MP3-Erfinder auf dem Weg zur Stereoanlage der Zukunft

RollerChris

R.I.P.
Ilmenau (dpa) - Karlheinz Brandenburg ist ein Mann für Visionen. Nachdem das von ihm erfundene Musikaustauschformat MP3 zu einer Alltäglichkeit für Millionen Internet-Surfer und Musik-Fans geworden ist, ist er der virtuellen Akustik, dem dreidimensionalen Klang, auf der Spur. «Wir werden ein Klangerlebnis ermöglichen, das einen Schritt bedeutet wie den von Mono zu Stereo», sagt Brandenburg, Leiter der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie (AEMT) Ilmenau in Thüringen.

Mit den fünf Kanälen der Dolby Surround-Technik sei heutzutage zwar eine sehr gute Klangwiedergabe möglich - «Voraussetzung ist aber, man sitzt im richtigen Abstand zu den Lautsprechern, die Lautsprecher haben den richtigen Abstand zur Wand und der Raum hat eine gute Akustik», zählt der Forscher die Einschränkungen auf.

Die Stereoanlage der Zukunft ist unabhängig von diesen Faktoren. Sie wird virtuelle Klangquellen in den Raum stellen können. «Stellen Sie sich vor, mitten in Ihrem Wohnzimmer gehen Sie um Ihre Lieblingssängerin herum. Sie hören sie, als würde sie direkt vor Ihnen stehen und singen», beschreibt Karlheinz Brandenburg seine Vision. Der Klang soll in jedem Raum originalgetreu wiedergegeben werden können. Der Hörer soll wahrnehmen können, wo welcher Musiker der Band oder des Orchesters gestanden hat.

Dafür setzt das Ilmenauer Forscherteam in der Zusammenarbeit mit neun Forschungseinrichtungen aus ganz Europa auf die so genannte Klangfeldsynthese. Diese Technik wurde an der Technischen Universität Delft erfunden: Durch eine große Zahl von Lautsprechern, die nebeneinander angeordnet sind, können räumliche Klangfelder wiedergegeben werden.

Individuell für den Raum, in dem die Stereoanlage der Zukunft steht, wird für jeden Lautsprecher ein entsprechendes Audiosignal erzeugt, berechnet durch integrierte Computer. Die Überlagerung der einzelnen Lautsprechersignale erzeugt ein Klangfeld, das dem des Konzertsaals oder Aufnahmestudios entspricht. Für diese neue Technologie wird eine spezielle Aufnahmetechnik entwickelt. «Ich werde mir dann aussuchen können, ob ich zu Hause in der 7. Reihe, Platz 18 im Musikvereinssaal Wien sitzen will - es wird originalgetreu klingen», sagt Brandenburg.

Probeweise ist die neue Klangdimension im Labor in Ilmenau schon zu bewundern. Der Besucher sitzt allerdings umringt von 48 Lautsprechern, die im heimischen Wohnzimmer kaum Platz auch nur für ein Regal lassen würden. «Unsere Forschungen gehen in Richtung Flachlautsprecher, Lautsprecher, die in Möbel eingebaut werden können oder in die Tapete integriert sind», erklärt der Wissenschaftler.

Er glaubt, dass noch etwa zehn Jahre vergehen, bis die Technik fertig entwickelt und für den Kunden bezahlbar ist. «Wir sind jetzt etwa in der Phase, in der wir mit MP3 Ende der 80er Jahre waren. Damals brauchten wir einen ganzen Schrank voll mit Technik, heute kann jeder Batterie betriebene Geräte mit sich rumtragen», sagt Brandenburg. Mit einer Profi-Anwendung für den 3D-Klang sei aber deutlich früher zu rechnen. «Noch in diesem Jahr installieren wir testweise die ersten Anlagen in Kinos», kündigt Projektleiter Thomas Sporer an.

Fraunhofer Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie: http://www.emt.iis.fhg.de
 
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