Agentur nimmt gebrauchte Websites in Zahlung

RollerChris

R.I.P.
Tausendfach angeklickt, abgenutzt, ausgefranst und verblichen -- wenn eine Homepage schon zu lange in Gebrauch ist, muss eine neue her. Oder der einstige Betreiber existiert möglicherweise gar nicht mehr, so mancher Internet-Auftritt eines ehemals hoffnungsvollen Dot.coms dümpelt nutzlos in den Weiten des Web vor sich hin. Alte oder nutzlos gewordene Homepages landen normalerweise auf dem virtuellen Schrottplatz. Doch damit sind die Daten aber nicht von gestern auf heute wertlos, meint eine Berliner Internetagentur. Vielmehr glaubt sie, dass abgelegte Homepages so manchen Datenschatz bergen.

Deshalb bietet die Skileon AG im Rahmen einer Aktion bis Ende Oktober einen Service, den es bei Autos, Rasierapparaten und anderen Maschinen schon seit einiger Zeit gibt: Sie nimmt Gebrauchtdaten in Zahlung und schlachtet sie aus. Geschäftsführer Nikolaus Gierszewski ist nämlich davon überzeugt, dass in den meisten Websites noch "ein paar 100 Euro" stecken: "Auch wenn sie insgesamt nicht mehr up to date sind, verbirgt sich doch in ihrem Innenleben so manches wertvolle Detail, das sich weiterverwenden lässt. Denken Sie an Bildrechte, Designs oder programmierte Tools wie Formulare!"

Deshalb werden die Daten von einem Experten intensiv inspiziert und ihr Wert taxiert. Dieser liegt nach Einschätzung der Berliner Agentur meist im dreistelligen Euro-Bereich. Die Kunden, die ihre alte Website in Zahlung geben, um die Skileon AG mit der Gestaltung eines neuen Auftritts zu beauftragen, finden das Angebot aber angeblich nicht nur wegen des Geldes attraktiv. Vielmehr begrüßen sie, dass ihre alte Homepage nicht sang- und klanglos im Datenhimmel landet. "Denn an jeder Investition hängt auch immer ein wenig Emotion", gibt sich Nikolaus Gierszewski mitfühlend.

So scheint allen geholfen: Sentimentalen Homepagebetreibern und der Skileon AG, die durch die originell klingende Aktion natürlich vor allem Neukunden anlocken will. Doch was macht die Berliner Agentur dann mit dem wiederaufbereiteten Datenmüll? Sie stellt sie auf Wunsch gemeinnützigen Organisationen und Vereinen kostengünstig zur Verfügung. Außerdem soll künftig ein Website-Museum einen Einblick in das aktuelle Angebot von Gebraucht-Sites bieten. "Besonders skurrile und eigenwillige Internet-Auftritte" sind deshalb vom Verkauf ausgeschlossen. Gierszewski glaubt nämlich, "dass die ersten Homepages aus der Zeit, als die Menschen surfen lernten, schon bald von unschätzbarem Erinnerungswert sind". (anw/c't)
 
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