Projekt beendet. Oder: Ich bin glücklich. Oder: einfach nur geil!!

Skalp

assimiliert
Hallo :)

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen auf zuschreiben wie all das gekommen ist.
Jedoch fehlt mir aus irgend einem Grund die Muße. Meine Luft ist raus und ich bin einfach nur glücklich.

Ich halte mich also dementsprechend kurz. Vielleicht kommt ja später nochmal etwas ausführliches dazu.

Irgendwann im März 2010 glaube ich, packte es mich bei einer Flasche Wein des Abends auf dem Balkon. Es war ein merkwürdig warmer Abend so dass man draußen sitzen konnte.
Ich war alleine und empfand eine etwas depressive Stimmung ob meiner Situation die damals herrschte. Eigentlich lief alles gut soweit.
Meine Freundin, Kind und ich kamen über die Runden. Wie hatten ohne große finanzielle Aufwände einen guten Umzug hinter uns gebracht.
Prinzipiell ging es uns also gut. Jedoch hatte ich schreckliche Jahre hinter mir. Arbeitslosigkeit, Strom weg ... über ein halbes Jahr :eek: , das Kind kam dazu, Abendkurs in einer VHS + miserablen Job. Das alles hat sehr an mir und uns gezerrt.

Während dieser schlimmen Zeit lief ich mit Tunnelblick durch meine Welt und ich hatte (und hier und jetzt mach ich das mal öffentlich) öfter Suizidgedanken. Mit 20cent morgens aus dem Haus zur Arbeit gehen ohne gefrühstückt zu haben.
Diese Zeit hinterließ dementsprechende Narben, und diese Narben drückten auch des einen Märzabends auf dem Balkon, allein mit einer Flasche Wein.
Irgendwas muss anders werden. Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt gut lief - ich wusste, dass es nur ein "Gutsein" auf Zeit war.
In meinen Beruf konnte und wollte ich nicht mehr zurück.

Die Tätigkeit die ich ausführte war begrenzt, hat zwar Spaß gemacht aber sie war begrenzt und mit der Chefetage kam ich nicht zurecht.

Es musste etwas neues her. Und zwar schnell. Egal was. Etwas anderes und neues.
An diesem einsamen, etwas betrübten lauwarmen Märzabend sollte sich dann mein bisheriges Leben umgestalten.
Ich werde mich bewerben für eine neue Ausbildung. Welche das sein wird ist jetzt erst mal nicht wichtig. Ich werde gleich am nächsten morgen zum Arbeitsamt gehen und mich erkundigen.

Vorab .... eine Umschulung kam für mich auf dem Balkon schon nicht in Frage. Ich wollte mit dem Arbeitsamt nichts zu tun haben. Nie wieder ... das habe ich mir geschworen.
Ich habe meine Referenzen gecheckt und mich ins blaue Beworben. Mal schauen! Ausbildung zum Bürokaufmann. Mit 27 :rolleyes:
Einen Tag habe ich damit verbracht mich auf dem Arbeitsamt und im Internet schlau zu machen wie eine gute Bewerbung aussieht.
Eine Bewerbung hat gereicht und ich wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen welches dann auch in einem Praktikum enden sollte. Dass ich diese Leute überzeugt habe, konnte ich am dritten Tag feststellen indem ich sämtlichen Bewerbungen die auf diese Stelle gingen eine Absage schreiben sollte. Das waren um die 50 Stück.
Meine Freundin war derart begeistert von meinen Schilderungen, dass sie sich sicher war diese neue Ausbildung sei die richtige für mich.

Als ich ihr am fünften Tag mitteilte, dass dieser beruf nichts für mich ist und ich dort nicht mehr hingehen werde entdeckte ich eine neue mir noch nicht bekannte Zornesfalte auf der linken Seite ihrer Stirn.
"Ich such' mir jetzt was richtiges"..."Alles wird gut mein Schatz."

Auf die Umstände und die dann doch entstandenen Diskussionen gehe ich hier jetzt nicht weiter ein. :smokin
Auf das Telefonat welches ich mit meiner damaligen Direktorin aus der VHS einen danach Tag geführt hatte werde ich auch nicht weiter eingehen. Ergebnis dieses Telefonats waren mehrere Berwerbungen in kleinen Familienbetrieben die den Menschen Hörgeräte ans Ohr bringen.
Die erste Bewerbung lief glatt und ich wurde eingeladen inkl. einen Tag Probearbeiten.
Hörgeräte ---- das ist es dachte ich mir. Technischer Beruf mit medizinischem Hintergrund.
Das Probearbeiten verlief gut. Es war ein kleiner Laden aber leider ohne Betrieb. Aber ich konnte mich an dem Tag mit der Technik vertraut machen. Naja zumindest etwas.
Von anderen Betrieben bekam ich leider nur Absagen. :(

Eine Woche später bekam ich dann noch eine Absage von dem Betrieb in dem ich den einen Tag war. Ich hatte dann wohl doch nicht so überzeugt. Aber ich war im Run und ich hatte Lust und ich wollte in diesen Beruf.
Und jetzt kommt der Hammer.
Ich hatte mich dann doch dazu entschlossen (Wenn auch äußerst ungern) mich bei einer Kette zu bewerben. > Kurzes Telefonat mit deren Verwaltung > 10min später meine fertige Onlinebewerbung hochgeschickt > wieder 10min später Antwort bekommen 'Ich solle mich doch in Neuss (Um die Ecke von mir) heute noch melden' > Dort angerufen > 16:00Uhr Vorstellung > 16:30Uhr war ich draußen mit Praktikum @ drei Tage.

>Fünf Tage später Ausbildungsvertrag unterschrieben. (Welch Ironie ... ich bekam als Begrüßung vom Chef eine Flasche Wein geschenkt :))
> drei Jahre Später am 29.06.2013 Hörgeräteakustiker :freu

Die Ausbildung war der reinste Genuss. Die Firma stellt jedes Jahr 2stellige Millionenbeträge bereit in die Aus und Weiterbildung. Die Filiale war die reinste Freude. Die Mitarbeiter aller erste Sahne und ich hatte das reinste Glück mit Vorgesetzten.
Es waren die glücklichsten und schönsten 3 Jahre die ich bisher hatte.
Ich war zwar immer auf Reisen und nur unterwegs aber es hat sich gelohnt. Der Beruf ist Krisenfest weil der Bedarf an Fachkräften nicht gedeckt werden kann.
Ich habe in Schlössern gewohnt und dort fürstlich gespeist, in Hotels die seines Gleichen suchen geschlafen und wurde ausgebildet.

Diese Ausbildung war das beste was mir jemals passiert ist.

Jetzt werde ich in Köln arbeiten gehen. Die Filiale wurde vor zwei Jahren eröffnet. Die Kollegen durfte ich schon kennen lernen. Auch das wird ein Spaß.

Kurz zum Beruf um hier mal doch zum Schluss zu kommen: Technisch sehr hochwertig und äußerst interessant. Ohne laufende Fort- & Weiterbildung bleibt man nach einem Jahr auf der Strecke.
Medizinisch (wenn auch nur auf das Ohr konzentriert) Bedarf es einer Menge an Fachwissen.
Kundenbetreuung habe ich für mich neu entdeckt.
Das angenehmste ist aber mein Arbeitgeber. Es wird wenig Wert auf den massenweise Verkauf von Hörsystem zu horrenden Preisen wert gelegt. Die Schwerpunkte liegen woanders.


Neues Leben, neues Glück!
Projekt Hörgeräteakustiker ist beendet!!
Ich melde mich hier wieder wenn ich Meister in diesem Beruf werde. :D

Ich bin so glücklich.
Maliko hat ja auch seinen Fachinformitker gemacht nach einer schweren Zeit.
Und Hidden ist auch Glücklich. (y)

Alles wird gut!
 
Ich ziehe meinen Hut vor Euch und sage einfach mal:
Toll das Ihr es geschafft habt und Ihr seid in meinen Augen ein Beispiel für alle, denen das Leben übel mitspielt.
Ich wünsche Euch alles Gute für den weiteren Weg!
 
Glückwunsch! - nicht nur schön, dass ihr es geschafft habt, sondern ganz besonders freut mich, dass man es hier lesen kann und ihr damit anderen viel Mut macht.
 
Guten Weg weiterhin und Danke für deinen Beitrag! (y)

Ich bin einigermaßen sicher, dass die meisten, oder viele ;), Mitleser und evtl. ...schreiber in ihrem Leben Höhen und Tiefen hinter sich haben, die Höhen und Tiefen unterschiedlich in der Größenordnung waren, von mir weiß ich das ganz sicher :)

ich bin sicher das solch ein Beitrag anderen Mut macht und deshalb noch einmal Danke das du das hier öffentlich mit uns teilst :)
 

Man mag mich zwar als chronischen Schwarz-Seher kennen, aber ich bin im laufe der letzten Jahre zu dem Glauben gekommen, dass sich irgendwann alles zum Guten wenden würde. Das hatte mir Kraft und Antrieb gegeben und ich erkannte, dass ich damit Recht hatte. Umso mehr freut es mich, dass es in jüngster Zeit schon zwei weitere Boardies mehr gibt, die diese Erkenntnis mit mir teilen durften. Ich möchte Dir herzlichst meine Glückwünsche aussprechen :)
 
@ Lass das blos nicht Brötchen lesen, sonst bin ich Dein erster Kunde in Köln. :D Es ist doch (noch) so schön, wenn meine Flocke mir einen Befehl gibt und ich keinen Bock auf Ausführung habe, darnach mit unschuldigem Augenaufschlag zu behaupten: aber Schatzimaus, das hab ich doch nicht gehört.

@ Skalp, wir drücken Euch die Daumen, daß alles so läuft wie Ihr es Euch wünscht.
 
Freut mich für dich, hört sich gut an!

Schöner Beruf, sicherlich sehr krisensicher. Macht meine "angeheiratete Cousine" auch (die hat auch erst die Ausbildung abgeschlossen und dann den Meister gemacht).
 
Wow, ich gratuliere! Das Leben umkrempeln, alles wieder auf die Reihe kriegen, nicht einfach!
Da steht mir noch ein kleines Stück bevor, ich zieh mich einfach an euch hoch als Vorbilder ;)

Super Leistung!
 
Einen Beruf und eine Arbeitsstelle zu finden, die einem nicht nur den Geldbeutel füllt, sondern auch Spaß machen ist immer eine prima Sache.
Wenn es nach so einer Vorgeschichte dann passiert ist es aber umso schöner. :)

Gratuliere! (y)
 
Dass es sich nach so einem hartem Schicksal zum guten Gewendet hat ist doch eine gute Sache.

Meinen Respekt für den Mut und das Durchhaltevermögen die ganze Zeit. (y)
 
So langsam setzt sich das ganze jetzt.
Es ist ein komisches Gefühl nicht mehr den Druck des Lernens im Nacken zu verspüren. Auch die Gedanken an den nächsten Schulblock sind weg.
Ihr müsst euch vorstellen, dass ich in den letzten 2 1/2 Jahren acht mal in Lübeck in der Berufsschule war. Und das waren immer mindestens vier Wochen am Stück.
Dazu kamen hier und da noch einige überbetriebliche Ausbildungen plus die interne Ausbildung bei der Firma welche auch Wochenweise ca. drei mal im Jahr durchgemacht werden musste.
Einmal war ich am Stück sechs Wochen unterwegs. Das war schon haarig.

Dennoch bin ich dankbar derweil ich alles finanziert bekommen habe. Sowohl die Reisekosten nebst Spesen + Unterkunft + Reisekosten während der Schulzeit Heim zur Familie.
Das hatte während eines Schulblocks schonmal 900 Euro gekostet. Nichts musste ich dazu bezahlen.

Andere Azubis mussten alles selbst bezahlen. Und da kann man sich ja selbst ausrechnen wie teuer so ein Schulblock ist wenn man im ersten Lehrjahr nur knapp 260€ raus hat.
Gott sei Dank hatte ich mich bei dieser Kette beworben. Wäre ich im Kleinbetrieb genommen worden hätte ich das auch alles stemmen müssen. Und ich bin sicher, dass dann die ein oder andere Narbe dazu gekommen wäre.

Aber so war ich komplett abgesichert, hatte keine Unkosten und habe weit aus mehr Lehrgeld bekommen als die anderen.
Das war pures Glück. Dessen bin ich mir bewusst und dadurch konnte ich mein Weltbild doch etwas regenerieren. (y)
Jetzt heißt es erst mal noch eine Woche Urlaub und dann rein klotzen.
Finanzielle Schieflagen können jetzt korrigiert werden, es kann mal auf einen vernünftigen Urlaub gespart werden .... und so blöde kleine Nebensächlichkeiten, wie mal einen neuen Staubsauger kaufen ... darüber mach ich mir ab nächsten Monat keine Gedanken mehr.

Ich bin einfach nur dankbar und glücklich. Das ist ein schönes Gefühl :)


Vielen Dank für eure lieben Zeilen. :) :)
 
Bei all den glücklichen Umständen vergiss nicht auch ein wenig dir selbst dankbar zu sein. Anfangen und durchziehen muss man sowas nämlich auch erstmal. (y)
 
Ich hab leider keinen Hut zur Hand, sonst würde ich den jetzt aufsetzen - damit ich ihn vor Dir ziehen kann! :respekt
 
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