel als Türken, Chinesen und Neger zu verkleiden. Meine Eltern kommen aus Spanien und der Türkei. Deshalb kann ich über so etwas nicht lachen.«

Oder: »Wenn man jemanden Negerlein nennt, klingt das wie der Name für ein Haustier. Und das ist gemein! Wenn solche Wörter in Büchern vorkommen, muss man die Bücher ändern.«

Schließlich: »Das Wort Negerkuss darf man heute nicht mehr sagen, das ist schwarzen Menschen gegenüber gemein. Deshalb sollte das Wort Neger auf keinen Fall in einer Geschichte vorkommen.« So oder ähnlich lauteten die allermeisten Antworten.
Quelle: Kinderbücher: Die mörderischen Ideen rechter Schläger entstehen nicht durch fehlgeleitete Lektüre der "Kleinen Hexe" | ZEIT ONLINE

Die Antworten zeigen deutlich, dass Kinder durchaus in der Lage sind, gelesene Begriffe zu reflektieren - die wissen, dass das Wort nicht schön ist und deshalb braucht man sich auch keine Sorgen machen, dass die unreflektiert in den Wortschatz übergehen, nur weil sie in einem Buch standen.
Mich würde jetzt sehr eine Befragung von Kindern interessieren, die beide Versionen kennen. Welche sie bevorzugen usw., ich glaube das könnte sehr interessante Ergebnisse bringen.

Außerdem habe ich in meiner Arbeit am Schluss noch die alten Versionen mit den neuen verglichen. Die kleine Hexe haben sie gut hinbekommen, die fraglichen Begriffe wurden ersetzt, die Negerlein gestrichen und deren Handlungen dem Schornsteinfeger zugeschrieben und alles wurde an die neue Rechtschreibung angepasst. Ansonsten ist der Text Wort für Wort identisch mit dem Original.
Bei Pippi Langstrumpf haben sie aber Murks gemacht. Neben dem Negerkönig, der zum Südseekönig wurde, haben sie insgesamt neben den Anpassungen der Rechtschreibung auch die komplette Sprache einer Überarbeitung unterzogen und vor allem sämtliche "Mutter" und "Vater" zu "Mama" und "Papa" gemacht :eek:

Und Pippi trifft recht am Anfang die Aussage 'will ich euch sagen, daß es in Kenia keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen Tag.' - in der Neubarbeitung wurde der Satz so gelassen - allerdings wurde aus Kenia nun plötzlich Kongo. :eek:
Kann mir das jemand sinnvoll erläutern? Ich verstehe es immer noch nicht...
 
auch die komplette Sprache einer Überarbeitung unterzogen und vor allem sämtliche "Mutter" und "Vater" zu "Mama" und "Papa" gemacht :eek:

Mit den Augen roll!

Was will man machen. Mittlerweile werden ja selbst Märchen angepasst. Nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich. Da hat Schneewittchen plötzlich einen Pubertätskrach mit der Stiefmutter und solche Sachen.

Ich weiß natürlich, dass selbst die Gebrüder Grimm entsprechende Anpassungen vorgenommen haben, aber irgendwann wird es Sinnentstellend.

Und Pippi trifft recht am Anfang die Aussage 'will ich euch sagen, daß es in Kenia keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen Tag.' - in der Neubarbeitung wurde der Satz so gelassen - allerdings wurde aus Kenia nun plötzlich Kongo. :eek:
Kann mir das jemand sinnvoll erläutern? Ich verstehe es immer noch nicht...

Ich kenne es noch mit Ägyptern, aber vielleicht war das auch die TV-Version. Ansonsten ist es inhaltlich sicherlich richtig. Wusstest du etwa nicht, dass alle Kongolesen notorische Lügner sind? ;)
 
Ich möchte dazu noch eine Überlegung mit ins Spiel bringen:
Pipi Langstrumpf ist ja eine Übersetzung. Ist es möglich, dass die Änderungen über die Anpassungen bezüglich der political correctness hinaus gehen, weil sie dadurch eventuell näher am Original sind? Denn eine Übersetzung kann ja immer nur eine inhaltliche Annäherung sein, die im zweiten Anlauf vielleicht besser gelungen ist - auch wenn es vielleicht nicht unseren Geschmack trifft.
Ich erinnere mich an die erste Krege-Übersetzung des "Herrn der Ringe", in die ich am liebsten hinein gekotzt hätte, weil die Wortwahl oft so unpassend war, obwohl er sich oft mehr dem Original näherte als die Übersetzung von Carroux aus dem Jahr 1969.
 
Glaube ich in dem Fall eigentlich nicht. Du hast die Arbeit ja gelesen - die Änderungen in dem Beispiel, das ich angeführt habe, haben eigentlich nichts mit Übersetzungsanpassung zu tun. Da wurde einfach nur die heutige Umgangssprache draus gemacht.
Außerdem sprach Astrid Lindgren deutsch und hat mit dem ersten Übersetzer des Buches vorher eine lange Zeit gesprochen - ich gehe deshalb davon aus, dass sie die Übersetzung dann gesehen und abgesegnet hat und man somit von einer recht originalgetreuen ausgehen kann.
 
In deinem Beispiel finde ich nicht alle Änderungen schlecht, mit zwei Ausnahmen:
- Die Umplatzierung des Wortes "gerade" in '..., wenn sie gerade mitten im schönsten Spiel war, ...', weil es einem beim Vorlesen einen Betonungspunkt klaut. (Die Kurzen stehen auf so was! :) )
- "Mama" und "Papa", weil nicht alle Kinder diese Worte benutzen. Meine ältere Nichte (26) benutzt "Mama" und "Papa", meine jüngere Nichte (13) aber "Mutti" und "Vati", wie ich es auch tat. (Na ja, bei mir waren es eher "Muddi" und "Vaddi"... :D ) Soweit ich mich erinnern kann, haben auch beide Nichten schon sehr früh von "Mutter" und "Vater" gesprochen, wenn sie über die Eltern anderer Kinder redeten.
 
Was mich grad irritiert, was ist denn eigentlich mit "Mohr" wurde das Wort auch negativ gebraucht? Muss wohl, da der Sarotti-Mohr nun der Sarotti-Magier ist und eine goldene Hautfarbe hat. :rolleyes:

Zudem, wenn sogar die heiligen 3 Könige keinen ja wie jetzt, Afromorgenländer(?) mehr haben dürfen, bedeutet das, dass man sich nicht als dunkelhäutiger verkleiden darf? Haare rot färben und Sommersprossen aufmalen ist aber ok, oder?
 
Hehe, ja - das mit dem Mohr hat mich auch interessiert. Hätte ich mehr Raum in der Hausarbeit gehabt, hätte ich das auch noch mit reingebracht, aber es passte nicht mehr. Aber ich habe in der Buchhandlung mal neugierig in den Struwwelpeter geguckt - Ausgabe von 2013, es ist immer noch ein Mohr in der Geschichte. Da gab es auch Diskussion, ob das geändert werden sollte, aber bisher ist es nicht passiert.
 
Neger, Mohr, Negerkönig sind politisch inakzeptabel weil diskriminierend und werden in Kinder- und Märchenbüchern sprachlich politisch korrekt überarbeitet. Religiöse Märchenbücher seltsamerweise nicht. Ist denn Hadith 493, 704 des Korans nicht diskriminierend und politisch inkorrekt: „Wenn Frauen, Juden, Hunde und Esel an einem betenden Muslim vorbeigehen, machen sie seine Gebete ungültig.“? An die orientalischen Märchenbücher, egal ob Koran oder Bibel, trauen sich unsere korrekten Politiker scheinbar nicht ran :D
 
An die orientalischen Märchenbücher, egal ob Koran oder Bibel, trauen sich unsere korrekten Politiker scheinbar nicht ran :D
Desperado, du begibst dich da gerade auf gefährliches Areal, indem du dich selbst provokant diskriminierend ausdrückst. Es betrifft zwar nicht mich, aber hier ist eine gemischte Gruppe - und den Glauben anderer so abwertend anzugreifen, kann eigentlich nur böses Blut zur Folge haben. Ich habe kein Problem mit einer Diskussion zu dem Thema, aber die sollte dann doch besser höchst sachlich geführt werden, anstatt mit einem Schlag unter die Gürtellinie zu beginnen.

Und zu deiner Frage: Nicht die Politiker sind verantwortlich für die Änderung von Büchern, sondern die Verlage und Autoren. Zwecks Änderungen von Koran, Bibel und Talmud frage doch einfach mal Gott - am Besten gleich nach einer einheitlichen Fassung. ;)
 
Na mein Guter, da bist du aber mit deinem letzten Satz fast genauso provokant wie Despi. ;) Grob gesehen, hat er mit seinen "religiösen Märchenbüchern" nicht ganz unrecht.

Ich tue mich jedoch besonders schwer mit dem inzwischen inflationären Gebrauch des Wortes "Diskriminierung". Das bekomme ich jedoch nicht mehr heute Nacht hin. Sorry.
 
aber die sollte dann doch besser höchst sachlich geführt werden, anstatt mit einem Schlag unter die Gürtellinie zu beginnen.
Sachlich gesprochen: es sind Märchenbücher. Das ist ein belegbarer Fakt.
verborgener Text:

Kein Mohammed besass je ein fliegendes Pferd, kein Jesus starb und erstand wieder auf, keine 7 Plagen haben tatsächlich so stattgefunden, keine Maria wurde ohne gefickt werden schwanger, niemand erstarrte je wirklich zur Salzsäule. Wer im Jahre 2014 noch was anderes glaubt, hat einen an der Waffel.


Dass in den religiösen Märchenbüchern diskriminiert wird, wo es nur geht, ist ebenso Fakt. Und "Gottes Worte" (welcher auch immer, Thor, Allah, Jahwe, Jehova) befehlen, gebieten und verlangen Dinge, die weit über den Gebrauch der Wörter Nigger, Jude oder Ungläubiger hinausgehen. Aber - und das ist der eigentliche Punkt, geht es hier um den Gebrauch diskriminierender Wörter oder Bezeichnungen, die kommen zumindest in der Bibel nicht vor.
 
Wie Zweierpotenz oben schon angedeutet hat, kann man über das Thema Glauben im weiteren Sinne durchaus intensiv diskutieren und bewegt sich dabei tatsächlich auch auf dünnen Eis. In der Vergangenheit haben wir häufig erlebt, dass eine Diskussion völlig vom ursprünglichen Thema abgekommen ist sobald Religion und Glaube ins Gespräch gebracht wurde. Nicht selten ging es dann auch schnell ans Eingemachte und die sachliche Diskussion war nicht mehr möglich.

Ich will an dieser Stelle einfach nur den mahnenden Moderatorenzeigefinger schwenken. Auch wenn es natürlich fast bei jedem Thema auch eine Überschneidung mit dem Glauben, den Religionen und/oder Gott, Göttern, höheren Mächten oder der allumfassenden Energie gibt, sollten wir beim eigentlichen Thema bleiben.

Dass wir sehr schnell auf eine andere Schiene kommen können zeigt der verborgene Text in Threepwoods, der alleine schon Anlass für 25-seitige Diskussionen wäre.
 
Was mich grad irritiert, was ist denn eigentlich mit "Mohr" wurde das Wort auch negativ gebraucht? Muss wohl, da der Sarotti-Mohr nun der Sarotti-Magier ist und eine goldene Hautfarbe hat. :rolleyes:

Gleich vorneweg: Es war eine Geschichtshausarbeit. Also nix mit Sprachwissenschaften. Mohr war früher einfach nur eine Bezeichnung für einen dunkelhäutigen Menschen. Das umfasste alle die etwas dunkler als z.B. der Klischee-Italiener waren. Es wurde dann sogar noch mal differenziert. Ein Mohr war das was wir heute unter Araber verstehen. Ein Afrikaner hingegen war ein schwarzer Mohr.

Die, sehr dünne, Forschungslage leitet den Sarotti-Mohren von den sogenannten Tabakmohren her ab. Das waren ursprünglich eine frühe Form der Werbeträger für Tabak, Kaffee und Kakao. Anfänglich waren die Darstellung einfach nur exotisch. Mit der Zeit wurden sie allerdings immer rassistischer. Würde man von dieser Traditionslinie her ausgehen wäre der Sarotti-Mohr von Anfang an her rassistisch (ob bewusst oder unbewusst) angelegt gewesen. Ich hingegen leite ihn von den sogenannten Kaffeemohren ab. Das war exotische Diener an europäischen Herrschaftshäusern, die deren Macht und Weltläufigkeit demonstrieren sollten. Da gab es zwar auch genug traurige Geschichten zu, aber Rassismus wie wir ihn heute kennen, gab es damals nicht in der Form. Einige Kaffeemohren sind sogar in hohe Ämter aufgestiegen und zu Vermögen gekommen. Ich gehe davon aus, dass der Sarotti-Mohr sich auf diese Traditionslinie bezieht. Nach dem Entbehrungsreichen WKI sollten die drei Mohren (ursprünglich waren es nämlich immer drei) wohl einfach nur etwas herrschaftlichen Luxus in die deutschen Wohnzimmer bringen, zumal man die Mohren anfänglich für eine Pralinenmischung warben, also für ein typisches Geschenk, was möglichst viel hermachen sollte.

Wobei das nur für historisch interessierte Menschen relevant ist. Der Sarotti-Mohr wird heutzutage nun mal als rassistisch angesehen und daher musste er ausgetauscht werden. Mich hat es damals einfach nur interessiert und da ich ohnehin eine Hausarbeit zu dem Thema Kolonialismus schreiben musste und ich keinen Bock auf Herero-Aufstände, Frauen in den Kolonien und sonstigen Krempel hatte, hab ich halt was mit Kolonialer Reklamewelt gemacht und dabei den Sarotti-Mohren abgearbeitet.
 
Ich kam erst jetzt dazu, diesen Thread in Ruhe zu lesen - das ist manchmal sogar viel spannender, als wenn man während der "Entstehung" dabei ist. Also eigentlich war ich der Meinung, dass es völliger Unsinn ist, Kinderbücher auf diese Art und Weise zu "entschärfen". Aber vielleicht muss man das wirklich tun, damit die Kids, wenn sie groß sind, nicht Konditor werden und sowas hier verkaufen:

bimbo_krapfen.jpg

Da ist mir dann doch so ein bisschen die Spucke weg geblieben, die mir beim Anblick solcher Backwaren sonst im Mund zusammen läuft...
 
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