Der Schnappi in uns

schrotti

assimiliert
Also, seit ich hier im Board bin, lese ich die Zeitung mit ganz neuem Interesse und Bewusstsein!
So gebe ich jetzt mal einen Kommenar im Lokalteil hier in voller Länge wieder, der mir eigentlich sehr gut gefallen hat. Sonst hab ich die Sterbeanzeigen, Sportschützen- und Kleintierzüchterberichte ja immer schnell überblättert! :D

Der Schnappi in uns
Es hat ganz harmlos angefangen. Es fängt ja immer ganz harmlos an. Zuerst war da dieses Lied, eines Tages hörte man es im Radio, wenig später stand es dann in den Charts, und das war noch irgendwie okay, denn anfangs klang es einfach und schön und melodienreich. Irgendwie kindlich, entspannend. Man erwischte sich dabei, wie man im Auto mitpfiff, wie man verschämt mitsang: "Schni Schna Schnappi, Schnappi, Schnappi Schnapp."

Irgendwann aber - es muss zu der Zeit gewesen sein, als jeder, wirklich jeder mit einer Krokodilsträne im Auge vor sich hin summte - irgendwann war einem das ganze ein bisschen ungeheuer. Ein bisschen unheimlich. Überall erwachsene Menschen mit kindlichem Gemüt fröhlich durch die Gegend hupfend.

Wenig später las man, dass "Kuschel-Partys" derzeit in New York der allerletze Schrei sind. Ganz heiß. Wildfremde Menschen ziehen sich einen gemütlichen Schlafanzug an - und knuddeln mal so richtig miteinander. Wohlgemerkt: Es gibt keine unsittlichen Berührungen, keinen Sex. Nur Schmusen und Nestwärme. So geht es immer weiter. Man trifft sich, wie neulich in Tel Aviv, auf öffentlichen Plätzen, bewaffnet mit Daunenkissen. Und dann gibt's so ne richtig schöne Kissenschlacht. Ein Riesenspaß.

Es scheint, die Menschen werden wieder zu Kindern. Sie sehnen sich zurück in eine Zeit, als das Leben gefährlich und geschützt zugleich war, ein tolles Abenteuer. Sie wollen umhertollen, Rabauken sein, ohne Verantwortung leben, und wenn es mal nicht so klappt, dann wartet schon das Spucketuch der Mama, die hilft, wenn alles um einen herum sooo ungerecht ist und sooo unfair.

Wir sind noch nicht ganz sicher, ob das jetzt gut ist oder schlecht. In jedem Fall ist es eine Chance, die wir nutzen sollten: Fortan werden wir uns zum Kennenlernen nicht mehr im Restaurant treffen, niveauvoll miteinander Konversation betreiben, langsam anbandeln. Wir werden uns wie früher einfach mit unseren Kumpels auf den Fußboden setzen, im Hintergrund dudelt Pink Floyd, und dann spielen wir "Flaschendrehen" und kommen so den Mädels näher.

Und wenn wir mal nicht weiter wissen, im Job, in der Beziehung, egal wo, dann Rätseln und Taktieren wir nicht rum: Wir spielen "Wahrheit oder Pflicht", ist doch einfach, das alles. Abends verlangen wir von irgendwem ein Betthupferl. Und wenn wir das nicht bekommen, motzen wir mal richtig rum. Dann gehen wir ins Bett. Und putzen uns nicht die Zähne!

Das passt, meine ich, gut zur Meldung von Seite 1 zu den Mamasöhnchen. Aber ich hab' so leise den Verdacht, das betrifft die Jungfrauengeneration auch etwas mehr, vielleicht macht deshalb das Anbandeln oft so Probleme heutzutage. Jeder will's gleich kuschelig wie bei Mama haben und keinen Stress und vor allem keine Verantwortung. Naja, scheint ja ein weltweites Phänomen zu sein! :D

gruß schrotti :) :)
 
War die Menschheit je erwachsen ? :wand

Und bitte kein "Schnappi" mehr :kotz
Sie sehnen sich zurück in eine Zeit, als das Leben gefährlich und geschützt zugleich war, ein tolles Abenteuer. Sie wollen umhertollen, Rabauken sein, ohne Verantwortung leben, und wenn es mal nicht so klappt, dann wartet schon das Spucketuch der Mama,
Das passt, meine ich, gut zur Meldung von Seite 1 zu den Mamasöhnchen.
Deine Schlussfolgerung in Ehren, aber ich sehe da keinen Bezug. Wenn abspannen, dann wenigstens altersgemäss und nicht infantil.

Der Artikel bezieht sich wohl auf alleinstehende Menschen, aber in welcher Familie gab es noch keine Kissenschlacht zu dritt/viert... oder wo wurde am Sonntagmorgen mal zu dritt der Morgen ausgekostet (obgleich es nicht unbedingt um 6 Uhr sein muss) ?

-ditto
 
OK, @ditto,

die Assoziation ist vielleicht doch etwas weit hergeholt, einen Bezug zwischen den beiden Zeitungsbeiträgen muss man nicht sehen! Der Kommentarschreiber wollte den unsäglichen Schnappi-Boom halt nur als Syndrom einer in allen Gesellschaftsgruppen sich rapide ausbreitenden geistigen Infantilisierung (==> Free-TV!) und gleichzeitig emotional verarmten Alltagsbewältigung und Verarbeitung verstanden wissen!

Kissenschlachten daheim mit der family, die höchste Wonne, aber unter Hunderten einander wildfremder Leute und das gleiche beim Kuscheln. Da müssen doch schon einige emotionale Ressourcen gewaltig brachgelegen haben! Aber wahrscheinlich spekuliere ich da auch wieder vorbei, ist heut doch eh alles 'Fun und Joke' im Entertainment, und dagegen kann ja keiner was haben? ;)

Aber um das Reizthema, bei dem ich eh keine Rückmeldung erwartet hatte, zu beenden, mal provokativ nachgelegt:

Sind wir nicht alle ein bisschen schnappi, oder sogar überschnappi?!? :D
Bezieh' mich da natürlich auch mit ein!

gruß schrotti :) :)
 
Also ich bin eher ein bisschen Bluna :D
Mir fällt dazu ein Zitat ein, dass ich mal aufgeschnappt habe:
"Das Schöne an der Klugheit ist, dass man sich dumm stellen kann. Umgekehrt ist das schon schwerer"
Soll heißen: Wenn sich ein solider "Erwachsener" bewusst fallen lässt und auf der Schnappi-Welle mitschwimmt, dann kann das durchaus auch einen Entspannungseffekt haben und ein willkommener Ausgleich sein.
Bedenklich wird es meiner Meinung nach dann, wenn das die höchste Form der Kultur ist, welche die Menschen noch ohne Blähungen verdauen können.
 
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