Staats- und Wirtschaftsbündnis soll digitale Signatur anschieben

RollerChris

R.I.P.
Berlin (dpa) - Den Kaufvertrag digital unterschreiben, den Ausweis per Mausklick bei der Behörde beantragen oder eine Bestellung mit der eigenen Handschrift elektronisch versehen - alles ohne Papierausdruck, Zeitverzögerung oder Schlange stehen bei der Behörde. Die elektronische Signatur verspricht ein unkompliziertes und rechtlich verbindliches Abwickeln von elektronischen Geschäften. Experten weisen auf Einsparpotenziale für die Wirtschaft und einen Schub für den elektronischen Handel hin. Doch Unternehmen und Bürger zögern.

Kaum ein Nutzer setzt die persönlich beglaubigte Unterschrift in Form einer Chipkarte ein, um digitale Dokumente zu signieren. Die Bundesregierung will daher ein «Bündnis für elektronische Signaturen» mit der Wirtschaft schmieden. Während einer fünfjährigen Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft plant die Bundesregierung, bis zu 100 000 Chipkarten mit der qualifizierten elektronischen Signatur zu subventionieren, Verfahren zu standardisieren sowie Modellvorhaben in Ländern und Gemeinden zu fördern.

Vor allem auch in der eigenen Verwaltung soll die elektronische Signatur zum Alltag werden. «100 von 350 Vorgängen der Bundesverwaltung benötigen die elektronische Signatur», sagte die Staatssekretärin im Bundesinneministerium Brigitte Zypries. Bis 2005 hatte sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, sämtliche Dienstleistungen der Bundesverwaltung im Internet bereitzustellen. Zypries' Kollege im Bundeswirtschaftsministerium, Alfred Tacke, kündigte jüngst auf den Signaturtagen in Berlin darüber hinaus eine Machbarkeitsstudie zum digitalen Personalausweis an.

Die Unterstützung der Politik hält das Hamburger Wirtschaftsforschungsunternehmen Fittkau & Maaß für dringend erforderlich. Deren aktuelle «WWW-Benutzer-Analyse W3B» zeigt, dass seit der Einführung der digitalen Signatur der Anteil aktiver Nutzer nicht über sieben Prozent gestiegen ist. Dafür lehnten immer mehr Teilnehmer unter den 94 000 deutschsprachigen Befragten die Signatur ab. Wiesen im Herbst 2000 noch 17,9 Prozent der Onlinenutzer die Digitalsignatur zurück, waren es im Frühjahr dieses Jahres 26,4 Prozent.

Den Anwendern sei nicht klar, wann und wo die digitale Signatur nützlich sei, sagen die Analysten. Lösungen auf Basis der digitalen Signatur sind tatsächlich rar: Auf der vergangenen CeBIT konnten Besucher zwar eine Signatur-Anwendung der Deutschen Bank und Abfrage des Rentenkontos bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sehen. Alltagslösungen für den Massenmarkt sind jedoch nicht in Sicht.

Einen wichtigen Partner hat die Bundesregierung bereits verloren. Die Deutsche Post stellte ihre Geschäftstätigkeiten zur digitalen Signatur ein und plant auch angesichts der Initiative vorerst keinen Widereinstieg. «Bis jetzt war es für uns nicht absehbar, dass sich das Geschäft entscheidend verbessern wird», sagte Postsprecherin Ines Quilling. Sie sieht keine kurzfristigen Perspektiven für ein profitables Geschäft.

Der Rückzieher der Deutschen Post sei ein deutliches Warnsignal, meinen die Projektleiter von Media@komm Esslingen, einem Multimedia-Projekt der Bundesregierung auf dem Weg zur elektronischen Gesellschaft. Der Staat sei gefragt, die Bürger mit der so genannten akkreditierten elektronischen Signatur auszustatten, die volle Rechtssicherheit gewährleiste, argumentieren auch sie. Die Regierung müsse einzelne Insellösungen fördern wie ein virtuelles Bauamt oder eine Patientenakte. Dann könnten sich standardisierte Lösungen auf nationaler und internationaler Ebene etablieren.
 
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