Verbindungsdatenspeicherung -> Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe
23.11.06: Update am Ende dieses Posts
Genauere Hintergründe zur Vorratsdatenspeicherung sind hier zu finden, hier nur eine kurze Zusammenfassung.
Im vergangenen Dezember hat das EU-Parlament die umstrittene Richtlinie zur Speicherung von Verbindungsdaten der Bürger sämtlicher EU-Staaten positiv verabschiedet.
Im Februar 2006 dann haben die Bundestagsabgeordneten mit allen Stimmen der Großen Koalition (Ausnahme war CDU-Abgeordneter Kauder) einen Antrag beschlossen, nach dem die Provider zu einer sechsmonatigen Speicherung der Verbindungsdaten ihrer Kunden verpflichtet werden sollen.
Konkret gespeichert werden sollen Verkehrs- und Standortdaten sowie eindeutige Geräteidentifikationen, und zwar für einen bestimmten Zeitraum. Zugriff sollen Polizei- und Nachrichtendienste bekommen, nach jüngeren Entwürfen des deutschen Justizministeriums möglicherweise jedoch auch nichtstaatliche Organisationen. Im Klartext: Jedwede Kommunikation, sei es Email, Festnetztelefon, Seitenaufrufe im WWW usf. werden verdachtsunabhängig für mindestens ein halbes Jahr gespeichert, um im Bedarfsfall darauf zugreifen zu können. So können mit sehr wenig Aufwand Kommunikationsprofile von immerhin 450 Millionen Bürgern erstellt werden.
Nach deutschem Entwurf für ein entsprechendes Gesetz würden die Daten „zu Zwecken der Strafverfolgung auf die Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten” verwendet werden können, also WEIT über das hinausgehen, was die Richtlinie aus Brüssel vorschreibt.
Diese Praktik widerspricht jeglichen rechtstaatlichen Prinzipien, da die Unschuldsvermutung ganz einfach ausgehebelt wird. Auch das Fernmeldegeheimnis, in Deutschland als Artikel 10 im Grundgesetz verankert (Absatz (2) rechtfertigt keinesfalls eine derartige Maßnahme wie die VDS sie darstellt), wird verletzt. Wer die Kosten zu tragen hat, dürfte vermutlich klar sein: die zu Überwachenden, also wir (denn die Unternehmen werden sie abwälzen).
ot:
OT, da alt.
Bürgerrechtler fordern nun die Bundestagsabgeordneten zur Unterstützung einer Klage vor dem EuGH gegen die Verbindungsdatenspeicherung auf.
Zu diesem Zweck wurde eine Internetseite eingerichtet, auf der Interessierte (und das sollte jeder sein) einen Musterbrief einsehen können, der diesen Klageantrantrag unterstützt, indem er an den Abgeordneten eures Wahlkreises verschickt wird.
Die Adressen (Email und postal) der Bundestagsabgeordneten sind dort zu finden.
Informationen über die VDS, die Hintergründe, die Beschlüsse uvm. findet ihr auf der entsprechenden Hauptseite sowie hier.
Ich hoffe, daß ihr die Initiative unterstützt und eurem Umfeld darüber berichtet, damit soviele Leute wie möglich auf das Problem und diese Initiative aufmerksam werden. Das Zeitfenster ist nicht sonderlich groß, die Abstimmung soll noch diesen Freitag stattfinden.
char0n
[Update 23.11.06]
Es hat natürlich niemand ernsthaft geglaubt, dass sich die Herrschaften Politiker von ihrer gefassten Idee abbringen lassen. Die Speicherung der Verbindungsdaten soll ab nächstem Jahr in Deutschland für sechs Monate gesetzlich vorgeschrieben werden. Damit hält sich die Bundesregierung nach eigenen Angaben an die Minimalforderungen der EU-Richtlinie, jedoch gibt es einige kleine, aber feine Unterschiede zu den Vorgaben aus Brüssel. So sollen die Daten auch bei "mittels Telekomunikation begangenen Straftaten" durchschürft werden dürfen. Die EU-Vorgabe erlaubt dies nur bei "schweren Straftaten".
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung plant eine Klage gegen das Vorgehen der Bundesregierung. Begründet wird sie mit dem Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und die informationelle Selbstbestimmung.
Es handelt sich allerdings nicht um eine echte Sammelklage, sondern vielmehr um eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde, da erstere nach deutschem Recht nicht vorgesehen ist.
23.11.06: Update am Ende dieses Posts
Genauere Hintergründe zur Vorratsdatenspeicherung sind hier zu finden, hier nur eine kurze Zusammenfassung.
Im vergangenen Dezember hat das EU-Parlament die umstrittene Richtlinie zur Speicherung von Verbindungsdaten der Bürger sämtlicher EU-Staaten positiv verabschiedet.
Im Februar 2006 dann haben die Bundestagsabgeordneten mit allen Stimmen der Großen Koalition (Ausnahme war CDU-Abgeordneter Kauder) einen Antrag beschlossen, nach dem die Provider zu einer sechsmonatigen Speicherung der Verbindungsdaten ihrer Kunden verpflichtet werden sollen.
Konkret gespeichert werden sollen Verkehrs- und Standortdaten sowie eindeutige Geräteidentifikationen, und zwar für einen bestimmten Zeitraum. Zugriff sollen Polizei- und Nachrichtendienste bekommen, nach jüngeren Entwürfen des deutschen Justizministeriums möglicherweise jedoch auch nichtstaatliche Organisationen. Im Klartext: Jedwede Kommunikation, sei es Email, Festnetztelefon, Seitenaufrufe im WWW usf. werden verdachtsunabhängig für mindestens ein halbes Jahr gespeichert, um im Bedarfsfall darauf zugreifen zu können. So können mit sehr wenig Aufwand Kommunikationsprofile von immerhin 450 Millionen Bürgern erstellt werden.
Nach deutschem Entwurf für ein entsprechendes Gesetz würden die Daten „zu Zwecken der Strafverfolgung auf die Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten” verwendet werden können, also WEIT über das hinausgehen, was die Richtlinie aus Brüssel vorschreibt.
Diese Praktik widerspricht jeglichen rechtstaatlichen Prinzipien, da die Unschuldsvermutung ganz einfach ausgehebelt wird. Auch das Fernmeldegeheimnis, in Deutschland als Artikel 10 im Grundgesetz verankert (Absatz (2) rechtfertigt keinesfalls eine derartige Maßnahme wie die VDS sie darstellt), wird verletzt. Wer die Kosten zu tragen hat, dürfte vermutlich klar sein: die zu Überwachenden, also wir (denn die Unternehmen werden sie abwälzen).
ot:
OT, da alt.
Bürgerrechtler fordern nun die Bundestagsabgeordneten zur Unterstützung einer Klage vor dem EuGH gegen die Verbindungsdatenspeicherung auf.
Zu diesem Zweck wurde eine Internetseite eingerichtet, auf der Interessierte (und das sollte jeder sein) einen Musterbrief einsehen können, der diesen Klageantrantrag unterstützt, indem er an den Abgeordneten eures Wahlkreises verschickt wird.
Die Adressen (Email und postal) der Bundestagsabgeordneten sind dort zu finden.
Informationen über die VDS, die Hintergründe, die Beschlüsse uvm. findet ihr auf der entsprechenden Hauptseite sowie hier.
Ich hoffe, daß ihr die Initiative unterstützt und eurem Umfeld darüber berichtet, damit soviele Leute wie möglich auf das Problem und diese Initiative aufmerksam werden. Das Zeitfenster ist nicht sonderlich groß, die Abstimmung soll noch diesen Freitag stattfinden.
char0n
[Update 23.11.06]
Es hat natürlich niemand ernsthaft geglaubt, dass sich die Herrschaften Politiker von ihrer gefassten Idee abbringen lassen. Die Speicherung der Verbindungsdaten soll ab nächstem Jahr in Deutschland für sechs Monate gesetzlich vorgeschrieben werden. Damit hält sich die Bundesregierung nach eigenen Angaben an die Minimalforderungen der EU-Richtlinie, jedoch gibt es einige kleine, aber feine Unterschiede zu den Vorgaben aus Brüssel. So sollen die Daten auch bei "mittels Telekomunikation begangenen Straftaten" durchschürft werden dürfen. Die EU-Vorgabe erlaubt dies nur bei "schweren Straftaten".
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung plant eine Klage gegen das Vorgehen der Bundesregierung. Begründet wird sie mit dem Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und die informationelle Selbstbestimmung.
Es handelt sich allerdings nicht um eine echte Sammelklage, sondern vielmehr um eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde, da erstere nach deutschem Recht nicht vorgesehen ist.
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