Richtige, falsche, lustige und kuriose Antworten: Erstes Zwischenfazit zum neuen Bing

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Richtige, falsche, lustige und kuriose Antworten: Erstes Zwischenfazit zum neuen Bing

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Vor einer Woche hat Microsoft das „neue Bing“ vorgestellt, dessen Name beinahe irreführend ist, weil es technologisch mit dem „alten Bing“ nichts mehr zu tun hat. Selten hat ein neues Microsoft-Produkt in so kurzer Zeit so viele Schlagzeilen generiert. Nun zieht Microsoft ein erstes Zwischenfazit.

Eine persönliche Anmerkung vorweg: Hier bei Dr. Windows ist es, wie euch sicher aufgefallen ist, auffallend ruhig hierzu, obwohl ich selbst schon seit letzter Woche Zugriff auf das neue Bing habe. Der Grund, warum ich bislang nichts dazu geschrieben habe, ist: Es fällt mir aktuell noch schwer, meine Gedanken hierzu sinnvoll zu strukturieren. Artikel wie „Haha, guckt mal, eine falsche Antwort“ sind zwar schnell geschrieben und klicken zuverlässig, sind aber nicht das, was ich schreiben oder lesen will, dafür ist mir das Thema zu komplex. Microsofts Blogpost bietet nun aber eine gute Gelegenheit, sich an einigen Punkten abzuarbeiten.

In 169 Ländern ist das neue Bing laut Microsoft bereits in Betrieb, allerdings ist der Kreis der Tester bislang immer noch sehr klein und die Wartelisten werden nur langsam abgearbeitet. Erfrischend an der Stellungnahme ist auch, dass Microsoft nicht wie sonst üblich in den höchsten Tönen über das eigene Produkt schwärmt, sondern auch die Schwächen klar benennt.

Das Feedback sei „überwiegend positiv“, heißt es, was auch mit einer Prozentzahl untermauert wird: 71% Prozent der Nutzer haben die vom neuen Bing generierte Antwort als nützlich markiert. Nüchtern betrachtet ist das ein katastrophal schlechter Wert, denn eine Suchmaschine, die nur auf sieben von zehn Anfragen eine brauchbare Antwort liefert, will niemand benutzen.

Die Rückmeldungen, auch die negativen, fallen laut Microsoft wie erwartet aus. Man sei sich bewusst, dass ein Produkt wie dieses nur im „Echtbetrieb“ entwickelt werden kann, während es von echten Menschen benutzt wird. Nur so könne das Modell weiter trainiert werden, um bessere Antworten zu liefern. Zyniker könnten jetzt sagen „das kennen wir ja von Microsoft, dem Erfinder der Bananensoftware“. Aber in diesem Fall liegen die Dinge anders, denn ein Chatbot, der sich in gewisser Weise „menschlich“ verhalten soll, kann nur durch die Interaktion mit Menschen dazulernen, sowas kann man nicht programmieren.

Microsoft benennt konkrete Verbesserungen, an denen man in naher Zukunft arbeiten möchte: So will man besser verstehen, bei welchen Suchanfragen das neue Bing „kreativer“ agieren kann und in welchen Fällen es sich besser 1:1 an die Inhalte aus den Quellen hält. Man will außerdem einen Schalter integrieren, mit dem Nutzer dieses Verhalten selbst steuern können.

Einige Tester haben versucht, das neue Bing an seine Grenzen zu bringen, und waren damit auch erfolgreich. Microsoft hat herausgefunden, dass Bing bei längeren Chat-Sitzungen mit 15 oder mehr aufeinanderfolgenden Fragen aus dem Tritt geraten kann und dann teils absurde Antworten gibt. Hier will man einerseits nachbessern und außerdem einen Reset-Button integrieren, mit dem die Unterhaltung sozusagen wieder bei Null begonnen werden kann. Man bedankt sich ausdrücklich bei den Testern, die diese Limits ausloten, vereinzelt habe man Chat-Sitzungen mit einer Dauer von über zwei Stunden beobachtet.

Ansonsten hat man auch viel allgemeines Feedback erhalten, wie beispielsweise Performance-Probleme, Formatierungs-Fehler, defekte Links oder andere technische Probleme. Feature-Wünsche wie beispielsweise das Buchen von Reisen oder eine einfache Möglichkeit, ein Suchergebnis zu teilen, wurden ebenfalls geäußert und das Team sichtet diese.

Wie eingangs beschrieben, habe ich selbst tausend Gedanken zu diesem Thema, weil es so facettenreich ist. Neben der technischen Beurteilung stellt sich mir dabei sehr oft die Frage, was das neue Bing überhaupt können sollte. Das bezieht sich allerdings auf jede Art von KI.

Rein technisch betrachtet habe ich zwei Meinungen zum neuen Bing: Auf der einen Seite sind all die falschen, lustigen oder absurden Antworten genau das, was ich auch erwartet habe. Das ist etwas, was man zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis nehmen, aber nicht bewerten sollte. Wir haben es mit einer neuen Technologie zu tun, die gerade das Laufen lernt und dementsprechend oft stolpert. Ich betrachte es als spannend, sozusagen live dabei zuschauen zu können, wie sich das entwickelt.

Auf der anderen Seite hat Microsoft das Produkt offiziell an den Start gestellt und lässt es von echten Menschen benutzen, insofern ist jede einzelne Kritik an einem nicht brauchbaren Ergebnis gerechtfertigt.

Microsoft hat mit dem neuen Bing einen entscheidenden Vorteil, und das ist seine Bedeutungslosigkeit. Ihr habt sicher die Schlagzeile gelesen, dass eine falsche Antwort des Google-Chatbots Bard den Aktienkurs abstürzen ließ. Das ist selbstverständlich purer Nonsens, aber ein Körnchen Wahrheit steckt drin: Der KI-Hype ist in vollem Lauf und Google scheint davon mehr oder weniger unvorbereitet getroffen worden zu sein. Dazu kommt, dass sich Google mit seinem Hauptprodukt, der Internetsuche, keine Experimente erlauben kann, denn es ist existenziell von dieser abhängig. Google wird eine Antwort geben, so viel ist sicher. Generell ist das, was im Moment passiert, aber eher ein Risiko als eine Chance für Google, und das sehen eben auch die Anleger.

Bei Microsoft ist es genau umgekehrt, daher können sie völlig unbefangen agieren, sie haben auf diesem Gebiet praktisch nichts zu verlieren.

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