Diskussion Der Brexit, das Desaster darf seinen Lauf nehmen

Gamma-Ray

Moderator
Teammitglied
Klasse, mit dem Referendum der Briten ist das kommende Desaster perfekt in der EU.

Wie spaltet man ein Land? Man lässt es über etwas abstimmen, worüber die meisten
Menschen keine Ahnung haben. Politik auf Stammtischniveau.

Und Leute wie Donald Trump finden das auch noch gut, weil ist ja klar, ein schwaches
Europa kann diesem A. nur recht sein.
Seine Parolen sind allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau.

Aber abgestimmt hat er ja nicht, sondern die Briten. Und wenn man keine Probleme
hat, dann macht man sich welche.

Es ist alles gesagt, nur noch nicht von allen. :)

Quelle u.a.
 
Hatte auch schon überlegt, einen Thread aufzumachen. Danke dafür.

Ich habe immer gedacht, die werden schon nicht austreten. Jetzt ist die Katerstimmung da und es werden spannende Wochen, Monate, vielleicht Jahre werden.
 
Ich finde es grundsätzlich legitim, dass ein Staat einem Bündnis wie der EU auch den Rücken kehren kann. Das allerdings von Volksentscheiden abhängig zu machen und dann auch noch in einer Zeit, in dem viele Menschen wegen diffuser Fremdenangst nicht mehr klar denken können. Ich halte die europäische Idee für gut und richtig, auch wenn wir viel bezahlen und dazu noch Rechte an Brüssel abtreten.

Nichts ist schlimmer als viele Einzelstaaten, die ausschließlich auf die eigenen Interessen schauen. Gerade das Flüchtlings- oder Migrationsproblem wird ein Staat alleine nicht lösen können.

Hinzu kommt, dass die EU den Briten nun deutlich wahrnehmbar die kalte Schulter zeigen und ein Exempel statuieren muss, damit anderen Staaten gleich der Wind aus den Segeln genommen wird. Aus Holland, Frankreich und Deutschland kommen schon entsprechende Kommentare von rechts. Man darf sich da aber kein falsches Bild machen. Diese Tendenzen werden nicht bei der EU halt machen. Erst zerfällt die EU und dann sind die einzelnen Staaten dran. Dann werden nicht nur die Basken wieder Aufwind haben, sondern auch irgendwann die Bayern ernst machen. Das ist für mich wirklich ein Horrorszenario.

Noch bin ich optimistisch, dass es so weit nicht kommen wird, aber wohl ist mir bei der ganzen Sache nicht.
 
Ich bin mir sicher, dass die Folgen des Brexit für die Briten sehr viel schlimmer sein werden als für die restliche EU.
Weiterhin werden Schottland und Nord-Irland wahrscheinlich in der EU bleiben wollen, als nächstes gibt es wohl ein neues Referendum zur Separation vom britischen Empire.

Falls das geschieht, verliert England sowieso einen großen Teil des Einkommens vom Londoner Börsenstandort (laut einigen britischen Quellen 6% des Bruttosozialproduktes) und mit Schottland und Nord-Irland mindestens weitere 20%. England wird sich im schlimmsten Fall in weniger als 10 Jahren zu einem Dritte-Welt-Land im Herzen Europas entwickeln.

Mein Mitleid mit den Briten hält sich aber in sehr engen Grenzen, vielleicht ist ihr Nutzen als abschreckendes Beispiel für den Rest der EU sogar von größerem Nutzen als es ihr Verbleib in der EU jemals sein könnte. ;)

Möglicherweise werden manche Mitgliedsstaaten sogar vom britischen Brexit profitieren.
Natürlich werden auch einzelne deutsche Firmen unter dem Brexit leiden, wenn deren Hauptmarkt England ist wird das sicherlich schwerer werden.

Das beispielsweise die Frankfurter Börse schon Szenarien in der Schublade hat, um den Börsenstandort Frankfurt aufzuwerten, kann man als sciher betrachten.
In Frankfurt steht derzeit einiges an Bürofläche leer, da könnte man sicherlich auch recht kurzfristig einigen Interessenten etwas anbieten.

Die Holländer fahren innenpolitisch bezüglich des britischen Brexit wohl einen knallharten Kurs nach dem Motto: keine Zugeständnisse an die Briten und besser heute als morgen raus mit denen aus der EU.
Die Franzosen scheinen ähnlich zu ticken.

Ich vermute, falls die britische Politik darauf spekuliert hat, nach dem Volksentscheid für einen Brexit weitere Zugeständnisse aus der EU heraus zu holen und dann vielleicht doch Mitglied zu bleiben, werden sie auf wenig Entgegenkommen stoßen.

Und anders geht das auch nicht, sonst könnte z.B. Deutschland als der mit weitem Abstand größte Nettozahler in der EU ja den gleichen Kurs fahren (wenn wir nicht solche Weicheier wären :D).
Zumindest den Franzosen traue ich aber zu, dass sie dann ähnlich handeln würden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Bundesregierung spricht zwecks Schadensbegrenzung schon von einem angestrebten Assoziierungsstatus für Großbritannien und ich denke, darauf wird es letztendlich auch hinaus laufen. Der Schweiz und Norwegen geht es damit bekanntlich nicht schlecht. Sie haben die wichtigsten Vorteile einer EU-Mitgliedschaft und ersparen sich die Nachteile sowie unsinnige Gesetze der Eurokraten in Brüssel.
 
Die Bundesregierung spricht zwecks Schadensbegrenzung schon von einem angestrebten Assoziierungsstatus für Großbritannien und ich denke, darauf wird es letztendlich auch hinaus laufen. Der Schweiz und Norwegen geht es damit bekanntlich nicht schlecht. Sie haben die wichtigsten Vorteile einer EU-Mitgliedschaft und ersparen sich die Nachteile sowie unsinnige Gesetze der Eurokraten in Brüssel.
Die Schweiz und Norwegen waren aber vorher keine EU-Mitglieder.
Ich halte jedes Entgegenkommen den Briten gegenüber für einen fatalen und nicht wieder gut zu machenden Fehler.

Man muss das Zeichen setzen, dass natürlich jeder raus aus der EU kann und darf, wenn er das will.
Es muss aber auch klar sein, dass man dann eben draußen ist (und bis auf weiteres auch draußen bleibt). Egal ob es drau0en regnet oder schneit.
Und egal, ob man seine Entscheidung vielleicht nächstes Jahr zutiefst bereut.

Wenn die Briten nach dem Brexit eine Sonderbehandlung bekommen und hinterher alle Vorteile der EU und keinen der Nachteile (einschließlich der Beitragszahlung) haben, wären z.B. die Franzosen doch doof, wenn sie nicht genau das Gleiche machen würden.
Oder die Deutschen (aber wir sind wohl wirklich zu doof dafür).

Es muss auch klar sein, dass mit jedem Nettozahler, der so eine Entscheidung trifft, die Last der verbleibenden Nettozahler größer wird.
Ich gehe nicht davon aus, dass man den Kuchen in kleinere Stücke teilt, wenn er kleiner wird.
Die ganzen bruttozahlenden Agrarstaaten (die der EU seit Jahrzehnten auf der Tasche liegen) werden nicht willens sein, auf irgend etwas zu verzichten.

Und so wie unsere Bundesregierungen in den letzten 20-30 Jahren alle drauf waren, wird dann der deutsche Anteil am EU-Haushalt (der jetzt schon mit Abstand der größte ist) eben noch größer werden. Muss der deutsche Michel seinen Gürtel halt etwas enger schnallen.

So leid es mir für die Briten tut, aber man muss mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen leben.
 
Die Bundesregierung spricht zwecks Schadensbegrenzung schon von einem angestrebten Assoziierungsstatus für Großbritannien und ich denke, darauf wird es letztendlich auch hinaus laufen. Der Schweiz und Norwegen geht es damit bekanntlich nicht schlecht. Sie haben die wichtigsten Vorteile einer EU-Mitgliedschaft und ersparen sich die Nachteile sowie unsinnige Gesetze der Eurokraten in Brüssel.

Wie man es nimmt - die Assoziierung bedeutet letztlich, dass man sich doch an die EU-Richtlinien halten muss, aber selber keine Einflussmöglichkeit mehr auf selbige hat.
So gesehen eine Lose/Lose Situation. Die Möglichkeit der Förderungen aus EU-Mittelns fallen im öffentlichen Sektor weg, was ein Problem für manche mittlere oder kleinere Universität werden dürfte. Da die Briten durch den Rabatt eh weniger als andere Staaten gezahlt haben, dürfte es sich finanziell nicht für sie lohnen.

Aber, wenn die Briten uns verlassen wollen, sag ich mal farewell!
 
Aber, wenn die Briten uns verlassen wollen, sag ich mal farewell!

Dem stimme ich voll zu!
Dieser Volksentscheid kann so nicht akzeptiert werden. Da könnte ich mir vorstellen, da werden so einige versuchen, aus dem "Vereinigten Königsreich" auszusteigen.
Dabei denke ich an Schottland, Wales, Gibraltar usw.
Für diese Landesteile wird es um so schwerer.
Wie würde es hier aussehen, wenn z.B. einzelne Bundesländer aussteigen könnten?
Dann kehren wir ins Mittelalter zurück.
 
Ich habe gerade mal danach gegoogelt, dass Referendum ist nach britischem Recht für die Regierung tatsächlich nicht bindend.
Das Parlament kann also machen was es will und das Referendum ggf. auch einfach ignorieren.

Falls es das macht war das Ganze ohnehin nur ein peinliches Schmierentheater und man kann die Inselaffen in Zukunft noch weniger ernst nehmen als bisher.
 
Ich kann nachvollziehen, wieso so viele Briten die EU sehr kritisch betrachten. Bei dieser Wahl habe ich jedoch viel eher das Gefühl, das hier eine Menge Protestwähler am Start waren, die schlicht "ich bin gegen die EU - richtig Begründen kann ich das aber nicht" sind. Zudem kommt es mir so vor, als würde besonders in der ländlichen Bevölkerung noch häufig dieses alte 'Empire-Gefühl' vorherrschen. Nach dem Motto: Wir waren Weltmacht ohne fremde Hilfe, wir brauchen die anderen nicht, wir sind noch immer riesig und mächtig.

Zwar ist das Commonwealth Realm relativ groß, hat jedoch nichts weiter mehr mit dem Stammland England zu tun. Ich gönne durchaus jedem Staat so seinen eigenen Nationalstolz, aber das mit dem riesig und mächtig ist bei vielen Staaten eben nicht mehr gegeben. Sich dieses zurückwünschen zu wollen und nun rumzujammern, wie toll doch die Vorfahren waren, geht schlicht an der aktuellen Realität vorbei.

Zumindest kann ich mir das nur so erklären.

2014 hatte ja Schottland bereits einen Versuch gestartet sich von England zu lösen. Jetzt kann man schon hören, wie sie dies erneut in die Wege leiten wollen. Irland zwar auch, aber bei den Schotten wird es den Engländern besonders weh tun, da die meisten der britischen Ölquellen im schottischen Hoheitsgebiet liegen. Wenn diese die Abspaltung schaffen, dann hat sich das mit der englischen Erdölförderung so ziemlich erledigt.

Aber auch was so diverse andere Zugeständnisse der EU an England angeht, war der normale "Austritt aus der EU" Wähler anscheinend so voll nicht auf der Höhe. Wie gesagt, ich vermute hier falschen Nationalstolz und einfach eine 'Bin gegen die EU Haltung', aber vielleicht gab es auch schlicht viel zu wenig Aufklärung von Seiten der Politik. :weissnix

Ähnlich wie Grainger habe ich was England angeht eher wenig Mitleid. Das Volk hat beschlossen!... tja, dann wird es auch erst einmal bluten müssen. Und bluten tut es schon und wird dies in nächster Zeit auch noch mehr. Schon alleine Aufgrund der Abwanderung der EU-Institutionen aus diesem Land.
Vorhin im Video-Text gelesen: Knapp 10.000 Stellen in Frankfurt erwartet. Dementsprechend werden diese Stellen natürlich in England/London abgebaut werden. Zehntausend Stellen bedeuten eine immense Kaufkraft. - Alleine um diese 10.000 zu versorgen, können wir zwischen 1.000 und 5.000 neuen Stellen rechnen. - Und auch diese Zahl wird in England weniger werden.
(Ist in etwa vergleichbar mit einem Militärstandort. Menschen mit Geld bedeuten immer auch einen Zuwachs der Infrastruktur.)

Selbst wenn das Parlament laut Graingers Recherche diese Abstimmung ignoriert, so werden doch diverse Investoren aus England abwandern. Nichts schreckt die einfachen Geldgeber mehr ab als unsichere Verhältnisse.

Eine "Katastrophe" wie in Griechenland erwarte ich dagegen eher nicht. England hat sich durch ihre eigene Währung die Möglichkeit bewahrt, eigenes Geld zu drucken. Etwas, was die Griechen durch die Übernahme des Euro nicht mehr konnten.
Das selbst bei einer hohen Verschuldung oder sogar bei einer gigantischen Verschuldung das mit dem Gelddrucken funktioniert, sehen wir seit Bush Junior in Amerika. Deren Verschuldung ist höher als die von Europa, Asien, Südamerika und dem mittleren Osten zusammen......und keiner beschwert sich.?.... aber ich schweife ab.

Mir fehlen für eine ordentliche Analyse der Situation nun so einige Daten und Fakten, da ich mich vor ein paar Monaten ziemlich aus dem Internet ausgeklinkt habe, aber so im Großen und Ganzen - sofern man nicht noch irgendwo ein Schlupfloch findet - hat die dumme Bevölkerung und die, mit die mit dem vergangenen Nationalstolz das Ende dieser kleinen Insel eingeleitet.

Finde ich persönlich sehr spannend! Den Untergang einer Weltmacht zu erleben, bekommt man nicht alle Tage.


So ganz persönlich tut es mir sehr Leid die Bevölkerung. Ist ein knappes Ergebnis, die Folgen werden besonders die unteren Schichten der Bewohner tragen müssen.
Erfahrungsgemäß sind gerade die Schichten so ab der Hälfte und dann nach unten bei einer Volkswahl die Ausschlagsgeber.
Zwar sagt sogar das Gesetz hier in Deutschland wohl: "Dummheit schützt vor Strafe nicht", aber wenn ein Staat es schlicht versäumt, die Vorurteile auszuräumen und die positiven Aspekte zu unterstreichen, dann wundert mich dies nicht.


Und Leute wie Donald Trump finden das auch noch gut, weil ist ja klar, ein schwaches Europa kann diesem A. nur recht sein.
Natürlich!
Gerade D.T. und alle seines Schlages haben schon immer von Unsicherheit profitiert. Solange die Schotten nicht abgestimmt haben ist England ein fantastischer Markt für absolute Risikopapiere!
Alleine um die Währung und den Kurs zu stützen, werden die Engländer jetzt schon ne Menge Hebel in Bewegung gesetzt haben. Wenn Schottland abspringt, dann wird zur Stabilisierung auch noch das letzte Tafelsilber, die letzten Inseln und wahrscheinlich die Queen versteigert werden.

Ab diesem Zeitraum wird es wahrscheinlich nur noch darauf ankommen, was England anbieten kann und ob sie ihre Verpflichtung erfüllen könnten. - Wenn Irland und Schottland dann schon ausgetreten ist, gibt es da dann nicht mehr viel. In der englischen Liga (laut eigener Aussage die beste Liga der Welt) gibt es doch kaum noch einen Club, der nicht einem Nicht-Engländer gehört. Die haben einfach schon so alles verkauft, was sie haben.


Wobei mir während meines Textes hier auch langsam klar wird, warum die Wahl so ausgefallen ist. Also ganz klar mangelnde Information zum einen, falscher Nationalstolz zum anderen, aber der Verkauf von England hat sich sehr stark fortgesetzt, obwohl man in der EU war.

Der Normalo-Depp, der sich nicht für Politik interessiert, sieht nur den fortschreitenden Ausverkauf.

Falls man es schafft diese Bevölkerungsschicht der Normalo-Deppen zu aktivieren, dann kommt so etwas wie AfD, den Austritt von (noch) Britanien aus der EU und eben eine allgemeine 'Dagegen' Haltung hin.
 
Das Demokratie-Verständnis das ihr hier an den Tag legt, spricht ja Bände...

Ich halte die Demokratie für die beste Regierungsform, welche in der realen Welt angewendet wird.
Klar, sie hat auch Nachteile. Einer davon ist, dass die Mehrheit manchmal anders entscheidet, als ich
mir das gewünscht hätte. Was mich persönlich betrifft, sogar eher öfters als nur manchmal...

Früher war ich mir sicher, dass die mit der anderen Meinung halt einfach zu dumm sind,
oder sich von ihrem Bauch haben leiten lassen. Oder was ich auch nur zu gern glaubte, die millionenteuren
Kampagnen haben die Leute beinflusst.

Inzwischen bin ich zu einer anderen Erkenntnis gekommen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Leute
für das abstimmen, was nach ihrer Überzeugung entweder ihnen persönlich oder ihrer Gemeinschaft Vorteile bringt.
Die anderen machen ihr Kreuzchen dort, wo es ihnen ihre Partei empfiehlt.

Wieso sind jetzt also 54% der Engländer, 38% der Schotten und 44% der Nordiren für einen Ausstieg aus der EU?
Gehören die zu den 'Gewinnern' einer EU-Mitgliedschaft, und sind einfach zu blöd, um dies zu merken? Oder
sind das alles Egoisten, welchen die Gesellschaft am A.. vorbeigeht, und aufgrund von diffuser ausländerfeindlichen
Gefühlen die EU ablehnt.
 
Ganz einfach: eine Seite (die Brexiter) hat gelogen dass sich die Balken biegen. Und da Menschen in der Regel nicht für unangenehme Wahrheitem zu haben sind, ist dieses Ergebnis zustande gekommen. Und jetzt ist das Ergebnis da mit dem keiner gerechnet hat. Man muss nur mal die Reaktionen von Johnson, Farage und dem Rest analysieren. Wo ist die Siegesfeier? Die haben doch alle Versprechen schon kassiert und sitzen in den Deckungslöchern um zu sehen wie sie da mit heiler Haut rauskommen.
 
Das Demokratie-Verständnis das ihr hier an den Tag legt, spricht ja Bände...

Ich halte die Demokratie für die beste Regierungsform, welche in der realen Welt angewendet wird.
Klar, sie hat auch Nachteile. Einer davon ist, dass die Mehrheit manchmal anders entscheidet, als ich
mir das gewünscht hätte. Was mich persönlich betrifft, sogar eher öfters als nur manchmal...
Da stimme ich Dir zu. Allerdings täuschen nicht verbindliche Volksentscheide natürlich nur eine Form der Demokratie vor, die es nicht gibt.

Entscheidet das Volk so, wie es der Regierung in den Kram passt, dann klopfen sich alle auf die Schulter und freuen sich, wie demokratisch sie doch sind.

Entscheidet das Volk aber anders als es der jeweiligen Regierung richtig erscheint, lässt man entweder so lange abstimmen bis das gewünschte Ergebnis dabei heraus kommt (haben einige EU-Mitgliedsstaaten bei der Euro-Einführung so gemacht, wobei man sich in Deutschland noch nicht mal diese Mühe machte) oder ignoriert den Volksentscheid gleich ganz.
Ich gehe jede Wette ein, das man in England versuchen wird, einen dieser beiden Wege gehen:

Spiegel Online schrieb:
Manche sind offenbar zu naiv an die Abstimmung herangegangen. "Ich dachte nicht, dass meine Stimme allzu viel Gewicht haben würde, weil ich geglaubt habe, wir würden sowieso bleiben", sagte etwa ein Mann dem Fernsehsender BBC. "Ich wünschte, wir dürften noch mal abstimmen. Ich würde zurück zum Wahllokal gehen und fürs Bleiben stimmen, einfach, weil jetzt die Realität einsetzt", zitiert der "Evening Standard" eine Studentin.
Quelle

duffguy schrieb:
Früher war ich mir sicher, dass die mit der anderen Meinung halt einfach zu dumm sind,
oder sich von ihrem Bauch haben leiten lassen. Oder was ich auch nur zu gern glaubte, die millionenteuren Kampagnen haben die Leute beinflusst.

Das habe ich noch nie geglaubt. Vielleicht nicht ausreichend informiert, aber nicht zu dumm.
Allerdings ist es bei einem Volksentscheid Aufgabe der Regierung, die Bürger ausreichend und umfassend zu informieren.
Hinterher zu jammern, dass die Bürger falsch entschieden hätten, beweist doch nur das

  • entweder die Regierung ihren Job nicht richtig gemacht hat oder
  • die Bürger eben trotz ausreichender Information etwas anderes wollen als ihre Regierung (was eigentlich auch bedeutet, dass die Regierung ihren Job nicht richtig macht)

duffguy schrieb:
Inzwischen bin ich zu einer anderen Erkenntnis gekommen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Leute für das abstimmen, was nach ihrer Überzeugung entweder ihnen persönlich oder ihrer Gemeinschaft Vorteile bringt.

Das halte ich für durchaus legitim. Jeder denkt nur an sich, nur ich denke an mich.
Ein bisschen gesunder Egoismus schadet nicht und ich vermute, dass viele Bürger (auch in der EU) zunehmend den Eindruck gewinnen, dass ihre ganz persönlichen Interessen von der Politik (egal ob national oder EU-Politik) nicht mehr ausreichend gewahrt werden.

Falls dieser Eindruck der Bürger falsch sein sollte wäre es auch hier Aufgabe der Regierungen, diesen Eindruck zu korrigieren.
Das sie das nicht machen lässt wiederum nur die Schlüsse zu, dass sie entweder unfähig sind oder dieser Eindruck doch richtig ist.

duffguy schrieb:
Die anderen machen ihr Kreuzchen dort, wo es ihnen ihre Partei empfiehlt.

Bei den sinkenden Mitgliedszahlen der Parteien und den sinkenden Wahlbeteiligungen wird das bald nur noch eine Minderheit sein können.

duffguy schrieb:
Wieso sind jetzt also 54% der Engländer, 38% der Schotten und 44% der Nordiren für einen Ausstieg aus der EU?
Gehören die zu den 'Gewinnern' einer EU-Mitgliedschaft, und sind einfach zu blöd, um dies zu merken? Oder
sind das alles Egoisten, welchen die Gesellschaft am A.. vorbeigeht, und aufgrund von diffuser ausländerfeindlichen
Gefühlen die EU ablehnt.

Ich weiß nicht, ob sich in England, Schottland und Nord-Irland größere Teile der unteren und mittleren Einkommensgruppen (die ja nach den Wahlanalysen den größten Teil der Brexit-Befürworter ausmachen) als Gewinner der EU betrachten könnten. Offensichtlich empfinden viele es aber nicht so.

Nun ist England trotz der ganzen Privilegien und Rabatte nach wie vor der drittgrößte Netto-Einzahler in den EU-Haushalt.
Und die englischen Brexit-Befürworter waren u.a. der Meinung, dass die Milliarden, die unterm Strich zur EU fließen, im eigenen Land nutzbringender investiert werden könnten.

Wahrscheinlich ist das nicht so, aber offensichtlich hat die englische Regierung es nicht geschafft, dass einer Mehrheit der Bevölkerung zu vermitteln.

Unterm Strich bleibt für mich als Fazit nur übrig:

Entweder die englischen Wähler haben recht und die Nachteile der EU.Mitgliedschaft werden für England durch deren Vorteile nicht (mehr) ausreichend kompensiert. Dann war ihre Entscheidung aus rein englisch-nationaler Sicht sicherlich mittel- bis langfristig richtig, auch wenn sich kurzfristig Probleme ergeben mögen.

Oder die englischen Wähler lagen mit ihrer Entscheidung falsch, dann hat ihre Regierung in der Informationspolitik dramatisch versagt.
 
Bei all den Statements richtig oder falsch, die immer eine Frage der Sichtweise sind, möchte ich noch
eine "Strassensichtweise aus England" von befragten Jugendlichen einwerfen:

Die Mehrheit der jüngeren Generation hat sich gegen einen Brexit entschieden, d.h. die Alten, die irgendwann
mal nicht mehr da sind, entscheiden über die Zukunft der jüngeren Generation, die erst garnicht teilnehmen
durfte an ihrer eigenen Zukunftsentscheidung!
Das schreibe ich jetzt aber auch nur um zu zeigen, welche Diskussionen das jetzt in der englischen Gesellschaft
entfacht und dass es eine ganze Menge Unmut gibt.

Man könnte natürlich auch fragen, warum nicht nach dem Überwiegendprinzip eine Zweidrittelmehrheit erforderlich
war, denn ein so knappes Ergebnis ist ein Frustergebnis.

Ich bin jetzt auf die nächsten Wochen gespannt, wie sehr das Land jetzt zu seinem Votum steht.
 
In unserem Programmpaket hier in der Schweiz sind auch einige englische Fernsehsender und ich habe mir Anfang der Woche eine Fernsehdebatte zum Thema angesehen. Dabei waren unter anderem der frühere und der aktuelle Bürgermeister von London.

Das absolut vorherrschende Thema bei dieser Diskussion war die Migration. Hin und wieder kam auch das Thema der verlorenen Selbstbestimmung auf, aber man war in wenigen Sätzen wieder bei dem Thema, dass ein Verbleib in der EU dazu führen würde, dass Großbritannien weiter von (unerwünschten) Ausländern überrannt würde. Auch die regelmäßig zugelassenen Fragen aus dem Publikum zielten in genau diese Richtung.

Und wie auch in anderen Ländern in Europa wird diese (teilweise diffuse) Angst einerseits geschürt und andererseits mit eigenen politischen Zielen (die mit der Ausländerthematik nichts zu tun haben) verknüpft, um dann zu punkten. Auf die Frage, ob die Leave-Fraktion denn versprechen könne, dass durch einen Brexit weniger Immigranten ins Land kämen, gab es zunächst nur ausweichende Antworten und als der Moderator, dann sinngemäss sagte "ja ja, das mag schon sein, aber beantworten Sie doch bitte die Frage", kam ein - in meinen Augen - ziemlich entlarvendes "nun, zumindest erlangen wir damit wieder die Kontrolle über die Einwanderung". Das war für mich ein klares Zeichen dafür, das dieses Thema nur als Mittel zum Zweck benutzt wird.

Es gibt sicher viele Argumente für einen Austritt und man darf in der Tat aus dem "Leave-Votum" der Briten nicht ableiten, dass die Hälfte der Inselbewohner doof ist. Dennoch halte ich die Entscheidung für falsch und hoffe, dass die EU den Briten ohne Gegenleistung keine Vorteile mehr gewährt, die bei einer Mitgliedschaft selbstverständlich sind. Es darf nicht sein, dass man nicht mehr bereit ist, sich an einer Fahrgemeinschaft zu beteiligen und dann kostenlos mitgenommen wird. Dabei spreche ich nicht von Strafen und kalte Schulter zeigen. Du willst nicht mehr Mitglied im Fußballverein sein? Kein Problem, dann musst Du auch keinen Beitrag mehr bezahlen. Aber Du wirst halt auch nicht mehr auf dem neuen Kunstrasen spielen oder wenn doch gegen Gebühr.

Wenn die EU den Briten nicht die Vorteile entzieht, dann gibt es keinen Grund mehr für andere Staaten in der EU zu bleiben. Das wurde oben ja schon mehrfach erklärt. Aber die Probleme, die jetzt akut sind und noch vor uns liegen, werden wir nicht in den Griff bekommen, wenn jeder nur macht, was er für richtig hält. Vielleicht muss man die EU im eigenen Land einfach besser erklären, vielleicht muss man hier und da auch neue Wege beschreiten. Aber ich sehe ein solches Konstrukt als einzige Chance unseren Wohlstand und langfrisitg den Frieden zu bewahren.
 
Ich kann das Ergebnis des Referendums verstehen. Wenn so eine Wahl hier in Deutschland stattfinden würde, würde ich vermutlich auch für den Austritt aus der EU stimmen.
Aber nicht aus Angst vor Migranten o.ä., sondern wegen dem wirtschaftlichen "Amoklauf", den die EU seit einigen Jahren fährt (ESM, Euro usw.).

Die Weltuntergangsszenarien, die von "Experten" ständig heraufbeschworen werden, würden mich in meiner Meinung nur bestärken, die Alternativlosigkeit der EU mal genauer zu hinterfragen.
Nur weil ein Land nicht mehr zu einer Union gehört, arbeiten die Leute dort nicht weniger oder schlechter, wieso sollte also die Wirtschaft einbrechen, wenn es die anderen Länder nicht drauf anlegen würden?
Die wirtschaftlichen Beziehungen könnten genau so aufrecht erhalten werden, weil sie nicht an physikalische Gesetze gebunden sind, sondern von Personen in den jeweiligen Ländern, oder der EU, festgelegt werden.
Leider glaube ich nicht, dass die EU jetzt England eine faire Chance gibt, sondern ein Exempel statuieren muss, damit andere Länder abgeschreckt werden. Das wäre zwar abartig, aber genau das erwarte ich von der EU.

Und das man auch mal andere Wege einschlagen kann, als die alternativlosen der EU, zeigt Island. Als die die Banken haben absaufen lassen, wurde auch überall der Untergang des Landes heraufbeschworen. Aber siehe da, das Land existiert bekanntlich noch. Ohne hunderte Milliarden von außen. Aber daraus zu lernen kann die EU scheinbar nicht.
 
Der "wirtschaftliche Amoklauf" wie du ihn nennst hat gerade in Deutschland aber zu Wohlstand geführt, der ohne Euro so nicht möglich gewesen wäre.
Ohne die Eurozone und die dadurch bedingte relative Billigkeit des Euro im Vergleich zur D-Mark - auf Kosten der weniger produktiven Südländer in der EU wohlgemerkt - wäre Deutschland einfach nicht die Exportnation geworden, die wir sind. Das hat wenig mit unserer wirtschaftlichen Stärke und viel mit der Konstruktion des Euro zu tun.
Deutschland würde sich mit einem Austritt noch mehr ins Knie schiessen als Uk, egal was alle Populisten dieser Welt dazu sagen.
 
Deutschland ging es doch auch mit der alten Währung DM nicht schlecht, ich kann jetzt nicht behaupten das der Euro meinen persönlichen Lebenstandard spürbar gesteigert hätte.

Außerhalb der EU haben viele andere Nationen nicht verstanden, wieso ein Land eine der damals stabilsten Währungen der Welt freiwillig und ohne jede Notwendigkeit aufgibt.

Tatsächlich war die Aufgabe der DM und die Einführung des Euro der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und mich zum EU-Skeptiker gemacht hat.
 
Ich habe das auch nicht unbedingt so gemeint, dass der Euro nur schlecht für Deutschland ist. Klar, Deutschland kann viel exportieren, aber auf Kosten der anderen Länder. Würde man die Exporte etwas eindämmen, um andere Länder nicht in Grund und Boden zu exportieren, sei es durch Zölle oder einfach durch z.B. Steigerung der Löhne im Exportland, würde es vllt allen besser gehn. Abgesehen davon war Deutschland auch lange vor dem Euro schon Exportweltmeister. Nur durch die Wiedervereinigung und die damit entstandenen Kosten, hat es bis 2000 gedauert, bis Deutschland wieder genug Exportüberschuss generieren konnte.
Aber durch die Euroeinführung sieht man in den absoluten Exporten keinen Sprung oder Knick, sondern einfach die Fortführung eines stetigen Verlaufs.

Außerdem seh ich das mit dem Exportweltmeister eher kritisch, weil wir Waren ins Ausland schicken und dafür Geld von quasi-bankrotten Ländern, wie den USA, bekommen. Man könnte sagen, die lassen anschreiben.
 
Ich kann über das Ergebnis nur den Kopf schütteln.
Meines Erachtens ging es bei diesem Referendum viel eher um ein NEIN zum Fortschritt, zur Globalisierung als zu Europa oder der EU.
Ich kann mir einfach nur schwerlich vorstellen, wie es Großbritannien nutzen kann, auszutreten, da die Wirtschaft nicht zuletzt durch die EU profitiert...
Und wie es nun aussieht, scheint eine Abkapslung von Schottland dann nun doch nicht mehr so unwahrscheinlich...
 
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