Streik legt Frankfurter Flughafen lahm - dürfen die das?

Supernature

Und jetzt?
Teammitglied
Es sind relativ betrachtet nur ein paar wenige Mitarbeiter, die am Frankfurter Flughafen den Aufstand durch Ausstand proben:
Weil das Bodenpersonal streikt, werden am heutigen Nachmittag zahlreiche Flüge mit Verspätung starten oder komplett ausfallen. Für den morgigen Freitag hat die Gewerkschaft "GdF" gar von 8 bis 22 Uhr zum Streik aufgerufen.
Nun fragen sich Viele: Ist das überhaupt verhältnismäßig?
Darf eine kleine Gruppe von Menschen den Betrieb am wichtigsten Flughafen Deutschlands derart massiv beeinträchtigen und damit vielen Urlaubs- und Geschäftsreisenden große Probleme bereiten?

Meine Meinung: Klar dürfen die das!
Es ist ja genau der Sinn und Zweck eines Arbeitskampfes, durch Streik so großen Druck zu erzeugen, dass die Arbeitgeber kompromissbereit werden.
Man sollte von Fall zu Fall natürlich die Verhältnismäßigkeit beachten - in diesem Fall sehe ich die aber gegeben:
Am Verhandlungstisch konnte keine Einigung erzielt werden, also hat man einen Schlichter bestellt, der einen Vorschlag gemacht hat.
Diesen Schlichterspruch hat die GdF vollumfänglich akzeptiert, der Flughafenbetreuber Fraport will nicht mal darüber reden.
Da ist es nur richtig, dass die Gewerkschaft zu den Mitteln greift, die ihr zustehen.
Die Fluggäste, die jetzt von den Ausfällen betroffen sind, sollten ihre Wut auf die richtigen Leute lenken - und das sind nicht die Streikenden.


Was mir aber insgesamt an der Entwicklung nicht gefällt ist die Tatsache, dass für immer kleinere Gruppen eigene Tarifverträge ausgehandelt werden. Damit schaden sich die Gewerkschaften langfristig selbst.
Es kann außerdem einem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, dass er für alle möglichen Berufsgruppen Verträge handeln muss und sich dabei jedes Mal einem Arbeitskampf gegenüber sieht.
 
Dass für subjektiv immer kleinere Gruppen separate Tarifverträge ausgehandelt werden ist doch nur eine Folge eines sich verändernden Umfelds.

Waren früher z.B. alle am Flugbetrieb beteiligten Beschäftigen Angestellte des Flughafenbetreibers ist es heute so, dass die diversen "Dienstleistungen" nach und nach einzeln in kleinere Tochterunternehmen ausgelagert wurden, eben um die "großen" Tarifgefüge zu umgehen und so in nicht geringem Umfang Personalkosten zu sparen ... Auch die Beteiligung bzw. Übernahme eben dieser Dienstleistung an anderen Flughäfen wurde so erst relativ einfach möglich (Konkurenz belebt das Geschäft ... oder so ...).
Dort, wo dies nicht geschehen ist, waren aufgrund der Sturheit der großen Firmen nur noch Tarifabschlüsse für bestimmte Berufsgruppen eines Unternehmen möglich, während alle anderen im selben Unternehmen leer ausgingen - also haben sich viele Gewerkschaften mittlerweile auf die Bedürfnisse einzelner Berufsgruppen spezialisiert und fechten entsprechende Tarifgefechte aus.

Ich denke, dass aufgrund dieser Entwicklungen immer mehr "Spartengewerkschaften" entstehen werden, die sich um ihre "Schäfchen" im ganz speziellen kümmern - die noch bekannten großen Gewerkschaften können da wohl nicht mehr mithalten - deren "Programm" ist einfach nicht mehr "zeitgemäß".

Nun trifft es halt mal wieder den Luftverkehr - demnächst die Patienten in kommunalen Klinikem - dann evtl. Pendler die in irgend einem Ballungsraum auf ihr öffentliches Verkehrsmittel angewiesen sind - etc. etc.

Ich habe kein Problem damit - die dürfen das - das ist ihr gutes Recht! Auch im kleinen!
 
Was mir aber insgesamt an der Entwicklung nicht gefällt ist die Tatsache, dass für immer kleinere Gruppen eigene Tarifverträge ausgehandelt werden. Damit schaden sich die Gewerkschaften langfristig selbst.
Es kann außerdem einem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, dass er für alle möglichen Berufsgruppen Verträge handeln muss und sich dabei jedes Mal einem Arbeitskampf gegenüber sieht.
Daran sind die großen Gewerkschaften selbst schuld. Eine Gewerkschaft ist zuerst einmal eine Interessengemeinschaft, die die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten hat. Und nicht die der Arbeitgeber oder die der Politik!

Und genau ihre Interessen sehen immer weniger Arbeitnehmer durch die großen Gewerkschaften vertreten. Was interessieren mich als Arbeitnehmer die permanenten Aufforderungen der Arbeitgeberverbände und der Politik zu maßvollen Tarifabschlüssen?

Denn egal ob die Konjunktur gerade brummt oder im Aufschwung oder im Abschwung begriffen ist, die Arbeitgeberverbände vertreten tatsächlich das Interesse ihrer Mitglieder an Gewinnmaximierung und rufen immer zur Mäßigung auf. Die kleineren Gewerkschaften holen für ihre Mitglieder tatsächlich oftmals wesentlich mehr heraus als es die großen Gewerkschaften tun.

z.B. hat der Marburger Bund für die Oberärzte in den Krankenhäusern dieses Jahr bis zu 11% Entgeltsteigerung heraus geholt, während verdi für das restliche Krankenhauspersonal mit einer maßvollen 6%-Forderung in die Tarifrunde geht, sich dort wahrscheinlich auf unter 3% herunter handeln läßt und anschließend das Ganze dann auch noch auf 2 Jahre verteilt.
 
@ Supi, Smuggler und Grainger: Besser als Ihr drei kann man diesen Komplex nicht zusammenfassen. Danke.

Ein kleiner Nachtrag fehlt mir hier aber noch. Die Aufteilung ganzer Personalstränge auf Tochterfirmen zur Kostenreduzierung führt auch zu Grauzonen im Skillmanagement und Kompetenzgerangel.

So wurde in einer Uniklinik in NRW z.B. eine Bürokauffrau über eine (100%ige Tochter) Personalleasing-Firma für Reinigungs- und Wachdienstleistungen (Tarife !!) für den Pfortendienst eingestellt. Sie leistet dort aber den Job ähnlich einer Sekretariatszentrale mit z. T. unausgebildeten oder studentischen Aushilfen in Wechselschichten. Was also selbst für eine Bürokauffrau nur durch die Zusatzqualifikation "Sekretärin" zu erreichende Position wäre.

Da sie aber für den Pfortendienst eingeteilt ist, werden ihre zusätzlichen "Skills" und ihre übermäßige persönliche Einsatzbereitschaft praktisch zum Mitnahmeeffekt. Für Verdi ein kaum zu lösender Knoten.
Und - wie ich gehässig vermute - bestimmt kein Einzelfall in unserem so (neo-)liberalen Land. Leistung soll sich ja schließlich wieder lohnen.
Die Frage ist nur: Wessen Leistung soll sich für wen lohnen? ;)
 
Da sie aber für den Pfortendienst eingeteilt ist, werden ihre zusätzlichen "Skills" …
Überqualifikationen werden von keinem Arbeitgeber extra bezahlt. Klar nimmt man sie gerne mit, aber man bezahlt sie eben nicht.
Wenn sich ein Diplom-Ingenieur auf eine Hausmeisterstelle bewirbt, wird er kaum ernsthaft eine Vergütung als Ingenieur erwarten können.
… und ihre übermäßige persönliche Einsatzbereitschaft praktisch zum Mitnahmeeffekt.
Übermäßige persönliche Einsatzbereitschaft ist ein ziemlich subjektiver Begriff und tarifrechtlich und vergütungstechnisch nur schwer zu bewerten. Der öffentliche Dienst hat so etwas mit der Einführung des TVöD im § 18 TVöD LeistungsOrientierte Bezahlung ja probiert und ist aus meiner Sicht als Personaler damit (bis auf ganz wenige Einzelfälle) grandios gescheitert.

Man ist mal wieder deutscher Gründlichkeit an die Sache heran gegangen und hat für die LOB den geringst möglichen Nutzen mit dem maximalen Aufwand realisiert. Eine LOB macht ja nur Sinn, wenn die Leistungsprämien diesen Namen auch verdienen (und nicht nur Almosen sind) und auch nur an die Leistungsträger gehen, die große Mitte vielleicht auch ein paar Brotkrumen bekommt und selbstverständlich auch etliche leer ausgehen.

Natürlich werden einige, die dann am Jahresende keine Leistungsprämie erhalten, darüber verärgert sein und die Welt nicht mehr verstehen. Nach meiner Erfahrung sind es oftmals gerade die minder leistungsbereiten Mitarbeiter, die vollkommen unrealistische Vorstellungen über ihre eigenen Leistungen hegen ;). Und genau so natürlich ist es deswegen dann auch zu Arbeitsgerichtsverfahren gekommen.

Nun muss der Arbeitgeber gerichtsverwertbar nachweisen, wie er die Leistungen seiner Mitarbeiter beurteilt, ob er die Minderleister regelmäßig in Personalgesprächen darauf aufmerksam gemacht und ihnen Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung aufgezeigt hat, nach angemessener Zeit erneute Gespräche geführt hat, usw.

Im ersten Jahr der Einführung betrug die zur Verteilung bereit gestellte Leistungsprämie 1% der Grundlohnsumme des Monats Septembers. Da ein Teil der Mitarbeiter wahrscheinlich gar nichts oder weniger als 1% erhält, bleibt für den Rest ein bißchen mehr. Unterstellen wir mal, dass ich nach etlichen Personalgesprächen, in denen sich ein Mitarbeiter engagiert gezeigt und seine Leistung verbessert hat, zu dem Schluss komme, er erhält 3% Leistungsprämie und dieser Mitarbeiter hat einen Bruttogrundlohn von 2.000 €/Monat. Dann erhält er 60 € Leistungsprämie brutto und je nach persönlichen Verhältnissen vielleicht gerade mal 35-40 € netto.

Diesen Mitarbeiter habe ich über das LOB-System das letzte mal motivieren können, ein zweites Mal läßt der sich nicht mehr von mir verarschen. :D

Und da das LOB-System dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit bietet, einfach gar nichts zu machen, stattdessen die 1%ige Leistungsprämie pauschal an alle auszuschütten und sich den Aufwand mehrerer hundert Personalgespräche (bei meinem Arbeitgeber) zu ersparen (und dafür evtl. sogar die Personalabteilung personell aufstocken zu müssen), machen das auch viele Arbeitgeber.

Inzwischen habe ich gehört, dass das LOB-System ohnehin wieder abgeschafft werden soll (worauf ich schon bei dessen Einführung gewettet hätte). Dann können sich alle Arbeitgeber im öffentlichen Dienst, die sich bisher den Aufwand erspart haben, selbst auf die Schultern klopfen.
 
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Bis zu 70% mehr Gehalt?
..... ich weiß wo bald "outgesourced" wird! :angel

.

Darauf habe ich gewartet!

Diese Meldung ist mal wieder der totale Schwachsinn!

Die Kollegen in München verdienen "etwas" mehr. Nun möchten die Jungs in Frankfurt auch etwas mehr!
Sie fordern bis zu 70% der Differenz zu ihren Kollegen aus München!

So wäre die Meldung richtig! Im übrigen gibt es einen Schlichterspruch, den die Fraport aber nicht anerkennen will.

Mit diesen wirtschaftsfreundlichen Meldungen lassen sie eben alle dummen Bauern fangen!
Es informiert sich ja keine Sau mehr, es wird schon Stimmen was in der Tagesschau berichtet wird.
 
@r00ts
Naja, die Lohnforderung ist mehr als Legitim. Du mußt auch die Inflationsrate und die Allg. Preislandschaft berücksichtigen.
Es wäre falsch, wenn sich das Bodenpersonal am Lohnniveau von "Kik Mitarbeiter/innen" orientiert.

Es schimpft ja auch keiner, wenn das Mittlere/Höhere Management sich einen Lohnzuwachs oder "Bonus" gönnt.
Warum also das ganze Theater? Die Flüge können nicht "Made in China" abgewickelt werden. :ROFLMAO:

Die Antwort, man will eine breitere Lohnzuwachsdebatte unterdrücken. :angel
..... das könnte ja eine Signalwirkung haben. ^^
 
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Danke für die Aufklärung bezüglich der 70 Prozent, ---rOOts---
Ich hatte das auch so verstanden, dass das eine absolute Erhöhung sein soll - gestört hat es mich trotzdem nicht weiter, ich bin automatisch davon ausgegangen, dass die Betroffenen danach immer noch zu wenig verdienen würden.
Allerdings bin ich auch durch meine frühere gewerkschaftliche Tätigkeit vorbelastet - was von Arbeitgebern und Wirtschaftsfunktionären erzählt wird, halte ich grundsätzlich erst mal für geschönt, gelogen und erfunden. In den letzten 20 Jahren lag ich damit aber auch nur selten falsch ;).
 
Noch ein kleiner Einwurf.
Frankfurt ist eine der teuersten Städte in unserer Demokratieähnlichen BRD.
Ich finde schon, das man Gehälter einfordern sollte, das man davon leben kann, ohne das Örtliche Jobcenter zu kontaktieren.

Wenn man bedenkt was das Personal für eine Verantwortung hat für Menschen, Flugzeuge & Maschinen,
dann kann ich den Gehaltsanspruch sehr gut verstehen. Dann müßten die eigentlich 100% Lohnzuwachs bekommen.
Aber Leistung voraus gesetzt. ;)

Ausserdem den ganzen Tag in dem Abgasgestank der Jets stehen, halte ich auch nicht für Gesundheitsfördernd !!!
Ich finde es voll Okay, wenn die Jungs und Mädels den Bossen mal zeigen was ne Harke ist!
Vielleicht geht ja mal ein Ruck durch das Land? ^^
 
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Wen es noch interessiert ...

Arbeitsgericht fällt Grundsatzurteil über Schadenersatz Ende März — Von Stefan Höhle – | Boulevard Baden

Ich drücke meine Gedanken mal so aus ... Wenn die mit ihrer Klage erfolg haben sollten, hätten wir nach meinem Verständnis kein Streikrecht mehr in Deutschland.
Man könnte dann ja von ver.di beispielsweise im Falle eines Streiks im öffentlichen Nachverkehr die Fahrtkosten für die ersatzweise stattfindende Autofahrt zur Arbeit verlangen.

Also - ich find´s nach wie vor spannend.
 
Die Höhe aller Schadenersatzzahlungen bedrohe die Existenz der Gewerkschaft, sagte ein GdF-Sprecher am Freitag.
Na das will ich doch hoffen. Immer weg mit diesen nutzlosen Vereinigungen zur Ausbeutung Derer die wirklich Hilfe brauchen und nicht bekommen. So lange nicht jedes Mitglied einer Gewerkschaft die selben Ansprüche hat handelt es sich bei diesen Vereinigungen lediglich um Zuschussgesellschaften für die Volksfeste mit Brot und Gesang welche Arbeitskampf genannt werden.
 
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