Diskussion Gibt es einen Unterschied zwischen Feedback und Kritik?

gisqua

ist wieder öfter hier
Ist Feedback nur positiv, weil es sich so schön weich und wohlwollend anhört und ist Kritik nur negativ, weil es sich so hart und vernichtend anhört?

In meinen Ohren hört es sich jedenfalls meistens so an.
Allerdings kann beides ebenso vernichtend wie auch wohlwollend sein.

Was ist nun eigentlich der Unterschied zwischen Feedback und Kritik?
Gibt es überhaupt einen?
- abgesehen davon, dass das eine Wort aus dem Englischen und das andere aus dem Deutschen stammt.

Ein Feedback würde ich eher als "Geschenk" bezeichnen, denn es zeugt von Interesse. Feedback könnte man auch Kritikgespräch nennen.
Das Kritikgespräch ist aber doch wohl eine sehr deutliche, unmissverständliche Art, jemandem eine Rückmeldung zu geben, wobei Diskussionen und die Ansichten des Kritisierten dabei eher in den Hintergrund treten.

Auch einfach als Rückmeldung, Bewertung, Resonanz, Reaktion, Rückinformation, Beurteilung könnte man es bezeichnen.

Und wie verhalte ich mich nun am besten, wenn sich so ein Feedback an mich heranschleicht?
Am besten werde ich den Feedbackverschenker zunächst einmal ausreden lassen und aktiv zuhören, um das Anliegen bzw. die Kritik auch zu verstehen.
Wenn ich dann glaube verstanden zu haben, beginnt das große Grübeln.
Wie hat der andere das wohl gemeint:
offen und ehrlich? oder doch hinterhältig und gemein?
Ist mir das wichtig oder egal?
Hat das Einfluss auf meine Arbeitsstelle?
Kann ich das einfach wegdrücken oder mich doch eher darüber freuen?
Mann, ist das schwierig!


Nun aber zurück zum “Ernst” der eigentlichen Frage.
Einen so großen Unterschied sehe ich persönlich bei den Worten nicht unbedingt, auch wenn das Positive bei “Feedback” überwiegt. Kritik (- ehrliche und aufrichtige wohlgemerkt - alles andere ist meiner Meinung nach nur Gemecker-) ist für mich ebenso wichtig wie ein Feedback.
Ich würde von beiden profitieren. Ich kann mich über beide freuen und auch von beiden lernen.

Wie seht Ihr das?

Wenn wir andere mit unserem Feedback unterstützen wollen, dann sieht das in etwa so aus:

Wir formulieren unsere Rückmeldung so, dass der andere sich ermutigt fühlt und unsere gute Absicht erkennt.
Wir formulieren das Feedback in der Ich-Form.
Wir machen deutlich, dass es sich um eine Rückmeldung handelt.
Wir berücksichtigen dabei, was für den anderen wichtig ist,
Wir formulieren die Rückmeldung so, dass der andere sich von uns geachtet fühlt und er seine Selbstachtung wahren kann.
Wir konzentrieren uns auf ein konkretes Verhalten, das der andere verändern kann.
Wir geben ihm die Rückmeldung unmittelbar in der Situation und zu einem günstigen Zeitpunkt.
Wir haben uns die Rückmeldung gut überlegt.

Unwirksame Rückmeldungen sehen meist so aus:

Wir greifen den anderen an und wollen ihn schlecht/klein machen.
Wir geben unsere Rückmeldung nur indirekt.
Wir berücksichtigen dabei nicht, was der andere braucht.
Wir verletzen den anderen damit.
Wir beurteilen die gesamte Person, statt deren konkretes Verhalten.
Wir geben die Rückmeldung erst nach lange nach der konkreten Situation oder zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
Wir platzen damit heraus, ohne die Auswirkungen zu bedenken.
Wir haben unsere eigenen Interessen im Auge, statt die Bedürfnisse unseres Gegenübers.

Selbst wenn wir alle diese "Regeln" einhalten, haben wir keine Garantie, dass unser wohlgemeintes Feedback bei unserem Gegenüber positiv aufgenommen wird.
Wir haben dann jedoch alles getan, was von unserer Seite möglich ist.
 
Aus der Erfahrung von 15 Jahren Beratung:

Im Deutschen ist Feedback das Management Wort für "nett verpackte" Kritik.
Im Englischen ist Feedback neutral - Kritik ist eine Form davon, wird aber üblicherweise auch objektiv und nicht gefühlsbetont (also nicht "DU hast Schuld!") transportiert.

Für uns als Deutsche sind Feedbackgespräche schwierig - wir sind es nicht gewohnt positives Feedback zu bekommen (kein Feedback = "gut gemacht"), während das im Englischen oft sehr wichtig ist.
 
"Vielen Dank für das Feedback" ist teilweise zur netten Form von "LMAA" geworden.
Abgesehen davon sind all die Regeln im Kleingedruckten wichtig und richtig, die meisten von uns kennen sie auch. Sie im Alltag zu beherzigen, ist die große Kunst :).
 
Mein erster Gedanke war: Ist das gleiche, Feedback ist nur neudeutsches Gelaber.

Timelord hat es schon ganz gut getroffen. Nach reiflichem Nachdenken würde ich Feedback als eher konstruktiv bewerten, weil es im Ursprung darum geht aus dem Feedback zu lernen und Prozesse oder Produkte zu verbessern. Kritik, auch wenn es ja per Definition auch gute Kritiken gibt, ist für mich eher negativ belegt (was u.a. anderem daran liegt, dass es sowas wie hauptberufliche Kritiker gibt. Und jemand, der seinen Lebensunterhalt damit bestreitet, die Bemühungen anderer zu bewerten, ist in meinen Augen eine Niete, die außer Klugscheißen nichts kann. Denn wenn er das, was er kritisiert, wirklich besser machen könnte warum tut er es nicht?)
 
Kritik würde ich als direkte Bewertung ohne Floskeln ansehen.
Feedback als hübsch verpackte Einschätzung mit einem Verbesserungsvorschlag.

Kritik = Du bist dumm wie 3m Feldweg.
Feedback = Wenn du immer so viel Pech beim Denken hast, kann lernen helfen.

So fasse ich das persersönlich auf, unabhängig davon, ob es wirklich eine korrekte Definition gibt. ;)
 
Für uns als Deutsche sind Feedbackgespräche schwierig - wir sind es nicht gewohnt positives Feedback zu bekommen . . .
@Timelord
Bist Du da sicher? Wenn ja, dann ist das schade, denn wer kein positives Feedback bekommt, der kann es auch nicht lernen, ein positives Feedback weiterzugeben.
@Bio-logisch Das mit dem Tonfall finde ich total wichtig. Da ist ein positiv oder negativ schon relativ gut herauszuhören.

Ansonsten merke ich schon, dass ich wieder mal viel zu naiv an solche Frage rangehe.

Wie schon oben gesagt, ist für mich ein Feedback etwas durchaus positives.
Kritik übe ich nur bei jenen Menschen, an denen mir etwas liegt.
Ansonsten "flüstere" ich meinen Unmut (je nach Größe) laut vor mich hin - bringt aber nichts ohne direkten Kontakt.
 
@Timelord
Bist Du da sicher? Wenn ja, dann ist das schade, denn wer kein positives Feedback bekommt, der kann es auch nicht lernen, ein positives Feedback weiterzugeben.
Ich arbeite regelmäßig mit Kollegen aus Indien - die fragen immer ganz vorsichtig, ob es denn Feedback gab. Bekommen wir eigentlich von keinem Kunden (in Deutschland), das wundert die Kollegen immer und ich muss ihnen dann erklären, dass es nicht bedeutet dass wir etwas falsch gemacht haben.
Bin mittlerweile dazu übergegangen ein Feedback von mir zu geben, damit sie etwas für die Feedback-Wand zum Aufhängen haben und ihre Ecke nicht so leer im Vergleich zu den Kunden aus anderen Ländern aussieht.

Negatives Feedback kommt von den Kunden immer sofort. Zum Glück bei uns aber auch nur ganz selten. :)

Vergleichbares berichten die europäischen Kollegen von den deutschen Kunden, die sie teilweise mitbetreuen. Wenn sie nachfragen ist meist die Antwort "War alles gut, sonst hätten wir euch schon Bescheid gegeben".

Ich tue mich tatsächlich etwas schwer mit der globalen Art positives Feedback zu geben - ich suche immer nach einem Haken daran, auch wenn es gar keinen gibt.


Ansonsten merke ich schon, dass ich wieder mal viel zu naiv an solche Frage rangehe.
Aber genau dadurch kann man eine Diskussion in Gang bringen, ohne voreingenommen zu sein und schon die eigene Sicht als Ergebnis vorzugeben. (y)
 
Als deutscher ist man gewohnt, das kein Feedback etwas durchaus sehr Positives ist, da man bei Fehlern grundsätzlich gefühlt sofort und jedes Mal das entsprechende Feedback erfährt. ;)
 
Ich denke das liegt an der deutschen Effektivität. Positives Feedback ist einfach verschwendete Zeit. Hatte während meiner Event-Zeiten ab und an lokale Hosts und Hostessen. Die fanden mich immer ganz ätzend, weil ich nicht mit dem Zuckerbrot gewedelt habe, wenn die etwas erledigt haben, sondern eher dann, wenn etwas herausragend war. Dafür wurden negative Dinge immer sehr deutlich angesprochen. Kam nicht immer gut an. Wenn man dann aber ein paar Wochen 15 Stunden pro Tag zusammenhing, haben die das auch verstanden und akzeptiert.
 
Ich tue mich tatsächlich etwas schwer mit der globalen Art positives Feedback zu geben - ich suche immer nach einem Haken daran, auch wenn es gar keinen gibt.
. . .
Aber genau dadurch kann man eine Diskussion in Gang bringen, ohne voreingenommen zu sein und schon die eigene Sicht als Ergebnis vorzugeben. (y)
War doch gar nicht so schwer. ;)
Positives Feedback ist einfach verschwendete Zeit.
Das sehe ich anders. Etwas Positives zu sagen, oder ein Lächeln zu verschenken, oder einfach mal Danke zu sagen, ist NIE verschwendete Zeit.
Im Gegenteil, es erweckt bei Deinem Gegenüber positive Gefühle. Und die kommen wieder zu Dir zurück.
 
Danke sagen, ist für mich kein Feedback im angesprochenen Sinne, ebensowenig wie Lächeln.

Und die kommen wieder zu Dir zurück
Da kann ich mir nichts von kaufen, wenn mich jemand dümmlich anlächelt, aber seine Arbeit nicht macht. Dann kommt nämlich in erster Linie die Arbeit zu mir zurück oder das negative Feedback von anderer Stelle. Und wenn die Arbeit gut gemacht wird (gut reicht schon, es muss nicht herausragend sein), dann können die Kollegen sich feiern, beweihräuchern und mit Lametta bewerfen.

Und so und nicht anders möchte ich es auch von meinem Vorgesetzten/Chef haben. Toll, wenn ein Chef nett ist, mir ist Ehrlichkeit aber viel wichtiger, als weichgespültes positiv Gehabe. Wenn ich Murks mache, möchte ich es gerne wissen, um es ändern zu können (oder ggf. darüber zu sprechen, warum Anspruch und Realität gerade nicht zusammenlaufen).

Mag sich etwas schräg anhören, aber ich weiß in der Regel, dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen ausübe. Da brauche ich niemanden, der mir auf die Schulter klopft und sagt, wie toll ich das mache.
 
Danke sagen, ist für mich kein Feedback im angesprochenen Sinne, ebensowenig wie Lächeln.
In meinen Augen schon. Feedback ist auch Resonanz, Rückmeldung; ebenso wie ein "Danke".

Da kann ich mir nichts von kaufen, wenn mich jemand dümmlich anlächelt, . . .
Ich meine auch eher "freundlich" und nicht "dümmlich". "kaufen" im Sinne von: mit Geld bezahlen, natürlich nicht! Aber Du kannst Dir dafür einen kleinen Tick positives Denken aneignen.

Toll, wenn ein Chef nett ist, mir ist Ehrlichkeit aber viel wichtiger, als weichgespültes positiv Gehabe.
Verbindest Du mit nett sein mit Unehrlichkeit?
Aber da gebe ich Dir Recht: Ehrlichkeit ist unbedingt wichtig - dienstlich wie privat.

Ich würde mich ja gern mal mit Dir länger "streiten", aber dann tun wir uns beide wohl keinen Gefallen damit.
Mit "streiten" meine ich eigentlich eher "diskutieren", weil streiten für mich - so wie auch "zanken" - eher negativ besetzt ist.
Ich schicke Dir mal jetzt ein kleines ehrliches Lächeln. :)
 
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