[Meinung] Die Heise-Berufung: Auswirkungen allgemein und speziell für uns

Supernature

Und jetzt?
Teammitglied
Der 22. August hätte eigentlich für uns der großte Tag der Entscheidung sein sollen, wurde es aber aufgrund der abgesagten Verhandlung leider nicht.
Dennoch hat sich an diesem Tag mit dem Berufungsurteil im "Heise-Fall" Entscheidendes getan.
Das Urteil wird unterschiedlich interpretiert, und leider beantwortet die Urteilsbegründung nicht alle offenen Fragen, dennoch kann man wichtige Erkenntnisse, auch für unseren Fall, daraus ziehen.

Die Berufung wurde zurückgewiesen, dass Heise-Urteil, auf welches sich die Abmahnung gegen das Supernature-Forum stützt, wurde also bestätigt.
Können wir jetzt "einpacken"?

Auf den ersten Blick mag das vielleicht so aussehen, schaut man aber auf die Details, dann stellt man fest, dass das Urteil für unseren Fall und für die Situation der Forenbetreiber allgemein durchaus positive Aspekte enthält. Das ist wohl auch der Grund, warum Heise diese Niederlage nicht als solche empfindet.

Das Gericht hat eindeutig festgestellt, dass eine Störer-Haftung des Betreibers für erstmalig eingestellte, rechtsverletzende Forenbeiträge nicht in Frage kommt, so lange er keine Kenntnis davon hat. Somit steht dem durch solche Beiträge evt. Geschädigten auch kein Unterlassungsanspruch zu.
Sobald der Forenbetreiber vom Geschädigten über die Beiträge in Kenntnis gesetzt wird, hat er diese zu entfernen. Darüber hinaus hat der Betreiber ab diesem Zeitpunkt auch gesteigerte Kontroll- und Überwachungspflichten.

Das ist genau der Punkt, an dem wir in unserem Fall eigentlich schon fertig sind - keine Kenntnis, keine Haftung, keine Abmahnung - aus :).

So einfach ist es dann aber doch wieder nicht, denn genau an diesem Punkt wurden wichtige Begrifflichkeiten nicht geklärt, die für eine klare Abgrenzung aber dringend nötig sind.

Das Gericht spricht von einem "Artikelforum" und meint damit die Diskussionsbeiträge, die zu dem spezifischen News-Eintrag eingestellt wurden.
Dieses hätte Heise nach dem erstmaligen Bekanntwerden von rechtswidrigen Beiträgen in der Folge sorgfältiger überwachen müssen.
Es handelt sich dabei um eine inhaltlich klar abgegrenzte Diskussion zu einem speziellen Thema - dies bezeichnet man innerhalb eines Forums üblicherweise als "Thread". Ein "Forum", wie wir es sehen, hat ein sehr weit gestecktes Themengebiet (z.B. "Allgemeine Computerfragen") und ist daher mit einem Artikelforum bei Heise nicht vergleichbar. Genau dies wurde aber nicht ausreichend geklärt.
Bezieht sich bei einem "normalen" Forum wie diesem die erweiterte Prüfungspflicht nach Bekanntwerden rechtsverletzender Beiträge nur auf den Thread, in dem diese geschrieben wurde, oder auf das gesamte Forum, in dem sich der besagte Thread befindet? Je nachdem, wie das Gericht dies sieht, kann das Urteil also zumutbar oder katastrophal sein.
Konstruiertes Beispiel:
Im Forum "allgemeine Computerfragen" wird innerhalb des Threads "Erfahrungen mit Online-Händlern" ein Internetshop durch beleidigende Beiträge diffamiert.
Der Inhaber des Shops weist den Forenbetreiber auf die Beiträge hin, dieser entfernt sie.
Gilt die erweiterte Prüfungspflicht nun für den Thread "Erfahrungen mit Online-Händlern" oder für das gesamte Forum "allgemeine Computerfragen"?
Das Gericht verwendet in der Begründung eindeutig den Begriff "Forum" - ich unterstelle allerdings, dass dem Gericht die unterschiedlichen Begrifflichkeiten einfach nicht bewusst waren.
Nach meiner Interpretation betrifft diese gesteigerte Prüfungspflicht lediglich den betroffenen Thread.
Und in der Praxis sieht es doch heute schon so aus, dass entsprechende Threads ohnehin meist geschlossen oder komplett gelöscht werden, wenn die Beteiligten über die Stränge schlagen.

Ebenfalls offen gelassen wurde, wie denn eine gesteigerte Prüfungspflicht denn nun konkret aussieht und welche Werkzeuge (z.B. Wortfilter) als tauglich angesehen werden. Diese Frage steht noch völlig unbeantwortet im Raum.

Interessant auch die Andeutung, dass die Entscheidung bei einem privat betriebenen Forum möglicherweise anders ausgefallen wäre.

Das Urteil bzw. dessen Begründung ist aus meiner Sicht für Forenbetreiber eher nützlich, lässt jedoch wichtige Details offen.
Die Chancen für unsere Klage sind nicht schlechter geworden, auch weil es im direkten Vergleich mit dem Heise-Fall ein paar konkrete Unterschiede gibt - zum Beispiel wurde die Diskussion dort vom Betreiber selbst eröffnet und es gab vor der Abmahnung bereits Kontakt zwischen den Streitparteien.
Ohnehin käme ein Rückzug sowieso nicht in Frage.

Verwandte Links:
Heise-Meldung zum Berufungsurteil
Das Urteil bei R-Archiv
Diskussionsthema bei uns im Forum
Heise-Meldung zur Urteilsbegründung
Urteilsbegründung im Volltext als PDF
Kommentierung von RA Dr. Martin Bahr
 
Also eher recht als schlecht. :D Na das ist doch mal was. Nicht super, aber es hätte schlimmer kommen können. (y)
 
Ich gebe hiermit zur Kenntnis, dass ein Beitrag von mir NICHT bedeutet, dass ich alle anderen Beiträge desselben Themas gelesen habe.

Gruss
Tim
 
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