Ich bin schockiert!

chmul

Moderator
Teammitglied
Ich muss vorausschicken, dass ich nie ein sonderlich großer Fan von Hansi Flick war. Abgesehen davon, dass er seine größten Erfolge beim FC Bayern München feierte, hielt ich ihn immer für zu bieder und langweilig, um die Nationalmannschaft zum Erfolg zu führen. Aber gestern musste ich schockiert feststellen, dass ich möglicherweise falsch liege. Ich bin vermutlich auf die gute, alte Wolf-im-Schafspelz-Masche hereingefallen. Ein solch perfides Vorgehen hatte ich von Flick nicht erwartet.

Da geht der Mann hin und legt in fast schon genialer Unauffälligkeit die Basis für den Gewinn der Europameisterschaft im kommenden Jahr. "Hä?" werden sich jetzte einge denken "Der ist doch einfach nur unfähig.". Weit gefehlt. Die ganze Sache ist von langer Hand vorbereitet und man hätte es sich auch denken können. Schließlich bedarf es erstmal der Asche bevor man wie ein Phoenix daraus aufsteigen kann. Die letzte WM war nicht deshalb so übel, weil Flick kein ausreichend gutes Spielermaterial gehabt hätte oder er unfähig gewesen wäre, das zweifelsfrei gute Material zu einer titeltauglichen Mannschaft zu formen. Nein, das war die Ouvertüre zum Titelgewinn im eigenen Land.

Und in diesen Masterplan fügen sich auch die drei aktuellen Spiele ein. Inzwischen hat es jeder gemerkt, die Deutschen sind kein Thema mehr, wenn es um große Turniere geht. Jeder denkt, dass Flicks Mannschaft nur aus gelangweilten Leistungsverweigeren besteht, die selbst drittklassige Nationalmannschaften nicht vor Probleme stellt. Dazu spielt Flick an der Seitenlinie den ratlosen Bundestrainer fast in Perfektion. Aber wenn es denn nächstes Jahr losgeht mit der WM, werden sich alle wundern. Wegblasen werden wir unsere Gegner, ja aus dem Stadion werden wir sie schießen. Sie werden mit einer gänzlich unerwarteten Welle an Motivation und Spielwitz reihenweise aus dem Turnier geschwemmt.

Dann werden sich einige verwundert die Augen reiben und feststellen, welch raffinierten Plan Flick die ganze Zeit verfolgt hat.

Ach ja, und die Erde ist eine Scheibe.

In der Regel gehöre ich nicht zur "xxx (beliebigen Politiker/Trainer/Vorstand/Präsident einfügen) raus!"-Fraktion, zumal ich weiß, dass ich zwar auch über ein gerüttelt Maß an Fußballsachverstand verfüge, aber nicht die Einblicke haben kann, die ein Bundestrainer hat. Ich weiß nichts darüber wie es ist, mit sensiblen Seelen von Profiligen-Fußballern umzugehen und kenne die Grenzen der Tätigkeit des Bundestrainers im Spannungsfeld von Erwartungen, Spielergesundheit und Vereinsinteressen nicht.

Aber Fußball (zumindest der in Profiligen und bei internationalen Turnieren) ist eine Ware und ich bin ein Konsument, der dafür bezahlen soll. Für mein Geld erwarte ich eine Gegenleistung und ich alleine entscheide, ob mir der gebotene Gegenwert passt. Er passt im Moment nicht.

"Was erlauben Sané?" frage ich hier mal im Stile einer bekannten Trainerikone. Der zweifelsfrei hochtalentierte junge Mann bleibt schon lange hinter den Erwartungen zurück. Er hat zwar gestern in drei oder vier Aktionen sensationelle Pässe/Dribblings gezeigt, aber das reicht nicht für die Nationalmannschaft, wenn man den Rest des Spiels überwiegend lustlos durch die Gegend trabt. Gündogan? Havertz? Goretzka? Dito, nur ohne das kurze Aufblitzen von Talent.

Stattdessen bleibt Füllkrug auf der Bank und Can wird ausgewechselt. Vermutlich zu viel Energie für den Bundestrainer. "Moment," höre ich da manche sagen "Du weißt nichts über die Arbeit und Möglichkeiten des Bundestrainers, aber von den Sorgen und Nöten der Spieler sicher auch nicht, oder?". Das stimmt. Und ich habe selbst lang genug selbst gespielt und als Trainer Mannschaften betreut, um zu wissen, dass es manchmal schwierig ist, sich zu motivieren. Das gestehe ich jedem zu. Auch in der Bundesliga.

Aber nicht in der Nationalmannschaft. Egal wie viele Spiele während der Saison bestritten wurden. Wer für sein Land antritt - egal ob Kolumbien, Polen, die Ukraine, Italien, Holland oder eben Deutschland - muss sich einfach den Arsch aufreißen. Pardon my french! Und wenn ich das Gefühl habe, das kann ich (nach der anstrengenden Saison) nicht, dann habe ich halt muskuläre Probleme und reise ab.

Und falls ich das nicht tue, weil ich die Prämie einstreichen will oder Angst um den Platz im Team habe, dann erwarte ich vom Trainer, dass er die Hungrigen von den Müden trennt und eben nicht die Spreu auf den Platz schickt.

Flicks Tage sind gezählt. Ich kann mir kein Szenario vorstellen, das zu einer erfolgreichen Teilnahme an der EM-Endrunde führen könnte. Und erfolgreich wäre ja schon der Viertelfinaleinzug. Falls er nicht aufgibt, wird er spätestens nach dem Turnier gehen. Warum also nicht gleich? Gestern meinte der Experte, Flick würde vermutlich sogar freiwillig zurücktreten, wenn Klopp zur Debatte stünde. Will sagen, wer soll's denn machen, wenn Flick aufhört?
Vielleicht eben kein großer Name. Vielleicht einer den keiner auf dem Zettel hat, der die beste Mannschaft auf den Platz schickt, nicht die Gruppe der vermeintlich besten Spieler. Typen wir Steffen Baumgart, Christian Streich oder so. NICHT diese beiden, Typen wie die. Jetzt wäre noch Zeit.

Ich habe mich da etwas in Rage geschrieben. Mir ist klar, dass das einfach ist, wenn man mit seinem fleckigen Feinripp-Unterhemd fett auf dem Sofa liegt und andere kritisiert. Aber ich kann es mir nicht leisten vor Wut über die Leistungen von Flick und der Mannschaft meine Bierflasche in den 85-Zoll-OLED-TV zu schleudern, also muss ich mir auf andere Weise Luft machen.

PS: Die Entwicklung ist wirklich beängstigend. Stadien sind nicht mehr ausverkauft und der übliche Sturm der Entrüstung bleibt aus. Die Nationalmannschaft ist kurz davor in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Und das ist gerade zur Zeit sehr schlecht, weil es bei den nächsten Wahlen vermutlich nochmal ein paar mehr Wähler gibt, die wegen der Nationalmannschaft aus Protest die AFD wählen.

So, genug Stammtisch für heute.
 
Wenn ich eine deutsche Mannschaft sehen möchte, die engagiert, motiviert und spielerisch und taktisch gut eingestellt auf dem Platz steht, schaue ich eben den deutschen Fußball-Damen zu.

Bei deutschen Fußballern habe ich zu einem großen Teil das Gefühl, dass Motivation und Fähigkeiten mit zunehmendem Einkommen sinken. Ich würde gerne dem DFB aus Gründen der Forschung vorschlagen, die gesamte Herrenmannschaft mal nur mit Spielern aus den unteren Ligen zu befüllen. Möglicherweis erwarten uns dann auch keine Siege, aber mal wird vermutlich mal wieder den unbändigen Willen sehen. Und billiger wäre es vermutlich auch noch, so dass man dann dafür sorgen könnte, dass die Prämien bei den erfolgreichen Damen nach oben angepasst werden ...

Ich gebe zu, mein Fußballverstand ist jetzt nicht so ausgeprägt. Mich hat dieser Sport nie wirklich fasziniert. Dennoch lasse ich mich ab und an dazu hinreißen, mir ein Spiel anzuschauen. Seit einigen Jahren schaue ich aber lieber Frauenfußball (vielleicht, weil ich 2011 in einem Hotel in Frankfurt mit Hope Solo zusammengestoßen bin). Wenn ich, so wie gestern, versehentlich mal bei den Männern reinschaue, sehe ich in der Masse einfach nur übersättigte, pomadige Schleimbeutel auf zwei Beinen, die, bis auf wenige Ausnahmen, keine Freude am Spiel transportieren. Da wird ein Job gemacht (die Beurteilung ob nun gut oder schlecht überlasse ich dem Trainer), nicht mehr und nicht weniger. Mich erinnert das stark an eine Mitarbeiterin bei uns im Unternehmen, die eigentlich auch eher die Zeit absitzt, da sie ja pauschal entlohnt wird und meint, sich daher nicht bewegen zu müssen.
 
Erinnert Ihr Euch noch, als um das Jahr 2016 herum Kritik an Löw aufkam und plötzlich die Behauptung im Raum stand, Flick wäre der eigentliche Architekt des WM-Titels 2014 gewesen? Witzigerweise gab es diese Theorie 2006 schon einmal. Da soll hinterher Co-Trainer Löw und nicht Klinsmann der eigentliche Autor des Sommermärchens gewesen sein.

Was eine Mannschaft ausmacht, ist die Gier nach Erfolg. Und die kommt immer aus der Mannschaft heraus, ein Trainer kann die nicht hineintragen, bestenfalls kann er sie anstacheln. 2006 war es die Euphorie der Heim-WM, 2014 war es für viele Spieler die letzte Chance, einen großen Titel zu gewinnen, welche die angesprochene Gier erzeugte. Wir alle erinnern uns noch an Schweinsteiger, der im Finale schon fast an den schwarzen Ritter aus Monty Python erinnerte, der sich dieses Mal nicht auf ein Unentschieden einlassen wollte.

Unsere aktuelle Nationalmannschaft hat nichts von dieser Mentalität. Dazu kommt, dass wir meiner Meinung nach den qualitativ schwächsten Kader der letzten 30-40 Jahre haben. Das fängt beim vermeintlichen Leader an: Kimmich ist der bei Wish bestellte Nachfolger von Schweinsteiger, für mich ist er einer der derzeit am meisten überbewerteten deutschen Spieler überhaupt.

Flick kann weg, keine Frage. Aber dann kommt schon die nächste Frage: Ist der DFB überhaupt in der Lage, das richtige Personal für einen Neuanfang auszusuchen? Wenn ich sehe, dass man keine bessere Idee hatte, als den Fußballrentner Völler aus dem Ruhestand zu holen, habe ich da so meine Zweifel.
 
Und die kommt immer aus der Mannschaft heraus, ein Trainer kann die nicht hineintragen, bestenfalls kann er sie anstacheln.
Ist das nicht eine der Hauptaufgaben eines Nationaltrainers? Ich denke Grundlagen sollte jeder Spieler in seiner Laufbahn erworben haben. Die Aufgaben des Nationaltrainers sind die Taktik und die Motivation. Und da sehe ich andere Trainer weit vorne. Ich glaube bzgl. Taktik ist das kleine Flickchen schon ein Fuchs, aber es hilft nicht, wenn er die Spieler nicht entsprechend motivieren kann.

Flick kann weg, keine Frage. Aber dann kommt schon die nächste Frage: Ist der DFB überhaupt in der Lage, das richtige Personal für einen Neuanfang auszusuchen? Wenn ich sehe, dass man keine bessere Idee hatte, als den Fußballrentner Völler aus dem Ruhestand zu holen, habe ich da so meine Zweifel.
Ich denke in der Lage wäre der DFB schon, aber ist das gewollt? Schließlich möchte man doch nicht rückwirkend seinen eigenen geisteigen Bankrott erklären. Und man muss sich ja noch immer die Frage stellen, wo genau das Problem ist. Ist es tatsächlich der Trainer, der es nicht schafft die Spieler zu motivieren, oder ist es eine Spielergeneration, die einfach nicht empfänglich ist?

Auch die Trainerfrage ist sicherlich nicht so ganz leicht zu beantworten. Wenn wir mal von einem deutschen Trainer ausgehen, wer käme dann, zumindest von den Fähigkeiten her, in Frage? Klopp wäre sicherlich die erste Wahl und ich kann mir vorstellen, dass er auch Bock hätte, wenn sein Vertrag in Liverpool durch wäre.
Julian Nagelsmann wäre jetzt frei, da sehe ich zwar viel Potential, aber auch vieles, was dagegen spricht.
Und ob die (tschuldigung) Diven mit so einem Typen wie Christian Streich klarkommen, wage ich auch zu bezweifeln ...
 
Und ob die (tschuldigung) Diven mit so einem Typen wie Christian Streich klarkommen, wage ich auch zu bezweifeln ...

Streich hat in Freiburg den Luxus, dass der ganze Verein seine Arbeit vorbehaltlos unterstützt. Er hat die Zeit, Spieler aufzubauen, ohne Druck Ergebnisse liefern zu müssen (wobei das Anspruchdenken der Freiburger Fans vermutlich langsam auch steigt). Vermutlich wäre Streich super für Spieler wie Wirtz oder Musliala. Aber angenommen, es gäbe wirkliche einen Wechsel, dann bliebe nicht mehr viel Zeit und der Ergebnisdruck wäre immens. Abegesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Streich dieses Amt überhaupt haben wollte.

Aber vielleicht gibt es ja einen ähnlichen Typen, irgendwo da draußen. Der, ausgestattet mit maximaler Rückendeckung vom DFB und einem Zeitrahmen, der echte Veränderungen ermöglicht, "die Mannschaft" (komisch, dass sich das nie durchgesetzt hat :ROFLMAO:) umkrempeln kann und es schafft die Diven so einzustellen, dass sie ihre Fähigkeiten optimal in den Dienst der Mannschaft stellen.

Hach, welch süßer Traum.
 
Die Mimosen erschrecken ja, wenn die Quetsch geflogen kommt. Kaum sagt den Kerlen einer, sie währen gut, lassen sie sich auf das Sch..haus tragen, die Zuckerbeinchen könnten ja leiden. Bürgert ein paar Brasilianer aus deren 3. Liga ein, dann können "wir" wieder was werden. Ich spiel lieber an mir rum, ehe ich mir antue, wie die sich Berotzen und Betrügen, indem diese deutsche Glorie beim Vorbeilaufen eines Gegners in's Koma fällt und den sterbenden Schwan hinlegt. Eklig. Und diesen Typen schmeißen die Leute ihre sauer erbettelte Sozialhilfe in den Rachen - und hauen sich auch noch auf die dummen Birnen.
 
Streich wäre cool. Ich stelle mir gerade seine erste internationale Pressekonferenz vor.
"Wä se ebbes wisse welle, froget se mi oifach."
 
Wäre auch interessant zu sehen und hören, wie er Typen wie Can unter Kontrolle bringt.

Aber ich behalte ihn lieber in Freiburg.
 
Oben