Diskussion Der Brexit, das Desaster darf seinen Lauf nehmen

Ich halte die Demokratie für die beste Regierungsform, welche in der realen Welt angewendet wird.

Das sehe ich ähnlich, sehe jedoch auch klare Schwachpunkte in diesem Verfahren. Grainger hat schon einige grob angerissen.

Wenn ich dann jedoch daran denke, das inzwischen in Deutschland für so Jedes und Alles ein Schein benötigt wird, dann bin ich doch auch irgendwie verwundert, dass zum Wählen-gehen die einfach Volljährigkeit genügt.
Wenn ich einen Stock mit einer Schnur dran in ein Gewässer halte, brauche ich einen Angelschein. Zum Wählen von Volksvertretern muss ich nur 18+ sein. Nach einer Qualifizierung meiner (oder jeden anderen) Person, wird nicht weiter verlangt. Ob ich die Probleme für eine Wahl also verstanden habe oder nicht, ich darf trotzdem meine Stimme abgeben.

Halte ich für inkonsequent und unlogisch.

Den weitaus größeren Schwachpunkt bei demokratischen Wahlen empfinde ich die Alternativlosigkeit.
Dieser Herr beleuchtet das, wie ich finde, sehr schön.

Wenn ich mit den Wahlprogrammen nicht identifizieren kann, dann wähle ich..... ja, was? - Nicht wählen gehen ist eigentlich keine Alternative. Aber häufig gibt es eben nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. (Vereinfacht ausgedrückt)

Nehmen wir mal ein relativ aktuelles Beispiel aus Hamburg. Die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024. Bin ich eigentlich dafür gewesen. Aufgrund der Zahlen, die mir mein Bürgermeister Olaf Scholz vorgelegt hat, habe ich jedoch dagegen gestimmt. Nicht, weil ich wirklich dagegen bin, sondern weil klar nicht geklärt war, wie die Finanzierung zu bewerkstelligen sei.

Habe ich also falsch gewählt? - JA! Empfinde ich so. Die andere Möglichkeit wäre aber auch falsch gewesen. Eine richtige Möglichkeit stand aus meiner Sicht nicht zur Auswahl.

Zwar nennt sich das immer noch Demokratie, aber ein Auswahlverfahren zwischen falsch und falsch ohne ein richtig, macht es mir doch recht schwer, dies tatsächlich als Demokratie anzusehen.
Das ist nur eine Art von Wahlberechtigung.
 
Demokratie heißt nicht, dass zwangsweise eine Option zur Wahl steht, die in Deinen Augen optimal ist. Du hast das Recht für oder gegen etwas zu stimmen. Du musst für Dich selbst entscheiden, welche Argumente für Dich die wichtigeren sind.

Und dann komme ich noch mit meinem üblichen Spruch: Wenn Du das Gefühl hast, es gäbe nur Pest oder Cholera, dann mach Deine eigene Krankheit auf. Das erlaubt Dir die Demokratie eben auch.
 
Die zahlenmässig starke Zuwanderung wird in England (übrigens auch hier bei mir in der Schweiz) schon seit vielen Jahren als problematisch
wahrgenommen. Grossbritannien hatte im Jahr 2004 eine Zuwanderung von ca. einer halben Million Menschen. Mit der EU Personenfreizügig-
keit stieg die Zahl der Einwanderer aus der EU seither stetig an.

Seit der Einführung der Personenfreizügigkeit ist in der Schweiz die Bevölkerung netto um über eine Million Einwohner angewachsen. Ihr dürft
mir glauben, die Tatsache, dass das Ausländer sind, ist für mich absolut irrelevant. Die schiere Menge ist und macht Probleme...
Ein junger sozialdemokratischer Politiker hat mal vor Jahren die zahlenmässige Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz als problematisch
beschrieben, aber selbst der wurde von seinen Parteigenossen danach in den Medien heftig kritisiert und in die ganz rechte Ecke gestellt...

Die Menge der Migranten nimmt aber in den genannten Ländern deutlich sichtbar zu. Für die Kritiker dieser Entwicklung ist es eher egal,
ob dies jetzt EU-Bürger, nicht EU-Bürger, Flüchtlinge oder vorläufig aufgenommene Asyslanten sind.

Ihr könnt und werdet jetzt anbringen, dass dahinter halt die Angst vor dem Fremden oder Ausländerfeindlichkeit steckt. Ich behaupte aber,
das für die anderen die Quantität den Auschlag gibt- und genau in dieser Hinsicht ist Frau Merkel (und damit die EU...) absolut kompromisslos. :mad
 
Sicherlich ist nicht nur Fremdenangst oder gar -hass das Problem und die große Zahl von Immigranten IST ein Problem (oder wird zumindest eines werden), da stimmen vermutlich auch die gerne mal als "Gutmenschen" bezeichneten Leute zu. Aber England will einen eigenen Weg gehen. Alleine. Und das kann nicht die Lösung des Problems sein.

Wenn jedes Land in Europa auf sich allein schaut und nur Lösungen sucht, die für das eigene Land gut sind, werden wir auf schlimme Zustände zusteuern. Länder, die es sich leisten können, werden ihre Grenzen massiv absichern. Davon werden sich die Flüchtlinge (ob nun getrieben von Überlebensangst aufgrund von Krieg oder von Hunger) sich aber nicht aufhalten lassen. Sie werden einfach die schwächeren/ärmeren Länder Europas überrennen. Deren Bürger sind eh schon gebeutelt genug von ihrer Lebenssituation und werden mit Gewalt reagieren.

Und diese Entwicklung wird irgendwann so weit eskalieren, dass auch die reicheren Länder unter Druck geraten. Und dann wird's noch schlimmer für uns. Normalerweise habe ich nicht eine so pessimistische Ader, aber ohne eine enge Zusammenarbeit, die vertraglich auch Lasten und nicht nur Vorteile sichert, werden die Länder Europas in größte Schwierigkeiten geraten.
 
Laut Wikipedia bestehen für die Schweiz seit 1999 bilaterale Verträge mit der EU zur Freizügigkeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Bilat...chweiz_und_der_EU#Freiz.C3.BCgigkeitsabkommen

Der Demografie-Artikel zur Schweiz prognostiziert u.a. einen Bevölkerungsrückgang der arbeitenden Bevölkerung der Schweiz ab 2015 aufgrund von Überalterung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_der_Schweiz

Die Bevölkerung wächst tatsächlich durchschnittlich um knapp mehr als 1 % pro Jahr, was aber eigentlich nur gut für euch ist.
Der größte Zustrom kam auch nicht durch die Freizügigkeit, sondern genauso durch die Jahre davor.
Switzerland_demography_1970-2006.png


Die Zahlen deuten da eher auf eine "gefühlte" Steigerung der Zahlen hin, denn auf ein tatsächliches Problem.
 
Hallo BigMäc

Danke für die Grafik, die kannte ich noch nicht. Für das Jahr 2016 würde der Punkt auf 8300 liegen. Was man anhand dieser Zahlen
allerdings nicht sieht, wo und wie sich die Leute konzentrieren. Die für Besiedelung mögliche Fläche ist hier wegen der Berge geringer
als anderswo.

Also nur gefühlt ist da wirklich nichts. Die gestiegenen Mieten (bei anhaltender, starker Bautätigkeit), die täglichen Staus (nicht nur
auf den neuerdings zugeparkten Strassen) und etliche Anzeichen mehr sind tatsächlich für Alle deutlich wahrnehmbar.

Mir ist schon klar, dass ich hier nicht eine brummende Volkswirtschaft mit Heidi-Romantik haben kann. Aber die Tendenz geht hier
klar in Richtung zentral-europäisches Los Angeles mit Berg-Park in der Mitte.

Aber um zurück zum eigentlichen Thema zu kommen. Viele Briten haben die Zuwanderung schon lange auf ihrem Sorgenradar. Wenn
dann die deutsche Bundeskanzlerin im Frühjahr 2015 alle Flüchlinge willkommen heisst, hat das bedauerlicherweise dem Brexit-Lager
einen Haufen neuer Unterstützer gebracht.
 
/Polemik an
Also ich merke bei meinen allwöchentlichen Staus auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen relativ wenig von den ganzen Zuwanderern und Asylbewerbern.
Und doch sind sie da (die Staus).

Und zum Thema Zuwanderung und UK:

"Provisional figures show that in 2013, 526,000 people arrived to live in the UK whilst 314,000 left, meaning that net inward migration was 212,000."
und
"From April 2013 to April 2014, a total of 560,000 immigrants were estimated to have arrived in the UK, including 81,000 British citizens and 214,000 from other parts of the EU. An estimated 317,000 people left, including 131,000 British citizens and 83,000 other EU citizens. The top countries represented in terms of arrivals were: China, India, Poland, the United States, and Australia."
https://en.wikipedia.org/wiki/Modern_immigration_to_the_United_Kingdom

Also nix mit den Massen an Asylanten für UK.

Und da UK nicht im Schengen Raum ist, bleibt der ganz große Anteil an Migranten halt in Frankreich in Calais hängen.
https://en.wikipedia.org/wiki/European_migrant_crisis
https://en.wikipedia.org/wiki/Migrants_around_Calais

Diese Furcht vor Ausländern - insbesondere der Flüchtlingskrise - in UK ist reiner Populismus von Farage und Konsorten!

Im Gegenteil, wie absurd die Situation ist erkennt man daran, dass Frankreich seine Verpflichtung, die Flüchtlinge in Calais zu halten
gar nicht mehr nachkommen muss, wenn UK aus der EU austritt. Dann könnte Frankreich die alle nach England lassen,
und dann wäre es Problem der Grenzschützer in England.
 
Die Anzahl der Migranten (= Zuwanderer total) und die jährliche Entwicklung konnten auch die Brexit-Populisten nicht
zu ihren Gunsten beeinflussen. Aber natürlich haben die diese Daten für ihre Zwecke verwendet.

Ich bleibe dabei, die kompromisslose Haltung der EU in der Sache Zuwanderung hat die Brexit Befürworter zu ihrer Wahl
bewogen.
 
Irgendwo habe ich gelesen, dass dort wo die Immigranten sich konzentrieren (zum Beispiel London) eher für "REMAIN" gestimmt wurde, während draußen auf dem Land, wohin sich nur wenige Migranten verirren, die Zahl der "LEAVE"-Wähler recht hoch war. Lässt viel Spielraum für Interpretationen.
 
Demokratie heißt nicht, dass zwangsweise eine Option zur Wahl steht, die in Deinen Augen optimal ist. Du hast das Recht für oder gegen etwas zu stimmen. Du musst für Dich selbst entscheiden, welche Argumente für Dich die wichtigeren sind.
Die Entscheidung für oder gegen die Bewerbung war tatsächlich relativ einfach.
Zum einen hat noch keine Stadt (oder Land) jemals ein positives Finanzverhältnis aufweisen können nach einer WM, EM oder wegen irgendwelcher Spiele der olympischen Art, zum anderen zeigt mir die Politik in Deutschland, das Planungen über das Ausagebeverhalten (die bekanntesten Beispiele dürften der Berliner Flughafen und die Hamburger Elbphilarmonie sein) MINDESTENS drei mal so teuer sind als ursprünglich veranschlagt sind.

Nehmen wir also die 10,7 Milliarden Euro, die dieses Event kosten wird (Laut Olaf Scholz - CDU), wovon zur Wahl nur 2,7 Milliarden von Hamburg getragen werden kann, der Rest jedoch noch so überhaupt nicht geklärt wäre, wer das übernimmt....?!? - Bei der ganz normalen Verdreifachung der Beträge in Deutschland weil die Verantwortlichen irgendwie noch nie wirklich rechnen konnten, wie inzwischen anscheinend üblich, hätten wir dann kosten in Hamburg und Kiel mal so locker um die 23 Millarden Euro.
Zugegebener Maßen ein ziemlich fantastischer Wert. Im Zuge der Versprechen des IOC gegenüber jedoch, was wo wie und überhaupt gemacht wird, jedoch leider ziemlich bindend.
Wenn wir den Auftrag übernehmen würden, dann pocht das IOC auch auf die Vertragsverpflichtung.. und dann müssen wir liefern. Falls wir das nicht tun, weil wir nicht mehr wollen oder finanziell nicht mehr können, etc. - Dann würde erfahrungsgemäß das IOC Konventionalstrafen verhängen.

In all meinen Recherchen über Städte oder auch Verbundgemeinschaften für EMs, WMs, olympischen Spielen, Formel eins, etc., bin ich noch nie auf ein positives Finanzergebnis gestoßen. Für ein paar Wirtschaftszweige vielleicht, aber für die ausrichtenden Gemeinden bedeutet so ein Event immer nur Kosten und eine höhere Verschuldung.

Ich persönlich hätte gerne die Olympischen Spiele in Hamburg gehabt. In Anbetracht der vorliegenden Fakten und der hohen Verschuldung der Stadt Hamburg, muss ich mich jedoch fragen, was sich die politische Führungsriege hier gedacht hat?!

Ich bin nur ein kleiner Wicht, der um sinnvolle Arbeit kämpft und sich seine Informationen aus dem I-Net mühsam heraus suchen muss.
Die Fakten sind jedoch bekannt. - Es gab schlicht noch nie einen Gewinn für eine Stadt, die ein solches oder ähnliche Events ausgerichtet hat. Das waren immer nur Kosten. - Also persönliche (Staat- Land- Regions- Stadt-) Verschuldungen. Kosten werden dann immer auf den Einzelnen umgerechnet. Also irgendwo mir. (und allen anderen Bürgern)
Tatsächlich wird mir das angerechnet! Als Pro-Kopf-Verschuldung, wenn meine Stadt, mein Land oder eben auch mein Staat irgendwelche Scheiße baut und Schulden macht. Ob ich dagegen oder dafür war ist in dem Zusammenhang völlig irrelevant. Das gilt leider auch für alles andere. Also nicht nur für seltsame Projekte oder sportliche Veranstaltungen, sondern auch für alle anderen Fehlplanungen die mehr Geld kosten, als sie einbringen.

In dem speziellem Fall (olympische Spiele) durfte ich mit abstimmen. - Meine Entscheidung für das Nein war Finanztechnisch einfach nur logisch. - Leider
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit hast du dir vermutlich unglaublich viel mehr Gedanken gemacht als sehr sehr viele Brexit-Voter.

Du hast die Fakten gesammelt (oder es zumindest versucht), gegeneinander abgewogen, auf deine Situation bezogen und eine Entscheidung getroffen.
Und zwar eine Entscheidung die für dich genommen richtig ist. Egal, wie das Endergebnis aussieht.

So kann Demokratie nur funktionieren. Man sollte nie vergessen, dass Demokratie auch immer Konsens ist, und Konsens bedeutet, dass nicht alle Betroffenen
ihren Willen bekommen. Bei einer Entweder-Oder Entscheidung (Brexit, Olympia) bedeutet das natürlich, dass eine Hälfte (oder wie auch immer das Ergebnis aussieht)
nun mal die "Verlierer" sind.

Da liegt übrigens ein Problem von Volksentscheiden zu indirekter Demokratie: man ist unmittelbar an der Entscheidung beteiligt und fühlt sich persönlich als Verlierer, wenn die
eigene Seite verliert. Bei einer indirekten Demokratie ist das anders, da wird ein Mittler eingesetzt, auf den sich der Zorn/die Unzufriedenheit projezieren kann und den man dann später
bestrafen kann (durch Abwahl).

Edith meint: und man sieht das Problem was passiert, wenn Populisten an Wahlen beteiligt sind. Wenn eine Seite lügt, und Argumente der anderen Seite als "Angstmacherei" bezeichnet, und die
andere Seite seriös bleibt, gerät das Faktensammeln zum Problem, bezogen auf diejenigen Wähler, die eben nicht selbstständig Fakten sammeln, sondern sich auf die Stimme "ihrer Volksvertreter" verlassen.
 
Das wäre doch im Prinzip Oberwasser für Cameron, weil der jetzt sagen kann, dass Johnson das englische
Volk getäuscht habe mit falschen Fakten und jetzt mit vollen Hosen kneift.
 
Was haben wir im TV nicht überall hören können, der Johnson sei nur zu seinem persönlichen
Vorteil auf den rechtspopulistischen Zug gesprungen - da er ja für die eigene Karriere sogar
über Leichen geht.

Und jetzt lässt er seine guten Chancen einfach sausen?
 
Welche guten Chancen???

Der weiß genau dass er sich verzockt hat und will nicht als PM in die Geschichte eingehen, der den Brexit zu verantworten hat - im Sinne von Artikel 50 aktivieren.
 
Ich meinte, er hätte wohl gute Chancen gehabt, der nächste Premierminister zu werden.
Gut möglich, dass er selber nie mit diesem Wahlergebnis gerechnet hat und nur die Popularität
nutzen wollte.
Alles Spekulation.

Ich weiss nicht mehr wer das war, aber jemand hat sich im TV geäussert, Johnson ginge es nicht
um die EU, er wolle nur den Cameron stürzen und dessen Platz einnehmen. Diesen Vorwurf kann
man jetzt klar als falsch taxieren.
 
Sehe ich ganz anders. Ja er wollte Cameron stürzen, aber indem er nach einem Remain Sieg einen auf "Vertreter der armen Verlierer" macht.
Nur leider hat Remain verloren und Cameron hat keinen Bock die Suppe auszulöffeln.
Also tritt dieser zurück und hinterlässt seinem Nachfolger die "vergiftete Frucht" in Form des Ministerpräsidenten der Artikel 50
aktivieren muss, und damit in der Geschichte des UK als derjenige eingeht, der UK aus der EU geführt hat.
Johnson hat sich verzockt.
 
Die Engländer haben das mächtig unterschätzt und müssen jetzt damit klarkommen das Großbritanien in Einzelteile zerfallen könnte.Die Schotten,Nordiren,Walliser sind nicht so einfach bereit die EU zu verlassen.Das wird noch großes,peinliches Kino
 
Ich hab mich mal ein wenig in dem Link von BigMäc aus Beitrag #32 rumgestochert und bin auf diese Seite gestoßen:
Brexit: Alles, was Sie zu den Folgen des*Referendums wissen müssen - SPIEGEL ONLINE

Meiner bescheidenen Meinung nach haben viele Brexit-Wähler sich nur die vordergründigen Argumente angetan (also die Meinungen und Aussagen der Politiker die FÜR den Ausstieg sind). Ob diese nun sachlich oder polemisch (oder beides) getätigt wurden, kann ich an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Wie man in meinem Link jedoch schön nachlesen kann, wurden bei den Argumenten gegen die EU wohl einiges nicht erwähnt.

Der britischen Wirtschaft würde ein EU-Austritt guttun, behaupten die Befürworter eines Brexits. Ihr Hauptargument: Die Brüsseler Regulierungswut lähme die britische Wirtschaft. Die aber ist schon jetzt eine der am wenigsten regulierten der Welt, wie Daten der OECD zeigen. Zudem lässt das Argument die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft außer Acht, allen voran den freien Zugang zum EU-Binnenmarkt.

[...]

Was bedeutet das für die Finanzmetropole London?

Mit einem Anteil von acht bis zwölf Prozent an der Wirtschaftsleistung ist der Finanzsektor für Großbritannien von großer Bedeutung. Ein EU-Austritt könnte ihn schwer treffen. Denn bislang sichern sich viele Banken über eine Filiale in London sogenannte Passporting Rights, die ihnen auch Zugang zum Rest der EU verschaffen. Nun dürften diese Institute ihre Geschäfte teilweise oder ganz in andere EU-Länder verlagern.
Vor solch einem Szenario haben US-Großbanken wie Goldman Sachs oder JP Morgan gewarnt, aber auch britische Institute wie HSBC. Einer Studie der Beratungsfirma Capital Economics zufolge könnte allein der Verlust der Passporting Rights den Export britischer Finanzdienstleistungen in die EU um bis zu 50 Prozent sinken lassen - das entspricht jährlich rund zehn Milliarden Pfund.

Bislang hat Großbritannien den höchsten Anteil überhaupt an Finanzdienstleistungen in der EU. Führend ist das Land unter anderem im Handel mit Euro, obwohl die Briten selbst kein Mitglied der Währungszone sind. Die Europäische Zentralbank hat schon einmal erfolglos versucht, diesen Handel einzuschränken. Nach dem Brexit wird ihr dies deutlich leichter fallen.

Nach Ansicht von Branchenvertretern sind mit dem Brexit zahlreiche weitere Risiken verbunden. So wird es für Banken, Versicherungen oder Hedgefonds schwieriger, Personal vom Kontinent zu rekrutieren, falls die Freizügigkeit für EU-Arbeitnehmer wegfällt. Laut Notenbankchef Mark Carney könnte auch die Liquidität der Finanzmärkte knapper werden.

Es gibt allerdings auch Stimmen, die den Brexit als Chance für den Finanzsektor sehen. Demnach könnte Großbritannien deutlich offensiver um Investoren werben, wenn lästige EU-Regularien wegfielen. Ein Beispiel sind geplante Register zur Offenlegung von Unternehmensbesitzern, deren Einführung derzeit als Reaktion auf die Enthüllungen um Briefkastenfirmen in Panama vorangetrieben werden.

Um weiterhin mit der EU Handel treiben zu können, dürfte die britische Regierung jedoch viele Vorgaben auch nach dem Brexit beibehalten. Damit würde die Gesetzeslage wohl vor allem unübersichtlicher. Die britische Großbank Lloyds erwartet, dass ein solches "regulatorisches Nirvana" ihre Geschäfte schädigen würde.

[...]

Die britische Regierung beteuerte nach dem Referendum, für EU-Bürger ändere sich zunächst nichts. Sie hat ein Interesse daran, dass britische Staatsbürger möglichst viele ihrer gewohnten Privilegien in der EU behalten. Im Gegenzug könnte Brüssel darauf bestehen, dass EU-Bürger die gleichen Rechte in Großbritannien genießen.

Das erklärte Ziel der britischen Regierung ist es, die Zahl der Einwanderer aus der EU zu verringern. Vor allem die größte Gruppe ist Kritikern ein Dorn im Auge: 853.000 der Migranten kommen aus Polen. Viele Briten fürchten die Konkurrenz um Arbeits- und Schulplätze sowie eine Überlastung des Gesundheitssystems.

Das Thema Einwanderung ist einer der Hauptgründe für den Brexit-Wunsch. Sobald London aber beginnt, Bürger aus EU-Ländern zurückzuweisen, verlören die Briten das Recht auf freie Wohnsitzwahl auf dem Kontinent. Ein solches Ergebnis wäre schwer vorstellbar.
 
Der Altbundeskanzler hatte kürzlich seinen Senf zum Brexit dazu gegeben und ich denke er hat Recht damit, wenn er sagt: Die Menschen wollen ihre nationale Identität nicht verlieren. Viele Entscheidungen gehören wieder in die Hand der nationalen Parlamente. Eine alles bestimmende Kommandozentrale in Brüssel wird abgelehnt. "Vereinigte Staaten von Europa" will nur eine Minderheit der Bevölkerung in den EU-Ländern. Selbst die Deutschen, von denen sich laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes TNS Forschung im Auftrag des Nachrichten-Magazins "Spiegel" 87% einen Dexit nicht vorstellen können, lehnen 64 Prozent eine Erweiterung der Vollmachten und Aufgaben für Brüssel ab. Lediglich 27% wünschen sich noch mehr Aufgaben für Brüssel.

http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_78287752/nach-brexit-deutsche-lehnen-vertiefte-eu-laut-tns-umfrage-ab.html
 
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