Tuxedo OS: Ein Blick auf die Linux-Distribution aus Bayern

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Tuxedo OS: Ein Blick auf die Linux-Distribution aus Bayern

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Ein Blick über den Tellerrand schadet noch nie und so haben wir uns bei Dr. Windows einmal eine Linux-Distribution aus Deutschland mit eigener Hardware angesehen. Schafft es Tuxedo OS, Linux zu einer echten Alternative zu Windows und macOS für Endanwender zu machen?

Hinweis​


Die Linux-Distribution Tuxedo OS ist gemacht für den Einsatz mit der entsprechenden Hardware des Augsburger Computerherstellers Tuxedo. Es ist das gleiche Prinzip wie bei den MacBooks von Apple und den Surface-Geräte von Microsoft: Hard- und Software aus einer Hand, welche nur in dieser Kombination auch ihr volles Potential ausnutzen können. Unser erster Blick fand in einer virtuellen Umgebung statt und kann somit nicht alle Vorteile von Tuxedo OS zu anderen Distributionen wie Ubuntu oder openSuse ausspielen.

Etliche Informationen aus diesem Beitrag stammen aus Gesprächen, welche im Rahmen einer Messe stattgefunden haben. Aussagen des Beitrags können durch Nichtwissen bzw. auf Grund von fehlenden Tiefenverständnis inakkurat sein. Hierfür würde ich bitten, dies in den Kommentaren zu berichtigen.

Was ist Tuxedo?​


Tuxedo, bzw. offiziell die TUXEDO Computers GmbH, stammt aus Bayern, genauer gesagt dem Heimatort des Autors: Augsburg. Laut eigenen Angaben arbeitet Tuxedo seit fast 20 Jahren daran, das Nutzererlebnis von Linux auf moderner Hardware zu verbessern. Dies ist natürlich leichter, wenn man eigene Hardware anbietet, was der kleine, schwäbische Mittelständler auch erfolgreich macht. Zumindest in der Linux- und Open Source-Blase ist Tuxedo ein feststehender Begriff, um welchen man auch auf Messen und Veranstaltungen nicht herum kommt – auch wohl dank der überdimensionalen und flauschigen Pinguin-Maskottchens.

Neben all dem Marketing von Firmen ist für mich die Firma vor allem eins: Ein nerdiger, im guten Sinne auch eigensinniger Haufen von Menschen, welche für ihre Leidenschaft oder auch Einstellung zu Soft- und Hardware gerne die extra Meile gehen – aus Überzeugung. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass deswegen alles super und ohne zu überlegen einsetzbar ist. Diese Einschätzung wiederum überlasse ich den Kunden von Tuxedo.

Was ist Tuxedo OS?​


Wie eingangs erwähnt strebt Tuxedo mit ihrer eigenen, auf Ubuntu basierenden Linux Distribution das an, was Apple und Microsoft in etwa vorleben: Dem Nutzer die beste Kombination aus Hardware und Software zu bieten. Aus diesem Grund entschied sich der PC-Hersteller, eine eigene Distribution mit dem Namen Tuxedo OS ins Leben zu rufen.


Ein eigenes Betriebssystem soll auch helfen, die Nutzung mit Linux bzw. den Einstieg in diese Welt so leicht wie möglich zu gestalten, da alles von Anfang an funktionieren soll, ohne Langes überlegen, wie man eine Webcam oder einen Beamer zum Laufen bekommt, was sonst auch heutzutage oft noch ein Problem ist.

Technische Nerderei​


Zum Zeitpunkt dieses Beitrags, Mitte Oktober 2023, war die Version TUXEDO-OS-2-202310060620 des Betriebssystems aktuell und wurde mir folgenden Versionsständen ausgeliefert:

  • Betriebssystem: TUXEDO OS 2
  • KDE-Plasma-Version: 5.27.8
  • KDE-Frameworks-Version: 5.110.0
  • Qt-Version: 5.15.10
  • Kernel-Version: 6.2.0-10025-tuxedo (64-bit)

Typisch für freie Linux-Betriebssysteme ist auch der Einsatz von Programmen, welche nicht Google oder Microsoft stammen. Mit Tuxedo OS wurden Firefox 118.1 zum Browsen und Thunderbird in der Version 115.3.1 für Mails, Kalender und Chats gebündelt. Für das Arbeiten mit Dokumenten und Zeichnungen war die noch obligatorische LibreOffice Suite mit der Version 7.5.3.2 vorinstalliert. Zusätzlich zu all dem ist von Haus aus, der eventuell für viele Nutzer zu umfangreiche, KDE-Softwarekatalog von Anfang an mit dabei. Hierzu zählen neben Kate, KConnect auch KWrite und beispielsweise KTorrent.

Für weitere Softwareinstallationen steht neben dem Terminal auch “Discover” aus dem KDE-Portfolio bereit, welcher als semi-moderierter App Store fungiert. Hierbei stehen neben *.deb Paketen auch die im Moment kontrovers diskutierten Flatpaks (vergleichbar mit den MSIX-Installationspaketen unter Windows 10 und Windows 11) zur Verfügung. Leider gibt es oft keine offiziellen Quellen, so grüßt Visual Studio Code mit einer Warnung beim ersten Öffnen des Editors.

Es bleibt auch in Zukunft spannend, wie solche Distributionen den großen Umstieg auf das anstehende KDE Plasma 6 vollführen werden. Wann werden sie aufspringen und wie wird sich das auf die Softwarelandschaft niederschlagen? Es steht uns eine interessante Zeit bevor.

Meinung des Autors​


Es ist schön zu sehen, wie die FOSS-Community zusammenspielt und auch voneinander lebt. Tuxedo verkauft Geräte, welche KDE nutzen, ist aber auch ein Sponsor des Projektes, nicht nur im Sinne von finanzieller Zuwendung, sondern auch von Quellcode und Räumlichkeiten für Veranstaltungen der KDE-Gemeinschaft.

In meinen Augen sehe ich es als gewagt an, eine “eigene” Linux Distribution anzubieten, statt eventuell nur die Helferlein wie dem “Tuxedo Control Center”, dem “Tuxedo WebFAI Creator” oder dem Treiber-Assistenten Tomte als Paket bereitzustellen. In den Gesprächen mit Tuxedo-Angestellten kam hierbei heraus, dass diese hierfür brennen und die nötige Leidenschaft aufweisen, diese extra Meile zu gehen – vorerst zumindest.

Im Zeichen voller Anpassbarkeit​


Entgegen vielen Trends setzt Tuxedo OS nicht auf Gnome, sondern auf die ebenso seit sehr vielen Dekaden bekannte und immer weiterentwickelte Desktopumgebung KDE Plasma. Des Weiteren bietet Tuxedo ein vorinstalliertes Helferlein an, um den PC oder Laptop in Sachen Tastaturfarben, Lüfter, Leistungsabgabe und Co. auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen.

Dies alles soll es ermöglichen, das Betriebssystem so stark wie möglich persönlich anzupassen und es auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen – mehr als es mit Gnome oder gar Windows möglich wäre. Mehr hierzu findet man beispielsweise im entsprechenden Video von “The Linux Experiment” auf dessen YouTube-Kanal.

Meinung des Autors​


Diese Philosophie muss von der Kundschaft auch gewollt und gewünscht sein. Viele Nutzer, mich eingeschlossen, wollen auch nur das immer gleiche Benutzererlebnis haben, auch wenn man sich an einen neuen Mac oder Windows-PC hinsetzt, und sind zufrieden mit dem bisschen an Änderungsmöglichkeiten, was diese Systeme bieten: Schnell und unkompliziert ohne lange Rumwurschtellei. Für mich persönlich wäre beispielsweise mehr getan, im Installationsprozess angeben zu können ,welche vorinstallierte Software ich benötige und welche nicht.

Tuxedo ist nicht allein​


Auch wenn es den Anschein macht, dass es solche Konstellationen nicht gibt, so ist Tuxedo nicht alleine in diesem Marktsegment, denn die Bündelung aus eigener Distribution und Hardware ist nichts neues im Linuxumfeld. Einer der Branchengrößen im Umfeld von Computern, welche mit Linux betrieben werden, ist System76 , welche ebenfalls ein sehr ambitioniertes Projekt verfolgen. Mit Pop!_OS bieten die Amerikaner ebenfalls eine auf Ubuntu-basierende Distribution und setzen COSMIC, einer auf Gnome-basierenden Desktopumgebung, noch ein i-Tüpfelchen auf die “wir bauen es selbst”-Torte obendrauf.

Wer sich noch an Ubuntu mit deren Convergence Ansatz erinnern kann, ist entweder alt oder weiß noch um die großen Bestrebungen von Mark Shuttleworth, ein Linux-System für alles zu schaffen. Das Näheste, was es heutzutage gibt, ist Samsung mit deren DeX Ansat,z ein Desktop- und Smartphone System zu vereinigen – natürlich auch auf eigener Hardware, welche explizit dafür auch entwickelt wurde.

Fazit​


Egal wie man zu Linux, KDE, Gnome und Co. stehen vermag, es ist immer wieder ein tolles Gefühl zu sehen, was ein Raum voller Enthusiasten alles erreichen kann – vor allem wenn diese auch noch aus Deutschland und sogar der gleichen Heimatstadt stammen. Es ist dabei auch völlig egal, was ich selbst als Autor dieses Beitrags denke, denn getreu der Open Source-Philosophie ist jeder Mensch anders und kann sich seine (digitale) Welt so bauen, wie er sie gernhätte.

Falls euch solche über den Tellerrand blickenden Beiträge auf Dr. Windows gefallen oder ihr explizit zu diesem Thema Anregungen oder Wünsche habt, schreibt mit einer E-Mail an tobias(at)drwindows.de oder hinterlasst einen Kommentar.

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