Information Ich bin kein Chamäleon

chmul

Moderator
Teammitglied
OK, diese Enthüllung dürfte bei meinen Stammlesern kaum für Überraschung sorgen. Aber auch Neuleser zucken vermutlich nicht einmal mit der Wimper. Von einem Geschichten schreibenden Chamäleon hätten sie sicher schon gehört. Ich bin natürlich auch kein anderes Tier. Auch wenn man mir schon unterstellt hat, ich bewegte mich mit der Eleganz eines schwangeren Nilpferdes oder fräße manchmal wie ein Schwein.

Ich bin natürlich kein Tier. Ein ehemaliger Fußballkamerad, seines Zeichen Torwart wurde nur Katze genannt und war ebenso wenig ein Tier wie der Manager der Fantastischen Vier, Spitzname „Bär“. Worauf ich mit der Überschrift hinaus will, ist, dass ich, bezogen auf dessen Eigenschaften, kein Chamäleon bin.

Das ich mein Erscheinungsbild nicht wie das Chamäleon an meine Umgebung anpassen kann, ist offensichtlich. Es sei denn in meiner direkten Umgebung tauchte plötzlich eine Gruppe übergewichtiger Alter Männer in Jeans, Turnschuhen und schwarzem T-Shirt auf. Ich bezog mich auf die Anpassungsfähigkeit im Allgemeinen.

Bislang war ich der Ansicht, dass ich trotz ausgeprägter Ziel- und Motivationslosigkeit recht gut klar gekommen bin, weil ich mich eben sehr wohl anpassen kann. Beispielsweise kann ich – was ich vermutlich an anderer Stelle schon einmal erwähnt hatte – recht überzeugend soziales Verhalten simulieren.

Ein anderes Beispiel: Man stelle sich mich in einem Kombi vor, auf dem Rücksitz ein Hund, auf der Anhängerkupplung ein Träger mit zwei E-Bikes am Samstag auf dem Weg auf den Campingplatz im Berner Oberland. Wer mich von früher kennt, würde sagen, ich sei einer Lobotomie unterzogen worden. Ich behaupte bzw. behauptete, ich kann mich gut anpassen.

Dass dem offensichtlich nicht mehr so ist, habe ich andeutungsweise in jüngerer Vergangenheit immer mal wieder festgestellt. Ein eindeutiger Beleg dafür wiederfuhr mir heute.

Meine Liebste besitzt neben dem oben erwähnten Hund (und Fahrradträger und E-Bikes und Campingwagen mit Vorzelt) auch zwei Kater. Während sie nun mit oben erwähntem Hund auf oben erwähntem Campingplatz im oben erwähnten Berner Oberland weilte, blieb ich mit den beiden Katern zurück. Eine Aufteilung, die mir gut passt. Mit Katern muss man nicht dreimal am Tag „Spaziergänge“ machen.

Einfach Futter hinstellen und gut is. Na klar. Und die Erde ist eine Scheibe.

Mal ganz abgesehen davon, dass die Kater unterschiedliches Futter in unterschiedlichen Mengen bekommen, hat einer davon, nämlich Mogli Diabetes. Katzen und Kater sind eigentlich recht gut darin, das zu bekommen, was sie wollen. Sie streichen um deine Beine, sitzen dir beim Fernsehen auf der Brust oder springen dir notfalls nachts auch mal auf das Gesicht.

Sich Insulin zu spritzen, hat das Tier aber noch nicht geschafft, obwohl alles Nötige gut erreichbar auf dem Tisch liegt. Deshalb müssen wir das übernehmen. Also mein Schatz. Ich halte mich da raus, ich hab’s nicht so mit Tieren. Es sei denn sie ist nicht da (Hund, Camping, Berner Oberland). Dann trifft es eben mich.

Aber damit nicht genug. Für die zwei Spritzen pro Tag gibt es zwei Zeitfenster von je zwei Stunden im Abstand von zwölf Stunden. Abgeleitet aus unserem üblichen Tagesablauf wurden die idealen Zeitpunkte deshalb auf 6:30 und 18:30 Uhr festgelegt. Plus/Minus eine Stunde.

Das ist unter der Woche kein Problem. Am Samstagmorgen schon eher. Trotz Wecker. Ich bin nämlich - und hier schließt sich jetzt der Kreis - nicht so anpassungsfähig wie ein Chamäleon. Wäre ich es, würde ich am Freitagabend nicht bis weit nach 2:00 Uhr (also eher Samstagmorgen als Freitagnacht) Serien suchten.

Offensichtlich habe ich das Alter noch nicht erreicht, ab dem man weniger Schlaf braucht. Ich empfand es auf jeden Fall als äußerst störend, als der Wecker um 7:25 Uhr losging (natürlich habe ich die erlaubte Toleranz maximal ausgenutzt). Aber wenigstens konnte ich danach einfach wieder ins Bett und weiterschlafen. Und außerdem: Pflicht ist Pflicht, wenn das faule Pelztier sich die Spritze nicht selbst geben will, dann muss ich halt machen.

Hatte ich erwähnt, dass Mogli keine Spritzen mag? Egal, mache ich gleich noch. Zuerst muss ich noch erzählen, dass Mogli unbedingt vor der Spritze fressen sollte. Kein Thema, Trockenfutter in seinen Napf, fressen, gut is. Es sei denn, man hat einen zweiten Kater, der alles frisst, was gerade so rumsteht. Also nicht nur das Katzenfutter, das eigentlich für Kollege Mogli gedacht ist, sondern auch Hundefutter. Entsprechend knapp bewegt er sich auch an der Grenze zum Übergewicht und sollte nur „light“-Futter zu sich nehmen.

Also gilt es alles Tierfutter sofort wieder auf den Tisch zu stellen, wenn der bestimmungsgemäße Fresser fertig ist. Das habe ich mit Moglis Futter ebenfalls versucht. Vermutlich wegen des Schlafmangels habe ich es aber nicht geschafft. Der Napf fiel vom Tisch und das Trockenfutter verteilte sich in der Küche und im Esszimmer. Großflächig.

Ich neige nicht zur Hektik und behalte im Regelfall auch in angespannten Situationen meine Ruhe, war nun aber plötzlich unter Druck. Einerseits musste ich verhindern, dass Mogli nach draußen lief, er musste ja noch seine Spritze bekommen, und andererseits dafür sorgen, dass der andere Kater nicht das herumliegende Futter fraß. Der andere Kater heißt Squiff (englisch für schief/schräg) weil er aus irgendwelchen Gründen den Kopf immer etwas schräg hält. So wie er sich aber über das Futter hergemacht hat, wäre aber vermutlich Dyson ein besserer Name gewesen.

Sei’s drum. Ich brachte einen Teil des Futters in Sicherheit und konnte auch Mogli an der Flucht hindern. Mogli mag keine Spritzen. Das hat auch schon der Tierarzt erfahren müssen. In gewohnter Umgebung geht es aber, wenn man ihn schön hinter den Ohren krault. Dazu habe ich ihn, wie schon zuvor, auf den Schoß genommen. Das ist üblicherweise gefahrlos möglich. Üblicherweise habe ich aber dann auch eine Jeans an und keine Pyjamahose. Man lernt halt nie aus.

Spritze gesetzt, Krallen aus Pyjamahose und dem darunter liegenden Gewebe entfernt und dann endlich wieder ab ins Bett.

Und hier liege ich nun, kann nicht mehr schlafen und formuliere im Kopf diese Geschichte, die ich nachher aufschreiben werde …​
 
Oben