Alle Jahre wieder...

Astrominus

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..liest man am 1. Januar in den Nachrichten Meldungen wie diese:

Im bayerischen Gaißach kam ein 33-Jähriger durch einen selbstgebastelten Feuerwerkskörper ums Leben. Der Knaller explodierte kurz nach Mitternacht und verletzte den Mann so schwer am Kopf, dass er noch am Unglücksort starb.

oder solche:

Ein 63-Jähriger Münchner zerfetzte sich die Hand, als ein selbst gebauter Silvester-Knaller in seiner Hand explodierte. Ihm wurden mehrere Fingerglieder ab- und die Bauchdecke aufgerissen. Eine Notoperation rettete ihm das Leben.

oder aber:

Ein Kieler Böller-Bastler verletzte sich schwer an Hand und Gesicht. Zudem verursachte der 31-Jährige eine Evakuierung benachbarter Häuser. Das Munitionsräumkommando musste anrücken, um Sprengstoff-"Selbstlaborate" zu entschärfen, teilte das Landeskriminalamt mit.

QUELLE

Ich muss ehrlich sagen, das sich mein Mitleid mit solchen "Opfern" in recht überschaubaren Grenzen hält.

OK, zugegeben, während meiner jugendlichen Sturm -und Drangzeit haben wir an Sylvester auch einigen Schabernack getrieben, aber damals war ich 14, 15 Jahre Alt und bei den Fällen von oben, handelt es sich allesamt um "scheinbar erwachsene" Menschen.

Einige lernen es halt nie.
 
Okay, diese Meldungen verlangen nach einer Geschichte dahinter ...

Ein guter Freund nahm eines Tages ein Blatt Zeichenkarton, welches er über einem Bleistift zu einer Hülse drehte. Die schnürte er im oberen Drittel fest ein. Danach gab er oben ein Pulver hinein, von dem ich, die ich zuschauen durfte, was er "mir zum Geschenk" da jetzt Großartiges wohl basteln würde, zunächst nicht wußte, was es war, und unten Löschpapier, welches er Tage zuvor in einer Lösung dieses selben Pulvers getränkt hatte. Wenn man das dann anzündete, verbrannte es extrem rasch. Dann wurde das oben und unten ebenfalls noch mal abgebunden, oben dann auch komplett irgendwie abgedichtet. Seitlich hatte er noch einen Stab angebunden ...

Keine Frage, was das sein sollte ...

Das Papier hatte sozusagen die Treibladung sein sollen und oben dann, versprach er, würde es einen lustigen Blitz geben, wenn das Feuer - irgendwo in der Luft - den oberen Teil dann erreicht hätte.

Dann sind wir, als es draußen finster wurde, auf die Wiese beim Haus gegangen. Dort hatte er schon vorher ein Rohr eingegraben, wo hinein das nun gesteckt wurde ( ... über Sektflaschen verfügte die Jugend damals noch nicht in dem Maße wie heute sicher üblich).

Dann hat er es unten angezündet und wir schauten sofort nach oben, um nicht zu verpassen, wie hoch es wohl kommen würde.

Zum Glück! Denn anstatt, daß was in den Himmel flöge, tat es einen gewaltigen Kracher und alles wurde grell um uns her. Überall gingen die Fenster auf und wir konnten gerade noch abhauen, ehe man uns erkannt hätte. Es war noch längst kein Silvester.

Geredet hatten wir nichts. Hätten es sicherlich können, also versuchen, aber es hätte keiner von uns mehr noch irgendwas verstanden. Noch den halben nächsten Tag, waren uns die Ohren taub, nachdem wir so nahe dabeigestanden waren.

Er war davon allerdings noch nicht überzeugt und folglich auch nicht abgebracht, in nachfolgender Zeit noch weitere dieser Super-Kracher nun herzustellen.

Allein, ihm ging das Material aus. Und nur dadurch kam ich dahinter, woher das stammte: Eine ganze Clique von damals Fünfzehnjährigen - heute sagt man Gang dazu, nur früher waren die eben noch nicht annähernd vergleichbar gewalttätig - war dafür nächtens in Chemieläger eingebrochen, um schließlich ein ganzes Faß ( ! ) von dem Zeug zu klauen. Da mußten sie sich dann auch nicht mehr beschränken, sondern stopften das am Ende gar in Eisenrohre, die sie dann in Parks detonieren ließen. JA - absichtlich genau dann, wenn Leute in der Nähe waren. Die sollten so dann erschreckt werden. Eine urige Gaudi muß das gewesen sein, für so unterentwickelte Hirne ...

Meinem Freund hatte ich den Spaß insoweit dann verdorben, indem ich drohte, anzuzeigen, was ich nun wußte, falls er da weiter mitmachen würde. Ich war schon immer etwas ... unversöhnlich.

Einem von denen, welchen ich ebenfalls sehr mochte, hat es dann - zum Glück gerade noch rechtzeitig, bevor Unbeteiligte vielleicht wirklich noch von so einer selbstgebastelten Bombe schwer verletzt worden wären - etwas abgerissen ... ohne das er dann dennoch weiterleben konnte. Ich schreibe nicht genau was, weil es ja doch auffiel und derjenige später dann eine angesehene Position im öffentlichen Leben innehatte, falls also jemand so jemanden jetzt kennen würde. Ich komme zuweilen auch noch mit ihm zusammen.

... und immer wieder bin ich dann, sooft mein Blick die verstümmelte Stelle beiläufig streift, noch heute ganz verblüfft, wie so viel Intelligenz womöglich mal aus der Welt gepustet worden wäre, nur weil 'kleine Bubis' sich übereilt an so einer Sache beweisen zu müssen meinen und ihren Feundinnen oder sich untereinander mit einem solchen Irrsinn imponieren wollen.

Dieses Imponiergehabe ist allerdings nicht totzukriegen - ... weil man als echter Kerl doch mindestens eine Rakete auch mal aus der Hand heraus abgeschossen haben muß oder einen Kracher bis eine halbe Sekunde vor'm Zünden festgehalten.

Und ich selber ertappe mich ja auch immer wieder, wenn ich so denke ...

Also - immer, wenn zu Unzeiten mal wieder Kinder irgendwo einen Kracher gezündet haben und ich mich erschrecke, dann vor mich hin sage: "Soll's denen doch gleich die Pfoten abreißen!"
 
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