Hi @ll,
ich hab mal eure Argumente auf die Schnelle überflogen und möchte als LKW-Fahrer mit 10 jähriger Erfahrung im Int. Fernverkehr dazu folgendes anmerken:
Das größte Problem ist doch der Zeitdruck der auf den LKW-Fahrern lastet.
Es interessiert weder die Industrie , noch den Kunden , noch den Spediteur , ob die Fahrer ausgeschlafen sind oder nicht...
Da wird einfach davon ausgegangen, daß , wenn die Ladung aufgenommen wird, der Fahrer "frisch" ist und seine volle Fahrzeit zur Verfügung hat.
Dann gibt es so schöne Streckenprogramme bei denen dann die Strecke vom Lade- zum Zielort ausgerechnet wird und mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h dividierd wird...
dann kommen so schöne Sachen raus wie:
Mailand Berlin auf 15 Stunden....
Die rechnen mit einer Durchschnittschgeschwindigkeit von 80 km/h !
Und das bei einem LKW... wer schafft den heute bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen einen Schnitt von 80 mit dem Auto ???
Das zweite ist, daß die Industrie einen entsprechenden Druck auf die Speditionen ausübt... wer nicht pünktlich Liefert ist draussen aus dem Transportvertrag....
Hintergrund:
Die meisten Firmen mieten dann den LKW für einen ganzen Tag , an dem er dann beim Kunden auf dem Gelände steht und warten muß, bis die Ware gebraucht oder auf 7,5 - Tonner verladen wird...
damit wird Lagerraum gespart... und heißt im Wirtschaftsdeutsch : Just - in - time....
Als Fahrer sitzt man dann zwischen allen Stühlen... und fährt... denn wenn man es nicht tut, ist man den Job los...
solange nix passiert, ist es ja gut... aber wehe wenn...
dann wird ganz alleine der Fahrer zur Verantwortung gezogen, aber nicht die, die das Dilemma eigentlich verursachen....
Und der Polizei , dem BAG und der Justiz ist der Sachverhalt durchaus bekannt....
und ich finde es sehr Scheinheilig von "Vater Staat" wenn einerseits die LKW- Fahrer ständig an den Pranger gestellt werden, andererseits gar kein Interesse vorhanden ist, diese Mißstände zu beseitigen... denn dann würden Milliarden an jährlichen Bußgeldeinnahmen verlorengehen....
Müßte jede Firma ... NICHT der Fahrer wie in Frankreich ein entsprechendes Bußgeld berappen.... sähe es wesentlich besser aus....
Jetzt zum Verhalten im Verkehr...
Es gibt sowohl unter den LKW-Fahrern rücksichtslose Rüpel , aber ebenso sehr verantwortungsbewußte Menschen , genauso bei den PKW-Fahrern...
Das Dilemma mit den Elefantenrennen ist folgendes:
Es ist ein gesetzlicher Mindestabstand bei LKW von 50 Metern vorgeschrieben...
wenn ich mit dem LKW bei diesem Abstand auf die Überholspur gehe, bin ich wegen Verkehrsbehinderung drann... also zieht man bis auf einen Abstand von ca. 20 Metern an den Vordermann heran...
werde ich dann jedoch bei einer Abstandskontrolle geblitzt... gibts Punkte und Bußgeld....
wenn ich dann nicht auf die Überholspur kann, muß ich runterschalten, was bedeutet, gewichtsbedingt, daß ich wieder zurückfalle und entsprechend lange brauche, bis ich wieder überholen könnte....
Und am Berg, wo es mit 600 PS nur Sekunden dauern würde an einem schwächer Motorisierten Kollegen , der vielleicht nur einen LKW mit 120 PS fährt, zu überholen, ist dann ein LKW-Überholverbot...
Bergab wird dann die Kiste im Leerlauf runtergejagd so daß man nicht hinterherkommt...
In der geraden wird dann oft in die Trickkiste gegriffen und der Begrenzer abgeschaltet....
d.h. für den überholenden, daß der Überholvorgang an sich unnötig verzögert wird... z.t. weil auch unter den LKW-Fahrern mir persönlich unverständliche Rivalitäten herschen....
Insgesammt wünsche ich mir, daß sowohl LKW- wie auch PKW - Fahrer mehr Verständnis für die jeweilige andere Seite aufbringen und mehr partnerschaftlicher im alltäglichen Verkehrsgeschehen miteinander umgehen...
Denn:
Kein LKW-Faher fährt nur so zum Spaß... sondern für uns alle... Ohne LKW ...keine Versorgung !
Und noch was um mal eine Ungerechtigkeit herauszustellen:
Ein LKW Fahrer fährt im Schnitt eine Jahreskilometerleistung von ca. 200.000 km .
Diese Leute sind sehr erfahrene Profis... ABER:
Da ist man am Freitag oder Samstag 2 Stunden von zu Hause weg und wird von der Polizei / BAG stillgelegt, weil man nach Hause möchte und deswegen die gesetzlich erlaubte Fahrzeit überschritten hat... (ist doch verständlich, wenn man oftmals mehrere Wochen nicht zu Hause war , oder ???)
Auf der anderen Seite:
Einmal im Jahr fahren die "Bürohengste" (ist jetzt nicht böse gemeint), mit Ihrem Caravan von Hamburg , non-stop an den Gardasee....
In der Regel nur mit sehr geringer Erfahrung im Gespannfahren.... verursachen Unfälle und sind oftmals ebenso übermüdet...
NUR:
Hier greift der Gesetzgeber nicht ein.... obwohl es sinnvoll wäre... ist denn ein aufgrund von Übermüdung verursachter Unfall seitens eines PKW - / Wohnwagengespann Fahrers weniger schlimm als wenn ein LKW - Fahrer einen Unfall verursacht ???
Meiner Meinung nach gehören ebenso die PKW-Fahrer auf Übermüdung usw. kontrolliert....
Nicht an allem sind immer die LKW´s schuld... auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen....
Und denkt drann: Trucker sind Partner...und Menschen wie Du und ich.... keine Feinde....
In diesem Sinne....
mfg ghostrider