Gewusst habe ich es schon immer!

Thargor

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Blamage für die Blaukittel


Stichproben zeigen: Bei den Autochecks entgehen den TÜV-Prüfern häufig schwere Mängel. Wie lassen sich die Gutachter besser kontrollieren?



DPA
Kfz-Hauptuntersuchung in TÜV-Prüfstelle: Weltweit einmaliger Überwachungsapparat
Der rote Mitsubishi Lancer, Baujahr 1989, war arg im Eimer. Fünf gravierende Schäden, in der Fachsprache des TÜV "erhebliche Mängel" genannt, hafteten ihm an - von einer mit Steinschlagspuren übersäten Windschutzscheibe bis hin zu einer defekten Bremskraftregelung an der Hinterachse.

Derart mackenbeladen fuhr der japanische Pkw im vergangenen Oktober mehrere Prüfstellen im nordhessischen Kassel an: die des TÜV, der Dekra und auch der freien Gutachter. Am Steuer saß eine sich arglos gerierende Frau.

Doch nicht sie hatte den TÜV zu fürchten, sondern umgekehrt: Es handelte sich um ein Behördenfahrzeug, unterwegs im Auftrag der hessischen Landesregierung. Die Mission hieß: Prüfung der Prüfer.

Das Resultat blamiert die Blaukittelzunft schwer. Reihenweise wurden die erheblichen Mängel übersehen. Mehrmals erhielt der Schrottwagen die begehrte TÜV-Plakette. Keiner der Gutachter entdeckte alle Schäden.

Das jüngste Testergebnis fügt sich in eine Reihe weiterer behördlicher Stichproben, bei denen die Überwachungsorganisationen ein klägliches Bild abgeben. So war im vergangenen Jahr ein präparierter VW-Golf als Testobjekt in Niedersachsen und Bremen unterwegs. Dort entdeckten die Prüfer im Durchschnitt nicht einmal die Hälfte der Mängel. Davor war ein mackengespicktes Straßenreinigungsfahrzeug im selben Auftrag durch Baden-Württemberg getourt - mit ähnlich enttäuschender Bilanz.

Das wohletablierte System prüftechnischer Zwangsbeglückung, eine der zuverlässigsten Geldmaschinen seit der Erfindung des Automobils, ist offenbar dringend revisionsbedürftig. Die gesetzlich verordnete Hauptuntersuchung an Kraftfahrzeugen spült jährlich rund eine Milliarde Euro in die Kassen der Überwachungsorganisationen.

An der Ausbildung der Prüfer hapert es nicht. 11.000 diplomierte Ingenieure sind in Deutschland mit Hauptuntersuchungen an Kraftfahrzeugen befasst - ein beispielloses Aufgebot an Kompetenz. Nirgendwo sonst auf der Welt waltet ein vergleichbarer Überwachungsapparat.

Der TÜV, teuer und schlampig? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Usern!


Manche europäische Staaten, etwa Großbritannien oder die Niederlande, schreiben zwar auch regelmäßige Kfz-Prüfungen vor, überlassen diese aber allein den Werkstätten. Bis heute gibt es keinen Hinweis, dass in diesen Ländern mehr Unfälle wegen technischer Defekte passierten. So steht die Sinnhaftigkeit der teuren TÜV-Pflicht selbst auf dem Prüfstand.

Immerhin erkannte das Bundesverkehrsministerium inzwischen Handlungsbedarf zur besseren Disziplinierung der Prüfer. Seit über einem Jahr tagt dort regelmäßig eine Arbeitsgruppe zur "Neuordnung des Qualitätswesens der Überwachungsorganisationen". Ziel ist eine Erweiterung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), in der verbindliche Maßnahmen zur Selbstkontrolle der Prüfvereine festgeschrieben werden sollen.

Die Aufsicht über TÜV und Co. ist Sache der Bundesländer. Wie oft und wie intensiv diese stattfinden soll, ist jedoch nirgends festgelegt. Einige Landesregierungen beschäftigen in diesem Bereich nicht einmal ausgebildete Techniker und führen deshalb auch keine unabhängigen Kontrollen durch.

Als strenger und kundiger Aufpasser gefürchtet ist in Hessen der dort zuständige Dezernent Andreas Fleischhauer, selbst Diplomingenieur und früher als Gutachter tätig. Als er vor fünf Jahren seinen ersten verdeckten Test unternahm, flog in Frankfurt prompt ein Netz korrupter Prüfer auf, die von Werkstätten Schmiergelder kassierten. Einige wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Solch kriminelle Auswüchse kamen bei weiteren Stichproben nicht mehr ans Licht. Generell beobachtet Fleischhauer jedoch ein "Spannungsfeld wirtschaftlicher Interessen" und "erhebliche Qualitätsdefizite" vor allem bei der Prüfung in Werkstätten, wo mittlerweile über die Hälfte der Hauptuntersuchungen gemacht werden. Hier stehen die Überwachungsorganisationen in härtester Konkurrenz. Prüft ein Gutachter nicht im Sinne der Werkstattleitung, kann diese einfach einen anderen bestellen.

Dass durch die anstehende Änderung der StVZO wenigstens für die interne Revision der Prüforganisationen verdeckte Kontrollen vorgeschrieben werden, ist eher unwahrscheinlich. Die beiden größten Überwachungsverbände, vertreten durch die TÜV/Dekra-Arbeitsgemeinschaft, sind längst dabei, Einfluss auf das geplante Regelwerk zu nehmen.

Ihr Geschäftsführer Jürgen Bönninger agiert im Verkehrsministerium als Lobbyist und hält Tests mit manipulierten Autos für "untauglich und unredlich". Oft würden völlig unrealistische Mängel eingebaut.

Statt die verdeckte Ermittlung auszubauen, meint Bönninger, sollten die Behörden lieber zeitgemäße Prüftechniken vorschreiben. Als Beispiel nennt er die längst überfällige Stoßdämpferprüfung oder genauere Kontrollen der Bordelektronik.

Doch bei der Elektronik, sagt Fleischhauer, könnten die Gutachter heute schon wenigstens die simplen Kontrollmöglichkeiten nutzen, die die Hersteller serienmäßig einbauen. In einem seiner TÜV-Testwagen brannte etwa die Warnlampe für ein defektes Antiblockiersystem. Kaum einem Prüfer fiel das auf.


Quelle: Spiegel online
 
Schade, dass ich eher gegenteilige Erfahrungen mit diversen Prüfern bei TÜV & Dekra gemacht habe.
Aber da habe ich wohl was mit der Mehrheit gemeinsam :D

Gruss
Tim
 
Seit über einem Jahr tagt dort regelmäßig eine Arbeitsgruppe zur "Neuordnung des Qualitätswesens der Überwachungsorganisationen".
Da ich so meine persönlichen Erfahrungen mit Arbeitsgruppen, Ausschüssen, Kommissionen, usw. im öffentlichen Dienst habe befürchte ich das schlimmste :devil
Denn vermutlich sitzen in dieser Arbeitsgruppe jeweils mindestens 1 Vertreter von TÜV und DEKRA und betätigen sich eifrig als Bremser.
 
Ich kenne das aus früheren Zeiten und habe selbst mal ein Fahrzeug gesteuert, wo die Lenkung
derart ausgeschlagen war, dass der Wagen immer geradeaus fuhr! :crazy

Dieser TÜV ist schon lange nicht mehr da und von dem neuem kann ich nichts negatives sagen.

Aber da ich eine gute Werkstatt habe und selbst sehr sicherheitsbewußt damit umgehe, kann mir
sowas schon mal nicht passieren. Ich fahre einfach mangellos zum TÜV und ich denke, dass es der
überwiegende Teil auch tut.

Trotzdem finde ich es ziemlich krass, dass sowas überhaupt möglich ist.
 
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