Schöne neue (Online-)Welt, oder: Welche Informationen sind eigentlich verlässlich?

QuHno

Außer Betrieb
Immer mehr Menschen vertrauen auf Inhalte, die sie im Internet finden und nehmen an, dass diese wahr sind - zumindestens so lange sie glauben, dass diese aus einer vertauenswürdigen Quelle stammen. Leider stellt sich immer wieder die Frage wie vertrauenswürdig Quellen sind, wenn man sie nicht hinterfragt. Auch renomierte Organisationen neigen manchmal dazu, Meinungen zu bilden, indem bewusst Teile der Wahrheit ausgelassen oder Informationen aus Fremdquellen unkritisch übernommen werden, wenn es gerade ins Stimmungsbild passt.

Im Zeitalter der digitalen Medien, in denen eine Meldung in Sekundenschnelle um die ganze Welt verbreitet wird, ist es aber leider nahezu unmöglich geworden, alle Quellen zu überprüfen, da man von Informationen aller Art geradezu überflutet wird.

Selbst Wikkipaedia, die auch hier immer wieder zu Referenzzwecken herangezogen wird *1), ist nicht unkritisch zu betrachten, wie in einem "Spiegel online" Artikel vom 06. März 2007 nachzulesen ist, welcher sich auf einen Artikel in der eigentlich genau so renomierten Veröffentlichung "New Yorker" bezieht (Originalartikel, engl.).

An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Selbstregulierung im Internet zwar funktionieren mag, aber leider oft nicht sehr schnell ist - der Original Artikel stammt immerhin vom 31.07.2006(!) und wurde erst kürzlich ergänzt - und dass über eine Art "web-social-engeneering" Inhalten sehr schnell eine Glaubwürdigkeit verliehen werden kann, die sie nicht verdienen. Wurde erst einmal ein halbwegs interessanter Beitrag auf irgend einer Webseite veröffentlicht, wird der Inhalt im Allgemeinen schnell übernommen, kopiert, verbreitet und entwickelt sich zu einer eigenen Wahrheit, die nahezu unmöglich richtig zu stellen ist - spätestens dann, wenn er von redaktionell bearbeiteten Webseiten, wie z.B. Online-Ausgaben von Zeitungen und Rundfunk, aber auch von Yahoo! und Co, unreflektiert übernommen wurde, ist es für viele Menschen die einzige Wahrheit, die sie kennen.

Als Beispiel mag die gute alte Gepardforelle angebracht sein, die immer noch auf diversen Angelseiten auftaucht. Ursprünglich als Witz unter Anglerkollegen gedacht, wurde recht häufig auf die Webseite verwiesen (verlinkt), damit auch andere Personen etwas zu lachen haben. Dadurch erschien zwischenzeitlich der Begriff Gepardforelle bei Google unter den ersten 10 Suchergebnissen, wenn man einfach nur nach dem Begriff "Forelle" suchte, selbst heute ist sie bei dieser Suche noch unter den ersten 50 Suchergebnissen mehrfach zu finden! Im Laufe der Zeit entwickelte dieser "genmaipulierte außerirdische Internetfisch" durch unkritische Übernahme der Inhalte auf anderen - auch sich ernsthaft mit Fischen beschäftigenden - Webseiten ein Eigenleben, welches der Erfinder diesem - zugegebenermaßen witzigen - Fisch nicht zugetraut hätte, wie er persönlich in einem Fernsehinterview sagte. Selbst heute, Jahre nach der Initialzündung dieses Witzes, ist er immer noch ohne Kommentierung auf diversen Seiten zu finden.

Heise konnte sich damals dem Fisch natürlich nicht entziehen und sprang auf den Zug auf, allerdings hatte sich Heise vorab informiert und trieb dann den Scherz auf die Spitze, indem Heise zur Google-Manipulation aufrief. Anders als der Artikel vermuten lässt, ist die Idee der Gepardforelle an sich nach meinen Informationen aber nicht von Heise. Soweit ich mich noch an die Begebenheit erinnere, war das jedoch mit dem Urheber der Idee abgeklärt und stellt somit kein Problem dar. ;)

Das Ganze zog natürlich weitere Blüten nach sich und man muss wirklich sagen, dass sie sich viel Mühe gegeben haben, selbst dem fiktiven Ort im Internet ein plausibles Aussehen zu geben:
Stadt Hommingberg -
selbst die Links "nach aussen" sind auf den ersten Blick nicht von denen existierender, offizieller Stadtseiten zu unterscheiden...

Es ist also immer empfehlenswert, Inhalte von Webseiten zu überprüfen, bevor man sie sich als Gedankengut zu Eigen macht und als absolute Wahrheit zu verkaufen versucht - und manchmal hilft nicht einmal dies, sondern nur die Benutzung der komischen Grauen Masse zwischen unseren Ohren, die uns im Zweifelsfalle nicht für den Angeklagten entscheiden lassen sollte, zumindestens was die Glaubwürdigkeit von Meldungen im Internet angeht.

Eine Zusammenfassung zum Fall "Gepardforelle" kann man natürlich auch in der Wikipedia *2) finden - dieser Link wurde natürlich von mir ungeprüft übernommen ... ;)

Ungeprüfte Übernahme von Inhalten ist natürlich keine Erfindung, die aus dem oder durch das Internet initiiert wurde, beileibe nichts neues und hat teilweise Folgen für ein ganzes Leben:

Viele erinnern sich bestimmt noch daran, wie sie als Kind mit Spinat abgefüttert wurden "weil der ja so viel Eisen enthält" und das sei gut für die Blutbildung. Leider entstand diese Mär aber Anfang des 20ten Jahrhunderts durch einen Druckfehler in einem wissenschaftlichen Tabellenwerk über Vitamin und Mineralgehalte von Nahrungsmitteln - das Komma war beim Satz (damals noch von Hand!) um eine Stelle nach rechts verrutscht - und in der Folge wurden Generationen von Kindern mit Spinat gequält *3). Selbst Trickfilm-Figuren (speziell Popeye) sollten den Kindern einbläuen, dass man durch das Essen von Spinat "groß und stark" wird. Ich persönlich mag Spinat trotzdem, aber vielen wurde er auf diese Art verleidet.

Dies war jedoch ein recht harmloses Beispiel. Schlimmere, in denen geradezu manipuliert wurde, hat z.B. Greenpeace *4) veröffentlicht. Man denke nur an die geplante Versenkung der Ölplattform Brent Spa durch den Shell Konzern. Greenpeace behauptete in dicken Werbeanzeigen, dass mehrere 10.000 Kubikmeter Öl bzw. sonstiger Giftmüll mit versenkt werden sollen und rief zum Boykott von Shell Tankstellen auf. Shell bestritt das zwar, aber niemand glaubte "dem üblen umweltverschmutzenden Konzern" der von "den Einzigen, die sich wirklich um die Umwelt kümmern und trauen gegen die Erdöl-Konzernmafia anzugehen" an den Pranger gestellt wurde. Die Plattform wurde daraufhin nicht versenkt, sondern unter hohen Kosten und hohem Energieaufwand aufwändig entsorgt. Das sich im Zuge der Entsorgung herausstellte, dass Shell mit seinen Angaben Recht und Greenpeace damals einfach mit hypothetischen Zahlen gearbeitet hatte, war den Medien, die vorher den "Hype" mitgetragen hatten und in dicken Schlagzeilen die von ihnen anscheinend ungeprüft übernommenen Inhalte veröffentlicht hatten, meistens nur eine kleingedruckte, denn man gibt Fehler nur ungerne zu Zeile auf Seite xx bei den Gegendarstellungen wert...

Printmedien haben die Verpflichtung, Richtigstellungen und Korrekturen zu veröffentlichen, das Internet hat einen solchen Mechanismus nicht und dass die von fundamentalistischen Freiheitsaktivisten so hoch gelobte Selbstkontrolle durch Millionen Augen des öfteren versagt, sollte mittlerweile auch allgemein bekannt sein. Also "Augen auf!" bei Meldungen und lieber 2 Mal nachgedacht, bevor man sich der Mehrheit, "die ja immer Recht hat" *5), anschließt.



Fußnoten:

1) Ja, auch von mir...

2) Die Anmerkungen in der Kritik zum Heise Test am Ende der Wikipedia Seite kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Man muss eine Seite nicht unbedingt für Suchmaschienen optimieren, um bei bestimmten Suchbegriffen auf den ersten Plätzen zu landen, wie ein von mir archivierter Screenshot der Google-Suchergebnisse zu meiner alten - garantiert nicht auf Google und Co optimierten - HP zeigt (Screenshot siehe Bild-Anhang, stark verkleinert). Platz 2 bei >3Mio war doch auch nicht schlecht, oder? :D Das Selbe kann man auch heute noch mit einfachsten Mittel, ohne "Tricks" erreichen, der letzte Satz in dem oben erwähnten Heise Artikel ist Gold wert und funktioniert immer noch... ;)

edit: Uups.. da hatte ich glatt vergessen den Screensot anzuhängen

3) Es liegt an der - je nach Zubereitung - vorhandenen Oxalsäure. Die macht den Zahnschmelz rauh und kleine Kinder empfinden das als sehr unangenehm. Die Eltern dann kurze Zeit später auch, wenn sie grün gefärbt den Fütterungsplatz verlassen... :D

4) Ich habe nichts gegen Greenpeace an sich, aber manchmal empfinde ich die Wahl ihrer Mittel als recht zweifelhaft. Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel, auch wenn es um die Erreichung eines an sich guten Zieles geht.

5) Was häufig wirklich so ist. Die kollektive Intelligenz einer unspezifischen, möglichst großen Gruppe kann zu sehr guten Ergebnissen führen, wenn die Gruppe oder die einzelnen Gruppenmitglieder nicht gerade manipuliert werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gruppenmitglieder unabhängig voneinander entscheiden, da die Gesamtintelligenz einer zusammen arbeitenden Gruppe meist niedriger ist, als die der einzelnen Mitglieder. Man denke da nur an diverse -isten wie z.B.: Fundamental- (nicht nur moslemische!), National(diverse Erweiterungen)- , etc. pp.


Nachtrag:
Selbst Google Earth scheint vor der Übernahme ungeprüfter Inhalte nicht gefeit zu sein - aber wen wundert's, wenn selbst die normale Google Suchmaschiene auf die Suche nach dem Namen des Berges fast 200 Links ausspuckt und der Top Link (zumindestens hier im Moment) auf die Seite einer Österreichischen Reiseplattform führt...

Mir fällt dazu wirklich nichts mehr ein und es wundert mich nicht mehr, dass ich bei einem USA-Aufenthalt vor ein paar Jahren (deutlich nach 1989!) ernsthaft gefragt wurde, aus welchem der Teile Deutschlands ich komme:
democratic-germany, kommunistic-germany or nazi-germany :kotz2
 

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Man kann es auch positiv sehen: Aufgrund der Tatsache, dass im Internet unglaublich viel Mist steht, wird der Mensch auf Dauer gezwungen sein, sich wieder mehr Gedanken zu machen, kritisch zu hinterfragen, selbst zu recherchieren, um so zu einer gefestigten Meinung zu kommen.

Jahrelang hat man aufgesogen, was im TV oder im Radio lief, was in der Zeitung stand. Das hatte einen gewissen offiziellen Charakter - Rückfragen zu stellen, war nicht möglich.

Das Internet eröffnet mir die Möglichkeit, entweder direkt mit dem Gestalter einer Seite in Kontakt zu treten oder mich auf anderen Plattformen, wie zum Beispiel diesem Forum, mit anderen auszutauschen und zu fragen: "Hey, was meint Ihr denn dazu".

Die offene Kultur des Internets bringt es mit sich, dass grundsätzlich jeder seine geistigen Ergüsse der Öffent- bzw. Lächerlichkeit preisgeben darf. Dabei entsteht selbstverständlich die eine oder andere Stilblüte - aber wie schon eingangs geschrieben, beim richtigen Umgang damit wird der gesunde Menschenverstand auf Dauer davon profitieren.

Zu versuchen, diese Flut von Falsch- oder Halbinformationen einzudämmen, würde gleichzeitig auch bedeuten, diese offene Kultur aufzugeben - für mich ein viel zu hoher Preis. Da falle ich lieber weiterhin auf den einen oder anderen Fake rein :).
 
Supernature schrieb:
Man kann es auch positiv sehen: Aufgrund der Tatsache, dass im Internet unglaublich viel Mist steht, wird der Mensch auf Dauer gezwungen sein, sich wieder mehr Gedanken zu machen, kritisch zu hinterfragen, selbst zu recherchieren, um so zu einer gefestigten Meinung zu kommen.
Ich sehe es positiv. Ich habe bloß die Befürchtung, dass man teilweise gar nicht mehr entscheiden kann (und damit meine ich: teilweise kann niemand mehr entscheiden) was Tatsachen entspricht und was völliger Blödsinn ist - und das massenhafte Clonen von Inhalten erleichtert die Sache auch nicht gerade.

Speziell bei "geschönten" Videos ist das manchmal extrem schwer, da man normalerweise dazu tendiert, zu glauben, was man sieht.

Ich erinnere mich z.B. an eins, bei dem eine Szene kurz nach einem Bombenanschlag im Libanon gezeigt wurde. Irgendwann kam auf merkwürdigen Wegen die ungeschnittene Rohversion ans Tageslicht und dort konnte man sehr gut erkennen, dass die Szene des Verladens eines halb zerfetzten Kindes in einen Rettungswagen mehrfach gedreht wurde, bis dann endlich der richtige dramatische Effekt erreicht wurde. Zum Glück hat es dem Kind nicht mehr geschadet, es war schon tot. Die ganze Szene mit dem Rettungswagen war inszeniert und die Sanis haben ihr "Bakschisch" bekommen. IMHO wäre es besser gewesen, sie hätten ihre Aufgaben erfüllt, anstatt sich als Amateurschausppieler zu betätigen, den Tag gab's dort genug für die zu tun... :(

Wäre nicht zufällig die lange Version aufgetaucht (und da sieht man, dass das freie Internet funktionieren kann!), hätte niemand, egal wie kritisch er auch sein mochte, die Fälschung erkennen können. So etwas ist IMHO übelste Meinungsmache und Sensationsgier, die wahrscheinlich aus Profitgier entstanden ist, da diese Szene natürlich auch an diverse TV Sender verkauft wurde, die es natürlich ungeprüft übernommen und gesendet haben (ARD), weil es ja so schön dramatisch war.
Aber: Wie hätten sie es auch ohne das Originalband überprüfen können? Die Erstveröffentlichung geschah ebenfalls über das Internet und somit lag kein Originalband bei der Sendeanstalt vor...

Zur Ehrenrettung der ARD muss allerdings gesagt werden, dass sie, nachdem es herauskam, einen ca. 1-stündigen Beitrag über das Thema Fälschungen bzw. geschönte Berichte gebracht haben, worin sie auch diesen Fall sehr ausführlich abgehandelt haben. Sie haben darin auch Besserung versprochen :ROFLMAO:

Aber wie ich schon im Initialposting deutlich zu machen versuchte:
So etwas ist beileibe keine Erfindung die durch das Internet initiiert wurde!

Es ist einfach menschlich und Menschen haben Ziele bzw. verflogen einen Zweck. Es ist an uns selbst, den Zweck zu erkennen und die Handlungen (Äußerungen etc.) entsprechend zu bewerten.

Jahrelang hat man aufgesogen, was im TV oder im Radio lief, was in der Zeitung stand. Das hatte einen gewissen offiziellen Charakter - Rückfragen zu stellen, war nicht möglich.
Da muss ich widersprechen!

Sendeanstalten und Zeitungsverlage haben nicht umsonst ein Impressum mit Kontaktadressen und Beiträge werden in Zeitungen nicht umsonst gekennzeichnet, wenn sie nicht direkt von den eigenen Mitarbeitern stammen. Man konnte und kann nachfragen. Das habe ich einmal selbst beim WDR getan und bekam eine erstaunlich ausführliche Antwort. Von einem Menschen. Das ist bei Webseiten nicht immer der Fall.

Das Internet eröffnet mir die Möglichkeit, entweder direkt mit dem Gestalter einer Seite in Kontakt zu treten oder mich auf anderen Plattformen, wie zum Beispiel diesem Forum, mit anderen auszutauschen und zu fragen: "Hey, was meint Ihr denn dazu".
Stimmt. Und darin liegt auch gleichzeitig die Gefahr, dass ein Irrtum zementiert wird. Sie ist allerdings zugegebenermaßen wesentlich kleiner, wenn viele unabhängige Personen mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Hintergründen darauf antworten. Die kollektive Intelligenz ist in dem Fall höher, als die Summe der Einzelintelligenzen. Man muss sich dann bloß noch die Mühe machen, einen Querschnitt aus den Informationen zu bilden und dann mit Hilfe dieses Querschnittes seine eigene Meinung zu hinterfragen.

Die offene Kultur des Internets bringt es mit sich, dass grundsätzlich jeder seine geistigen Ergüsse der Öffent- bzw. Lächerlichkeit preisgeben darf. Dabei entsteht selbstverständlich die eine oder andere Stilblüte - aber wie schon eingangs geschrieben, beim richtigen Umgang damit wird der gesunde Menschenverstand auf Dauer davon profitieren.
Oha! Gesund und Menschenverstand in einem Atemzug... *1) :D
Aber Du hast Recht, wenn Du damit die Kritikfähigkeit meinst.

Zu versuchen, diese Flut von Falsch- oder Halbinformationen einzudämmen, würde gleichzeitig auch bedeuten, diese offene Kultur aufzugeben - für mich ein viel zu hoher Preis.
Oh, Oh... Ich hoffe, dass da nichts in den falschen Hals gekommen ist ;)

Ich bin ein Gegner der Zensur!

Mit dem Posting wollte ich nur darauf hinweisen, dass man sein Gehirn einschalten sollte, bevor man etwas auf die Welt loslässt oder etwas glaubt, was auf einen losgelassen wird.

Ich hatte halt beim Lesen des Spiegel-Artikels meine nachdenklichen 5 Minuten und war der Meinung, dass es nicht schaden könne, meine Meinung dazu zu verbreiten ... ;)

Da falle ich lieber weiterhin auf den einen oder anderen Fake rein :).
Japp. Ich auch.



PS: Das "Online" im Titel wurde absichtlich eingeklammert...

1)
"Der Glaube an Vorurteile gilt in der Welt als gesunder Menschenverstand." – Claude Adrien Helvétius
 
Informationen sind ja nicht erst seit der Existenz des Internets nur bedingt glaubwürdig, schließlich hat es Propaganda, Zeitungsenten, Lug & Trug auch schon früher gegeben. Das Thema organisierte Religionen und ihre Märchenbücher klammere ich mal bewußt aus.

Neu ist imho, das mit dem Internet ein Medium entstanden ist, das es jedem Trottel ohne allzu großen Aufwand ermöglicht seinen Unsinn zu publizieren und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Und da die Werkzeuge dazu auch zunehmend professioneller, einfacher bedienbar und gleichzeitig billiger werden ist kein Ende abzusehen, eher im Gegenteil. Das Internet ist (zumindest zu gewissen Teilen) ein virtueller Hyde Park geworden, jeder kann sich sein virtuelles Podest nehmen und seine mehr oder weniger abstrusen Thesen in die Welt hinaus posaunen.

Und das muss man als User einfach wissen, ich glaube ja auch nicht alles was so in der Zeitung steht, nahezu jede größere Zeitung hat schon ihre Skandale gehabt (unvergessen bleibt der Stern und seine Hitlertagebücher).
Ich erinnere mich z.B. an eins, bei dem eine Szene kurz nach einem Bombenanschlag im Libanon gezeigt wurde. Irgendwann kam auf merkwürdigen Wegen die ungeschnittene Rohversion ans Tageslicht und dort konnte man sehr gut erkennen, dass die Szene des Verladens eines halb zerfetzten Kindes in einen Rettungswagen mehrfach gedreht wurde, bis dann endlich der richtige dramatische Effekt erreicht wurde. Zum Glück hat es dem Kind nicht mehr geschadet, es war schon tot. Die ganze Szene mit dem Rettungswagen war inszeniert und die Sanis haben ihr "Bakschisch" bekommen. IMHO wäre es besser gewesen, sie hätten ihre Aufgaben erfüllt, anstatt sich als Amateurschausppieler zu betätigen, den Tag gab's dort genug für die zu tun...
Nachdem der Irak damals Kuwait überfallen hatte war in einer amerikanischen Talkshow ein TV-Interview mit einer jungen Kuwaiti zu sehen, die tränenüberströmt von den Greueltaten der irakischen Soldaten berichtete. Angeblich war sie Augenzeugin, wie in einem kuwaitischen Krankenhaus Frühchen aus den Brutkästen gerissen und auf den Boden geschleudert wurden.

Alles sehr emotional und bewegend, zumindest bis sich herausstellte dass das Mädel die Tochter des kuwaitischen Botschafters war und sich zum Zeitpunkt des irakischen Überfalls gar nicht in Kuwait, sondern in den USA, aufgehalten hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
QuHno schrieb:
Oh, Oh... Ich hoffe, dass da nichts in den falschen Hals gekommen ist ;)
Nein, ganz und gar nicht :). Man macht sich eben unweigerlich Gedanken, wie man die Verbreitung von Unwahrheiten eindämmen kann, und kommt dabei sofort auf Begriffe wie Vorabkontrolle - allein das Wort ist schon unappetitlich ;).
 
Das Thema hatten wir schon so ähnlich...
Da ging es um Wiki und Brockhaus, Meyer und Konsorten :D

Gefährlicher als irgendeinen Text irgendwo im Internet finde ich Wikipedia...da viele Leute glauben, das was in Wiki steht hat den gleichen Stellenwert wie eine anerkannte Enzyklopädie

Gruss
Tim
 
Und das Thema ist sicherlich nicht mit dem Internet neu erfunden worden. Es war schon immer so, dass Buchstaben "schwarz auf weiss" einen erhöhten Wahrheitsgehalt suggerieren - sei es nun bewusst oder unbewusst, durch Auslassung, Fälschung, Manipulation oder Missinformation.

Neu am Internet ist meiner Meinung nach letztlich die Geschwindigkeit mit der (auch falsche) Information verbreitet werden kann, was aber natürlich erhebliche andere Auswirkung haben kann. Gleichzeitig können Fehler (siehe Wikipedia bspw.) aber ebenso schnell korrigiert werden. Falsche Dinge halten sich unter Umständen genauso hartnäckig wie in anderen Medien - oder in den Köpfen der Menschen.

Gruss,
dan
 
Grainger schrieb:
Das Internet ist (zumindest zu gewissen Teilen) ein virtueller Hyde Park geworden, jeder kann sich sein virtuelles Podest nehmen und seine mehr oder weniger abstrusen Thesen in die Welt hinaus posaunen.
Das ist ein sehr guter Vergleich!
Schade dass er mir nicht eingefallen ist. (neidischbin) :D
Und genau so, wie die Briten Leute, die im Hyde Park auf ihren Apfelsinenkisten in der Speakers Corner ihre Meinung verbreiten, recht distanziert, zuweilen auch amüsiert und manchmal auch interessiert ansehen, müssen wir armen Menschen, die diese Tradition nicht mit der Muttermilch aufsaugen konnten, lernen, es ihnen nachzutun.
TBuktu schrieb:
Das Thema hatten wir schon so ähnlich...
Es hätte mich gewundert wenn nicht... :ROFLMAO:
TBuktu schrieb:
Gefährlicher als irgendeinen Text irgendwo im Internet finde ich Wikipedia...da viele Leute glauben, das was in Wiki steht hat den gleichen Stellenwert wie eine anerkannte Enzyklopädie
Nun, den hat ein Eintrag in der Wikipedia bestimmt nicht immer, aber IMHO zu über 90%, zumindestens solange die Wikipedia im wissenschaftlichen Bereich bleibt und sich nicht auf meinungsbildende Themen stürzt. Im Gegensatz zu gedruckten Werken können aber in der Wikipedia Irrtümer oder nicht mehr geltende Definitionen viel leichter korrigiert werden.

Zu unglücklichen Definitionen (die in Neuausgaben korrigiert wurden) ein Zitat aus dem Kleinen Brockhaus von 1951 Bd,1 S. 390 (Ich könne es auch scannen, aber ich glaube das verstößt dann gegen das Copyright):
Der kleine Brockhaus Bd.1 A-K S.390 schrieb:
Frauenhaus, Töchterhaus, Gemeines Haus, später Bordell, im Mittelalter ein Freudenhaus, wo unter dem Schutz der Obrigkeit und der Obhut eines Frauenwirtes die Hübschlerinnen oder gemeinen Töchter eine Art berechtigter Zunft bildeten
Bitte, liebe Frauenrechtler/Innen, nicht schlagen! Das steht wirklich da drin. Ich kann es beweisen. Direkt danach kommt übrigens der Eintrag: Frauenhilfe, Evangelische...

SteelyDan schrieb:
Falsche Dinge halten sich unter Umständen genauso hartnäckig wie in anderen Medien - oder in den Köpfen der Menschen.
Das "unter Umständen" kann man IMHO streichen. Ein einmal gedrucktes Werk existiert für lange Zeit (siehe Brockhaus Beispiel) und es wird immer wieder daraus zitiert. Das Werk ist es jedoch nicht, was Probleme verursacht, sondern die kritiklose Übernahme von Inhalten in den eigenen Kopf und die durch die eigene Bequemlichkeit des Gehirns (die eine überlebenswichtige Notwendigkeit ist, da sie uns hilft schnell zu entscheiden!) bedingte Festlegung als Wahrheit, auf Grund selbiger man später mittels Vorurteilen andere Aussagen klassifiziert.

BTW: Nichts gegen "Vor-Urteile", solange sie nicht dazu benutzt werden vorzuverurteilen.

Ohne Vorurteile könnten wir uns wahrscheinlich nicht durch das Leben bewegen. Es ist immer nur die Frage, wie ein Vorurteil entstanden ist und auf welchen Erfahrungen es basiert.

Dass eine Herdplatte heiß ist, ist ein Vorurteil. Meistens sind Herdplatten kalt (zumindestens solange nicht gerade auf ihnen gekocht wird). Niemand wird mir allerdings widersprechen, dass diese Vorurteil schon so Manchem geholfen hat, Brandblasen zu vermeiden, indem er sich lieber auf dieses Vorurteil verlassen und nicht die Herdplatte angefasst hat, um zu testen, ob sein "Vor-Urteil" stimmt oder nicht... ;)
 
Cyrano de Bergerac (der reale Mensch, nicht die Romanfigur) hat ja einmal behauptet, er persönlich sei der Meinung der Mond bestünde aus grünem Käse. Das sei möglicherweise ein Irrglaube, würde aber im Gegensatz zum Irrglauben der Inquisition ja niemandem schaden.

Es war zur damaligen Zeit sicherlich eine Aussage, die einigen Mut und Zivilcourage erforderte.

Man sieht also, nicht jeder Irr- oder Aberglaube ist schädlich. ;)
 
Nur ganz kurz zur Reaktionsgeschwindigkeit im Internet:
Klickt jetzt mal auf den Google Link im Startposting, da tauchen auf einmal ganz andere Ergebnisse auf und sehr viele sind geclont...

Selbst in Peru scheint man auf bestimmte Schlagwörter zu reagieren...

ab hier edit:
Wer kann die folgenden Sprachen gut genug, um einen Kommentar abzugeben? (rethorische Frage)
Wer gibt einen qualifizierten Kommentar ab, wie das auf den unten verlinkten Webseiten gesehen wird? (ernst)
Chinesisch(?)
Spanisch(?)
Polnisch(?)

Ziemlich wurks ist IMHO auch dies hier, und das muss mir niemand übersetzen...
Warum schreiben die nicht gleich xxx-Berg in NS-Germany? Schlimmer geht's doch wohl kaum noch... :( *1)

PS: Schade, dass ich vom ersten Suchergebnis keinen Screenshot gemacht habe... :cry: :devil

1)
Sorry, aber ich bin in der "AH" Beziehung ein wenig empfindlich. Ich kann das einfach nicht ab!
Ich bitte daher darum, eventuelle Überreaktionen zu verzeihen.
 
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