Diskussion Wieviel Widerspruchsgeist steckt in Euch?

gisqua

ist wieder öfter hier
Beim Suchen von Synonymen für das Wort "Widerspruchsgeist" habe ich u. a. folgende Antworten gefunden:

Störenfried, Streitsüchtiger, Aufsässigkeit, Eigenwilligkeit, Protesthaltung, Starrsinnigkeit,
Nervensäge, Querulant, Willkür, Hartnäckigkeit, Nervensäge, Sturheit

Alle negativ besetzt.

Da regt sich mein Widerspruchsgeist!
Ist das wirklich ein so böses Wort?

Wenn ich genau darüber nachdenke, kann Widerspruchsgeist doch auch ein positiv besetztes Wort sein.

Widerspruch, der nicht nur aus Ärger oder Prinzip geäußert wird, der also seine Ursache im Nachdenken hat, kann doch durchaus etwas positives sein! Ich empfinde das jedenfalls so.
Man kann sich doch gegen eine gängige Meinung wehren, wenn man sie für falsch hält.

"Wenn ein Begriff überwiegend negativ oder positiv dargestellt wird, sollte dies philosophischen Widerspruchsgeist herausfordern, wenn wir denn an einer umfassenden und möglichst vorurteilsfreien Sicht auf einen Sachverhalt interessiert sind."

Es gibt sicher viele negativ besetzte Worte, die ebenso gut eine positive Bedeutung haben können.
Ein Beispiel dafür ist das Wort: Neugier

"Sei doch nicht so neugierig!" heißt es oftmals.
Warum sollen wir denn nicht neugierig sein?
Neugierig sein ist für mich gleichbedeutend mit wissbegierig, bzw. mit Interesse an meiner Umwelt und an meinen Mitmenschen.
Neugier ist lebensnotwendig. Sie fördert die Wahrnehmung, den Erfindergeist, den Überlebenswillen, den Wissensdurst der Kinder und auch der Erwachsenen, die Suche nach Erklärungen usw.
Neugier hilft uns, Verständnis zu entwickeln und danach zu handeln.
Ich empfinde es als Ausdruck einer positiven inneren Haltung.

Es gibt natürlich auch eine zweite Bedeutung von dem Wort Neugier:
indiskret sein, sensationslüstern sein, spionieren und aushorchen wollen.
Das empfinden wir dann allerdings als etwas Negatives.

Wie sieht das jetzt mit Eurem Widerspruchsgeist aus?
Wie ist Eure Meinung dazu?
 
Wenn ich früher mit bestimmten Dingen nicht einverstanden war und meine Bedenken (konstruktiv) geäußert habe, dann wurde ich auch schon mal mit dem "Totschlagargument" des Bedenkenträgers bedacht.
Einen Einspruch zu leisten finde ich besser, als einen Widerspruch, aber auch den muss es geben.
Wenn Menschen trotz aller negativen Erfahrungen etwas tun wollen, das nicht funktioniert, dann muss man halt Widerstand leisten, aber klar im positiven Sinne um Unheil zu vermeiden. Da ist Hartnäckigkeit schon mal gefragt und deshalb werfen sich die Streitparteien untereinander negativ besetzte Eigenschaften gegenseitig vor.

Von daher kann Widerspruchsgeist für mich immer nur eine Gesamtsituation beschreiben und die sind besetzt mit den verschiedensten Eigenschaften.

Menschen, die Fach- und Methodenkompetenz haben, werden eine Angelegenheit anders angehen, als diejenigen, die nur Fachkompetenz haben.
 
Jetzt wurde aber mein Widerspruchsgeist geweckt.
Aber eigentlich auch nicht. Verflixt, jetzt widerspricht er sich bei mir auch noch selbst ...

Und zwar beim Thema "Neugier".
Im internationalen Umfeld (insbesondere in der IT-Welt, aber auch in anderen Bereichen) wird das Wort Neugier (Curiosity) eher positiv verstanden.
In Deutschland ist es vorwiegend negativ, da es als Synonym für Ausspähen verwendet wird, womit wir ja historisch bedingt einen größeren Hintergrund haben (insbesondere im staatlichen Bereich - nein, ich meine jetzt nicht das "Ausspähen unter Freunden" ;) ).

Im Allgemeinen macht sich mein Widerspruchsgeist immer mal wieder bemerkbar. Häufig auf der Arbeit (den von Gamma-Ray zitierten Titel "Bedenkenträger" kenne ich auch gut) und insbesondere bei Datenschutzthemen. Ansonsten leiste ich gerne eher passiven Widerstand gegen Dinge, die ich sowieso nicht ändern kann (z. B. werde ich mir keine Bratwurst für 3,50 EUR kaufen, im selben Zeitraum hat sich mein Gehalt auch nicht um 125% gesteigert, ...).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier kommt noch ein Zitaten-Nachtrag, den ich ganz oben vergessen habe:

Aristoteles
Denken und Sein werden vom Widerspruch bestimmt.

Johann Wolfgang von Goethe
Das Gleiche lässt uns in Ruhe, aber der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht

Konrad Lorenz
Dass etwas neu ist und daher gesagt werden sollte, merkt man erst, wenn man auf scharfen Widerspruch stößt.

Marie von Ebner-Eschenbach
Die Leute, denen man nie widerspricht, sind entweder die, welche man am meisten liebt, oder die, welche man am geringsten achtet.
 
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