Sport, das wird jeder bestätigen, der mich kennt, liegt mir im Blut. Ohne geht gar nicht. Zugegebenermaßen gab es bei mir mit steigendem Alter gewisse Verschiebungen. War ich bis weit in die 30er noch selbst regelmässig auf dem Spielfeld, beschränkte ich mich in der Folgezeit darauf, hin und wieder mitzumachen, wenn ich meine Juniorenmannschaft trainiert habe. Inzwischen habe ich das auch auf Notfälle reduziert.
Sport liegt mir zwar noch immer im Blut, beschränkt sich nun aber eher auf den passiven Bereich, also Fernsehen. Bedingt durch die Bewegungsarmut befindet sich mein Körper natürlich in einem jämmerlichen Zustand. Das hat aber auch Vorteile, inzwischen kann ich ohne schlechtes Gewissen behaupten, ich triebe noch immer aktiv Sport. Als körperliches Wrack bedeutet der Weg zum Schlafzimmer im dritten Stock schon sportliche Höchstleistung zu erbringen.
Aber der Mensch ist träge und ich bin diesbezüglich sowas von Mensch, dass ich mich auf die Situation eingerichtet habe. Alles wird ein wenig langsamer angegangen und im schlimmsten Fall schlafe ich halt auf der Klappcouch im Wohnzimmer. Und an dieser Stelle könnte ich meinen kleinen Bericht auch beenden, wäre da nicht ein Antrieb gewesen, der mich aus meiner Lethargie gerissen hat. Wobei das Wort "gerissen" den Sachverhalt falsch darstellt. Es war mehr so ein - zunächst kaum wahrnehmbares - Schieben.
Es begann völlig harmlos und unverfänglich. Eines Tages, ich hatte mir gerade ein frisches T-Shirt aus dem Wäschekorb übergestreift, sagte mein Schatz zu mir, es täte ihr leid. Sie habe offensichtlich meine T-Shirts zu heiß gewaschen und jetzt seien sie eingegangen. So eng fühlte sich das T-Shirt gar nicht an und so verzieh ich ihr großzügig diesen Mangel an hausfraulicher Finesse.
Ein paar Tage später suchte ich dann ein bestimmtes Hemd, das ich im Schrank vermutete, dort aber nicht fand. Mein Schatz erklärte mir, dass sie dieses Hemd erst noch flicken müsse, am Bauch sei wohl ein Knopf abgerissen. Hm, dachte ich mir, komisch, das war mir gar nicht aufgefallen. War aber auch kein großes Problem, ich habe ja nicht nur ein Hemd.
Der erste Verdacht, dass eine Bemerkung eventuell mehr beinhalten könnte als die reine Information, die sie transportiert, kam mir bei einem gemütlichen Abendspaziergang. Wir waren erst ein paar Minuten unterwegs, der Streckenverlauf mehr oder minder eben und die Temperaturen im optimalen Bereich, da fragte mich meine Frau, ob ich noch könne. Wir könnten auch langsamer gehen, wenn es mir zu schnell ginge.
Wie bitte? Wir hatten uns in einem mir äußerst angenehmen Tempo bewegt, langsamer gehen würde also bedeuten stehen zu bleiben. Diese Erkenntnis und der Gesichtsausdruck meiner Liebsten machten mir deutlich, dass ich hier wohl mit einer versteckten Andeutung konfrontiert war. Zusammen mit allerlei anderen Vorkommnissen verdichtete sich der Verdacht, dass man mir zwischen den Zeilen klar machen wollte, dass es an der Zeit sei, etwas gegen den körperlichen Verfall, das zu hohe Gewicht und für die Gesundheit zu tun.
Hatte ich erwähnt, dass der Mensch träge ist? Mir gab diese deutlich ausgeprägte Eigenschaft die Möglichkeit, zwar zu der Erkenntnis zu gelangen, ich müsse etwas tun, diese aber erst einmal sacken zu lassen und die nächsten Schritte zu gegebener Zeit gedanklich durchzuspielen. Diese - von mir in vielerlei Hinsicht perfektionierte - Strategie wurde aber im Keim erstickt, als mein Schatz mir verkündete, dass wir fortan in ein Fitness-Studio gehen würden. Sie habe sich bereits angemeldet, mich dabei auch gleich angekündigt und ich solle dort anrufen um einen Termin zu vereinbaren. Jetzt.
Wenn man mich so anschaut und meine innere wie äußere Ruhe kennt, mag man es kaum glauben, aber es gibt auch Dinge, die mich kurzfristig auf Trab bringen. Ein Telefon, das mir unter die Nase gehalten wird gepaart mit dem unmissverständlichen Gesichtsausdruck meiner Frau und dem Wörtchen "jetzt" gehören zweifelsohne dazu.
Also rief ich an und erkundigte mich erst einmal grundlegend. Für einen unanständig hohen Preis konnte ich einen einjährigen Basisvertrag abschließen, der mir ermöglichte, die Einrichtungen des Studios während der Öffnungszeiten beliebig in Anspruch zu nehmen. Meine Frau war natürlich in der Nähe geblieben um sicherzustellen, dass ich keine Pizza bestellte statt im Studio anzurufen und hatte meine weit aufgerissenen Augen und die Schweißperlen auf meiner Stirn korrekt interpretiert. Mit dem Hinweis, dass es ja schließlich um meine Gesundheit ginge, die letztendlich unbezahlbar sei, war mir klar, dass der genannte Betrag so akzeptiert werden musste.
Nachdem ich den Termin vereinbart hatte, bekam ich zur Belohnung einen freundlichen Klaps. Nicht wie üblich auf die Schulter sondern auf den Bauch. Dann erzählte mir meine Frau von ihrem ersten Termin. Wie sie sich anfangs beim Walken auf dem Laufband ein wenig warm gemacht hatte und dann eine Reihe von Übungen in einem speziellen Bereich des Studios gemacht hatte, die gut zu bewältigen waren und Spaß machten. Spaß? Na klar. Und die Erde ist eine Scheibe.
Sei's drum, ich hatte eine Entscheidung getroffen oder besser, die Entscheidung war getroffen und ich ging am Folgetag hin und wurde von einer drahtigen, bestens durchtrainierten Dame freundlich begrüßt. Trotz aller Attraktivität und Freundlichkeit entging mir ihr Blick auf meinen Bauch und das anschließende Zucken nicht. Nachdem meine Personalien aufgenommen worden waren, wurden mir einige Fragen gestellt, deren Antworten fein säuberlich notiert wurden. Als ich gefragt wurde, was denn meine Motivation sei, mit dem Training zu beginnen, antwortete ich wahrheitsgemäß "Meine Frau". Das wurde aber nicht ins Formular aufgenommen.
Auch meine Antwort auf die Frage, was mein Ziel sei, fand keinen Eingang in die Unterlagen. "Es zu überleben" schien ebenso wenig akzeptabel zu sein wie "es hinter mich zu bringen". Durch eine geschickte Fragetechnik, die vermutlich in geheimen Lagern der NSA perfektioniert wurde, entlockte sie mir dann aber doch die Zugeständnisse, dass ich Gewicht verlieren und meinen Körper vom schlabbernden wieder in den festen Zustand überführen wolle.
Dazu hatte sie natürlich gleich das richtige Paket im Angebot und im irrigen Glauben, dass das am Vortag geführte Gespräch schon hinreichend geklärt hatte, was ich will, unterschrieb ich wenige Minuten später einen entsprechenden Vertrag. Der Betrag entsprach in etwas dem zuvor gehörten und als ich dann eine Trinkflasche, einen Beutel Eiweißpulver nebst Schüttelbecher und dann auch noch eine kleine, attraktiv gestaltete Kartonschachtel mit Ampullen zur Unterstützung des Stoffwechsels erhielt, schien mir der Betrag doch nicht mehr ganz so unverschämt hoch. Abgesehen davon, dass meine Fitnesstrainerin wie erwähnt recht attraktiv war. Das Auge trainiert ja schließlich mit.
Letzteres erwähnte ich sicherheitshalber nicht, als ich kurze Zeit später zuhause von meinen Erlebnissen berichtete und stolz meine Geschenke präsentierte. Aber meine überraschend positiven Schilderungen schienen bei meinem Schatz Unverständnis als auf Freude zu treffen. Das mag daran gelegen haben, dass sie all diese schönen Sachen nicht bekommen hatte. Mein zugegebenermaßen überhebliches "Tja" blieb mir aber im Halse stecken, als mir auf der Vertragskopie gezeigt wurde, dass ich zum Basisvertrag noch ein spezielles Herz-Kreislaufpaket gebucht und bezahlt hatte.
Also packte mir mein Schatz die Sachen schön wieder in eine Tasche und schickte mich mit einem nicht minder überheblichen Tätscheln auf den Kopf wieder zurück ins Studio, um meinen Fehler zu korrigieren. Dies erwies sich allerdings als weniger einfach als gedacht. Ich habe ja unterschrieben und auch schon mit EC-Karte bezahlt, deswegen könne man mir mein Geld nicht zurückgeben. Falls ich aber wirklich auf das unfassbar tolle Paket verzichten wolle, könne man den Differenzbetrag kulanterweise auf meine Karte buchen. Als Guthaben für Getränke oder Powerriegel.
Was soll's? Ist alles für meine Gesundheit und ich würde ja von einer netten jungen Frau in Form gebracht. Da muss man halt auch mal Abstriche machen. Diese Abstriche kamen dann auch, allerdings in anderer Form als ich erwartetet hatte. Als ich nämlich zwei Tage später zum ersten Training erschien, bat mich meine Fitnesstrainerin kurz zu warten. Gefolgt von der Bemerkung "Er kommt gleich.".
Moment,"er"? Ja er. Und er war genau das was man sich unter einem er vorstellt, der in einem Fitnessstudio ein- und ausgeht. Ein Berg von einem Kerl. Mein Jugendfreund Stapfi hätte bezüglich dieser beeindruckenden Arme gesagt "das hätten wohl mal Beinchen werden sollen". Unfassbar. Und dieser Typ nahm sich dann meiner an. Oder nahm sich mich vor, das trifft es wohl besser.
Niedergeschlagen und etwas ängstlich folgte ich Arnold (in Wirklichkeit heißt er Lars) durch das Studio, ließ mir die Übungen zeigen, die ich in den kommenden sechs Wochen zwei mal wöchentlich durchziehen sollte und erkannte, dass mein Ziel, die Sache zu überleben wohl weniger ein Scherz als eine Notwenigkeit sein würde. Die Frage nach dem Bereich, in dem mein Schatz trainierte, wurde mit einer gewissen Abfälligkeit in der Stimme beantwortet. Das sei nur was für Frauen. Ich hatte aber wenig Hoffnung, dass es helfen würde, meine feminine Seite hervorzuheben und beschränkte mich darauf wimmernd darum zu flehen, er möge doch die Tatsache berücksichtigen, dass ich seit Jahren nichts mehr gemacht hatte. Das habe er doch bei der Wahl der Gewichte schon getan. Und schließlich gehöre der Schmerz ja auch irgendwie dazu, oder?
Ja und so sitze ich nun hier, am Tag 1 nach meiner ersten Trainingseinheit und kann mich kaum mehr bewegen. Die Schmerzen gehören dazu, das kann ich uneingeschränkt bestätigen. Und wenngleich sie sich bei der Arbeit am Computer in überschaubaren Grenzen halten, so werde ich doch jedes mal unmissverständlich an sie erinnert, wenn ich mich von meinem Stuhl erhebe, um einen Ordner aus dem Schrank zu holen. Meine Kollegen wundern sich schon, dass ich so viele Ordner auf dem Tisch habe. Mir ist noch keine clevere Ausrede eingefallen. Dass mir jeder Muskel im Oberkörper und in den Armen so weh tut, dass ich es nicht mehr schaffe die Ordner in eines der oberen Fächer zu wuchten, werde ich aber sicher niemandem erzählen.
Sport liegt mir zwar noch immer im Blut, beschränkt sich nun aber eher auf den passiven Bereich, also Fernsehen. Bedingt durch die Bewegungsarmut befindet sich mein Körper natürlich in einem jämmerlichen Zustand. Das hat aber auch Vorteile, inzwischen kann ich ohne schlechtes Gewissen behaupten, ich triebe noch immer aktiv Sport. Als körperliches Wrack bedeutet der Weg zum Schlafzimmer im dritten Stock schon sportliche Höchstleistung zu erbringen.
Aber der Mensch ist träge und ich bin diesbezüglich sowas von Mensch, dass ich mich auf die Situation eingerichtet habe. Alles wird ein wenig langsamer angegangen und im schlimmsten Fall schlafe ich halt auf der Klappcouch im Wohnzimmer. Und an dieser Stelle könnte ich meinen kleinen Bericht auch beenden, wäre da nicht ein Antrieb gewesen, der mich aus meiner Lethargie gerissen hat. Wobei das Wort "gerissen" den Sachverhalt falsch darstellt. Es war mehr so ein - zunächst kaum wahrnehmbares - Schieben.
Es begann völlig harmlos und unverfänglich. Eines Tages, ich hatte mir gerade ein frisches T-Shirt aus dem Wäschekorb übergestreift, sagte mein Schatz zu mir, es täte ihr leid. Sie habe offensichtlich meine T-Shirts zu heiß gewaschen und jetzt seien sie eingegangen. So eng fühlte sich das T-Shirt gar nicht an und so verzieh ich ihr großzügig diesen Mangel an hausfraulicher Finesse.
Ein paar Tage später suchte ich dann ein bestimmtes Hemd, das ich im Schrank vermutete, dort aber nicht fand. Mein Schatz erklärte mir, dass sie dieses Hemd erst noch flicken müsse, am Bauch sei wohl ein Knopf abgerissen. Hm, dachte ich mir, komisch, das war mir gar nicht aufgefallen. War aber auch kein großes Problem, ich habe ja nicht nur ein Hemd.
Der erste Verdacht, dass eine Bemerkung eventuell mehr beinhalten könnte als die reine Information, die sie transportiert, kam mir bei einem gemütlichen Abendspaziergang. Wir waren erst ein paar Minuten unterwegs, der Streckenverlauf mehr oder minder eben und die Temperaturen im optimalen Bereich, da fragte mich meine Frau, ob ich noch könne. Wir könnten auch langsamer gehen, wenn es mir zu schnell ginge.
Wie bitte? Wir hatten uns in einem mir äußerst angenehmen Tempo bewegt, langsamer gehen würde also bedeuten stehen zu bleiben. Diese Erkenntnis und der Gesichtsausdruck meiner Liebsten machten mir deutlich, dass ich hier wohl mit einer versteckten Andeutung konfrontiert war. Zusammen mit allerlei anderen Vorkommnissen verdichtete sich der Verdacht, dass man mir zwischen den Zeilen klar machen wollte, dass es an der Zeit sei, etwas gegen den körperlichen Verfall, das zu hohe Gewicht und für die Gesundheit zu tun.
Hatte ich erwähnt, dass der Mensch träge ist? Mir gab diese deutlich ausgeprägte Eigenschaft die Möglichkeit, zwar zu der Erkenntnis zu gelangen, ich müsse etwas tun, diese aber erst einmal sacken zu lassen und die nächsten Schritte zu gegebener Zeit gedanklich durchzuspielen. Diese - von mir in vielerlei Hinsicht perfektionierte - Strategie wurde aber im Keim erstickt, als mein Schatz mir verkündete, dass wir fortan in ein Fitness-Studio gehen würden. Sie habe sich bereits angemeldet, mich dabei auch gleich angekündigt und ich solle dort anrufen um einen Termin zu vereinbaren. Jetzt.
Wenn man mich so anschaut und meine innere wie äußere Ruhe kennt, mag man es kaum glauben, aber es gibt auch Dinge, die mich kurzfristig auf Trab bringen. Ein Telefon, das mir unter die Nase gehalten wird gepaart mit dem unmissverständlichen Gesichtsausdruck meiner Frau und dem Wörtchen "jetzt" gehören zweifelsohne dazu.
Also rief ich an und erkundigte mich erst einmal grundlegend. Für einen unanständig hohen Preis konnte ich einen einjährigen Basisvertrag abschließen, der mir ermöglichte, die Einrichtungen des Studios während der Öffnungszeiten beliebig in Anspruch zu nehmen. Meine Frau war natürlich in der Nähe geblieben um sicherzustellen, dass ich keine Pizza bestellte statt im Studio anzurufen und hatte meine weit aufgerissenen Augen und die Schweißperlen auf meiner Stirn korrekt interpretiert. Mit dem Hinweis, dass es ja schließlich um meine Gesundheit ginge, die letztendlich unbezahlbar sei, war mir klar, dass der genannte Betrag so akzeptiert werden musste.
Nachdem ich den Termin vereinbart hatte, bekam ich zur Belohnung einen freundlichen Klaps. Nicht wie üblich auf die Schulter sondern auf den Bauch. Dann erzählte mir meine Frau von ihrem ersten Termin. Wie sie sich anfangs beim Walken auf dem Laufband ein wenig warm gemacht hatte und dann eine Reihe von Übungen in einem speziellen Bereich des Studios gemacht hatte, die gut zu bewältigen waren und Spaß machten. Spaß? Na klar. Und die Erde ist eine Scheibe.
Sei's drum, ich hatte eine Entscheidung getroffen oder besser, die Entscheidung war getroffen und ich ging am Folgetag hin und wurde von einer drahtigen, bestens durchtrainierten Dame freundlich begrüßt. Trotz aller Attraktivität und Freundlichkeit entging mir ihr Blick auf meinen Bauch und das anschließende Zucken nicht. Nachdem meine Personalien aufgenommen worden waren, wurden mir einige Fragen gestellt, deren Antworten fein säuberlich notiert wurden. Als ich gefragt wurde, was denn meine Motivation sei, mit dem Training zu beginnen, antwortete ich wahrheitsgemäß "Meine Frau". Das wurde aber nicht ins Formular aufgenommen.
Auch meine Antwort auf die Frage, was mein Ziel sei, fand keinen Eingang in die Unterlagen. "Es zu überleben" schien ebenso wenig akzeptabel zu sein wie "es hinter mich zu bringen". Durch eine geschickte Fragetechnik, die vermutlich in geheimen Lagern der NSA perfektioniert wurde, entlockte sie mir dann aber doch die Zugeständnisse, dass ich Gewicht verlieren und meinen Körper vom schlabbernden wieder in den festen Zustand überführen wolle.
Dazu hatte sie natürlich gleich das richtige Paket im Angebot und im irrigen Glauben, dass das am Vortag geführte Gespräch schon hinreichend geklärt hatte, was ich will, unterschrieb ich wenige Minuten später einen entsprechenden Vertrag. Der Betrag entsprach in etwas dem zuvor gehörten und als ich dann eine Trinkflasche, einen Beutel Eiweißpulver nebst Schüttelbecher und dann auch noch eine kleine, attraktiv gestaltete Kartonschachtel mit Ampullen zur Unterstützung des Stoffwechsels erhielt, schien mir der Betrag doch nicht mehr ganz so unverschämt hoch. Abgesehen davon, dass meine Fitnesstrainerin wie erwähnt recht attraktiv war. Das Auge trainiert ja schließlich mit.
Letzteres erwähnte ich sicherheitshalber nicht, als ich kurze Zeit später zuhause von meinen Erlebnissen berichtete und stolz meine Geschenke präsentierte. Aber meine überraschend positiven Schilderungen schienen bei meinem Schatz Unverständnis als auf Freude zu treffen. Das mag daran gelegen haben, dass sie all diese schönen Sachen nicht bekommen hatte. Mein zugegebenermaßen überhebliches "Tja" blieb mir aber im Halse stecken, als mir auf der Vertragskopie gezeigt wurde, dass ich zum Basisvertrag noch ein spezielles Herz-Kreislaufpaket gebucht und bezahlt hatte.
Also packte mir mein Schatz die Sachen schön wieder in eine Tasche und schickte mich mit einem nicht minder überheblichen Tätscheln auf den Kopf wieder zurück ins Studio, um meinen Fehler zu korrigieren. Dies erwies sich allerdings als weniger einfach als gedacht. Ich habe ja unterschrieben und auch schon mit EC-Karte bezahlt, deswegen könne man mir mein Geld nicht zurückgeben. Falls ich aber wirklich auf das unfassbar tolle Paket verzichten wolle, könne man den Differenzbetrag kulanterweise auf meine Karte buchen. Als Guthaben für Getränke oder Powerriegel.
Was soll's? Ist alles für meine Gesundheit und ich würde ja von einer netten jungen Frau in Form gebracht. Da muss man halt auch mal Abstriche machen. Diese Abstriche kamen dann auch, allerdings in anderer Form als ich erwartetet hatte. Als ich nämlich zwei Tage später zum ersten Training erschien, bat mich meine Fitnesstrainerin kurz zu warten. Gefolgt von der Bemerkung "Er kommt gleich.".
Moment,"er"? Ja er. Und er war genau das was man sich unter einem er vorstellt, der in einem Fitnessstudio ein- und ausgeht. Ein Berg von einem Kerl. Mein Jugendfreund Stapfi hätte bezüglich dieser beeindruckenden Arme gesagt "das hätten wohl mal Beinchen werden sollen". Unfassbar. Und dieser Typ nahm sich dann meiner an. Oder nahm sich mich vor, das trifft es wohl besser.
Niedergeschlagen und etwas ängstlich folgte ich Arnold (in Wirklichkeit heißt er Lars) durch das Studio, ließ mir die Übungen zeigen, die ich in den kommenden sechs Wochen zwei mal wöchentlich durchziehen sollte und erkannte, dass mein Ziel, die Sache zu überleben wohl weniger ein Scherz als eine Notwenigkeit sein würde. Die Frage nach dem Bereich, in dem mein Schatz trainierte, wurde mit einer gewissen Abfälligkeit in der Stimme beantwortet. Das sei nur was für Frauen. Ich hatte aber wenig Hoffnung, dass es helfen würde, meine feminine Seite hervorzuheben und beschränkte mich darauf wimmernd darum zu flehen, er möge doch die Tatsache berücksichtigen, dass ich seit Jahren nichts mehr gemacht hatte. Das habe er doch bei der Wahl der Gewichte schon getan. Und schließlich gehöre der Schmerz ja auch irgendwie dazu, oder?
Ja und so sitze ich nun hier, am Tag 1 nach meiner ersten Trainingseinheit und kann mich kaum mehr bewegen. Die Schmerzen gehören dazu, das kann ich uneingeschränkt bestätigen. Und wenngleich sie sich bei der Arbeit am Computer in überschaubaren Grenzen halten, so werde ich doch jedes mal unmissverständlich an sie erinnert, wenn ich mich von meinem Stuhl erhebe, um einen Ordner aus dem Schrank zu holen. Meine Kollegen wundern sich schon, dass ich so viele Ordner auf dem Tisch habe. Mir ist noch keine clevere Ausrede eingefallen. Dass mir jeder Muskel im Oberkörper und in den Armen so weh tut, dass ich es nicht mehr schaffe die Ordner in eines der oberen Fächer zu wuchten, werde ich aber sicher niemandem erzählen.