Alles was Du brauchst, ist: weniger

gisqua

ist wieder öfter hier
Vor einiger Zeit hat einer meiner Enkel eine eigene Wohnung gesucht und mit der Planung der Einrichtung begonnen. Wie das so üblich ist, kamen von den Eltern, Großeltern, Geschwistern und aus dem Bekanntenkreis massenhaft Vorschläge, wie so etwas anzupacken und zu bewältigen ist, was jeder selbstverständlich haben muss, dass dieses oder jenes unbedingt in eine normale Wohnung gehört, oder dass es im Trend liegt.
Es gab auch diverse Angebote von den unterschiedlichsten Gegenständen.
Unser Enkel wusste gar nicht, wie er am diplomatischsten die meisten dieser Angebote ablehnen sollte.
Er ist ein sehr ruhiger, selbstbewusster Mensch und hat seine eigenen Vorstellungen von einem -schon fast - minimalistischen - Lebensstil.

Schwupps - und schon bin ich bei dem eigentlichen Thema gelandet:
Minimalismus und Suffizienz

Suffizienz ist ein Wort, das mir bisher noch nicht begegnet ist.
Insuffizienz kannte ich aus der Medizin, aber ohne das vorangesetzte "IN" war es mir neu.
Die ursprüngliche Bedeutung ist "ausreichen, genügen".
Heute bedeutet es:
"das rechte Maß für Konsum zu finden"/ "das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch" / "Begrenzungen" / "Weniger ist mehr (besser)".

Was heißt Suffizienz überhaupt?
Es geht um eine Verringerung des Ressourcenverbrauchs durch eine Minimierung der Nachfrage.
Suffizienz wird auch mit Genügsamkeit umschrieben und setzt beim Verhalten der Konsumenten an.
Das Ziel ist es, weniger Ressourcen zu verbrauchen und gleichzeitig auf einer persönlichen Ebene die Zufriedenheit zu fördern.
Daher wird versucht, weniger materielle Güter zu besitzen und ressourcenintensive Aktivitäten zu minimieren.
Dieses Vorhaben dürfte für die Wirtschaft nicht so unbedingt der Renner sein, da heißt es doch: immer mehr, immer größer, immer schöner!

Wir Menschen brauchen die natürlichen Lebensgrundlagen, wie saubere Luft, frisches Wasser, fruchtbare Böden, nachwachsende sowie endliche Rohstoffe, die Artenvielfalt und naturnahe Erholungsräume zum Leben.

Der riesige Konsum und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt sind für Einige schon Grund genug für einen genügsameren Lebensstil.
Sie fühlen sich mit weniger Besitz freier und leben bewusster, weil sie mehr Zeit und Interesse für die kleinen Dinge des Lebens übrig haben.

Beispiele
Fahrrad statt Auto / mehr zu Fuß gehen / selber kochen, kleiner Garten / Leitungswasser statt Sprudel in Plastikflaschen / Dinge reparieren, statt neu zu kaufen / Verpackungsmüll einsparen

Das heißt nun aber nicht, dass diese Menschen auf alle schönen Dinge verzichten müssen.
Es ist eher ein Umdenken, was sie im Leben als schön empfinden und was sie glücklich und zufrieden macht.

Alles ist sicher nicht für jeden machbar, aber eine Annäherung an so ein Leben wäre möglicherweise gar nicht so übel.
Wir würden die Welt für die Nachkommen sicher etwas sauberer hinterlassen.
FALLS DAS ÜBERHAUPT NOCH MÖGLICH IST - aber einen Versuch ist es wert.

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Als ich vor längerer Zeit zum ersten Mal von den sog. Minimalisten gehört habe, dachte ich:
"Die spinnen doch! Wo bleibt denn da die Lebensfreude, so kann man doch nicht glücklich leben!"

Inzwischen habe ich gelernt, meine Vorurteile zu reduzieren. Wenn ich mich in meiner Wohnung umschaue, dann sehe ich immer noch viele Dinge, die ich NICHT brauche, die einfach nur Platz wegnehmen, Strom verbrauchen oder mich sogar stören.
Aber sie sind nun mal da, und es ist manchmal schwer, sich von alten, staubigen Dingen zu trennen.
(Meinen Ehemann behalte ich ja auch - und er mich! ;):cool:)

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Übrigens ist unser Enkel inzwischen in eine schöne kleine Wohnung umgezogen und hat uns diverse Fotos von seinem Domizil geschickt.
Fotos deshalb, weil wir wegen Corona doch lieber zu Hause bleiben.
Es sieht für mich etwas kahl und unterkühlt aus. Mir würde hier und da etwas Farbe fehlen, aber ich wohne ja da auch nicht.
Unser Enkel jedenfalls fühlt sich dort sehr wohl und ist glücklich mit seiner Wahl.
 
Als meine Freundin damals eingezogen ist, habe ich recht lange mit dem Gefühl zu ersticken gerungen. Nein, nicht weil sie müffelt, sondern weil sie so eine Masse in Firlefanz mit in die Wohnung geschleppt hat, die mich irgendwie erdrückt hat. Mittlerweile habe ich mich zwar irgendwie damit abgefunden, freue mich aber schon auf den Tag, an dem sie eine Wohnung gefunden hat und ich mich wieder von ganz vielem lösen kann…
 
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Ich möchte das Thema noch einmal aufgreifen, weil inzwischen für mich der Gedanke an eine andere und effektivere Lebensweise immer mehr in den Vordergrund rückt.

Ich habe mich vor einiger Zeit entschlossen, rigoros zu entrümpeln!!!

Das ist gar nicht so einfach. Es braucht schon eine gewisse Planung.
Einfach nehmen und wegwerfen - das geht nicht, denn erstens haben wir keine so große Mülltonne, zweitens ist ja auch nicht alles Schrott, was ich so besitze!
Auch Nicht-mehr-brauchbares verdient ein umweltfreundliches Nachdenken und Entsorgen.

Und dann sind ja noch die inneren Stimmen, die leise oder auch lauter herzzerreißend schreien:
"Nein, nicht weg tun, ich hab dir doch immer so viel Freude gemacht, ich bin viel zu wertvoll, behalte mich, ich mach mich auch ganz klein und nehme garantiert keinen Platz weg!"

Der erste Rundgang durch die Wohnung mit gedanklicher Vorsortierung hat gar nicht so lange gedauert.
Ergebnis (immer noch gedanklich):
Ich brauche mindestens drei Container.

Der zweite Rundgang, geprägt durch Erinnerungen, Nostalgie und ähnlichen Gedanken, dauerte schon etwas länger.
Ergebnis (immer noch gedanklich):
Ich brauche einen Container und drei Mülltonnen.

Der dritte Rundgang erfolgte zeitlich erst, nachdem ich all meine Gedanken sortiert hatte, das Für und Wider angesprochen hatte, mein Wohlfühlzentrum befragt hatte und meine innere Stimme ihr OK zum neuen Leben gegeben hatte.
Ergebnis (immer noch gedanklich, aber überzeugend und hoffnungsvoll):
Ich werde einen sog. privaten Garagen-Flohmarkt einrichten, der sich über mehrere Wochen erstrecken wird.
Es wird kein Durcheinander von Angeboten geben, sondern immer schön sortiert nach Dingen, die zusammengehören.

All diese Gedanken habe ich vor einigen Wochen realisiert, und noch ist die Aktion nicht zu Ende.
Der bisherige Erfolg hat mich zufrieden gemacht.
Die vielen dankbaren Gesichter, die vielen lieben Worte der Beschenkten haben mir gezeigt, dass diese Art des "Wegwerfens" die bessere Lösung ist. Auf diese Weise habe ich auch viele Nachbarn kennengelernt, die ich so noch nicht wahrgenommen hatte.
Auch einen Teller Kuchen habe ich bekommen - als Dankeschön.
Es sind natürlich auch Menschen dabei, die sich vieles nehmen, um es ihrerseits auf einem Flohmarkt anzubieten, um sich etwa dazu zu verdienen.
Na und? Wenn es ihnen Freude macht.

Wenn ich mich jetzt in meiner Wohnung umschaue, geht es mir besser.
Es ist leerer geworden und auch übersichtlicher, aber nicht LEER und inhaltslos.
Alles was ich brauche, ist noch da.
Im Gegenteil: die einzelnen Dinge kommen jetzt erst so wirklich zur Geltung.
Es ist ein gutes Gefühl, mit so wenig auszukommen und trotzdem zufrieden zu sein.
 
Glückwunsch zu diesem Schritt, der hier und da sicherlich auch emotionale Überwindung gekostet hat.
Für uns steht in absehbarer Zeit ebenfalls ein "Downsizing" an, wenn wir in unsere neue Wohnung ziehen. Die wird für zwei Leute immer noch sehr groß sein, aber eben deutlich kleiner als die jetzige, dementsprechend kann zwangsläufig nicht alles mitkommen.
Ich freue mich auf diese "Verkleinerung", meine Frau kann sich noch nicht so richtig für den Gedanken erwärmen, sich von Vielem zu trennen. Ich hoffe, wir kommen da auf einen vernünftigen Konsens. Das wird schon klappen, denn ich bin eher der Typ, der alles wegwirft/verschenkt und es dann ein halbes Jahr später wieder neu kauft, meine Frau will grundsätzlich alles aufheben. Wenn ich sie ein wenig anschiebe und sie mich ein wenig bremst, wird es gut :).
 
Super ... ein mutiger Schritt, schön umgesetzt. (y)

Meine Frau und ich nehmen uns das jedes Jahr auf's Neue vor ... vergeblich ... 😂

Wohl wissend, dass wir etliche Tage brauchen werden um auszusortieren, besiegt uns regelmäßig unser innerer Schweinehund ... wir packen den Wohnwagen und machen uns eine schöne Zeit.
So vergeht nun Jahr für Jahr ... und schlussendlich wird das wohl jemand anderes machen müssen, wenn wir mal nicht mehr sind ... oder doch ich ... wenn ich bald in Rente bin ... eventuell ... wenn ich Zeit habe ... oder so ... 😇🤷‍♂️
 
Ich habe bei mir im Laufe der Jahre schon mehrfach ausgemistet, aber nach einer gewissen Zeit kommt immer wieder so viel dazu …

Ich habe mir zwar schon einiges abgewöhnt, aber tief in meinem Inneren steckt wohl doch ein Jäger & Sammler, der sich immer wieder neue "Vorräte" an allem möglichen Kram anlegt.
Bei allen möglichen Medien (Musik, Bücher, Bilder und Fotos, Filme, usw.) bin ich inzwischen auf die digitale Alternativen und ein NAS ausgewichen, das braucht wenigstens deutlich weniger Platz. :D
 
. . . das braucht wenigstens deutlich weniger Platz. :D
Das ist eigentlich nicht der Sinn der ganzen Ausmisterei ;)
Aber du hast schon recht - und mimimieren hört sich ja auch so ähnlich an wie minimalisieren. :cool:

Meine jetzige Art des Minimalismus hat sicher auch etwas mit dem Alter zu tun (also, ich meine: mit meinem Alter)
Ich bewundere die Menschen, die sich schon in jüngeren Jahren in diese Richtung bewegen.
So - und nun kommen schon wieder die Kritiker und Meckerer, die dann behaupten, dass eine solche Lebensweise ein immenser Schaden für die Wirtschaft sei. :eek:
 
So - und nun kommen schon wieder die Kritiker und Meckerer, die dann behaupten, dass eine solche Lebensweise ein immenser Schaden für die Wirtschaft sei. :eek:
Die sind mir egal, ich kann schließlich nicht nur deswegen konsumieren um die Nachfrage zu steigern, egal ob ich den Kram brauche oder nicht.
Und im Sinne der Nachhaltigkeit ist es sicher besser auf unnötigen Krimskrams (wozu z.B. bestimmt nahezu 100% aller Lifestyle-Artikel gehören) zu verzichten.

Das fällt manchmal schwer, denn obwohl ich Werbung wie die Pest hasse bin ich doch nicht gänzlich dagegen gefeit (wie denn auch, die geben Milliarden aus um heraus zu finden wie sie einen psychologisch doch herum kriegen ihren Kram zu kaufen).
Aber mit zunehmendem Alter überlege ich vor einem sich abzeichnenden Spontankauf doch immer häufiger ob ich den Kram wirklich brauche und die Antwort lautet immer häufiger: Nein!
 
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