Ich grabe diesen Thread mal wieder aus, denn wo sonst könnte ich meine Gedankenfetzen besser unterbringen als hier.
Dagegen oder dafür / Normal nicht normal
zum lesen - mitdenken - verwerfen - drüber lächeln - erweitern -
Ich beobachte gerne Menschen - nicht, dass ich nichts anderes zu tun hätte, aber manchmal muss man irgendwo warten, sei es nun beim Arzt, oder auf Bus und Bahn (wenn sie nicht gerade bestreikt werden!), im Café auf die Freundin, mit der man verabredet ist und so weiter.
Da ich nicht mit Handy und Ohrstöpsel rumlaufe, sondern meist mit offenen Augen und Ohren, kann ich mir genussvoll den regen Betrieb um mich herum auf mich wirken lassen.
Da gibt es hektische, die es ganz furchtbar eilig haben, sich ohne Rücksicht vordrängeln,
Langsame, die z.B. beim Bezahlen jeden Cent noch einmal ansehen, ehe sie sich entsagungsvoll und mit vielen Seufzern von ihm trennen,
Nachdenkliche, die vor sich hinbrabbeln und Wortgefechte mit unsichtbaren Gegnern austauschen,
Abgelenkte, die lautstark in das Mikro ihres Handys reden,
Unaufmerksame, die überall anstoßen (anecken)
Menschen, die so ernst und böse gucken, dass man ihnen eigentlich keinen guten Gedanken zutraut, die aber ein total anderes Minenspiel haben, wenn man sie freundlich anspricht.
Mütter, die - ohne rechts und links zu schauen - ihre Kinder an der Hand über den Fußgängerweg zerren, weil sie eilig zu ihrem Auto wollen,
andere Mütter, die sich geduldig von ihren Kindern sagen lassen, dass die Ampel jetzt Grün ist und sie nun gefahrlos rüberlaufen können,
Radfahrer, die einfach zwischen den Wartenden durchfahren, ohne eine Reflexbewegung der möglicherweise erschreckten Menschen einzukalkulieren,
Sorgenvoll Gebückte, Aufrechte, Selbstbewusste, Aggressive und, und, und.
Es gibt auch Menschen, die singend durch die Gegend laufen, die von anderen daraufhin irritiert und kopfschüttelnd angeschaut werden.
Solche fröhlichen Zeitgenossen werden ganz schnell in die Schublade: "verrückt" gepackt. Warum eigentlich - nur weil sie sich etwas anders verhalten, sich etwas außerhalb des Normweges bewegen?
Was ist das überhaupt: Norm / normal?
Ist "normal" wirklich das, was wir - angeblich Normalen - tatsächlich wollen?
Zählen die Jugendlichen, die bspw. mit extra eingerissenen Jeans oder mit diesen Hängehosen rumlaufen zu den Normalen? (Ich bin nicht so auf dem Laufenden, was nun noch IN oder schon OUT ist, also bitte nicht zu hart urteilen, wenn ich bei Beispielen daneben greife.)
Eigentlich wollen sie sich doch abgrenzen von der Norm, sich außerhalb der Norm bewegen- aber warum tragen sie dann alle (nein fast alle / oder besser: viele) die gleichen oder wenigstens ähnliche Kleidung? Man hat manchmal den Eindruck, dass sie alle so eine Art Uniform tragen.
Auch viele Alte tragen eine Art Uniform: grau, trist,
Die Exzentriker, die, die sich keiner Norm beugen wollen, werden belächelt und als Spinner bezeichnet. Ich glaube, dass viele von diesen sog. Spinnern glücklicher, sorgenfreier leben, als die Normalen, die Mitläufer, die versuchen möglichst nicht aufzufallen, die alles mitmachen, weil es ja alle machen,
Lohnt es überhaupt, darüber nachzudenken?
Was ist nun besser: harmonisches Mitlaufen, oder rebellisches Dagegensein?
Oder ist beides OK?
Kommt wahrscheinlich auf die Situation an.
Wenn es keine Rebellen gäbe, müssten sie erfunden werden. Sie sind nützlich / kreativ / neugierig / veränderungswütig.
Ich rede hier von den harmlosen Rebellen - nicht von den kriegerischen Rebellen. (Das ist eine ganz andere Baustelle!)
Alle sind sie gegen mich |
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Das ist die Aussage eines Nachbarn, der sich überall unbeliebt gemacht hat, aus welchen Gründen auch immer, der aber nur immer versucht hat, es allen Recht zu machen, aber meist den falschen Weg gewählt hat;
der oft die bessere Lösung wusste, aber die Masse war halt anderer Meinung.
Das könnte man sich etwa SO vorstellen:
EINER steht einer Menge anderer gegenüber.
Anders ausgedrückt: EINER stemmt sich GEGEN die Masse.
Er denkt: Alle sind gegen mich!
Wenn dieser EINE sich endlich durchgekämpft hat - durch diese "gegnerische Masse" - steht er vor einer riesigen freien Fläche, die er nun voller Eifer mit seinen Argumenten und Vorstellungen befüllen kann / könnte.
Aber er ist allein und wieder denkt er: Alle sind gegen mich.
Wenn er sich nun umdreht und laut genug ruft, hebt vielleicht einer von der Masse den Kopf, blickt in seine Richtung und kommt möglicherweise sogar auf ihn zu.
Nach und nach könnten die anderen der Masse auch in die Richtung jenes EINEN gehen - der steht erwartungsvoll da und wird von dieser Masse überrannt, steht also wieder mit dem Rücken zu all den anderen Menschen- also denkt er wieder: Alle sind gegen mich!
Wenn nun ALLE nur die Rücken der anderen sehen, also alle in die gleiche Richtung sehen, alle das gleiche Ziel haben, ist das dann Harmonie oder gemeinsamer monotoner Gleichklang?
Wenn etwas interessant werden soll, muss man sich aufrichten, sich ansehen, sich gegenüber stehen, sich umsehen - also auch nach hinten.
Das ist kein Konfrontationskurs, kein Dagegensein - oder vielleicht doch?
Es kann also ganz normal sein, DAGEGEN zu sein!
Es ist eigentlich ein wunderbares Gefühl, nicht “normal” zu sein.