Information Schatten

chmul

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Doch doch, ich bin es: chmul, Schatten meiner selbst.

Für das Verständnis der folgenden Zeilen, muss ich ein paar Vorbemerkungen machen. Ich bin kein Tierfan und dennoch teile ich das Haus mit drei Tieren. Einer Katze, einem Hund und einer weiteren Katze (in der Reihenfolge ihres Einzugs). Katze und Hund kommen miteinander klar d.h. sie ignorieren sich. Weitere Katze hingegen hat entschieden, dass die althergebrachte Rollenverteilung zwischen Hund und Katze nicht mehr zeitgemäß und damit überholt sei.

Der Hund - diesbezüglich eher konservativ - machte bei einem der ersten Kontakte der beiden den Fehler, der neuen Katze nicht mit der gebotenen Höflichkeit zu begegnen. Die Katze hatte vermutlich eh einen schlechten Tag erwischt und reagierte, objektiv betrachtet, etwas zu harsch. Daraus resultierte eine wilde Hetzjagd durch das Wohnzimmer, mit dem Hund als Gejagtem und der Katze als Jäger. Aus diesem Grunde wird die Katze bei uns KillerCat genannt, obwohl sie noch einen bürgerlichen Namen hat.

Dieser gar nicht mal so kleine Vorfall hatte weitreichende Folgen, doch dazu gleich mehr.

Wir leben in einem Haus mit drei Stockwerken. Oben unter dem Dach befindet sich unser Schlafzimmer, darunter je ein Zimmer für die beiden Kinder, Bad, WC und ein Arbeitszimmer. Unten dann Wohnzimmer, Küche, Waschküche. Das Dach ist suboptimal isoliert, weshalb es bei hohen Außentemperaturen auch hohe Innentemperaturen gibt. Sobald es abends also etwas abkühlt werden die Tür zum Balkon und die beiden Dachfenster aufgerissen. Im Treppenaufgang gibt es noch ein weiteres kleines Dachfenster, das ebenfalls geöffnet wird. Allerdings nicht mit der Hand, weil es sich fast oben im Giebel befindet. Deshalb steht dort der Verlängerungsstiel eines dieser maßlos überteuerten Wunderreinigungssysteme. Mit dem kann man das Fenster öffnen und schließen.

Nach diesem zugegebenermaßen langweiligen Ausflug in meine Wohnsituation, kommen wir zurück zum gestörten Verhältnis zwischen Hund und KillerCat. Die unschöne Begegnung aus der Frühphase ihrer Beziehung hatte wie gesagt nachhaltige Folgen. Es führte nämlich dazu, dass der Hund sich nur noch äußerst vorsichtig durch die Wohnung bewegte. Es ist nicht gerade so, dass er mit dem Rücken an die Wand gepresst vorsichtig um die Ecken schaut, er vermeidet es aber offensichtlich dort zu sein, wo KillerCat ist.

Tagsüber interessieren mich die inneren Angelegenheiten der Tiere nicht, da bin ich im Büro. Nachts ist das etwas anderes. Da will ich nämlich schlafen. Außer meinem Schatz will ich dabei aber niemanden im Bett haben. Der Hund hat das begriffen, die Katzen nicht. Oder sie scheren sich nicht drum. Es würde mich nicht wundern hätten die Katzen mir nicht hin und wieder heimlich die Mittelkralle gezeigt, nachdem ich sie des Raumes verwiesen habe.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen kann die Schlafzimmertüre nicht geschlossen werden. Die Katzen sollen nicht ins Bett, der Hund muss vor KillerCat geschützt werden. Zudem müssen die Katzen nachts öfter mal raus. Diese Konstellation - und ich muss an dieser Stelle noch erwähnen, dass das nicht die einzige Situation ist, die uns einiges abverlangt. Allein die Fütterung der Tiere! Weil KillerCat fett und die andere Katze alt ist bekommen sie unterschiedliches Futter, wobei Seniorenkatzen- und Hundefutter immer gleich in Sicherheit gebracht werden muss, weil KillerCat den Spitznamen FatCat nicht zu Unrecht trägt - diese Konstellation also erfordert vor dem Zubettgehen strategische Maßnahmen.

Die untere Tür zum Treppenaufgang wird nämlich geschlossen. Damit haben Hund und ich Frieden und die Katzen können raus wann immer es ihnen beliebt. Soviel zur Vorgeschichte.
Es ergab sich nun in einer heißen Sommernacht, dass ich unten noch eine Flasche Wasser holen wollte und dabei entdeckte, dass KillerCat nicht wie geplant unten - also jenseits der Schutztüre - war, sondern sich auf dem Bett eines der Kinder räkelte. Anders als beim Hund scheint KillerCat akzeptiert zu haben, dass ich auf meiner Rolle beharre und nicht gedenke vor einem Fellknäuel einzuknicken. Ich ging also zum Bett, um die Katze nach unten zu scheuchen.

Es ging auch sofort abwärts, aber nicht nach vorne Richtung Zimmertüre, sondern nach hinten in die Zimmerecke. Ich bahnte mir also den Weg durch Berge von Klamotten, Handtaschen und Schuhen, um die Katze aus dem Zimmer zu treiben. Das gelang mir auch, allerdings flüchtete KillerCat dann nach oben ins Schlafzimmer. Aber nicht nur das, sie flüchtete unter das Bett, wo sie sich zwischen Aufbewahrungsboxen versteckte.

Nur unter - Hinweis für Tierschützer: vorsichtiger - Zuhilfenahme des eingangs erwähnten Stiels gelang es mir die Katze aus dem Schlafzimmer zu bekommen. Ich folgte ihr eine Treppe nach unten und folgte ihr auch eine zweite. Leider war die untere Türe geschlossen und wir hatten ein Problem. Die Katze konnte die Türe nicht selbst öffnen, das war klar. Aber ich konnte mich auch nicht so weit nähern, dass ich die Türe hätte öffnen können, ohne dass die Katze wieder nach oben abhaut.

Es erinnerte vermutlich ein wenig an "High Noon" wie wir uns da auf der Treppe gegenüberstanden. Außer, dass KillerCat eine Katze war, ich im Pyjama unterwegs war und wir beide - glücklicherweise, wie ich einwerfen möchte - keine Revolver trugen. Sei's drum, ich machte den Schritt zur Türe und die Katze flitzte an mir vorbei nach oben. Aber immerhin war die Türe jetzt offen.

Und KillerCat wieder in dem Zimmer, wo alles angefangen hatte. In einem Film hätte ich jetzt einfach den Anfang kopiert und wieder eingefügt. Im echten Leben - hatte ich schon erwähnt, dass wir von der Zeit um Mitternacht sprechen? - machten wir beide alles nochmals durch. Sie runter vom Bett (falsche Richtung), ich vorbei an Jacken und Stapeln von Wäschekörben auf die Rückseite des Bettes, die Katze wieder hoch ins Schlafzimmer, Stiel, Katze raus, dieses Mal Türe zu, Katze wieder ins andere Zimmer, dieses Mal auch unters Bett, ich dann auch (mangels Stiel) und dann endlich Katze nach unten.

Nachdem KillerCat endlich dort war wo sie sein sollte, schloss ich die Türe, lehnte mich an selbige, rutsche an selbiger zu Boden und brach in Tränen der Erleichterung aus. OK, das war gelogen, aber ich war wirklich froh endlich ins Bett zu kommen.

In einem von der Sonne mächtig aufgeheizten Dachzimmer einzuschlafen ist schon schwierig genug. Wenn man gerade ein zwanzigminütiges Duell mit einer Katze über drei Stockwerke hatte und dementsprechend ins Schwitzen geraten ist, wird das Einschlafen fast unmöglich, weil man das Gefühl hat gekocht zu werden.

Irgendwann übermannte mich der Schlaf dann doch noch. Allerdings war es mir nicht vergönnt längere Zeit zu ruhen. Gefühlt dreißig Sekunden nachdem ich eingeschlafen war, begann es zu regnen. Ich stand also wieder auf, schloss die beiden Dachfenster im Schlafzimmer, ging ins Treppenhaus, um das kleine Dachfenster zu schließen, ging wieder zurück ins Schlafzimmer, um den Stiel zu holen, der noch unter dem Bett lag und schloss dann am Ende noch die beiden Dachfenster im anderen Zimmer, nachdem ich mich ein drittes Mal durch allerlei Klamotten, Taschen und Schuhe geschlängelt hatte.

Es ist vermutlich müßig zu erwähnen, dass der Regen schon wieder aufgehört hatte, bis ich wieder oben war. Das merkte ich aber erst als ich schon lag. Aber ich war nach dieser Anstrengung eher gewillt den Hitzetod zu akzeptieren als nochmals aufzustehen. Und so saß ich also am nächsten Tag im Büro, mangels Schlaf ein Schatten meiner selbst. Und mit Schatten unter den Augen.

Ach ja, mein Schatz, die Frau also, die für die Aufnahme der Tiere im Haushalt und damit direkt für alle direkt und indirekt dadurch ausgelösten Katastrophen verantwortlich ist, bekam von alledem nicht das Geringste mit, zeigte sich aber sehr amüsiert, als ich ihr mein Leid klagte.
 
Warum schreibst Du nur so realistisch, ich bin beim Lesen in Gedanken dauernd treppauf treppab gelaufen.
Das ist nichts für einen alten Menschen.:angel

Danke für die schöne Schilderung aus Deinem Leben mit diversen Haustieren.
Gut, dass wir nur einen alten, nicht mehr so springfreudigen Hund haben.
 
Ich stelle mir gerade den auf Filzpantoffeln leise durch das Haus schleichenden @chmul vor, der schwitzend bei seiner Verfolgungsjagd jeden Atemzug vermeiden will, um nicht die schlafende Meute zu wecken.
Dabei hüpft er sanft über alle Hindernisse und ist am Ende fix und alle, wenn er endlich wieder schweißgebadet ins Bett fällt.

Nun da gibt es sicher auch andere ähnliche nächtliche Aktivitäten, bei der die Frau vermutlich nicht sagen könnte, sie hätte nichts mitbekommen. :ROFLMAO:

Einfach lesenswert. ;)(y)
 
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