Aufbau West wichtiger als Aufbau Ost?

Supernature

Und jetzt?
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Die finanziell klammen Städte des Ruhrgebiets wehren sich mit drastischen Worten dagegen, sich weiterhin am Solidarpakt für den Aufbau der neuen Bundesländer zu beteiligen.
Ullrich Sierau von der SPD, seines Zeichens OB von Dortmund, äußert sich ganz unsolidarisch: "Der Solidarpakt Ost ist ein perverses System, das keinerlei inhaltliche Rechtfertigung mehr hat. Der Osten ist mittlerweile so gut aufgestellt, dass die dort doch gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld. Und bei uns im Ruhrgebiet brennt der Baum".

Ich habe keine Ahnung, wie die Lage im Osten tatsächlich ist, aber goldene Stadtbrunnen und Marmor-Bürgersteige dürften dort weiterhin eher die Ausnahme sein - so ganz von der Hand zu weisen ist das Problem aber nicht.
Die Aufwendungen für den Solidarpakt Ost werden gleichmäßig über alle Kommunen verteilt - völlig unabhängig von ihrer eigenen finanziellen Situationen, die bei praktisch allen Kommunen im Ruhrgebiet miserabel ist.
Wie die Süddeutsche berichtet, sind 30 Prozent der 2,1 Milliarden Euro, mit denen die Stadt Essen in der Kreide steht, durch den Aufbau Ost verursacht.
Oberhausen, die Stadt mit den meisten Schulden in Deutschland, musste 270 Millionen Euro an Krediten aufnehmen, um den Solidarpakt zu bedienen, weshalb deren OB fordert "Es muss Schluss sein mit der Verteilung nach Himmelsrichtung".

Mir fehlt wie gesagt der Überblick. Ich kann weder einschätzen, wie nötig die Kommunen im Osten noch auf derartige Unterstützung angewiesen sind, noch ob die Kommunen im Westen auch durch andere Einflüsse wie den Solidarpakt vor finanziellen Problemen stehen.

Was ich aber in jedem Fall nachvollziehen und unterstützen kann ist die Feststellung am Ende des Artikels:
Baranowski kritisierte zugleich, dass Diskussionen über die Zukunft des Solidarpaktes zuletzt immer schon im Keim erstickt worden seien. "Da wurde immer die Solidaritätskeule rausgeholt. Wer den Soli kritisierte, wurde als Feind der Einheit dargestellt."

Nach nun 22 Jahren sollte es möglich sein, eine Bestandsaufnahme zu machen und einen Plan aufzustellen, in welcher Höhe und wie lange derartige Ausgleichszahlungen noch notwendig sind. Wenn am Ende heraus kommt, dass es nochmal 20 Jahre sind, dann ist es eben so, das ist dann aber für alle Beteiligten eine verlässliche und planbare Größe.
 
Wie dem auch sei, die Gemeinde in der ich wohne ist restlos verschuldet und handlungsunfähig,
hier ist kein Geld für wichtige Projekte da, aber um den Solidarpakt bedienen zu können,
müssen extra Kredite aufgenommen werden!
 
Seid wohl wahnsinnig geworden. Gerade jetzt wo hier die Straßen einen Wetter unempfindlichen Blattgoldüberzug bekommen sollen gibts kein Geld mehr?

Seltsam kommt mir bei der Sache allerdings vor, das hier die Städte und Gemeinden auch irgendwie nie Geld für so wesentliche Dinge wie Straßensanierung und Neubau haben. Alle hoch verschuldet und keine Aussicht auf Besserung. Da frag ich mich grad eben mal, wo ist denn das Geld der lieben Dortmunder geblieben? Ich bin mir recht sicher das es hier nicht angekommen sein kann.
 
Naja nich ganz, denn der Soli, denjeder Otto Normal Verbraucher zahlt, geht nicht nur in den Osten rein, sondern auch in den Westen. Es wird weiterhin viele Komunen in ostt und West mit Schulden geben, aber denkt mal nicht alle das der Osten soweit ist wie der Westen. Zumindest sind die meisten Teile Brandenburgs noch von Armut betroffen. Es gibt aber natürlich auch Komunen im Osten den es nicht umbedingt schlecht geht. Es wird immer irgendwo an Geld fehlen ob Ost oder West. Daher sollte der Solipakt auch für West mitzählen, allerdings nicht komplett vom Osten weggenommen werden. Man sollte hier Deutschland endlich mal als ganzes sehen und nicht immernoch in Zonen unterteilen.
 
Genau diese gedankliche Einteilung wird aber noch so lange bestehen bleiben, wie es solche Begriffe wie den Solidarpakt und den Solidaritätszuschlag gibt. Man sieht auf jeder Lohnabrechnung: Aha, diesen Monat habe ich x Euro für die "neuen" Bundesländer bezahlt, und da stellt man sich unweigerlich die Frage: Warum muss ich das?
Diese Frage könnte man sich gar nicht stellen, wenn das einfach in der Lohnsteuer verschwinden würde - denn das wir jemals wieder um diesen Betrag entlastet werden, glaubt ja inzwischen sowieso kein Mensch mehr.
Ich sehe ja auch nicht, welcher Betrag meiner Einkommensteuer für notleidende Banken, EU-Subventionen oder Rüstungsausgaben drauf geht (sonst würde man seinen Steuerbescheid vermutlich fressen und sofort wieder auskotzen). Warum also muss der Aufbau Ost separat ausgewiesen werden?
Jetzt lässt sich das natürlich nur schwer korrigieren, der Fehler wurde vor 20 Jahren gemacht, als unser großer Einheitskanzler blühende Landschaften zum Nulltarif versprochen hat - womit wir wieder an dem Punkt wären, dass er so ziemlich alles vermasselt hat, was man damals vermasseln konnte.
 
Die meisten Gemeinden und Kreise (Ost wie West) können ganz einfach nicht wirtschaften.

Noch immer wird Geld für unnütze und entbehrliche Projekte ausgegeben (auch in hochverschuldeten Gemeinden). Hier in Hessen sieht man das am Hessentag, der bisher für alle ausrichtenden Gemeinden ein Millionengrab war. Die Gemeinde Vellmar war bisher als einzige konsequent genug, den Hessentag "zurück" zu geben.

Oberursel hingegen hat den Hessentag mit einem ordentlichen Defizit von ~5,84 Millionen Euro (alles in allem) abgeschlossen, rechnet sich das aber schön.
Der Hessentag ist ein Image- und Profil-Gewinn für die Stadt, schweißt die Bürger zusammen, bringt viel Arbeit für die Verwaltung, aber auch Infrastruktur und Projekte auf den Weg.
Was soll denn dieses Gefasel? Die Gemeinde hat unterm Strich jetzt fast 6 Millionen Euro mehr Schulden, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Solche Beispiele gibt es etliche. Da werden für angeblich prestige- und imageträchtige Projekte (und natürlich für "Denkmäler" für die jeweiligen Bürgermeister und Landräte) Millionen verballert und gleichzeitig steht angeblich kein Geld für Basisfunktionen zur Verfügung.

Die Gemeinden und Landkreise sollten sich mal hinsetzen und einen echten Wirtschaftsplan zusammenstellen, in dem zuerst nur das reine und unentbehrliche Pflichtprogramm zu finanzieren ist. Wenn dann noch Geld übrig ist, kann man sich über die Kür Gedanken machen, wobei die Projekte in der Reihenfolge "größtmöglicher Nutzen für die größtmögliche Anzahl von Bürgern" zu sortieren sind.

Ein Staatstheater mit Millionendefiziten, das im Jahr nur ein paar hundert (oder tausend) Besucher aufweisen kann, muss dann eben geschlossen werden, wenn es ein konkurrierendes Projekt gibt, das bei vergleichbaren Kosten eine viel größere Zahl an Bürgern erreicht.

Ist das Geld alle, sind auch keine weiteren Projekte finanzierbar, Kredite sind nicht.
 
Schaut man mal auf die Aufzählungen des Steuerzahlerbundes ist es schon erschreckend zu sehen, wie viel Solidar-Gelder in den "Neuen Bundesländern" versenkt wurden. Straßen ins Niemandsland für imaginere Industrieparks etc. Da kann man die Beschwerden aus dem Ruhgrgebiet durchaus verstehen.
 
Man sieht auf jeder Lohnabrechnung: Aha, diesen Monat habe ich x Euro für die "neuen" Bundesländer bezahlt, und da stellt man sich unweigerlich die Frage: Warum muss ich das?
Das ist aber die falsche Herangehensweise. Du musst froh sein, das ich das auch bezahlen muss, sonst wärst du das Doppelte los. ;)

Das man auf einer Differenzierung Ost <-> West auch noch nach 20 Jahren beharrt hat nur den einen Grund, das man immer schön einen Schuldigen hat, dem man es zuschieben kann wenn mal wieder paar Milliönchen irgendwo versenkt wurden und neue Kohle braucht. Das funktioniert aber auch nur noch bei den etwas älteren Generationen. Schon ab Jahrgang '90 wissen die Meisten mit einem Ost <-> West Unterschied nichts mehr anzufangen. Außer natürlich diejenigen, welche von den Eltern entsprechend gebrieft wurden. Und die interessiert es nicht, für was es sowas wie Aufbau Ost gibt. Die wissen nur, das mal wieder irgendwer Geld für nutzlose Projekte braucht. Was anderes interessiert die nicht und das wird unseren Betonköpfen ganz oben mal das Genick brechen.
 
Schon ab Jahrgang '90 wissen die Meisten mit einem Ost <-> West Unterschied nichts mehr anzufangen
Und das ist ja auch gut so. Nur spätestens wenn die anfangen zu arbeiten und diese Bonus-Steuer sehen, könnten sie anfangen zu fragen.
Darum muss das weg, einfach in die Lohnsteuertabelle integrieren. Gibt einen kurzen Aufschrei und gut ist.
 
Inzwischen sollte das Geld in einen Topf und dann dahin verteilt werden wo es gebraucht wird. Ost - West ist wirklich Schnee von gestern!
 
Inzwischen sollte das Geld in einen Topf und dann dahin verteilt werden wo es gebraucht wird. Ost - West ist wirklich Schnee von gestern!
Inzwischen sollte der Solidaritätszuschlag abgeschafft (und nicht in die Steuertabelle eingearbeitet) werden und unser Staat sollte es endlich mal lernen, vernünftig zu wirtschaften. Geld in Form von allen möglichen Einnahmen (Steuern, Gebühren, usw.) ist mehr als ausreichend vorhanden, es sollte nur endlich mal ordentlich verwaltet und ausgegeben werden.

Aber stattdessen sucht unser Staat immer nur neue Möglichkeiten, dem Bürger das Geld aus der Tasche zu ziehen.
 
Der Soli wird schon lange nicht mehr für den Aufbau Ost erhoben:
Die Einführung des Solidaritätszuschlags 1991 wurde vorwiegend mit den Kosten der Deutschen Einheit begründet, aber auch mit zusätzlichen Kosten für den Golfkrieg (Operation Desert Storm) und seine Folgen sowie als Unterstützung der mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder.
Derzeit darf man beim Blick auf die Gehaltsabrechnung wohl getrost an Griechenland denken.
 
Ich denke, "Aufbau Ost" ist nicht wichtiger als "Hilfe West". Wir brauchen beides.

Seit der Wiedervereinigung sind viele Industriezweige schlicht zusammengebrochen und die schnell voran schreitende technische Entwicklung in der Fertigung diverser industrieller Produkte hat dazu geführt, dass ganze Landstriche in Bezug auf Arbeitsplätze verwaist sind.

Das Programm "Aufbau Ost" braucht schlicht eine Reform. Hier muss dringend auf geänderte "Kräfteverhältnisse" innerhalb des Länderfinanzausgleichs und derer mehr eingegangen werden und die Entwicklung lokaler Wirtschaftzweige neu untersucht und, sofern sinnvoll, unterstützt werden. Egal ob "Ost" oder "West" - den Unterschied sollte man wirklich nicht mehr machen.

Erstaunlich, und als wirkliche Bereicherung, empfinde ich die Entwicklung des "Ruhrpotts" weg von einer Ansammlung gigantischer Industriezweige hin zu einem europäischen Kulturzentrum - das solle man meiner Meinung nach nicht nur privaten Investoren überlassen ...
 
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