[Boxen] Ottke mit famosem Dreier zum Volkshelden

RollerChris

R.I.P.
Ottke mit famosem Dreier zum Volkshelden

Leipzig (dpa) - Drei Kracher machten Box-Weltmeister Sven Ottke zum Volkshelden von Leipzig. Als erstes streckte er in der neu erbauten Arena der Messestadt seinen kanadischen Herausforderer Joe Gatti in der neunten Runde mit einer gewaltigen rechten Geraden zu Boden, dann verkündete der als geizig verschriene Karlsruher, 50 000 Euro für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe in Sachsen spenden zu wollen, und schließlich rief er sich noch als Olympia-Botschafter Leipzigs aus.

Düsseldorf und Stuttgart habe er abgesagt, denn «die Spiele 2012 müssen in Leipzig stattfinden. Die Menschen hier brauchen ein Ziel», ließ er das Publikum wissen. Danach stand die Halle kopf. Rund 6500 Zuschauer - laut Promoter Wilfried Sauerland sollen es gar 8200 gewesen sein - riss so viel Anteilnahme von den Sitzen. Sie stiegen auf selbige und skandierten unaufhörlich «Svennie, Svennie», warfen ihrem Helden Kusshände zu, und manch einer wischte sich verstohlen Tränen aus den Augenwinkeln.

«Die meisten», gestand der aus Berlin-Spandau stammende Supermittelgewichts-Champion der International Boxing-Federation (IBF), «wissen gar nicht, wo ich herkomme. Ich fühle mich in den neuen Bundesländern pudelwohl. Die große Herzlichkeit, die Anteilnahme hier drüben ist so stark, man schwebt wie auf einer Wolke.» Da der 35-Jährige bereits die Magdeburger Bördelandhalle zu seinem Wohnzimmer erklärt hat, muss er sich für die Arena in der Sachsenmetropole neues Kuschel-Vokabular einfallen lassen. Sauna wäre vielleicht angebracht, denn bei den tropischen Temperaturen in der nicht klimatisierten Blech- und Stahlkonstruktion kamen nicht nur die Faustkämpfer in Atemnot.

Anders als erwartet hatte Ottke bei seiner 15. Titelverteidigung Schwerstarbeit zu verrichten. Der an Position 15 der Weltrangliste geführte Gatti trieb den Champion in den ersten fünf Runden im Eilzug-Tempo und mit druckvollen Schlägen durch den Ring, dass Coach Ulli Wegner schon angst und bange wurde. «Da habe ich ein bisschen Aufregung verspürt», verriet der Trainer. «Aber wie er dann den Kampf an sich gerissen hat, war bewundernswert. Ottke sei reifer, sicherer geworden. «Jetzt boxt er fast wie ein Professor. Er hat eine Sonderstellung in der Welt», schwärmte Wegner und fügte hinzu: «Svennie wird immer populärer, sein Trainer immer ehrgeiziger.»

Bei so viel Freude wollte sich auch Chef Sauerland nicht lumpen lassen und packte verbal zwei Millionen Euro auf den Tisch. Die darf WBO-Weltmeister «Tiger» Dariusz Michalczewski einstecken, wenn er sich einem Kampf mit Ottke stellt. Der Karlsruher würde für das Duell ins drei Kilo höhere Halbschwergewicht aufsteigen. «Einzige Bedingung ist das Wiegen am Kampftag und nicht wie üblich am Vorabend», sagte Sauerland, der anderenfalls bei Michalczewski «das große Fressen» und damit Gewichtsvorteile befürchtet. In dem Duell soll es um Prestige und Geld, nicht aber um WM-Titel gehen. An eine Einigung der übertragenden TV-Anstalten (Ottke/ARD, Michalczewski/ZDF) glaubt Sauerland fest. «Die beiden können gut miteinander.»
 
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