Tiere haben keinen Killeristinkt - von einigen Affen einmal abgesehen, denn Schimpansen verhalten sich genau so wie Menschen, bis hin zu Krieg und gezielter Tötung von Exemplaren anderer Stämme - sondern regieren auf Signale wie wir Menschen auch.
Wenn vor uns einer mit einem Messer steht, gibt es je nach Charakter auch bei uns nur 3 Möglichkeiten: Unterwerfung (meistens), Flucht, oder aggressiv drauf los gehen und kämpfen.
Wenn ein Mensch eine Hand in Richtung einer Katze ausstreckt, ist das das selbe Signal, wie wenn vor uns einer das Messer zückt, denn eine der Hauptwaffen bei einer Katze sind nun mal die Tatzen.
Dass die Katze nicht direkt zuhaut liegt daran, dass sie zum einen dieses aus ihrer Sicht dämliche Verhalten des Menschen als nicht so gefährlich einstuft wie bei Artgenossen oder sie sich evtl. dem doch deutlich stärkeren Gegner unterwirft.
Bei Hunden ist es ähnlich: Macht man sich groß (Arme zum Kopf heben um sich zu schützen) will man nach dem Verhaltenscodex eines Hundes kämpfen oder zumindest drohen. Auf die vorgestreckte Tatze reagiert er nicht, weil das nicht seine Angriffswaffe ist.
Letztendlich senden wir für die Tiere die falschen Signale und eins der übelsten ist alle Zähne zu zeigen. Wir interpretieren das als "Lächeln" aber das Tier als Drohgebärde. Ja, auch Tiere können lächeln, aber dabei werden nach Möglichkeit die Reißzähne nicht völlig entblößt und der Kopf weißt nie direkt in Richtung auf den Gegner/Bekannten. Demonstratives Gähnen ist übrigens auch eine Drohgebärde oder zumindest eine Imponiergebärde.
Wenn also ein Krabbelkind auf Augenhöhe des Hundes die Zähne zeigt, muss der sich schon stark zurückhalten und wissen, dass der Kleine unter dem Schutz des Alpha Weibchens des Rudels steht, damit er nicht zubeißt. Dann droht der Hund subtil (offen wäre eine Herausforderung an das Alpha Tier) und was macht das Gör? Nimmt auch noch die Hände hoch und fängt an zu bellen/schreien. Dass dabei selbst dem besterzogenen Hund die Nerven durchgehen können, ist für mich nicht verwunderlich - aber bring mal einem Gör bei, es solle sich in einer solchen Situation auf den Rücken legen, Ruhe bewahren, Augenkontakt vermeiden und die Kehle anbieten ...
BTW: Tigerdressuren funktionieren nur deswegen, weil die Dompteure sehr genau auf Angriffs- und Fluchtdistanzen achten, das ist mit ein Grund, warum sie einen Stock mitführen, denn der verschafft Geschwindigkeitsvorteile und Distanzkontrolle. Machen sie dabei allerdings einen Fehler, ist es aus. Bei Roy war es eben der Schlaganfall, der ihn sich so verhalten lies, wie ein geschwächtes Beutetier und zusätzlich befand er sich in perfekter Angriffsdistanz. Der Tiger konnte einfach nicht anders.