OLG Düsseldorf urteilt: Forenbetreiber haften nur bei anonymen Beiträgen

Jein,

wie soll ein Admin einen User klar identifizieren? Dann müßte jeder User persönlich (mit Personalausweis, Geburtsurkunde und Meldebestätigung) bei einem der Mods vorstellig werden, ansonsten ist es kaum möglich einen User "zweifelsfrei zu identifizieren".

Im Umkehrschluss bedeutet das eine Haftungsbefreiung für Anbieter von Meinungsforen, wenn sie die Nutzer zweifelsfrei identifizieren und deren persönliche Daten im Fall einer Rechteverletzung an Betroffene weitergeben.

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Der Forenbetreiber kann sich der Haftung also entziehen, wenn er seine Benutzer eindeutig identifizeren kann. Muss man die Konsequenz davon jemandem erklären?
 
Supernature schrieb:
Der Forenbetreiber kann sich der Haftung also entziehen, wenn er seine Benutzer eindeutig identifizeren kann. Muss man die Konsequenz davon jemandem erklären?

An welche e-mail Adresse soll ich meine Ausweiskopie und Meldebestätigung schicken ;) :rolleyes: ;)
 
Der so Diffamierte gab dem Forenbetreiber die Postings zur Kenntnis und forderte die Löschung der beiden Beiträge. Als dieser sich weigerte, erließ das Landgericht Düsseldorf auf Antrag des Geschmähten eine einstweilige Verfügung gegen den Forenbetreiber, mit der er zur Sperrung der Beiträge gezwungen wurde.

Es geht hier also um eine andere Sache, die über unseren Fall hinaus geht.
Supernature hat die betreffenden Beiträge ja sofort nachdem die Firma sich bei ihm gemeldet hat gelöscht. Damit ist er eigentlich aus dem Schneider, wie das Gericht auch bestätigt hat:

Grundsätzlich erkennt der Senat gemäß Paragraf 11 des Teledienstegesetzes (TDG) eine Pflicht des Betreibers, rechtswidrige Forenbeiträge zu entfernen, wenn er davon in Kenntnis gesetzt wird.

Darüber hinaus hat das Gericht entschieden, dass er dies unter bestimmten Bedingungen noch nicht einmal machen müsste:
Eine Ausnahme besteht dem Urteil zufolge aber, wenn im Forum wie im konkreten Fall überwiegend Meinungen ausgetauscht werden ("Meinungsforum").

Und diese Ausnahme besteht genau dann, wenn der Urheber des Beitrages namentlich bekannt ist:
Deshalb bestehe für denjenigen, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, zwar der Anspruch, dass der Forenbetreiber sich von den Nutzeräußerungen distanziert, nicht aber auf Entfernung des Beitrags. Die Unterlassung müsse vom Urheber des Beitrags gefordert werden.

Dieses Urteil ist also in jeder Beziehung eine Stärkung der Position der Forenbetreiber :D
 
Bedingt ja, denn nach meiner Intepretation setzt es voraus, daß der Forenbetreiber präventiv die persönlichen Daten der User sammelt (wobei die Definition von "zweifelsfreie Identifikation" zusätzlich von "namentlicher Anmeldung" bis "Überprüfung der der gemachten Angaben" reichen könnte).

Das widerum wird Datenschutzrechtlich ein kleines Problemchen, zumal ich nicht irgendeinem "dahergelaufenen" Forenbetreiber meine kompletten Daten überlassen möchte - auch wenn ich sonst nicht so bin mit meinen Daten.
 
Die Sache mit der Identifizierung der Nutzer sehe ich momentan nicht als großes Problem an. Die IP der Poster wird das Forum sicherlich festhalten, oder? Insofern sollte es im Ernstfall auch reichen die IP herausgeben zu können. Zumindest wenn sich der "Geschädigte" nicht erst nach Jahren meldet, lässt sich anhand der IP sehr leicht der Nutzer identifizieren. Ich hatte da kürzlich erst selbst so einen Fall.
Sollte sich der Geschädigte tatsächlich erst viel später melden, ist es ohnehin die Frage ob er dann noch einen Anspruch auf irgendwas hat.
Vielleicht übersehe ich gerade auch einen Aspekt, aber an sich finde ich das Urteil des OLG Düsseldorf soweit recht vernünftig.
 
Insofern sollte es im Ernstfall auch reichen die IP herausgeben zu können. Zumindest wenn sich der "Geschädigte" nicht erst nach Jahren meldet, lässt sich anhand der IP sehr leicht der Nutzer identifizieren. Ich hatte da kürzlich erst selbst so einen Fall.

Sollte sich der Geschädigte tatsächlich erst viel später melden, ist es ohnehin die Frage ob er dann noch einen Anspruch auf irgendwas hat.

1. Bekommt der Geschädigte die persönlichen Daten zu der Betreffenden IP erst durch einen richterlichen Beschluss. Dieser setzt wiederum eine Strafanzeige voraus. Hinzu kommen andere Spielchen, wie z.B. Firmenrechner, anonyme Proxies usw. Eine einwandfreie Identifikation ist sooo einfach nicht ...

2. Wenn ich recht informiert bin, ist der Erlaß der EU zur Voratsdatenspeicherung noch nicht in deutsches Recht umgesetzt. Der Provider darf also bei einer Flatrate die IP-Adresse nicht speichern, da er diese nicht für die Erstellung einer Abrechnung benötigt. Im Zusammenhang mit der eh geplanten Speicherung der Verbindungsdaten wäre der Weg über die IP natürlich der sinnvollste Schritt. Einzig und allein die Voraussetzungen für die Herausgabe müßten angepaßt werden, jeweils eine Strafanzeige anzustoßen um an die Daten zu kommen wäre Verwaltunsgtechnisch wohl kaum zu wuppen ...

3. Die Beiträge hier im Forum sind auch schon ein paar Monate alt. Es ist durchaus normal, daß ein Geschädigter erst Monate später über Beleidigungen o.ä. stolpert. Sollte dann der Rechtsanspruch verfallen (und die Beiträge einfach stehen bleiben dürfen?)

Vielleicht übersehe ich gerade auch einen Aspekt, aber an sich finde ich das Urteil des OLG Düsseldorf soweit recht vernünftig.
Übersehen hast Du ein paar Aspekte, dennoch halte ich dieses Urteil für sinnvoller und produktiver als das "Heise-Urteil", wenn die Rahmenbedingungen entsprechend definiert würden.
 
Wenn Forenbetreiber durch die echte IP der Nutzer geschützt würden prophezeie ich, dass rasend schnell eine Blacklist mit anonymen Proyys entstehen würde, die entsprechenden Benutzern die Schreibrechte verwehrt.
 
piepmatz.de schrieb:
Ist schon richtig aber erstmal nützt die IP, z.B. der Uni Dresden den Mods sicher nicht sehr viel.
auch in der uni muß man sich anmelden bzw. registrieren. also müsste zum. der sys-admin wissen / nachvollziehen können wer am xx.xx.xxxx um xx.xx uhr an dem betreffendem rechner war. ergo nix mit anonym!
 
auch in der uni muß man sich anmelden bzw. registrieren. also müsste zum. der sys-admin wissen / nachvollziehen können wer am xx.xx.xxxx um xx.xx uhr an dem betreffendem rechner war. ergo nix mit anonym
Das entspricht aber nicht dem Datenschutz ... ;)
 
Knuffi schrieb:
Das entspricht aber nicht dem Datenschutz ... ;)
meinst du die uni läßt jeden xbeliebigen an ihre rechner? was ist wenn der pc durch z.b. falsche handhabung hinüber ist?

naturlich bräuchte man einen richterlichen beschluss zur herausgabe der ip-nummer! schließlich können auch hausdurchsuchungen nicht einfachso gemacht werden!
greets
t_c


ps: und es ist sicherlich auch eine frage des geldes. es wird sich wohl keiner um die ip-nummer bemühen bloß weil er als ein 'arschloch' bezeichnet wurde. derjenige könnte ja zurück schimpfen...


pps: hoho, das ist ja mein 'bekommt Übersicht' artikel.
 
Knuffi schrieb:
1. Bekommt der Geschädigte die persönlichen Daten zu der Betreffenden IP erst durch einen richterlichen Beschluss. Dieser setzt wiederum eine Strafanzeige voraus. Hinzu kommen andere Spielchen, wie z.B. Firmenrechner, anonyme Proxies usw. Eine einwandfreie Identifikation ist sooo einfach nicht ...

Die Sache mit dem richterlichen Beschluss stimmt. Es müssten halt die Voraussetzungen geschaffen werden, dass man nicht nur Anzeige gegen Unbekannt erstatten kann, sondern auch Unbekannt privatrechtlich belangen kann. Dann müssten die Gerichte zwar immernoch entscheiden, ob ein Beitrag beleidigend oder geschäftsschädigend ist, aber das müssen sie ja ohnehin.

Knuffi schrieb:
2. Wenn ich recht informiert bin, ist der Erlaß der EU zur Voratsdatenspeicherung noch nicht in deutsches Recht umgesetzt. Der Provider darf also bei einer Flatrate die IP-Adresse nicht speichern, da er diese nicht für die Erstellung einer Abrechnung benötigt.

Die Provider speichern die Daten aber trotzdem. Sogar T-Online, denen es ja gerichtlich ausdrücklich untersagt wurde, die Daten zu speichern, speichert die Verbindungsdaten. Das weiß ich deswegen, weil ich vor kurzem Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt habe und das mit der IP eine sehr einfache Sache war. Hat mich selber gewundert, weil ich ja auch im Heise-Newsticker lese, aber leider konnte mir der Polizeibeamte auch nicht mehr sagen, weil sich da Techniker drum kümmern und nicht er selber.

Knuffi schrieb:
3. Die Beiträge hier im Forum sind auch schon ein paar Monate alt. Es ist durchaus normal, daß ein Geschädigter erst Monate später über Beleidigungen o.ä. stolpert. Sollte dann der Rechtsanspruch verfallen (und die Beiträge einfach stehen bleiben dürfen?)

Das ist die Frage über die ich auch noch nachdenke. Normalerweise würde ich sagen, dass das dann wohl nicht geschäftsschädigend gewesen sein kann, aber es wäre ja auch denkbar, dass sich nach einiger Zeit das öffentliche Interesse aus irgendeinem Grund auf das Forum richtet und die Beleidigungen dann erst ihre Wirkung entfalten. Das ist in der Tat etwas schwierig, aber für den Fall besteht ja immernoch die Möglichkeit, den Betreiber zum Löschen aufzufordern.


Knuffi schrieb:
dennoch halte ich dieses Urteil für sinnvoller und produktiver als das "Heise-Urteil", wenn die Rahmenbedingungen entsprechend definiert würden.

Hier sind wir uns einig. Vor allem wurde im aktuellen Urteil ausdrücklich klargestellt, dass der Schutz des "Geschädigten" nicht grundsätzlich wichtiger ist als das Recht auf freie Meinungsäußerung, sondern dass dieser Schutz auch gewisse Einschränkungen hat, die unvermeidbar sind.


Kleiner Nachtrag: Mit dem Datenschutz nehmen es die Unis ohnehin oft nicht so genau.
 
Die Provider speichern die Daten aber trotzdem.
Sind illegal gewonnene Beweismittel vor Gericht gültig? Ich kenne mich mit dem deutschen Recht nicht so gut aus, aber im Film sind die immer verboten ... :D

Das ist in der Tat etwas schwierig, aber für den Fall besteht ja immernoch die Möglichkeit, den Betreiber zum Löschen aufzufordern.
Die Möglichkeit besteht grundsätzlich und jeder Forenbetreiber wird diese Möglichkeit im Regelfall auch nutzen. Die Frage ist, an wen sich der Betroffenen gegebenenfalls mit Schadensersatzansprüchen wendet, wenn der Verursacher nicht mehr greifbar ist...?
 
Knuffi schrieb:
Sind illegal gewonnene Beweismittel vor Gericht gültig? Ich kenne mich mit dem deutschen Recht nicht so gut aus, aber im Film sind die immer verboten ... :D
Das weiß ich auch nicht, aber scheinbar sind sie gültig. Denn sonst hätte die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft sich in meinem Fall ja gar nicht erst um die Daten kümmern müssen.


Knuffi schrieb:
Die Frage ist, an wen sich der Betroffenen gegebenenfalls mit Schadensersatzansprüchen wendet, wenn der Verursacher nicht mehr greifbar ist...?

Dann kann er sich eben an niemanden wenden. Wenn ich nicht feststellen kann, wer mir mein Auto zertrümmert hat, kann ich ja auch nichts machen, so blöd das dann auch ist. Auf keinen Fall sollte man dann einen völlig Unbeteiligten zur Verantwortung ziehen.

P.S.: Ich will hier nicht Beleidigungen mit Sachbeschädigung gleichsetzen, sondern nur zeigen, dass man leider immer der Blöde ist, wenn man nicht weiß, wer einem Schaden zugefügt hat.
 
Jeder der sich mit Jura auseinandergesetzt hat weiß, dass die Interpretation von Gesetzestexten so seine Tücken hat. Auch deswegen spazialisieren sich Juristen auf Teilgebiete. Ich glaube, hier erlaube ich mir einfach ein schlichtereres denken. Ich will den komplexen Hintergrund der Materie nicht genau kennen. Ich möchte einfach nur, das meine Stimme im Netz nicht gefiltert wird. Keine "guten Geister" im Hintergrund. Keine Überwachung. Ich glaube man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen, in welche Richtung das läuft.
 
Meine freie Interpretation des Urteils ist:
Das Gericht sagt: Der Betreiber ist aus der Haftung, wenn er den Autor des Beitrags benennen kann.
Dem Geschädigten die GMX-Adresse und die letzte IP zu nennen, damit er sich anschließend selber kümmern muss, dürfte da nicht ausreichen.
 
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