Symphonie in Diesel...

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Symphonie in Diesel

Manchesmal, wenn ich auf der Autobahn die Schmerzgrenze der Radarfallen teste, brauche ich gar keinen Radio mehr, den die Symphonie die mein Auto von sich gibt, hätte sogar einen Mozart zu Stücken inspiriert. Es beginnt eigentlich schon beim Starten mit einem Tack-Tack-Tack meines Diesel-Motors, das, manche Mitfahrer behaupten es jedenfalls, nach Bitte-mehr-Öl klingt.
Wenn ich dann mit dem ersten Gang die Schmerzgrenze von 40 km/h erreicht habe kommt zu dem Tack-Tack-Tack noch ein Huuuiii dazu. Um die Harmonie beizubehalten wird jeder Gang auf sein Maximum beschleunigt. Richtig interessant wird es aber erst bei circa 70 Stundenkilometer, hier beginnt das erste Hauptinstrument der Symphonie, das Handschuhfach, einem Metronom gleich, mit seinen regelmäßigen Taktschlägen. Ein sanftes Vibrieren, das aber noch immer die einzelnen Schläge erkennen läßt. Ab diesem Zeitpunkt mischt sich auch noch ein weiteres Instrument ein. Eine Colaflasche die ich noch von dem Vorbesitzer übernommen habe. Er wußte leider nicht damit umzugehen und so legte er sie quer zum Auto auf den Boden vor dem Beifahrersitz.
Diese Stellung dieses höchst heiklen Instruments mag zwar einige schöne Töne beim Beschleunigen und Bremsen von sich geben, doch nur wenn die Flasche längs zum Auto liegt kann man das volle Potential ausnutzen. Nie geahnte Nuancen, die einem Kunstkenner, wie mir, ein erstauntes „Holla“ entlockt.
Durch Zufall ist es mir aber gelungen, der Colaflasche noch weitere entzückende Oktaven zu entlocken. Eines Tages war ich wieder einmal auf der Autobahn unterwegs und lauschte eine kleinen Arie in Fis, die mir meine Colaflasche vortrug, als ich, der Durst ließ es nicht anders zu, bei einer Raststätte anhielt und mir, entgegen meiner umweltfreundlichen Prinzipien, ein recht erfrischendes Getränk in einer Dose kaufte. Irgendwann während der weiteren Fahrt kam der Zeitpunkt an dem diese Dose leider keinen erfrischenden Inhalt mehr in meinen Mund überführte und so zerdrückt ich die Dose und warf sie, wie ich es auch mit meinen anderen Abfällen zu tun pflegte, auf den Boden vor dem Beifahrersitz.
Was dann passierte kann in seiner Wichtigkeit nur mit dem Apfel von Isaac Newton verglichen werden.
Mein Apfel war eine Dose.
Die Umhüllung dieses recht erfrischenden Getränks prallte auf meine Flasche und erzeugte ein „Ping“ das mich hellhörig werden ließ. Da ich leider nur diese eine Dose in dem Moment zur Verfügung hatte, konnte ich diese musikalische Impression, nur durch mehrmaligen abrupten Spurwechsel auf der Autobahn, wiederholen.
Inzwischen bewegte ich mich in den höchsten Sphären musikalischer Glückseligkeit. Zum Tack-Tack-Tack meines Dieselmotors, kam das Tenor-Huiii des 3. Ganges mit 120 kmh und das beruhigende Klapper-Vibrieren des Handschuhfaches. Zwischenzeitlich schalteten sich auch meinen Autotüren mit einem Ratter-Intermezzo ein. Und das alles wurde überschattet von meinen beiden Solisten, der Colaflasche und der Getränkedose ohne den höchst erfrischenden Inhalt.
Als ob Sie es gehört hätten, schalten nun auch die Autobahngendarmen, die schon seit 15 Minuten hinter mir fuhren, mich aber wegen meines musikalischen Fahrstils nicht überholen konnten, ihre Sirene ein. Ein höchst überraschender Schachzug für den Höhepunkt meines ersten Meisterwerks. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, begann ich, höchst rythmisch und doch unvorhersehbar meine La-Cucaraca-Hupe zu betätigen. Zum Abschluß beschleunigt ich mein Auto, weiterhin ständig spurwechselnd, auf 180 kmh, einer nie geahnten Geschwindigkeit, und fuhr, unter tosendem Applaus meiner Rückbank, gegen die Leitplanke.
Während ich mich mehrere Meter über dem Boden einige Male überschlug, entwich die Luft, mit einem illustren „Pfffffff“ aus meinen platzenden Reifen. Nach 8 Sekunden erreichte mein Auto mit einem lauten Tschingbumm in G-Moll den Boden.
Die Sirenen der herannahende Feuerwehr mischten sich nun mit der inzwischen stehengebliebenen Gendarmerie zu einem lautstarkem Tonerlebnis, zu dem die leisen “Hilfe“-Rufe meiner nicht sehr geübten Alt-Stimme nicht mehr als eine peinliche Untermalung darstellte. Ich stoppte also diese Rufe und konnte mit letzter Kraft die glühend heiße Colaflasche und die erfrischende Getränkedose erreichen um das abschließende „Ping“ zu fabrizieren.
!!!Welch ein Musikerlebnis!!!
:angel

Greetinx
 
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