Google vs. Zeitungsverleger: Wem nutzt das Leistungsschutzrecht?

Supernature

Und jetzt?
Teammitglied
Es wird ja dieser Tage heftig gestritten um das Leistungsschutzrecht - ab heute auch im Bundestag. Während Google durch das geplante Gesetz das freie Internet in seiner Gesamtheit gefährdet sieht, fordern die Verlage ein Ende der Ausbeutung durch den Such-Giganten, der mit fremden Inhalten eigenes Geld verdient. Übertreiben tun natürlich beide - und ab heute entscheiden nun Politiker, die das Internet größtenteils nach wie vor für etwas grundsätzlich Suspektes halten, wie das künftig geregelt werden soll. Eigentlich kann da am Ende ja nur Unfug heraus kommen.

Wie seht Ihr das denn?

Die Position von Google ist mir grundsätzlich sympathischer - und ich glaube auch, dass in den Verlagen viele Betonköpfe sitzen, die das System noch nicht richtig begriffen haben. Natürlich ist es richtig, dass Google sich fremde Inhalte aneignet und diese z.B. über Google News auch monetarisiert. Andererseits fließen den Webseiten der Magazine auf diesem Weg auch Leser zu - und das sind gewiss nicht wenige. Eigentlich also eine klassische Win-Win-Situation, und statt darüber zu streiten, sollten sich die Parteien eher an einen Tisch setzen und überlegen, wie sie das System verbessern - so dass alle Beteiligten mehr verdienen und so ganz nebenbei der Leser auch noch einen Mehrwert hat.

Mir scheinen da eher von Seiten der klassischen Medien die Fronten verhärtet zu sein, und so ein bisschen erinnert mich das an die Musikindustrie, die ja das digitale Zeitalter auch so lange verteufelt hat, bis sie fast daran verreckt wäre. Und jetzt fährt man mit dem neuen Modell ganz gut und ärgert sich bestimmt, dass man das nicht schon früher kapiert hat.

Genau aus diesem Grund möchte ich mir fast wünschen, dass das Gesetz durchgewunken wird und Google sich anschließend weigert, die Gebühren für das Indizieren von Artikeln zu bezahlen. Sollen sie am Besten die ganzen Online-Ausgaben der Tageszeitungen komplett aus dem Index werfen - und dann wollen wir doch mal sehen, wie lange es dauert, bis die von ganz alleine und ziemlich kleinlaut angekrochen kommen...
 
Mir fehlen da natürlich die ganz tiefen Einblicke, aber von meinem aktuellen Wissensstand gesehen sieht mir das wie ein Eigentor der Verlage aus. So wie Supi schreibt, werden den Verlagen Leser auf die Seiten geschickt. Und zwar von Google.

Was machen denn die meisten Interessierten? Sie geben bei Google "Kachelmann Freispruch" ein und suchen sich aus den gelisteten Ergebnissen eines aus. Es ist doch nicht so, dass Google Inhalte (bis auf ein paar Worte) anzeigt. Klar, Google verdient mit passenden Anzeigen Geld, aber wenn man das an die Verlage weiterreichen muss, dafür dass man ihre Inhalte unters Volk bringt, dann stellt sich für Google ganz klar die Frage, wozu das dann noch gut sein soll. Ich vermute, die Zugriffszahlen würden ohne die Weiterleitungen über Suchmaschinen einbrechen. Die Leute würden sich ihre Informationen woanders holen und den Werbeverlagen würden die eigenen Werbekunden auf den Websites verloren gehen, weil ja kaum noch jemand reinschaut. Für die paar Leute, die regelmäßig bestimmte Websites einer Zeitung oder Magazins besuchen, lohnt sich die dahinter steckende Arbeit sicher nicht.

Würde Goolge Inhalte frei zugänglich machen, für deren Nutzung man beim Verlag bezahlen müsste, sieht die Sache natürlich anders aus, aber ich nehme nicht an, dass das geschieht.

Eine Einigung aus der ein sinnvolles Konzept für alle Parteien (Nutzer, Verlage und Google) hervorgeht, wäre in der Tat die beste Lösung. Aber es müssen vermutlich noch mehr Verlage zu Grunde gehen, bevor die Branche bemerkt, dass sich die Zeiten ändern. Und dabei geht es noch nicht einmal darum, dass alles nicht annerkannt würde, was die Verlage leisten. Tatsache ist aber, dass Informationen heute aus so vielen Quellen verfügbar sind, dass die Internetnutzer auf alle Fälle dran kommen. Es geht also drum, sein eigenes Blatt an den Mann zu bringen. Und das kann kaum noch anders als über die Suchmaschinen geschehen. Sehe ich Meldungen vom Spiegel oder der FAZ würde ich die eher anklicken als jene aus einem russischen Blog. Aber hey, wenn die "guten" Seiten nicht mehr gelistet sind, dann klick ich eben eine andere an. Google verliert dabei am wenigsten. Aber ich als Nutzer und ganz sicher auch die Verlage.
 
So, und nun ist es passiert - das Gesetz zum Leistungsschutzrecht ist seit heute beschlossene Sache.
Damit war Angela einmal mehr ein braves Mädchen und hat artig umgesetzt, was ihr von den Lobbyisten befohlen wurde.

Nun bleibt abzuwarten, wie die praktischen Auswirkungen überhaupt aussehen. Wird Google kleinlaut einen Obolus entrichten oder weitehrin eine kämpferische Linie fahren? Ich erwarte Letzteres. Eventuell werden aber die Debatten einfach nur leiser werden und irgendwann verstummen, bis wir uns in einem Jahr fragen: Was hat sich denn nun eigentlich geändert?
 
Schade, dass das Leistungsschutzrecht nicht auch gilt, wenn Die Presse mal wieder nahezu wortwörtlich von Bloggern abschreibt. Eigentlich sollte die Presse dann auch einen Obolus abdrücken ... :motz
 
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