[Diskussion] Alles um die Irak/USA-Krise

Hi,
wenn sich jemand durch meine bemerkung „… sachlichkeit … usw. …“ unverstanden oder intellektuell nicht genügend gewürdigt fühlt, bitte ich um entschuldigung! Zuviele postings ließen sich ja leider sinngemäß zusammenfassen: …„g. w. ist doof“ … „ die wollen nur ihre waffen los werden“ … „öl, öl, öl“… usw. Ich verkenne nicht, dass hinter solchen profunden aussagen ganze philosophische welten stehen können, die der jeweilige autor nur nicht offen legen wollte. Schade eigentlich ;-D . Nichtsdestowenigertrotz: Es Tut Mir Leid, wenn ich jemand unrecht getan haben sollte! Ich will es auch nicht wieder tun .

Mein erster Beitrag war, wie in der Vorbemerkung zur Kenntnis gegeben, ein auszug aus einer e-mail an meine tochter. Er enthielt aber m. e. genügend sachargumente. Da ich neulich miterleben musste, wie eine bundesministerin für entwicklung …(für die 68er unter uns: Die Rote Heide) immer etwas von artikel 7 der charta der VN redete, aber offenkundig nicht wusste, was dadrin steht, hielt ich es für zweckdienlich, meiner tochter (und auch den ehrenwerten mitboardies) die, in diesem zusammenhang, wichtigsten textstellen der charta der VN im wortlaut darzustellen.
Die VN sind nämlich der, aus meiner sicht, unheimlich wichtige versuch, die anwendung von gewalt zwischen staaten von reiner gewalt/ faust-recht(?) auf ein rechtlich besser tragendes fundament zu stellen. Die VN sind d i e chance für die völkergemeinschaft, sich eine verfassung zu geben, die die reine militärische (und irgendwann auch wirtschaftliche) macht nur noch nach fairen (demokratischen?) regeln anwendet. Davon sind wir aber z.zt, noch weit entfernt. Um so wichtiger ist es aber, auf jeden fall alles zu tun, dass auch der gegenwärtig mächtigste staat der völkergemeinschaft sich auch weiterhin an die rechtsregeln der charta hält. Gegenwärtig ist dies noch der fall, auch wenn u.s. bisweilen damit droht, es zur not auch alleine tun zu wollen. Zumindest die gruppe um secstate powell und sehr viele democrats in beiden kammern wollen den weg über die VN auch (noch weiterhin) gehen.
Der von mir extrem hoch verehrte Herr Bundes(-Lügen-)kanzler G. Schröder. [kennt noch jemand das lied: „Hoch genosse stalin…“? So hoch verehre ich den genossen schroeder auch (fast)!] hat es mit dem Deutschen Sonderweg (=>“ganz egal, was die VN finden und beschliessen, wir (Deutschen) machen nicht mit“) fast geschafft, die autorität und den anspruch des sec-councils auf das militärische machtmonopol (völkerrecht im status nascendi) zu unterminieren. Ja mei, jedes volk hat den kanzler/präsidenten, den es verdient … , wir haben genossen g. schröder, die amis haben g. w. bush, die briten haben t. blair, die franzosen haben j. chirac und die iraqi haben h. saddam usw..
Das affentheater, das schröder und chirac gegenwärtig aufführen, kann langfristig politisch extrem schlimme folgen haben. So unterminiert es nicht nur die VN, sondern arbeitet auch den „bullies“ und unilateralisten innerhalb der u.s.-administration direkt in die hände! Schlimm!!!

Mit freundlichen Grüßen
bluecdr
 
Ein bisschen Psycho

Noch ein bisschen Geschichte (und Psychologie)

Seit dem Erkämpfen Ihrer Freiheit/Unabhängigkeit ihres eigenen Staates (nicht mehr eine „„besetzte“ Kolonie des Britischen Empires zu sein“) unter den Helden/Freiheitskämpfern/Terroristen George Washington und Paul Revere, hat es keinen wirklichen Krieg gegen einen anderen Staat auf dem Boden von Continental U.S. (CONUS) mehr gegeben.
[Die Ermordung/Ausrottung/zwangweise Umsiedelung der Iroquesen, … , und anderer indianischer (500) Nationen; die Indianer-Kriege, spielen in dem Selbstverständnis der Amerikaner keine Rolle.]
Die Sezessionskriege waren eine (quasi) interne Auseinandersetzung Amerikas über die zukünftige Werteordnung der amerikanischen Gesellschaft und ein Wirtschaftskrieg des industriellen Nordens gegenüber des landwirtschaftlichen Südens.
Der 1. Weltkrieg, der Groß-Britannien, Frankreich, Deutschland und Russland an den Rand ihrer staatlichen Existenz brachte, ging an den U.S.A, soweit es CONUS betraf, spurlos vorbei, auch wenn 1000nde von amerikanischen Freiwilligen im WWI starben.
Auch im 2. Weltkrieg fand der Krieg im Wesentlichen im Pazifik und in Europa statt. Das „Homeland“ => Continental U.S. war zu keiner Zeit gefährdet !

Insofern wähnten sich die Amerikaner als „unangreifbar“ und „unverwundbar“ und dachten über eine neue „amerikanische“ Welt-Ordnung nach, die analog zum Pax Romana, als ROM, vor fast 2000 Jahren, die bekannte Welt regierte, der Welt den Frieden unter Amerikanischen Vorstellungen von Moral und Geschäften bringen sollte, ja müsste … .

Hinzu kommt, dass die U.S. Staatsreligion im Wesentlichen das Christentum der Puritaner, der Calvinisten ist.

Calvin vertrat die Auffassung, dass (der christliche) Gott die Werke/das Handeln eines jeden Menschen unmittelbar begleitet und dem jeweiligen Menschen seine christliche, moralische und göttliche Zustimmung zu dessen Handeln unmittelbar dadurch erteilt, dass er Erfolg hat ! Anders ausgedrückt: Wer auch immer womit auch immer Erfolg hat, tut ein gottgefälliges Werk und ist von weiteren Gedanken über Recht und Moral befreit. Wenn Erfolg => dann „gottgefällig“ und „gerecht“ und „richtig“ und „Recht“ ?!?

Die „Blumenkinder“ in San Francisco von 1968 waren vielleicht anderer Meinung, aber die Grundeinstellung der Amerikaner hat sich m. E. nicht wirklich geändert: Das

Wenn Erfolg => dann „gottgefällig“ und „gerecht“ und „richtig“ und „Recht“ ?!?
scheint auch die Maxime des gegenwärtigen Präsidenten G. W. Bush zu sein.

Mitten in dies Gemenge aus (U.S.) geschichtlicher Erfahrung, Selbstgerechtigkeit und Sendungsbewusstsein schlugen die verschiedenen Flugzeuge in die Twin Towers und das Pentagon ein.

Dies ist und war das erste Mal, seit 1776, dass eine fremde Macht, nicht einmal ein Staat, das „Homeland“ => CONUS erfolgreich angegriffen hat.
Was weder dem (Deutschen) Kaiserreich noch Nazi-Deutschland gelang, schaffte ein saudi-arabischer Dissident, Osama bin Laden, der von der C.I.A., des amerikanischen Auslandsnachrichtendienstes, für den subversiven Kampf gegen die sowjetische Besatzungsmacht in Afghanistan ausgebildet wurde.

Ja mei

Man kann die amerikanische „Hektik“, aber auch Entschlossenheit, nur verstehen, wenn man weiß, dass sich U.S. bis zum 9/11th wirklich für unangreifbar hielten. Insofern ist die bisherige (stark idealisierte) Militär-Doktrin „US kämpft nur, wenn es selbst oder ein Bündnispartner angegriffen wird“ aus Sicht der Amerikaner obsolet geworden. Jetzt heiß es „Search and Destroy, anders ausgedrückt: angriffspotentiale zu vernichten oder zumindest unschädlich zu machen, solange diese die USA selbst (noch) nicht gefährden können. nur so kann man die "neue" Bush-Doktrin verstehen.

Umso wichtiger ist es m. E. militärische Machtausübung von U.S. durch die UN zu beeinflussen und zu mäßigen. O.K.?

mfg
bluecdr
 
@bluecdr

Im Endefekt besagen deine gesammelten Werke wohl das der UN-Sicherheitsrat das recht hat jederzeit einen Angriff auf den Irak zu beschliessen.
Das ist wahr.
Niemand anderes hat aber dieses Recht solange er nicht direkt angegriffen wird und selbst dann hat er sich auf Selbstverteidigung zu beschränken und den Rest dem Sicherheitsrat zu überlassen.
Bush hat aber längst klargestellt, daß er nicht vorhat die Entscheidungen des Sicherheitsrats zu akzeptieren.
 
@Wulf

Danke für den ntv-Link übe die Medienberichterstattund und die Wahrheit, sehr schön.

Wulf: „Im Endefekt besagen deine gesammelten Werke wohl das der UN-Sicherheitsrat das recht hat jederzeit einen Angriff auf den Irak zu beschliessen."

Der politische Streit geht ja gerade um das „jederzeit“. Die UNO-Mitglieder interpretieren die UN-Charta wie auch die Vereinbarungen eben völlig unterschiedlich.
____________________________________________

@bluecdr:

Von bluecdr: „Umso wichtiger ist es m. E. militärische Machtausübung von U.S. durch die UN zu beeinflussen und zu mäßigen. O.K.?“

Und genau hiervon verabschieden sich die USA mit ihrer Neuen Sicherheitsstrategie (NSS). Ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen steht nicht mehr auf ihrer Tagesordnung. Nochmals hier das schon oben erwähnte Handelsblatt:

„Das Papier (Neue Sicherheitsstrategie, NSS) markiert eine bemerkenswerte Abkehr von jenen multilateralen Grundsätzen, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht nur die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik bestimmt haben. „Amerika besitzt eine Position unvergleichbarer militärischer Stärke; diese werden wir um jeden Preis verteidigen.“ Und dann werfen Bush und seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice so ziemlich ersatzlos über den Haufen, was seit 1940 als Rahmenwerk amerikanischer Politik und globaler Sicherheitsplanungen galt: Abkommen zur Abrüstung und gegen Weiterverbreitung von Waffen – zumeist hinfällig. Die Strategien zur Eindämmung von Gewalt und das Kalkül der Abschreckung – mehrheitlich Makulatur. Und: Amerika werde nicht mehr warten, bis es angegriffen wird, sondern das Land werde gegebenenfalls zuerst zuschlagen.

Und:

„Dem multilateralen Netzwerk aus Institutionen und Abkommen, die den Frieden in den vergangenen 50 Jahren sicherten, folgt ein unilaterales Konzept nach dem Motto: Amerika nimmt die Dinge selbst in die Hand.“

Unilateral heißt, wir als USA werden direkt mit dem Gegener verhandeln und nehmen uns das Recht auch selbst zu entscheiden, ob wir angreifen. Die UNO oder NATO spielen in diesem Konzept eine zweitrangige Rolle.

Zu diesen Szenario würde der "Spiegel"-Artikel und auch die Meldungen der "Washington Post" passen, wie sie heute in vielen Tageszeitungen stehen:

"Spiegel":

"US-Diplomaten sprechen offenbar aber eine andere Sprache: Der Krieg sei beschlossene Sache, gleich wie der Weltsicherheitsrat entscheide. - Amerikanische Beamte hätten die Position in Gesprächen mit den derzeitigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates deutlich gemacht, berichtet die Washington Post" am Dienstag unter Berufung auf ausländische Diplomaten.


Lionk: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,237691,00.html

Gruß, Rod
 

Anhänge

  • 2003-02-26.4208.big.kari.gif
    2003-02-26.4208.big.kari.gif
    28,2 KB · Aufrufe: 6.248
Passt zwar nicht ganz zum Thema (will keinen neuen thread aufmachen), aber hier hat eine Politikerin sich schuldig bekannt.

"Spiegel":
Verbrechen von "größter Schwere": Das Uno-Tribunal in Den Haag hat die frühere Präsidentin der bosnischen Serben Biljana Plavsic zu elf Jahren Haft verurteilt

(...)
Plavsic ist die ranghöchste Politikerin aus dem ehemaligen Jugoslawien, die bislang von dem Tribunal verurteilt wurde. In einer dramatischen Erklärung hatte sie die Verantwortung für Grausamkeiten gegen Muslime und Kroaten übernommen und bat das Gericht um eine Strafe, die allen Seiten gerecht werden möge.

Das Schuldeingeständnis hilft zwar den 200 000 Toten nicht, es ist aber schon erstaunlich, dass jemand seine Taten zugibt und eine Strafe akzeptiert. Jemand ist eine Frau...

Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,238015,00.html

Gruß, Rod
 
Hi all

@Wulf
@Rod

ja, ich bin in der tat der meinung, dass das gewaltmonopol bei den un liegen sollte, weil hier die chance liegt, krieg „zu kanalisieren“. Wie -ich glaube- Churchill sagte: „Die demokratie ist die schlechteste staatsform, aber es gibt keine bessere“. So gesehen ist, m. e., die un die schlechteste weltregierung, aber wir haben keine bessere! Natürlich bleibt auch die realität hinter wesentlichen teilen/ansprüchen der charta zurück.
[So haben die staaten mitnichten truppen für die un aufgestellt, was beabsichtigt war, sondern die staaten stellen nur truppen ab, wenn ihnen der fall/das anliegen „in den kram passt“. Die finanzierung der un ist auch ausgesprochen „wackelig“, da die beiträge zwar festgelegt werden (schlüssel kenne ich nicht), aber die un haben, außer mit dem ausschluß zu drohen, keine sanktionsmöglichkeiten.]

A b e r , die un sind und bleiben i.m. die einzige instution, die eine gewisse autorität ausüben können. Dabei mag euch verwundert haben, dass ich immer auf texten, sprich recht bzw. völkerrecht „herumgetrommelt“ habe. M.e. geht es nicht anders. Denn die ca. 190 mitgliedsstaaten (ca. 80% sind nicht-demokration im westlichen sinne) haben viel zu unterschiedliche vorstellungen, was (moralisch) Gut und Böse ist, als dass man aus e i n e r moralvorstellung handlungsalternativen ableiten könnte. Da bleibt nur, als krücke, das recht. Das recht ist aber um es volkstümlich auszudrücken, (sehr häufig) die hure der macht. Jedenfalls hat sich das recht bzw, die judikative –innerhalb der staaten- nur sehr langsam (über 100+ jahre) von der macht der executive emanzipieren können. Die anerkennung des rechts ist immer zugleich ein verzicht der mächtigen von ihrer macht -nur nach i h r e m willen- gebrauch zu machen! Im bereich zwischen den staaten wird die sicherlich auch (noch) einige zig-jahre dauern, bis entscheidung des internationalen gerichtshofs wie selbstverständlich durch eine un-truppe durchgesetzt werden, falls ein rechtmäßig verurteilter (staat)sich „daneben“ benimmt. Ja mei, genug des (rechts-)philosophischen ausflugs.

Aktuell. Ich teile die bewertung, dass die „neue“ NSS tatsächlich „neu“ ist und eine abkehr von der bisherigen us-sicherheitsstrategie darstellt, nicht! US (wie übrigens fast alle anderen staaten auch) hat in seiner geschichte immer den grundsatz „in doubt, america first“ vertreten und so gehandelt.

Staaten haben, hat irgendjemand mal gesagt, keine gefühle, sondern nur interessen. In einer bi-polaren (WP vs. NATO, bzw. Kommunismus vs. Kapitalismus} Welt, war es ein lebenswichtiges interesse einer jeden führungsmacht des jeweiligen blocks/lagers, seine verbündeten „pfleglich“ zu behandeln und selbst gelegentliche escapaden (z.b. frankreichs) [grimmig lächelnd] zu ertragen.

Nach dem zusammenbruch des wp ist die welt monopolar. Das wird/muß aber auf dauer nicht so bleiben.

Europa hätte das zeug/die kapazität ein gewisses gewicht aufzubauen, wenn es wirklich wollte. Zu diesem wollen müsste dann aber auch ein (glaubwürdiges) militärisches machtpotential (capability) als auch (glaubwürdige) absicht/willen, von dieser macht auch ggf., wenn es denn erforderlich ist, gebrauch machen zu wollen (intent), hinzutreten.
China wird diesen weg m.e. auf jeden fall gehen, ist aber im moment noch zu schwach und mit dem umbau von sozialistischer planwirtschaft auf kapitalistische wirtschaft (und auf ein modifiziertes mehrparteiensystem) beschäftigt.
Ich bin daher überzeugt, dass es sich bei der monopolarität nur um eine übergangsphase handelt. Umso wichtiger ist es aber, bis dahin die UN zu stärken, damit ggf. ein schiedsrichter zur verfügung steht und weiterhin halbwegs „glaubwürdig“ ist/bleibt und es den UN nicht geht wie dem Völkerbund.
Obwohl cnn seit dem 9/11th zum „all american“ (patriotischen) staatssender verkommen ist, bbc(world) nicht in der für mich interessanten tiefe uber congress und politische strömungen innerhalb us berichtet und cnbc sich fast nur mit wirtschaft beschäftigt, gibt es aber doch eine sehr starke fraktion innerhalb des us establishments und verschiedener think-tanks, die ebenfalls auf die völkergemeinschaft/UN setzen. O.K.
Soweit mein vorläufig letztes statement zu Irak-USA.
Ich glaube nämlich, dass irak nur ein „unfall“-thema ist, das (tages-)politisch für g.w.´s wiederwahl zweckmäßig erschien. Man kann den irak nicht ohne den iran, den palestina-/israel-konflikt vernünftig bewerten, ja letztlich muss man die region Mittlerer Osten mit ihrem internen machtgefüge und ihrer geschichte voll berücksichtigen. Leider hat man selbst dann noch nicht wirklich seine „gedanklichen schularbeiten“ gemacht. Denn wenn man das problem massenvernichtungswaffen (wmd), hier deren weiterverbreitung an „unzuverlässige, gefährliche staaten“, ernst nimmt und das sollte die weltgemeinschaft tun, sind wir sofort bei pakistan/indien usw. …

Wenn jemand interesse an einem erweiterten politik-/macht-/recht- thread hat, können wir den ja aufmachen. Bei interesse bitte pn an mich.

Schönes Wochenende
Mit freundlichen Grüßen
bluecdr
 
bluecdr

ja, ich bin in der tat der meinung, dass das gewaltmonopol bei den un liegen sollte,

Ja, halte ich auch für sinnvoll, im Gegensatz zu der jetzigen US-Führung :(

Aktuell. Ich teile die bewertung, dass die „neue“ NSS tatsächlich „neu“ ist und eine abkehr von der bisherigen us-sicherheitsstrategie darstellt, nicht! US (wie übrigens fast alle anderen staaten auch) hat in seiner geschichte immer den grundsatz „in doubt, america first“ vertreten und so gehandelt.

Neu, im Sinne einer politisch erklärten Abwendung schon. Historich hat vermutlich Jürgen Rose in seinem "Zeit"-Artikel: "Im Westen nichts Neues - Die Bush-Doktrin gründet auf einer langen Tradition strategischen Denkens in den USA", ebenfalls recht. Steht aber mit der ersten Aussage nicht im Widerspruch. (Hatte ich schon mal angeführt, hier nochmals der Link)

http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_98c/T12.HTM

Ich bin daher überzeugt, dass es sich bei der monopolarität nur um eine übergangsphase handelt. Umso wichtiger ist es aber, bis dahin die UN zu stärken, damit ggf. ein schiedsrichter zur verfügung steht und weiterhin halbwegs „glaubwürdig“ ist/bleibt und es den UN nicht geht wie dem Völkerbund

Agree, aber genau das wollen die USA nicht, so haben sie es auch explizit in ihrer Neuen Sicherheitsstrategie formuliert.

Ich glaube nämlich, dass irak nur ein „unfall“-thema ist, das (tages-)politisch für g.w.´s wiederwahl zweckmäßig erschien. Man kann den irak nicht ohne den iran, den palestina-/israel-konflikt vernünftig bewerten, ja letztlich muss man die region Mittlerer Osten mit ihrem internen machtgefüge und ihrer geschichte voll berücksichtigen. Leider hat man selbst dann noch nicht wirklich seine „gedanklichen schularbeiten“ gemacht. Denn wenn man das problem massenvernichtungswaffen (wmd), hier deren weiterverbreitung an „unzuverlässige, gefährliche staaten“, ernst nimmt und das sollte die weltgemeinschaft tun, sind wir sofort bei pakistan/indien usw. …

Wer sagt, dass nicht genau dies auf dem politischen Programm der USA steht? Allerdings werden sie dabei kaum auf Unterstützung der Internationalen Gemeinschaft hoffen können. Dem stehen auch die ernormen geschätzten Kosten eines Irak-Krieges entgegen.

Wenn jemand interesse an einem erweiterten politik-/macht-/recht- thread hat, können wir den ja aufmachen. Bei interesse bitte pn an mich.

Lass es hier im Irak-tread laufen. Das Board-Sofa wird sonst zu ungemütlich und das Board ist ja kein Politik-Board.

Gruß, Rod
 
Ein Artikel aus den "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) über

- die Kontrolle der USA über das Internet Domain Name System (DNS), die vergeben die Internet Adressen
- die Kontrolle der USA über die wichtigen A-Root-Server des Internet
- die Forderung, die Vewaltung der Internet-Adressen der UNO zu unterstellen

Bei den Vorbereitungen zum Weltgipfel der Informationsgesellschaft wurde vergangene Woche in Genf die Forderung laut, die Verwaltung des Internetadressverzeichnisses den Vereinten Nationen zu unterstellen. Die uneingeschränkte Macht der USA über das Internet Domain Name System hat mitunter unerwünschte Konsequenzen, derzeit beispielsweise die, dass irakische «.iq»-Adressen nicht zugänglich sind.
Link. http://www.nzz.ch/netzstoff/2003/2003.02.28-em-article8PDRV.html

Für die Durchsetzung einer solchen Forderung sieht es zur Zeit düster aus. In einem zentralen Gremieum der UNO - dem Sicherheitsrat - herrscht Eiszeit ("Spiegel"-Artikel):

"Furchtbare Atmosphäre" im Sicherheitsrat -

Es war eine der düstersten Sitzungen des Sicherheitsrates, Beobachter beschrieben die Atmosphäre als furchtbar. Kriegsgegner und Kriegsbefürworter standen sich unversöhnlich gegenüber. Eine Mehrheit ist für eine friedliche Lösung, doch die USA setzen unbeirrt auf Krieg.
Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,238056,00.html


Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident George W. Bush, Condoleezza Rice, hat nochmals die Bedeutung der UNO aus der Sicht Washingtons klar gemacht:

Zwar seien die Vereinten Nationen eine "großartige Institution". Sollte eine von den USA eingebrachte Entschließung jedoch abgelehnt werden, werde der Sicherheitsrat seine "Bedeutung verlieren" (...) sagte Rice am Mittwoch (Ortszeit) dem US-Sender Voice of America.
Link: http://www.taz.de/pt/2003/02/28/a0041.nf/text

Gruß, Rod
 
Nicht alle Amerikaner heissen Bush.

Hier zwei US-Politiker, die sich gegen Bushs Politik aussprechen (Hervorhebungen von mir):

Offener Brief des US-Diplomaten John Kiesling an Colin Powel l

Sehr geehrter Herr Außenminister, hiermit erkläre ich meinen Rücktritt vom diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten und von meinem Amt als politischer Berater in der amerikanischen Botschaft in Athen. Es ist ein Schritt, der mir sehr schwer fällt.
(...)
Unsere Politik ist nicht nur unvereinbar mit amerikanischen Werten, sondern auch mit amerikanischen Interessen. Mit unserem unermüdlichen Drängen auf einen Krieg gegen den Irak verspielen wir die internationale Reputation, die seit Woodrow Wilson Amerikas wirksamste Waffe war. Wir sind dabei, das weitreichendste und effektivste Netzwerk internationaler Beziehungen zu zerstören, das es je gab. Unser Kurs wird zu mehr Instabilität und Gefahr führen, nicht zu mehr Sicherheit.
(...)
Wir sollten uns fragen, warum es uns nicht gelungen ist, die Welt davon zu überzeugen, dass ein Krieg gegen den Irak notwendig ist. Nach welchem Vorbild wollen wir den Mittleren Osten wiederaufbauen? Sind wir wirklich taub geworden, so wie Russland in Tschetschenien und Israel in den besetzten Gebieten – taub für unseren eigenen Rat, dass überwältigende militärische Macht nicht die Antwort auf Terrorismus sein kann?
Link: http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel4932.php

Hier noch was aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), leider nur in der Fassung des Perlentauchers, denn wir zahlen ja nix für Artikel :) - (Siehe auch: https://www.supernature-forum.de/showthread.php?s=&threadid=21860 )

Die FAZ druckt eine Rede des demokratischen Senators Robert Carlyle Byrd nach, der zu den großen alten Männern der amerikanischen Politik gehört und leidenschaftlich gegen den Krieg plädiert:

"Diese Nation ist im Begriff, eine revolutionäre, zu einem unseligen Zeitpunkt aufgestellte Lehre ihrer ersten Belastungsprobe auszusetzen. Die Lehre vom Präemptivkrieg - die Idee, dass die Vereinigten Staaten oder eine beliebige andere Nation das Recht haben, eine Nation anzugreifen, die keine unmittelbare Bedrohung darstellt, aber in Zukunft zur Bedrohung werden könnte , diese Lehre ist eine ganz neue Verdrehung der traditionellen Idee vom Recht auf Selbstverteidigung."

Link: Link zur original Rede, leider in Englisch:
http://www.senate.gov/~byrd/byrd_newsroom/byrd_news_feb/news_2003_february/news_2003_february_9.html

Gruß, Rod
 
Ja, ich bestätige auch, daß sich im politischen america der widerstand etwas mehr artikuliert.
Am samstag war bei cnn der ehemalige sicherheitsberater breszhinski, der zu amtszeiten weiß gott keine taube war, interviewed worden und übte herbeste kritik an der gegenwärtigen near-middle-east politik der us. Kissinger war hingegend enttäuschend.

Für viel wirbel sorgt eine aufstellung eines wirtschaftswissenschaftlers, der die verschiedenen kostenmodelle [suche ich im moment noch im www] für einen irak-krieg (mit anschließender militärverwaltung) vorgerechnet hat.

Jedenfalls ist das budget-committee des rep-houses [entspricht HH-Ausschuß des Bundestages] jetzt aufgewacht und verlangt von der administration zahlen, umselbige in den haushalt einzustellen. Ja mei, wird spannend.

mfg
bluecdr
 
Gegen Bush diesem Kriegs süchtigen.
Also meiner meinung nach hatt der sieh nicht mher alle auf dem Zaun dieser Kriegs süchtige Penner.
Warum sitzt so ein Idiot eigentlich an der Regierung oder ist Präsident der VereinigtenStaaten?
Der soll das mit dem Krieg gleich wieder vergessen sowas geht auch anders zu lösen.
 
@bluecdr:
Hatte vor kurzen einen Bericht aus einem US-Haushalts(unter??)Ausschuss gesehen. Dort wurden die Kosten für einen Angriff auf den Irak für den Zeitraum von 6 Monaten mit bis zu 100 Milliarden $ beziffert. Die Ausschussmitglieder sollen entsetzt gewesen sein.

Wenn es mir wieder einfällt, dann stelle ich den Link rein.

Hast du mal einen differenzierteren Text gefunden, der einen Angriff auf den Irak befürwortet? Auch mit ner Erklärung, warum genau der Irak? Alles - ausser Kagan (siehe oben) - was ich bis jetzt auch hier in den thread gestellt habe, lässt zu viele Fragen offen.

Gruß, Rod
 
@fragger
Weil die Stimmenauszählung beendet wurde bevor die Stimmen ausgezählt waren.
Hast du das immer noch nicht mitgekriegt?
 
Doch das hab ich.
Dem wurden ja einfach 30 Stimmen mehr zugeteilt obwohl er die garnicht bekommen hatt.
 
@Rod

Die 100 mrd us$ (im amerikanischen billions, die kennen die mrd nicht) waren nur der 1. ansatz. Eben gerade, vor ca. 45 min hatte cnn noch einen anderen ww-schaftler interviewed, der auf 1.000 mrd us$ gesamtkosten kam. Wesentlich schädlicher aber, so dieser kamerad, seien die auswirkungen auf die weltwirtschaft, da über einen steigenden ölpreis die zinsen stiegen und damit fast alle volkswirtschaften südamerikas über den jordan gehen würden. Auch europa´s wirtschaft würde noch härter als die von us wirtschaft von den folgen eines längeren konflikts getroffen.

Wenn us "aufwachen" wird, dann nicht über die "moralische" oder "völkerrechtliche" schiene, denn die sind über ihr sendungsbewußtsein und die auslegungsfähigkeit der verschiedenen resolutionen genügend "abgesichert"(?), sondern über die wirtschaftlichen auswirkungen, davon bin ich fest überzeugt.


Hast du mal einen differenzierteren Text gefunden, der einen Angriff auf den Irak befürwortet? Auch mit ner Erklärung, warum genau der Irak? Alles - ausser Kagan (siehe oben) - was ich bis jetzt auch hier in den thread gestellt habe, lässt zu viele Fragen offen.

Nein, eine wirklich durchgängige begründung habe ich bisher auch nicht gefunden. Geht m. E. auch nicht, denn dann müßten us sofort zugeben, dass sie bei palestine/israel so ungeheuer "gepatzt" haben, dass es "weh" tut.

Aber davon unabhängig. Der irak war (ausser der türkei) der bisher einzige laizistische staat in near-middle east. Hat/hatte aber keine demokratischen -wie gering auch immer- traditionen. Die baath-partei hat bloß, als gute(???) national kommunistische partei, den einfluß des glaubens/islams auf die staatliche wirklichkeit mit macht bekämpft.

mfg
bluecdr
 
Original geschrieben von bluecdr
Die baath-partei hat bloß, als gute(???) national kommunistische partei, den einfluß des glaubens/islams auf die staatliche wirklichkeit mit macht bekämpft.
Ach hätten die doch sowas in den USA !!!
 
Die Idee hinter dem geplanten Krieg gegen den Irak heißt:

"Project for The New American Century (PNAC) "

Die bereits 1998 veröffentlichen Pläne sehen schlicht eine neue Weltordnung unter Führerschaft der USA vor.

(Geht bitte auf die "Druckfassung" und druckt des Artikel aus, er erklärt mehr, als die täglichen atemlosen Meldungen, sorry für die Werbung).

Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,238643,00.html

Der „Spiegel“ beschreibt, welche politischen Ideen hinter der Irak-Krise stehen (Hervorhebungen von mir):

· Die Pläne für einen Angriff auf den Irak wurden schon 1998 veröffentlicht
· Hinter den Plänen steht eine Gruppe von konservativen Politikern
· Diese wurden damals eher als Außenseiter betrachtet und nicht ernst genommen
· Heute besetzen sie fast alle wichtigen politischen Positionen in Washington
· Die Politik der Abschreckung soll durch eine neue Strategie ersetzt werden:
· Hier einige Vorstellungen des „Project for The New American“ (PNAC):

Spiegel:
„Es war das glatte Gegenteil einer Verschwörung: In aller Öffentlichkeit schmiedeten ultrarechte US-Denkfabriken schon 1998 Pläne für eine Ära amerikanischer Weltherrschaft, für die Entmachtung der Uno und einen Angriffskrieg gegen den Irak. Lange wurden sie nicht ernst genommen. Inzwischen geben die Falken in der Bush-Regieruisraelische Publizist und Friedenskämpfer Uri Avnery, "es ist ganz einfach ein Krieg um Weltherrschaft, wirtschaftlich, politisch, militärisch und kulturell."
(...)
Die USA in der Lage sein muss: "zahlreiche größere Kriege gleichzeitig durchkämpfen und für sich entscheiden " zu können. Auf jeden Fall gehöre die Golfregion unter US-Kontrolle, heißt es in dem PNAC-Papier, das auch im Internet verfügbar ist. " (...)


„Im Ausland stationierte US-Streitkräfte bezeichneten die Autoren in der kernigen Sprache des Wilden Westens als "Kavallerie im neuen amerikanischen Grenzland" ("the cavalry on the new American frontier"). Auch die Aufgaben der Friedensstiftung sollten, so die Studie weiter, eher der Führerschaft der USA als der Uno obliegen. „

„(...) ein 1997 gegründetes "Project for The New American Century" (PNAC) postulierte, das laut Statut für "Amerikas globale Führerschaft" kämpft. Bereits vor fünf Jahren - am 28. Januar 1998 - forderte die Projektgruppe in einem Brief an "Mr. William J. Clinton" den damaligen US-Präsidenten zu einem Sturz Saddams und zu einer radikalen Umkehr im Umgang mit der Uno auf.
vor allem, wenn ihn nicht zehn PNAC-Mitglieder mit unterzeichnet hätten, die mittlerweile sämtlich im Telefonverzeichnis der Bush-Administration stehen:
· Richard B. Cheney ist Vizepräsident der Vereinigten Staaten,
· Lewis Libby ist Cheneys Stabschef,
· Donald Rumsfeld ist Bushs Verteidigungsminister,
· Paul Dundes Wolfowitz ist Rumsfelds Stellvertreter,
· Peter W. Rodman ist verantwortlich für "internationale Sicherheitsangelegenheiten",
· John Bolton ist Staatssekretär für Rüstungskontrolle,
· Richard Armitage ist stellvertretender Außenminister,
· Richard Perle, einst Vize-Verteidigungsminister unter Reagan, ist Chef des American Defense
Policy Board,
· William Kristol, der PNAC-Vorsitzende, berät Bush und gilt als das "Hirn des Präsidenten",
· Zalmay Khalilzad ist, nachdem er als Sonderbotschafter und Königsmacher in Afghanistan
gewirkt hat, derzeit Bushs Sonderbeauftragter für den Kontakt zur irakischen Opposition.

(Diese Konzepte) (...) wurden bereits in den neunziger Jahren in ultrarechten "Think Tanks" (Denkfabriken) entwickelt (...) Die 1992 von der "New York Times" enthüllten Vorschläge, formuliert von den heutigen Kabinettsmitgliedern Wolfowitz und Libby, liefen darauf hinaus, die während des Kalten Krieges verfolgte Abschreckungsdoktrin durch eine völlig neue Globalstrategie zu ersetzen. (...)

Ziel war die dauerhafte Erhaltung der Supermachtposition der USA - auch gegenüber Europa, Russland und China. Diesem Zweck sollten "Mechanismen" dienen, die potenzielle Konkurrenten davon abschrecken, "unsere Führung in Frage zu stellen oder auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen" - Formulierungen, die nach ihrem bekannt werden prompt für Verstimmung in den Metropolen Europas und Asiens sorgten.

Notwendig, hieß es in dem Wolfowitz-Libby-Papier, sei vor allem eine stabile amerikanische Vormachtstellung in Eurasien. Ein Land, das etwa durch den Erwerb von Massenvernichtungswaffen die Interessen der USA bedrohe, müsse mit Präventivangriffen rechnen. Die traditionellen Bündnisse seien durch "Ad-hoc-Koalitionen" zu ersetzen, "die nicht länger Bestand haben als die aktuelle Krise andauert".

Im September 2000 - nur wenige Monate vor dem Antritt der Regierung Bush - schloss die PNAC die Arbeit an einer Fortschreibung des weltpolitischen Masterplans von 1992 ab.

Diese im Auftrag von Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz und Libby verfasste Studie ("Rebuilding America's Defenses") ist ebenfalls der Frage gewidmet, "wie die globale US-Vorherrschaft aufrecht erhalten, dem Aufstieg einer rivalisierenden Großmacht vorgebeugt und die internationale Sicherheitsordnung gemäß amerikanischen Prinzipien und Interessen gestaltet werden kann ".


Gruß, Rod
 
Oben