Hallo,
Danke für Eure Antworten auf meine vielleicht provokante Schreibweise. Aber ich habe eine etwas komplexere Einstellung zu dem Thema, ich versuche sie Euch zu erläutern:
Vorab nur mal der Hinweis, sich diesen Satz auf der Zunge zergehen zu lassen: Schüler streiken. Und weil es so schön ist nochmal: Schüler streiken. Spätestens jetzt sträuben sich mir die Nackenhaare und tausende Gedanken schießen mir quer durch den Kopf.
Ein Streik ohne jeglichem sinnigen Konzept und das hier in Deutschland, wo ein solcher Streik beim Entscheider die Frage hervorruft, ob er die linke oder rechte Augenbraue kurz heben soll oder dirket in Kohl´scher Manier einfach nur Aussitzen?
Machen wir uns nichts vor, die Politik ist mittlerweile zu großen Reformen absolut unfähig und versucht mit fragwürdigen Modellen einem Trend entgegen zu steuern, was sich letztendlich immer wieder als purer Aktionismus bestätigt hat. und jetzt solll noch gestreikt werden ... HAHA-HAHAHA-HAHAHAHAHAHA!!!
Zur Handlungskompetenz von Schülern und Studenten:
Streikt nicht für einen Ziel, wenn kein sinnvolles Konzept dahinter steht. Und das fehlt mir hierbei - sorry!
Schüler sollten hier zwar Ihre Wünsche äußern können, aber Ihnen fehlt die Weitsicht und Tragweite! (was bei mir damals unbestritten auch der Fall war!) einer solchen "Streik"-Aktion!
In Deutschland ist man ab einem Alter von 18 Jahren erwachsen und für sich verantwortlich, das ist gesetzlich so geregelt und das ist grundsätzlich auch gut so; entspricht das aber auch der Realität? Leben und Denken junge Menschen in diesem Alter wirklich selbstverantwortlich und erwachsen, also reif für Entscheidungen und deren Konsequenzen? Nein, man wächst dort herein, der eine früher, der andere später, mancher nie!
Und jetzt sollen es die Politiker gemäß der Eltern- und Schülerwünsche richten? (Klingt nach Wünsch-Dir-Was - Konzert!) Das ist doch völlig daneben, (Achtung: eigene Wortkreation folgt
"danebener" geht schon garnicht mehr! Aufgrund der Reformfreude (Steuerreform, Rechtsreform, Gesundheitsreform) der Politiker erliege ich nicht mehr der Naivität, daß jene unter den gegebenen Umständen dazu weder gewillt oder gar fähig sind (--> Inkompetenz nenne ich es mal!).
Eltern, die nicht in der Lage sind oder waren, ihren Kids im Rahmen der Erziehung die Dinge mit auf den Weg zu geben, um später mit beiden Beinen im Leben zu stehen? Kinder einer "liberalen" Erziehung?
Defacto werden die Anforderungen an die Arbeitnehmer von morgen immer höher geschraubt, das Bildungsniveau sinkt aber weiter.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebt zukünftig von Schlüssel- und Hochtechnologie, Nischenprodukte sowie Dienstleistungen. Das massenproduzierende Gewerbe ist bald bis auf wenige Ausnahmen (derzeit noch die Automobilbranche) gänzlich verschwunden. Es wäre jedoch interessanter, wenn die Zielgruppe des Schulsystems (ich lerne, um später mein Geld zu verdienen, also die Wirtschaft oder deren Interessenvertreter) miteinbezogen wird, denn sie muss "die Früchte ernten"!
Lehrern, Eltern und Schülern ist doch gar nicht bewusst, was dort draussen in diesem "Haifischbecken Wirtschaft" gefordert wird, Indikatoren dafür sind beispielsweise:
- die Rechtschreibfehlerquote ist für ein "Land der Dichter und Denker" einfach beschämend oder gar unterirdisch!
- das Arbeiten an einem PC mit Standard-Office-Anwendungen fehlt bei Berufsanfänger.
- mangelnde Handlungskompetenz
- Respektlosigkeit, die sich in Sätzen äußert wie "wenn Du das kannst, warum machst Du das nicht?"
- ... (könnte ich beliebig fortführen)
Und gerade im vorletzten Satz zeigt sich dann, was Lehrer und Eltern versäumt haben, ihren Kindern beizubringen: Selbstdisziplin, Motivation, Eigeninitiative, Autodidaktik, Eigenverantwortung, Zielstrebigkeit, ...
Mir ist bewusst, daß ich mit dieser Aussage gerade viele Eltern und Lehrer angegriffen habe, deren Reaktion zeigt mir aber, ob sie sich zumindest objektiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben, ob sie überhaupt zur Selbstkritik fähig sind (Konfliktkompetenz)! Ist es vielleicht ein Erbe einer zu liberalen Erziehung? Sind hier nicht die Eltern die eigentlichen "Versager", wenn sie heute ein Streikrecht für Schüler einfordern oder gar unterstützen?
Was ist mit unseren Lehrern los? Diese haben 14 Wochen Urlaub im Jahr und schaffen es nicht, in den verbleibenden 38 Wochen ein Horde (Spät-)Pubertierende in den Griff zu bekommen? Was machen die nur in den 14 Wochen, wenn sie (in lichten Momenten) erkennen, daß Sie diesen nicht mehr oder nur annähernd gewachsen sind - erkennen sie auch die Notwendigkeit einer Persönlichkeitsentwicklung als Lehrperson mit didaktischem Auftrag und der einhergehenden Autorität vor einer manchmal ausartenden Masse an kleinen Tyrannen?
Schüler und Studenten haben einen Auftrag, der da heißt: Lerne für einen Start ins Berufsleben (danach darfst Du das meiste vergessen, weil Du andere Inhalte wissen musst), aber heute schon das Recht haben zu dürfen wie Bildung beeinflusst werden kann mit einem Kampfmittel aus der Arbeitswelt, halte ich für völlig falsch. Und Streik ist nun mal ein Kampfmittel aus dem Wirtschaftsleben (kollektive Arbeitsniederlegung) und hat nichts im Schulbetrieb zu suchen - sorry, aber das wird nicht überall Unterstützung finden.
Erfindet etwas anderes, versucht auf andere Art und Weise Euren Wünschen Gehör zu verschaffen, aber bitte nicht per Streik. Damit wird schon "Kindern" fälschlicherweise die Richtigkeit und Angemessenheit von Aktionen zugetragen, die sie nicht richtig qualifizieren können. Und das ist falsch - sorry, das ist neben einer zu liberalen Erziehung ein weiteres Mittel, was sich letztendlich als falsches Mittel herauskristallisieren wird.
Schade, aber allen Schülern und Studenten kann ich abschließend nur sagen: Setzt Euch auf den Allerwertesten, macht mehr als nur Eure Hausaufgaben und vor allem: lernt zu Lernen und schaut über den Tellerrand.
Die Zukunft wird härter als durch die Bankenkrise (und folgenden Weltwirtschaftskrise) derzeit bekannt ist.
Die Ordnung wird sich verschieben und die Arbeitsplätze in West-Europa knapper.
So long - have a nice day!
der hexenmeister69