Ich rege mich nicht auf, finde es aber trotzdem verwerflich. Andererseits habe ich bis ins Abi auch immer mit Spickzetteln gearbeitet. Das ist am Ende auch nichts anderes als Betrug. Dazu stellt sich immer auch die Frage nach dem Umfang des Betrugs. Wurde die ganze Arbeit von einem Dritten geschrieben, habe ich Teile anderer Arbeiten ohne deren Wissen übernommen oder habe ich ein paar Quellenangaben "vergessen"?
Ein weiterer Aspekt ist die Relevanz. Wenn einer bei der Berufsschulprüfung zum Metzergeselle geschummelt hat und später Redakteuer bei der Lokalzeitung wird, hat das für mich einen anderen Stellenwert, als wenn einer beim Medizinstudium betrügt und hinterher Rückenmarkstransplantationen vornimmt.
Ich bin geneigt zu sagen, dass ich es akzeptabel finde, wenn einer sich solcher Tricks bedient und dann hinterher einen guten Job macht. Und mir ist bewusst, dass so einer unter Umständen jemanden den Job wegnimmt, der ehrlich war, aber vielleicht ein bisschen schlechter abgeschnitten hat.
Spitzenpolitiker müssen nicht unbedingt in ihrem Ressort studiert haben, um ihre Arbeit gut zu machen. Ich habe noch nie jemanden gewählt, weil er einen Dokortitel hat oder jemanden nicht gewählt, weil er "nur" eine Lehre hat.
Eine Schwalbe beim Fußball, der Versicherungsbetrug, weil das Kind meines Freundes mein iPhone auf den Boden fallen ließ oder der Politiker, der seine Doktorarbeit nicht so geschrieben hat, wie es hätte sein sollen. Alles falsch, alles verwerflich. Für mich teilweise nachvollziehbar, teilweise mit deutlicher Ablehnung bedacht. Alle aber in der Kategorie "Ich habe andere Sorgen".