Die Grünen hatten es damals wohl einfacher. Da war Chaos Teil der Lebenseinstellung. Die Piraten hatten, unter anderem, das Pech, dass die Menschen tatsächlich Ergebnisse von ihnen erwarteten.
Die Grünen besetzten damals eine politische Nische, die schlichtweg "frei" war.
Die großen Parteien hatten Umweltschutz überhaupt nicht im Programm und auch nicht erkannt, dass es in der Bevölkerung ein wachsendes politisches Bedürfnis dafür gab.
Die Piraten haben es da schwerer. Datenschutz ist zumindest auf dem Papier durchaus ein Thema für die großen Parteien, außerdem scheint es im weitaus größten Teil der Bevölkerung gar kein politisches Bedürfnis nach mehr Datenschutz geben. Denn sonst hätte es nach Snowdens Enthüllungen und der ganzen NSA-Affäre ja wohl einen dermaßen großen Aufschrei in der Bevölkerung und in den Medien geben müssen, dass keine der großen Parteien das ignorieren könnte wenn sie jemals wieder gewählt werden will.
Aber man ist nach etwas Empörung einfach wieder zur Tagesordnung über gegangen, man hat sich von Seiten der Politik sogar geweigert die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen (das offensichtlich überwiegend rein amerikanischen Interessen dienst) als Druckmittel einzusetzen.
Auch die vollkommen kritiklose Nutzung von Facebook, Google, WhatsApp (ich weiß schon, dass das jetzt zu FB gehört), Payback-Systemen, Kredit- bzw. Euroscheckkarten, usw. lässt mich vermuten, dass Datenschutz für weite Teile der Bevölkerung kein echtes Thema ist.
Als normaler ganztägig arbeitender Bürger ist meine Freizeit begrenzt. Und täglich höre ich Nachrichten über irgend welche Geschehnisse in der Welt, die nicht in Ordnung sind. Für was soll ich mich engagieren und für was nicht?
Hat sich jemand von euch schon mal an einer Online-Petition beteiligt?
Ich habe das gemacht und werde nun (manchmal mehrmals wöchentlich) per eMail mit Aufrufen versorgt, mich an dieser oder jener Petition ebenfalls zu beteiligen.
Da sind Themen dabei, die ich bestenfalls für banal halte. Andere Themen mögen wichtiger sein, aber um mir eine Meinung darüber zu bilden müsste ich mehr Zeit investieren als ich bereit bin.
Ich werde mich wohl wieder aus dem entsprechenden Newsletter austragen lassen.
Und so wie mir wird es sicherlich auch anderen gehen. Das Problem ist nicht, dass ich mich nicht engagieren will. Das Problem ist diese Form der "Reizüberflutung". Man kann sich eben nicht um alles kümmern und muss Prioritäten setzen.
Aber welches Thema ist wichtiger und welches nicht?
Altersarmut in Deutschland kontra Kinderehen im Islam?
Pferdefleischskandal in Europa kontra demokratische Wahlen im Kongo?
Freihandelsabkommen mit Amerika kontra Umweltpolitik in China?
Dazu kommen dann noch die Medien, die aus jeder Mücke einen Elefanten machen oder die Politik, die Bagatellen aufbläht (bzw. echte Skandale verharmlost), je nach dem wie es gerade opportun erscheint.
Und natürlich die ganzen Spendenaufrufe (die ja auch eine Form der Teilhabe am Weltgeschehen darstellen).
Wenn ich am Monatsende meine Gehaltsabrechnung so ansehe, dann habe ich rund 50% meines Gehaltes bereits
gespendet.
Dazu kommen dann noch die ganzen Steuern (Mehrwertsteuer, usw.), Abgaben, Gebühren, usw.
Realistisch betrachtet
spende ich bereits zwischen 75% und 80% meines Einkommens an den Staat bzw. die Solidargemeinschaft, dass muss reichen. Mehr gibt es nicht.
Und wenn ich nach einem 12-Stunden-Tag nach Hause komme, den ganzen Tag (mehr oder weniger) hoch konzentriert meiner Arbeit nach gegangen bin und eigentlich nur etwas Ruhe und Frieden brauche (damit ich am nächsten Tag wieder meiner Arbeit nach gehen kann), dann fällt es mir persönlich hin und wieder schon schwer, für so manches noch die (vielleicht) notwendige Entrüstung aufzubringen.
Ich kann schon ein bisschen verstehen, dass das einigen zu viel wird und sie dann die Scheuklappen anlegen und einfach alles ignorieren.