Es ist Grunde doch so, dass wenn man die Sache wirklich theoretisch und extrem perfektionistisch angehen will und nur schon alleine alle in G-Dur vorkommenden Tonleitern (nach klassischer Harmonielehre wie von Jabberj genannt) fehlerfrei und absolut intonationsicher runternudeln möchte, man Jahre damit verbringen könnte an jeder Stelle des Griffbretts alle möglichen Kadenzen in Form von Arpeggios, Terzen, Sekunden, Sexten und Akkorden (2,3,4,5,6 stimmig) zu üben.
Handumkehrt kann das gezielte Vermischen von Skalen richtig spannend klingen. Wenn man ganz simpel von einem D7 zu einem G7 wechselt - oder noch besser 2 mal D7 und dann G7 und A7 - was ja nicht mal als Blues für Arme, die die 12 Bar-Version nicht auf die Reihe kriegen durchgehen kann - lassen sich unzählige Variationen basteln...von jedem 7er aus rein Mixolydisch, oder Dur-Pentatonik oder gleich Moll-Pentatonik (also Moll-Dur Terz Mix was ich als schon recht funky klingend empfinde) oder einfach die Blues-Tonleiter mit einer flaten 5....was auch immer.
Es gibt unzählige Möglichkeiten. Nebst reiner tonaler Theorie gibt es auch den Moment der Überraschung, unerwartete Wechsel bezogen auf Platzierung und auch Klang, die Rhythmikspielereien etc.
Es gab früher unglaublich gute Gitarristen - es gibt sie heute genauso - theoretisch wie technisch wie expressiv....
Das Mass zur Bewertung eines Musikers ist subjektiv und nicht sakrosankt. Ich selber halte den Santana für einen Vollhirsel, weil ich ihn im Fernsehen in einem Konzert gesehen habe und er da einen Gastgitarristen hatte: Todd Rundgren. Der stand völlig verloren auf der Bühne und machte aber einen freundlichen und willigen Eindruck - nur Santana drehte sich laut und lauter und war noch so bescheuert einfach vor den Gastmusiker zu stehen damit man ihn gar nicht sieht....dabei war Todd ja GAST - also eingeladen. Wie soll man sowas verstehen? Todd verstand es auch nicht und guckte nur belämmert aus der Wäsche bis der Moment kam wo selbst ein Lamm den Rüssel voll hat. Und der Mann hatte Geduld - muss ich schon sagen. Als der Santana endlich per Kopfbewegung zu verstehen gab Todd dürfe auch mal an den seinen Saiten zupfen, machte der seinem Frust derart virtuos freie Fahrt.....nun, Santana kam mir glatt wie ein Anfänger vor, denn Todd klang wie Eddie Van Halen goes Steve Morse auf Koks - Sphärisch schwebende Obertöne und Whammy bar en gros.
Anyway - Santana kann also spielen wie Gott, er hat es bei mir einfach "menschlich" vergeigt. Das Selbe gilt bei mir auch bei Ritchie Blackmore. Im Hallenstadion in Zürich hat der sich bei der Perfect Strangers-Tour benommen wie ein oberarrogantes Arschloch Sondergleichen. Da haben sich ab und zu 15000 Leute die Augen gerieben und sich gefragt ob sie träumen oder nicht: Einsätze nach Lust und Laune nach dem Motto - ich bin der Cheffe und ihr habt mir zu folgen. Kotz!
Nunja - Ian Paice hat den Abend insofern gerettet, als dass der Man solide wie Stahl bester Güte spielte: Absolut präzise gegroovt, verlässlich für den Rest der Band wie abgemacht gewechselt und sich kein bisschen beirren liess. So konnte man das Konzert doch noch geniessen - die Gitarre hab ich per Kopf-Equalizer einfach ausgeblendet
Man bewertet halt nicht nur nach absolut strengen Kriterien - sondern auch nach musikalischer Vorliebe und Sympathie.
Wenn ich mich nicht irre hat TBuktu irgendwo mal gesagt er könne den Paco die Lucia nicht ausstehen, weil der so überheblich seie - da kann der noch so rumraspeln, sodass 99% der Gitarristen nur noch Statisten sind - nützt ihm alles nix. *fg*
Es gibt heutzutage einige wirklich extrem gut spielende Gitarristen mit atemberaubender Technik. Das braucht jahrelanges hartes Training - sonst klappt das nicht. Aber es gibt halt auch die Leute, die nur 3 Töne brauchen um die Sonne am Horizont aufgehen zu lassen - und dann gibts noch die, die wissen wie man komponiert. Und wenn man das alles vereinen kann - und dass können wahrscheinlich die Wenigsten...
...dann heisst Derjenige...hmmm...Satch?
Jedenfalls hat der kaum den Längsten - sähe ja komisch aus bei seiner Grösse.