Berliner Polizei suchte per Mobilfunk-Überwachung nach PKW-Brandstiftern.

Supernature

Und jetzt?
Teammitglied
Eine Serie von Brandstiftungen an PKWs hielt besonders im letzten Jahr Feuerwehren und Polizei in Berlin in Atem.
Bei der Suche nach den Tätern hat die Polizei in noch nicht näher bekanntem Ausmaß großflächig Mobilfunkzellen überwacht, Daten gesammelt und ausgewertet.
Bestätigt ist bisher ein Fall aus dem Jahr 2009, wo auf Antrag der Staatsanwaltschaft insgesamt 13 Funkzellen ausgewertet wurden.
Dabei wurden die Verbindungsdaten aller Personen überprüft, die sich um die Tatzeit herum in diesen Zellen aufgehalten haben.
Auch danach soll es bis ins letzte Jahr üblich gewesen sein - trotz des 2010 ergangenen Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung - diese Daten zu sammeln und zu sichten.
Die Polizei äußert sich nicht dazu, die Politik fordert Aufklärung - was am Ende dabei heraus kommt, wird man sehen.

Quelle:
Autobrandstiftung: Polizei kontrollierte flächendeckend Handydaten - Berlin - Tagesspiegel

Die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung blende ich mal kurz aus - dennoch fehlt mir hier das Gesamtverständnis.
Vor einigen Jahren wurde mir ein wertvolles Handy gestohlen - damals sagte mir die Polizei sofort, dass eine gezielte Ortung nur bei Kapitalverbrechen von einem Richter genehmigt wird.
Dabei hätte man in diesem Fall ganz sicher sein können, keinen Unschuldigen zu verfolgen.
Andererseits aber soll eine allgemeine Überwachung, bei der man ebenso sicher weiß, dass man überwiegend Unschuldige durchleuchtet, sinnvoll sein?
Das will mir nicht in den Kopf.
 
Also ich fand/finde die Überwachung für solch einen Fall wie er in Berlin aufgetreten ist gut. Es wurden ja auch nur Handys im Bereich der Brandstiftung überwacht. Es wurden keine Gespräche aufgezeichnet. Nur eine Standortortung und wem der Anschluss gehört wurde gemacht.
Und da wir alle schon über die Rabattkarten, die neusten EC-Karten geortet werden können ohne es zu wissen, sehe ich das als Lappalie an, zumal wie schon gesagt es uns allen nutzte und sich auf nur einen sehr kleinen Bereich beschränkte.
 
Brandstiftung zählt AFAIK zu den Kapitalverbrechen (auf alles Fälle ist sich als gemeingefährlich eingestuft und wenn z.B. ein feuerwehrmann ein Auto löscht und darin befand sich z.B: eine Gasflasche, die explodiert, dann geht es aber richtig ab), somit bliebe nur noch der Umstand einer evtl. fehlenden richterlichen Genehmigung zur Überwachung der Funkzellen ... (edit: wer lesen kann ist klar im Vorteil: "Auf Antrag der Staatsanwaltschaft" = Ein Richter hat's entschieden.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch wenn ich persönlich eher wenig Probleme damit habe, wenn ein paar Autos abfackeln (ich hab ja keins!), so empfinde ich solche Aktionen als blinde Zerstörungswut gegen fremde Sachen.
Wenn dies Frust auf die Welt ausgelöst hat (wie der eine, den sie erwischt haben, ja behauptet hat), dann ist das noch lange kein Grund, diesen Frust an fremden Sachen auszulassen.
Daher halte ich die Überwachung von diesen 13 Funkzellen im Grunde genommen für in Ordnung.

Ich misstraue jedoch zutiefst der Sammelleidenschaft des Staates.
 
Konkret und verdachtsbezogen auszuwerten ist das Eine.
Damit es aber wie in diesem Fall nachträglich etwas auszuwerten gibt, müssen ja vorher alle Daten gespeichert worden sein - bei angenommenen 1000 Leuten also die von 999 Unschuldigen und eben jenem einen Täter.

Genau das ist ja die Krux bei der Vorratsdatenspeicherung - hier geht es ja auch nur darum, real existierende Täter zu ermitteln, oder etwa nicht? :)
Man kann das Eine ohne das Andere nicht haben.
 
Also das es in D keine Vorratsdatenspeicherung gibt kann du und jeder andere sich Abschminken.
Das habe ich selber mit eigenen Augen gesehen. Was da an Servergehäuse nur alleine beim Neubau der B N D angefahren wurde und auch noch wird kannst du dir nicht vorstellen.
Aber durch deinen Ehemaligen Job weiß du ja wie viel nur alleine Deine Zweigstelle hat. Du weißt auch was da gelagert ist. Und gelinse gesagt auch das ist Vorratsdatenspeicherung.
 
Genau das ist ja die Krux bei der Vorratsdatenspeicherung - hier geht es ja auch nur darum, real existierende Täter zu ermitteln, oder etwa nicht? :)
Nur mit dem Unterschied, dass man bei der allgemeinen Vorratsdatenspeicherung verdachtsfrei und generell die Daten von Personen speichert, die nicht mal in der Nähe waren bzw. sind oder nichts mit dem Fall zu tun haben können, also definitiv Unschuldige, von denen man schon vorher weiß, dass sie unschuldig sind bzw. bei denen erst gar kein Verdacht besteht. In diesem konkreten Fall war das jedoch so nicht gegeben, denn es waren tatsächlich alle Leute verdächtig, die sich zum fraglichen Zeitpunkt in der Gegend aufgehalten haben und die Überwachung dient unter anderem dazu, die 999 Unschuldigen vom Verdacht auszuschließen.

Um festzustellen, wer tatsächlich zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort war, hätte man natürlich auch 100 Beamte losschicken können und rechtlich völlig einwandfrei an jeder Wohnungstür anklopfen lassen und eine Befragung mit Protokollierung der Aussagen durchführen können, was bei schweren Straftaten durchaus nicht unüblich war und ist. Das wäre im Nachhinein sogar noch besser gewesen, denn wenn sich dann herausgestellt hätte, dass jemand die Täter gesehen hat und auch beschreiben könnte aber aus irgendwelchen Gründen geschwiegen oder ausgesagt hat, dass er nichts gesehen hat, dann kann man dem direkt noch einen wegen Falschaussage (oder was auch immer der richtige Begriff ist) hineinwürgen.
 
Da sind wir doch bei dem, was ich neulich in einem anderen Thread zum Thema SOPA schon erwähnte. Wenn soetwas wie Überwachung, Vorratsdaten, Blockaden, Stoppschilder wirklich effektiv eingesetzt werden soll, dann wird das nicht gross diskutiert und mit offensichtlichen, einfachen Gesetzen erlassen. Sondern über Hintertüren, richterlichen Verfügungen kombinierten Gesetzesauslegungen und schmierigen Paragraphen geregelt. Und dann setzt man vielleicht noch aufs Gewohnheitsrecht: wir machen das doch eh schon lange, das Volk ist daran gewöhnt, jetzt backen wir halt ein einfaches offensichtliches Gesetz drumrum, und entschärfen es sogar noch ein bisschen.

Das ist wie eine versteckte Preiserhöhung. Aber macht ja keiner.

Im aktuellen Fall halte ich es nicht für richtig, ganze Bezirke, Strassenzüge oder ähnliches einfach mal abzuhören, nur weil darunter ein paar Brandstifter (unabhängig davon wie schwer ihre Straftat ist) sein könnten. Aber reden wir doch nochmal darüber, wenn die Terrorgefahr wieder steigt und wieder Schläfer an Unis, in Moscheen, Kirchen oder Schulen sitzen. Wird dann auch einfach alles abgehört, aufgezeichnet und ausgewertet, nur um die Unschuld der Unschuldigen zu beweisen?

LG
 
Erbsenzähler. Es ist scheissegal ob wortwörtlich abgehört, ein Bewegungsrofil oder die Einloggorte (zwischen-)gespeichert werden und zur Analyse herangezogen werden. alles davon ist schon zuviel, erst recht bei einem so hohen "Kollateralschaden". Zwingend verdächtig? Meinetwegen, wenns ein Richter erlaubt. Aber einfach mal eine unbestimmt grosse Gruppe, derer Mehrzahl eben sowas von unverdächtig ist? Nää.
 
Wem diese ganzen Begriffe auch so durcheinander sind wie mir, dem hilft vielleicht auch die Sendung "Handyschnüffeleien" im Chaosradio vom 28.07.2011. Die freundlichen Menschen vom Chaos Computer Club geben sich Mühe, das nachvollziehbar und anhand von Beispielen zu erklären. Die Zahlen, die sie nennen, sind ebenfalls interessant.
 
Da fallen mir direkt 3 Möglichkeiten ein, wie man das umgehen könnte:

<zynismus>

  1. Man könnte zur Überwachung des Gebiets 30 bis 60 uniformierte Polizisten aufstellen, die das Gebiet Tag und Nacht im 3-Schicht-Betrieb beobachten (also pro Schicht 10 bis 20). Das schafft auch gleich Arbeitsplätze.
    Ergebnis: Keine Brandstiftungen mehr hier in dem Gebiet, aber dafür in den Gebieten, die gerade nicht mehr überwacht werden.
  2. Kameras, das wäre doch die Maßnahme! So etwas schreckt bestimmt ab und ist keine Vorratsdatenspeicherung! Die Kameras werden natürlich nur von intelligenten Leuten überwacht, damit garantiert keine garantiert Unschuldigen gesehen werden.
  3. Garnichts machen. Lass doch fackeln! Wozu gibt es schließlich Versicherungen!
    Was? Die Hütte nebenan brennt wegen Funkenflug auch ab? Pech aber auch, aber dafür gibt es auch Versicherungen ...

</zynismus>

Ich hoffe auf praktikable Vorschläge, wie man die Täter - außer durch Zufall - erwischen kann.
 
Sorry QuHno, wenn ich da jetzt drauf rum reiten muss - aber es war in diesem Fall eben nicht von Anfang an konkret, das wurde es erst, nachdem ein Verbrechen verübt wurde.

Lies Dir den Bericht nochmal genau durch:
Erst, als das Verbrechen schon verübt worden war, wurde die Auswertung der Daten beantragt - und man hatte nur deshalb etwas auszuwerten, weil zuvor verdachtsunabhängig alle Verbindungsdaten in den betroffenen Funkzellen aufgezeichnet worden waren - und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur dort, sondern auch überall anders. Der konkrete Bedarf an den Daten hat sich erst nachträglich ergeben - aufgezeichnet und gespeichert wurde bereits, als noch niemand wissen konnte, dass in diesem Bereich tatsächlich ein Verbrechen passieren wird.

Genau deshalb finde ich das Thema ja auch so spannend - jetzt muss man nicht über Eventualitäten spekulieren, sondern hat ein reales Beispiel - auch um den eigenen Standpunkt zu überprüfen.
Nachträglich hätten wohl auch alle Unschuldigen, deren Daten hier ausgewertet wurden, zugestimmt.
Aber was wäre gewesen, wenn man sie vorher - also ohne konkreten Anlass - gefragt hätte, ob man ihre Daten einfach so mal speichern darf.
 
Vielleicht hab ich es nicht ganz verstanden, aber wie möchte denn bitte eine "Überwachungseinheit" eine beliebige Sim-Karte gerade meiner Person zuordnen können?

Nur so als Beispiel: Ich verfüge derzeit über vier Sim-Karten. Wovon nur eine bei Alice unter meinem Namen läuft. Alle anderen habe ich geschenkt bekommen. Meist von Leuten, die sehr weit weg wohnen.
 
Lies Dir den Bericht nochmal genau durch:
Hab ich und dort stand auch, dass das 2009 stattgefunden hat, also 1 Jahr bevor entschieden wurde, dass das so nicht ganz rechtens ist - es war also zu dem Zeitpunkt, als es gemacht wurde, legal.

Bei den späteren Fällen: Keine Ahnung, so genau steht das auch nicht da.

Ansonsten: Funknetze werden von unterschiedlichen Anbietern genutzt, alleine schon die ganz normalen Abrechnungsdaten müssen enthalten, wer, wann, von wo, mit wem und wo der war gesprochen hat, da sich nur so die Gebühren an den jeweiligen Teilnetzbetreiber genau berechnen lassen. Diese Abrechnungsdaten unterliegen dem Vertragsrecht und werden garantiert nicht nach 4 Tagen oder 4 Monaten oder einem Jahr gelöscht, je nach Vertrag sind die Vertragspartner verpflichtet, die Unterlagen bis zu 10(!) Jahre(!) aufzubewahren, da so lange noch Widersprüche stattfinden können bzw. bei rechtlich bedenklichen Unregelmäßigkeiten diese Daten als Grundlage für ein Verfahren herangezogen werden können und dürfen.

Vorratsdatenspeicherung ist im Prinzip nichts anderes als Abrechnungsdaten abzüglich Geldsummen. Vielleicht sollte die Polizei demnächst einfach Einsicht in die Abrechnungen verlangen, genau so wie sie es schon zu Zeiten des guten alten Analogtelefons gemacht hat, wenn sie wissen wollte, ob der Tatverdächtige tatsächlich im Zeitraum von...bis zu Hause war.


Nichts gegen die Speicherung der Daten - interessant ist doch nur, wer und vor allem auch warum diese Personen Zugriff darauf erhalten. Wenn der Server-Admin/Betreiber eines mir bekannten Forums in sein Server/Datenbanklog sieht, weiß er auch, wann ich online war und sogar von wo etc. pp. (je nach Einstellung, was geloggt wird ;)) ich habe allerdings kein Problem damit, dass er hineinsieht. Ich hätte lediglich ein Problem damit, wenn 3. Personen dort hineinsehen, ohne dass sie mit einer richterlichen Anordnung oder meiner Genehmigung winken können bzw. explizit vom Server Admin damit aus Betriebstechnischen Gründen beauftragt wurden.

PS: Wenn ich einen Einzelverbinungsnachweis haben will, weil ich galube, dass mit der Abrechnung etwas nicht stimmt, bediene ich mich doch letztendlich auch einer Art Vorratsdatenspeicherung ...

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass Technik zwar uneingeschränkt und gerne von den Bösewichten benutzt werden darf, aber die "Guten" dürfen es nicht, da sie ja dabei Unschuldige mit erwischen könnten.
 
Das Ganze hat wohl eine weit größere Dimension als bisher bekannt.

In insgesamt 357 Fällen wurden 4,2 Millionen Datensätze ausgewertet, wie heise berichtet:
heise online | Berliner Polizei rasterte millionenfach Handy-Daten

Ganz besonders interessant finde ich auch die Aussage, es würden im Moment noch 1,7 Millionen Datensätze "aufbewahrt".
Es wurde also nicht nur auf die von den Providern gespeicherten Daten zugegriffen, was im Rahmen des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung zu diesem Zeitpunkt noch legal war, sondern es wurde eine Kopie dieser Daten angefertigt, die jetzt auf irgendeiner Festplatte einer Berliner Polizeiwache vor sich hin schlummert. Ohne jede Kontrolle, was mit diesen Daten geschieht, wann sie gelöscht werden etc.
 
Soviel dann zu "lediglich Standortbestimmung" .. und immernoch glaube ich, wir sehen gerademal die Spitze des Eisbergs. Da ist was faul im Staate Deutschland..
 
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