[WM 2002] WM-Gastgeber im Freudentaumel

AlterKnacker

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WM-Gastgeber im Freudentaumel

Wer hätte das gedacht? Die WM-Gastgeber Japan und Südkorea sind als Gruppensieger souverän ins Achtelfinale eingezogen. Beide Länder befinden sich kollektiv im Freudentäumel, die Fans träumen vom Finale...

Premier Junichiro Koizumi weinte vor Rührung, in Tokio legten Fahnenschwinger den Verkehr lahm, in Osaka sprangen 500 Fans von der Brücke in den Dotombori-Kanal, Trainer Philippe Troussier soll als erster Ausländer mit dem "Orden des Volkes" ausgezeichnet werden - und Brasiliens ehemaliger Weltstar Zico heizt das Fußballfieber in Japan nach dem Einzug in die Runde der letzten 16 noch weiter an.

"Der Durchmarsch ins Halbfinale muss kein Traum bleiben", schrieb der 49-Jährige in seiner Kolumne für "Nikkan Sports". "Die Türkei ist am Dienstag ebenso zu schlagen wie Schweden oder Senegal im Viertelfinale." Aber auch für alle anderen Zeitungen war der Fußball-Himmel strahlend blau: "Die Boys in Blau marschieren weiter", schrieb das 15-Millionen-Blatt Yomiuri, "Das Tor zu den Träumen ist geöffnet" titelte Nihon Keizai - natürlich in knallblauer Schrift.

Japans Premier Koizumi war nach dem Triumph ganz aus dem Häuschen: "Ist es Ihnen nicht auch ganz heiß ums Herz geworden, haben Sie bei den Toren nicht auch geweint?", fragte er in die Fernsehkameras hinein und bekannte: "Ich jedenfalls hatte Tränen in den Augen." Ob er damit Trainer Philippe Troussier in der Beliebtheit einholen kann, ist allerdings mehr als fraglich: "Er ist wirklich ein weißer Magier", schrieb "Mainichi Daily" über den 49-Jährigen, der nach der WM 1998 von Südafrika nach Japan wechselte.




Südkorea: Hiddink bremst Euphorie

Die Fans träumen bereits vom Finale, aber der Trainer tritt auf die Euphorie-Bremse. Nach dem erstmaligen Einzug in ein WM-Achtelfinale ist die Erwartungshaltung im Land des Mit-Gastgebers Südkorea fast ins Unermessliche gestiegen.

"Einige erhoffen jetzt Unmögliches. Die Erwartungen sind riesig", stellte der zum National-Helden avancierte Erfolgscoach Guus Hiddink vor dem Duell mit dem dreimaligen Weltmeister Italien fest. Millionen Fans feierten bis in die Morgenstunden den 1:0-Erfolg der "Roten Teufel" gegen Portugal. Für einige war die Aufregung zu viel: Sie fielen in Ohnmacht oder litten unter Atembeschwerden und Herzrasen. In Seoul mussten 72 Menschen in Krankenhäusern behandelt werden. Auf den Straßen fielen sich fremde Menschen um den Hals, viele brachen in Freuden-Tränen aus. "Ich war noch nie so glücklich", sagte ein Mann in Seoul, wo 400 000 Fans die Innenstadt verstopften. Die meisten von ihnen glauben nun fest an weitere Überraschungen ihres Teams.

Auch in der Mannschaft herrscht Optimismus. Die "Squadra Azzurra" wird zwar als stark eingestuft, aber nicht als unbezwingbar angesehen. "Wir können ins Viertelfinale kommen", meinte Kapitän Myung-Bo Hong. "Mit der richtigen Einstellung können wir auch Italien schlagen", ergänzte Ji-Sung Park, der mit seinem Treffer das vorzeitige WM-Aus der favorisierten Portugiesen um Weltfußballer Luis Figo besiegelt hatte.

Entsprechend euphorisch rauschte es am Samstag durch den Blätterwald. "Es ist der schönste Tag seit der Unabhängigkeit Koreas. Nach 48 Jahren haben wir endlich Fußball-Geschichte geschrieben", schrieb die Zeitung "Sportsseoul". Und "Daily Sports" stellte fest: "Es ist ein Traum! Wir haben es wirklich geschafft. Der koreanische Fußball, der immer am Rande stand, ist in die Mitte gerückt."
 
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