Zur Situation Israels wie sie sich aus meiner Sicht darstellt:
1. Israel hat, meines Wissens nach, zum ersten Mal einen Krieg verloren. Es konnte die Hizbollah weder zerstören noch ernsthaft schädigen. Insofern ist die UN-Resolution für Israel eine Möglichkeit gewesen, wenigstens noch einen Teil des legendären Rufes der IDF zu retten, in dem es den Friedensbereiten spielt.
2. Israel mag zwar einen Waffengang und Image verloren haben, aber politisch haben sie gewonnen. Denn im Fall eines weiteren Waffenganges gibt es zwei Alternativen:
a) Die UNIFIL tritt bei Kriegsausbruch den Heimweg an und Israel kann dann sagen: "Hey! Ihr habt es nicht geschafft die Hizbollah ruig zu stellen und lauft nun wie die Hasen! OK, aber dann lasst uns nun in Ruhe unseren Job machen!"
Damit hätte Israel frei Hand für den Libanon und vermutlich auch für Syrien.
b) Die UNIFIL tritt bei Kriegsausbruch den Heimweg an, aber die Truppen der NATO-Länder bleiben (teilweise) und greifen auf israelischer Seite mit ein. Prompt hat der Krieg gegen den Terror plötzlich neue Mitspieler aus den bisher kriegsunwilligen bzw. aus den mittlerweile fahnenflüchtigen europäischen Ländern.
Was deine Anspielung auf die Liberty angeht - natürlich dürfte der Gedanke für Israel verführerisch sein, sich auf diese Weise seine Verbündeten zu sichern. Gerade ein deutscher Marinebeitrag wäre für die IDF recht hilfreich, da die Seestreitkräfte der IDF die schwächste der drei Teilstreitkräfte ist. Allerdings gibt es da meiner Meinung nach Gründe weshalb es trotzdem nicht realistisch ist, ein derartiges Risiko einzugehen:
1. Die USA verfügen über 30 Fregatten, 48 Zerstörer und 22 Kreuzer und die entsprechenden Versorgungskapazitäten. Da werden sich doch sicherlich einige Schiffe von abzweigen lassen um das östliche Mittelmeer zu kontrollieren. Das hätte auch zwei weitere Vorteile:
a) Die Amis sind nicht so wehleidig wie wir Deutschen. Die versenken lieber ein harmloses Fischerboot zu viel, als ein Waffenschmuggler oder ein gar ein Kommandoboot durch zu lassen.
b) Selbst wenn der Konflikt schon vorbei wäre, könnten die USA dort bis in alle Ewigkeiten rumschippern. Offiziel auf der Jagd nach Waffenschmugglern und Terroristen, inoffiziell um die Interessen der Amis im östlichen Mittelmeer abzusichern.
2. Die Seestreitkräfte werden bei dem ganzen Nahost-Theater wohl die geringste Rolle spielen. Einzig und allein der Iran verfügt über eine nennenswerte Marine. Drei Fregatten, zwei Korvetten und drei Diesel-UBoote sind aber nicht gerade die Welt gegen die geballte Macht der US Navy. Einziges Problem dürfte die Gefahr von Minenlegern auf den Handelsrouten sein (und im gewissen Umfang noch die 65 Kleinkampfboote). Sprich: Handelstörung im Persischen Golf - und die werden die Amis sicher lieber selbst unterbinden wollen, als sich da auf zaudernde Europäer zu verlassen. Da schippert schließlich auch ihr Öl rum.
Was Israel im Kampf gegen Libanon/Hizbollah und Syrien aber wirklich braucht sind "boots on the ground". Also Soldaten die nicht nur in ihren schicken Panzern durch die Gegend fahren, sondern auch mal ihre Nase in das Tunnelsystem der Hizbollah stecken. Insofern dürften eher die Franzmänner und die Italiener die gefährdete Spezies sein, falls Israel wirklich versucht mit unkonvetionellen Methoden sich seine Verbündeten zu suchen. Trotzdem halte ich es für unwahrscheinlich, denn:
3. Brennt in Afghanistan gerade der Baum. Langsam sickert auch in den deutschen "Friede, Freude, Eierkuchen"-Medien durch, daß es bei unseren Freunden vom Hindukusch doch nicht so gemütlich ist, wie der immer so erschreckend modisch gekleidete Herr Karsai den Anschein erweckt. Die NATO lässt schon seit einiger Zeit mal wieder den Hut rumgehen und hofft auf reichlich "Spenden". Und da Afghanistan bei den europäischen Verbündeten weitaus unstrittiger ist und sich deren Wählern auch viel besser verkaufen lässt, dürfte die Überlegungen des großen Israel-Verbündeten USA sicherlich eher dahin gehen, die knappen Infantrie-Reserven des alten Europas nach Afghanistan zu schicken. Damit hätte die USA ein Problem weniger wenn sie einerseits versuchen muss den Hexenkessel Irak irgendwie am Überkochen zu hindern und andererseits die Auswirkungen eines möglichen Luftschlages gegen den Iran so gering wie möglich zu halten. Und mit den regulären Streitkräften von Libanon und Syrien wird die IDF eh selber fertig. Einziges Problem bleiben die irregulären Hizbollahkräfte - aber mit denen dürften die Europäer noch schlechter fertig werden, als die in "assymetrischer Kriegsführung" weitaus besser geschulten IDF-Soldaten.
Soweit meine Meinung als Feierabend-Stratege.