Text Die Geschichte vom tanzenden Affen

Jim Duggan

Seniler Bettflüchter
Teammitglied
"Mami, ich möchte gerne den tanzenden Affen haben. Der ist so witzig"
"Fragen wir mal die Verkäuferin, was der kostet..."

"Es gibt die Home-Version, mit der Ihr Kind allerdings nur
eingeschränkt spielen kann. Der Affe hüpft nur manchmal."

"Und was haben Sie sonst noch so?"

"Die Professionell-Version. Der Affe hüpft immer auf Knopfdruck. Aber
es gibt noch bessere Ausführungen."

"?"

"Ja, da gibt es die Media Center-Edition. Der Affe hat Zimbeln, die er
beim Hüpfen zusammenhaut. Ihr Kind wird sich freuen."

"Das hört sich ja alles gut an. Wie viel soll die Media-Center-Edition
kosten?"

"Ach, nicht der Rede wert. Sie können auch Erweiterungen bekommen,
damit der Affe auf einem Bein hüpft..."

"Mama, den möchte ich haben!"
"Still, Kind. Ich glaube, die Media-Center-Edition ist richtig für
meine Tochter."

"Gut. Schauen Sie mal hier unter dem Fuß, da hat der Kleine ein
Hologramm, damit man gleich erkennt, dass er echt ist. Damit er
tatsächlich tanzt, müssen Sie allerdings noch einmal beim Hersteller
anrufen. Ihr Kind darf den Affen nur alleine benutzen und darf ihn
auch nicht weitergeben. Sonst muss das Kind, das nach Ihrem Kind
damit spielt, ebenfalls beim Hersteller anrufen. Sonst tanzt der Affe
nicht mehr."

"Häh???!"

"Das ist nur zur Sicherheit Ihres Kindes."

"Sicherheit?"

"Na klar. Der Hersteller denkt mit und lässt sich tolle Sachen
einfallen, damit Ihr Kind sicher mit seinem Affen spielen kann. Im
nächsten Jahr soll eine Version raus kommen, bei der Ihr Kind beim
Hersteller anrufen muss, wenn es nur den Spielplatz wechselt, auf dem
es mit dem Affen spielt. Aber der Erscheinungstermin ist noch nicht
fest."

"Halten Sie das nicht für übertrieben?"

"Nein, keinesfalls."

"Na gut. Ich nehme dann auch einmal die Hüpfebein-Erweiterung."

"Okay. Die Erweiterungen sind auch klasse: Zuerst wird überprüft, ob
Ihr Kind bereits wegen des Affen beim Hersteller angerufen hat.
Sollte das so sein, muss Ihr Kind nochmal beim Hersteller anrufen,
sonst hüpft der Affe nicht und kann nach einiger Zeit nicht einmal
mehr auf dem Bein stehen."

"Was???"

"Alles zur Sicherheit Ihres Kindes."

"So sicher muss der Affe nicht sein. Ist doch nur ein Spielzeug..."

"Nix da, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Sicherheit
ein Kind in der heutigen Zeit benötigt. Es kann viel passieren, woran
Sie jetzt gar nicht denken mögen."

"Und was kostet der Affe jetzt mit dem Beinchen?"

"Ach, nur 119 Euro, das Beinchen ist in einem PLUS-Paket enthalten,
das kostet extra."

"Dann lassen wir das Hüpfebein weg. Aber 119 Euro kommt mir viel
vor... haben Sie nicht was günstiges? Ohne diese Sicherheitssachen?
Mir kommt das zu kompliziert vor."

"Da drüben auf dem Tisch könnten noch ein paar Pinguine sein."

"Und was habe ich von irgendwelchen Pinguinen? Haben die Zimbeln?"

"Nicht nur das, die haben ein ganzes Orchester-Paket, können mit
beiden Beinen springen und tanzen, alle Gliedmaßen sind abnehmbar,
..."

"Aber die müssen doch ein Vermögen kosten!"

"Nein, die können Sie so mitnehmen."

"Und diese komplizierten Sicherheitssachen? Irgendwo muss doch ein
Haken sein?"

"Nein, Sicherheit ist grundsätzlich beim Pinguin. Er ist wesentlich
weicher, läuft immer und überall, wenn Ihr Kind es will und Ihr Kind
kann sogar mehrere mitnehmen und an seine Freunde verteilen."

"Warum verkaufen Sie dann überhaupt noch Affen???" :unsure: :D
 
Weil daß Kind studiert haben muß um mit dem Pinguin klarzukommen? ;)

Nicht zu vergessen sei auch daß es wesentlich mehr Erweiterungen für den Affen auf dem Merkt gibt und daß insbesondere neue Erweiterungen mit ziemlicher Sicherheit zuerst für den Affen rauskommen^^
 
"Nicht nur das, die haben ein ganzes Orchester-Paket, können mit
beiden Beinen springen und tanzen, alle Gliedmaßen sind abnehmbar,
..."
Und nicht nur das, man kann den Pinguin quasi in seine Atome zerlegen.
Sollte dann mal nicht der gewünschte Spielspaß eintreten, gibt es sogar kostenlose Pinguin-Besitzergruppen, an die man sich wenden kann.
Wendet man sich dort mit der Frage hin, wie man denn mehr Spaß mit seinem Pinguin haben kann, wird man zunächst mal von allen anderen Mitgliedern belehrt:
Man darf nicht erwarten, dass man mit dem Pinguin einfach so spielen kann.
Zunächst mal sollte man sich mit der genauen chemischen Zusammensetzung des Füllmaterials auseinandersetzen, die 6432seitige Dokumentation über die mechanische Funktion der Gelenke lesen, die Knopfaugen unter dem Mikroskop untersuchen sowie alle einzelnen Haare des Fells zählen.
Erst dann, und nur dann, kann man mit dem Pinguin richtig Spaß haben - vorausgesetzt, das Kind ist dann nicht bereits erwachsen.
Wem das zu viel Aufwand ist, der hat ihn gar nicht verdient.
 
Zuletzt bearbeitet:
sehr schön

kleines Bilderl anbei
 

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