Entscheidet das illegale Wahlrecht die Bundestagswahl?

Supernature

Und jetzt?
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Das derzeitige Wahlrecht der Bundestagswahl ist grundgesetzwidrig - das hat das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr entschieden, und den Gesetzgeber gleichzeitig beauftragt, dies zu ändern - allerdings erst bis 2011.
So kommt das verfassungswidrige Wahlrecht bei dieser Wahl nochmals zur Anwendung - und könnte maßgeblich über den Ausgang entscheiden.

Grund sind die so genannten "Überhangmandate" - gewinnt eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise, als ihr gemäß den Zweitstimmen an Mandaten zusteht, so darf sie diese zusätzlichen Mandate behalten.
In Summe kann das dazu führen, dass eine Partei zwar keine Mehrheit der Stimmen erhält, aber dennoch die Mehrheit der Sitze hat.

Analysten sagen der CDU bei der Bundestagswahl ein Rekordergebnis von 20 und mehr Überhangmandaten voraus. Dies könnte am Ende dazu führen, dass CDU und FDP zusammen zwar keine Stimmen-Mehrheit, aber dennoch die absolute Mehrheit der Sitze haben.

Mehr dazu:
Negatives Stimmgewicht bei Wahlen ? Wikipedia
 
Das Bundesverfassungsgericht hätte imho die Bundesregierung verpflichten müssen, das Wahlrecht noch vor der Bundestagswahl 2009 zu ändern.

Eine Regierung, die es schafft, einen Bankenrettungsfond innerhalb von 14 Tagen durch alle Instanzen zu kriegen und zu verabschieden, muss sich künftig an dieser scheinbar doch möglichen Geschwindigkeit des Instanzenweges messen lassen.

Und das Wahlrecht zu ändern wäre doch so einfach gewesen: einfach die Überhangmandate weglassen, es hätte dazu bestenfalls der ersatzlosen Streichung von 1-2 Paragraphen bedurft.

Allerdings wäre dann die Zeit knapp (zu) geworden, um für all die verdienten Parteisoldaten, die bisher durch die Überhangmandate einen ebenso sicheren wie bequemen Arbeitsplatz hatten noch schnell andere Pöstchen zu finden.

Andererseits: mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% sind das eh alles freigestellte Lebenszeitbeamte, arbeitslos wären die nicht geworden. Im schlimmsten Fall hätten sie eben wieder in ihre ehemaligen Behörden zurückkehren und dort arbeiten müssen (oder zumindest so tun als ob). :D
 
Wenn es jetzt genau aufgrund dieser Regelung zur Regierungsbildung reicht, dann hat das schon einen faden Beigeschmack. Aber dennoch - obwohl schwarz-gelb ganz gewiss nicht meine Wunschkonstellation ist, wenn die SPD im Vorfeld schon mal vom größten Wahlbetrug in der Geschichte der Republik spricht, sollte dieser Fall eintreten, dann wirkt das wie ein peinlicher Versuch, von der eigenen Niederlage abzulenken.

Die Grünen hatten einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht, der von der großen Koalition abgeschmettert wurde - wen wundert's ;).
 
Nur zur Richtigstellung. Das derzeitige Wahlrecht der Bundestagswahl ist nicht grundgesetzwidrig, sondern das Bundesverfassungsgericht hat eine Regelung des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig erklärt. In 2005 waren durch das negative Stimmgewicht 27 Sitze betroffen, davon 12 bei der CDU und 15 bei der SPD.

Die Überhangmandate weglassen, ist keine Lösung. Damit würde die Möglichkeit, einen Direktkandidaten zu wählen, entfallen. Einfacher wäre es, statt Landeslisten eine Bundesliste zu erstellen, dann stellt sich das Problem der internen Überhangmandate nicht mehr.
 
Die Überhangmandate weglassen, ist keine Lösung. Damit würde die Möglichkeit, einen Direktkandidaten zu wählen, entfallen.
Nicht zwangsläufig, man müsste dann eben nur für jeden gewählten Direktkandidaten einen Listenkandidaten streichen. Ganz einfach.

Noch besser wäre es, das Wahlrecht gleich dahingehend zu ändern, das nur noch Direktkandidaten zulässig sind.
 
Die Überhangmandate weglassen, ist keine Lösung. Damit würde die Möglichkeit, einen Direktkandidaten zu wählen, entfallen. Einfacher wäre es, statt Landeslisten eine Bundesliste zu erstellen, dann stellt sich das Problem der internen Überhangmandate nicht mehr.

Eine weitere Möglichkeit, dem Wählerwillen Rechnung zu tragen, wäre die Schaffung von Ausgleichsmandaten zu den Überhangmandaten, die die prozentuale Sitzverteilung der für die Parteien abgegebenen Zweitstimmen entsprechend wiederherstellt. Das würde die absolute Anzahl der MdB zwar nochmals geringfügig erhöhen, würde aber die Verzerrung korrigieren.

So in etwa wird in NRW vorgegangen.

:)
 
Die Parteien verhalten sich in solchen Fällen wie Menschen. So lange es mir zum Vorteil gereicht, ist eine Regelung gut oder wird deren Veränderung herausgezögert. Muss ich einen Nachteil befürchten, wehre ich mich mit Händen und Füßen gegen diese Regelung und verlange sofort eine grundlegende Änderung. Und zwar damit ich wieder auf der Gewinnerseite bin.
 
Eine weitere Möglichkeit, dem Wählerwillen Rechnung zu tragen, wäre die Schaffung von Ausgleichsmandaten zu den Überhangmandaten, die die prozentuale Sitzverteilung der für die Parteien abgegebenen Zweitstimmen entsprechend wiederherstellt. Das würde die absolute Anzahl der MdB zwar nochmals geringfügig erhöhen, würde aber die Verzerrung korrigieren.

So in etwa wird in NRW vorgegangen.

:)
ich bin sicher, Du weisst, wovon Du redest.
Aber Du erreichst mich nicht.
Und Du ahnst nicht wie sehr ich das bedauere!

Ist es vermessen, zu bitten, dieses einfacher zu machen?

:) Madame
 
Blackthornes Vorschlag als vereinfachtes Zahlenbeispiel:

Es sind 100 Sitze zu verteilen - Partei A bekommt 60 Prozent der Stimmen, Partei B 40 Prozent.

Macht 60:40 Sitze für Partei A.
Partei A hat aber noch 10 Direktmandate gewonnen, kommt also auf 70 Sitze.
Damit sich das Mehrheitsverhältnis deshalb nicht verschiebt, bekommt Partei B nun auch noch sieben Sitze obendrauf - damit passt das Verhältnis wieder.
 
Blackthornes Vorschlag als vereinfachtes Zahlenbeispiel:

Es sind 100 Sitze zu verteilen - Partei A bekommt 60 Prozent der Stimmen, Partei B 40 Prozent.

Macht 60:40 Sitze für Partei A.
Partei A hat aber noch 10 Direktmandate gewonnen, kommt also auf 70 Sitze.
Damit sich das Mehrheitsverhältnis deshalb nicht verschiebt, bekommt Partei B nun auch noch sieben Sitze obendrauf - damit passt das Verhältnis wieder.
Ich bin für die kostensparendere Variante, das Partei A für die gewonnenen 10 Direktmandate 10 Listenplätze opfern muss. Dann stimmt das Verhältnis auch wieder, aber ich es müssen nicht insgesamt 117 Abgeordnete bezahlt werden, sondern nur 100.

Unsere Regierung will doch sparen, da kann sie ja gleich mal mit gutem Beispiel voran gehen. Kleinvieh macht auch Mist.
 
Eine andere Lösung wäre, dass die absolute Stimmenzahl und nicht die prozentuale Mehrheit herangezogen wird:

Also z. B. ein Abgeordneter für 100 000 abgegebene Stimmen für eine Partei. Damit würde auch die sinkende Wahlbeteiligung viel mehr ins Gewicht fallen.
 
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