Cloud-Gaming: Dieses Rennen kann Microsoft nicht verlieren – oder vielleicht doch?

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Cloud-Gaming: Dieses Rennen kann Microsoft nicht verlieren – oder vielleicht doch?

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Microsoft steht in dem Ruf, gerne mal den einen oder anderen Trend zu verschlafen. Beispiele dafür finden sich in der jüngeren und älteren Vergangenheit genügend. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass es oft sogar noch schlimmer ist. Microsoft wird nicht von neuen Entwicklungen überrascht, sie ahnen sie oft sogar als eine der Ersten voraus – sind aber dann nicht in der Lage, Kapital daraus zu schlagen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang gerne auf diesen inzwischen zehn Jahre alten Artikel, in dem beschrieben wird, welche Trends Microsoft sehr früh vorhergesehen und an entsprechenden Produkten gearbeitet hat – ohne später eine Rolle zu spielen. Smartwatches, Video on Demand, Sprachassistenten, Tablets, Smartphones – das alles gab es teilweise sogar zuerst von Microsoft, die Kundschaft eingesammelt haben allerdings immer die Wettbewerber.

Derzeit entwickelt sich ein neuer Markt, der eigentlich gar nicht mehr so neu ist, aber noch immer ein Nischendasein fristet. Ich spreche vom Cloud-Gaming, also dem Streaming von Spielen auf jedes beliebige Endgerät unabhängig von dessen Rechenleistung. Die kommt aus dem Cloud-Rechenzentrum, zum Spielen benötigt man lediglich eine Internetverbindung.

Für viele Spieler nach wie vor unvorstellbar, aber auch das lehrt die Geschichte: Über künftige Erfolge von neuen Ideen entscheiden nicht die Nutzer der Gegenwart.

Microsoft hat sehr früh und sehr klar auf diese Karte gesetzt, mit dem Xbox Game Pass verfügen sie außerdem über ein Füllhorn von verfügbaren Spielen, jeden Monat kommen weitere hinzu. Da Microsoft zahlreiche Top-Titel selbst entwickelt und auch nach der Mammut-Übernahme von Bethesda weitere Zukäufe plant, sind sich viele Experten einig: Diesen Markt kann Microsoft nicht verlieren, sie sind viel zu gut aufgestellt.

In der Tat haben die Redmonder im letzten Jahr viel getan, um das Cloud-Gaming voranzubringen. Die Rechenzentren haben ein NextGen-Update erhalten und laufen nun mit der Technologie der Xbox Series X, man streamt auf den PC und die Xbox-Konsolen, via Browser kann man außerdem auch auf iPhone und iPad spielen.

In einem Punkt ist Microsoft allerdings nicht weitergekommen, und der wiederum spielt für mich eine entscheidende Rolle. Im November 2020 sagte Phil Spencer, er gehe davon aus, dass es bis Ende 2021 eine Xbox-App für alle Smart TVs geben wird. Im Juni 2021 wurde diese Absichtserklärung nochmals wiederholt, außerdem kündigte man einen eigenen TV Streaming Stick an.

Nun haben wir Anfang 2022, eine Xbox Game Pass App für TV-Geräte ist allerdings noch nicht in Sicht. Stattdessen ist es Google, das für Stadia entsprechende Kooperationspartner an Land gezogen hat. Auf Smart-TVs von LG ist Stadia als eigenständige App verfügbar, auf der nächsten Generation von Samsung-Fernsehern ist man ebenfalls vertreten. Sowohl LG als auch Samsung sind langjährige und enge Xbox-Partner.

Es ist schon eine Weile her, als ich die beiden Dienste miteinander verglichen habe: Microsofts Project xCloud und Google Stadia: So ähnlich und doch grundverschieden

Um einige wichtige Punkte aus dem Beitrag aufzugreifen: Ich schrieb seinerzeit, dass Google rücksichtslos „all in“ gehen kann, während Microsoft vorsichtig agieren muss. Wenn sie in die Cloud stürmen und ihrer aktuellen Kundschaft das Gefühl geben, „von gestern“ zu sein, kann der Schuss furchtbar nach hinten losgehen. So gesehen war es genau richtig, das Cloud-Gaming zunächst als zusätzliche Option für die vorhandene Xbox-Community zu platzieren. Nun sind wir aber an dem Punkt, an dem die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Beim Cloud-Gaming wird es nicht darum gehen, wer den größten Bestand mitbringt, sondern wer in der Lage ist, die größere Anzahl von „Neu-Gamern“ zu produzieren.

Bei dieser Zielgruppe ist es auch nicht wichtig, was man in der Vergangenheit bereits geleistet hat, es geht einzig und allein um das verfügbare Angebot im Hier und Jetzt. Google ist mit Stadia jetzt ohne Zusatzhardware auf TV-Geräten vertreten, Microsoft nicht. Stadia wurde quasi schon vor dem Start für tot erklärt, ich bin im Nachhinein froh, dass ich mich dieser Ansicht nicht angeschlossen habe. Mir war immer klar, dass es ein langes Rennen wird, in der Microsoft zweifellos in einer hervorragenden Ausgangsposition ist. Das ist allerdings keine Garantie für einen langfristigen Siegeszug.

Noch immer hält Microsoft gegenüber Google und den anderen Streamingdiensten viele Trümpfe in der Hand. Sie müssen nun allerdings beginnen, diese auszuspielen, wenn sie dieses Rennen weiterhin anführen wollen.

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Ein Beispiel das zeigt, dass die Mitbewerber nicht schlafen:
Steam bietet für Linux-Nutzer eine Art virtueller Windowsumgebung an (die man als Spieler nicht wahrnimmt), in der Spiele (aus dem Steam Store) unter Linux funktionieren, die sonst eigentlich nur unter Windows laufen.
Klappt nicht bei allen Spielen, aber bei den meisten läuft es gut.

Es wird aber immer noch die eigene Hardware genutzt - nur das System als solches wird über die Cloud simuliert.
Der nächste Schritt daraus ist aber klar und die Erfahrungen, die Steam aus der aktuellen Situation sammeln kann dürften ziemlich hilfreich sein.

Genau hier muss Microsoft aufpassen: Wenn sie das Cloud Gaming jetzt intern nicht auf hoher Prio haben, dann fährt ihnen der Zug mit Steam an Bord ganz schnell davon.
 
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