Wer bekommt schon, was er verdient ...

sirmes

assimiliert
Ahoi :)

Ich bin seit Februar aus wirtschaftlichen Gründen arbeitslos und arbeite seit dem in meiner alten Firma auf geringfügiger Basis mit der Hoffnung, wieder eingestellt zu werden. Ob die Hoffnung berechtigt ist kann ich schwer beurteilen. Das ist aber alles nicht so schlimm, da ich vorhabe, mich ab Oktober nochmal unter die Studenten zu mischen um ein Diplom für Maschinanbau zu erlangen.

Soviel zur momentanen Situation. Und nun zur Vorgeschichte:

Eines schönen Mittwochs vor 2 Wochen klingelt des Abends mein Telefon. Ein Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma hatte großes Interesse an meinen Fähigkeiten als Vermessungstechniker. Natürlich sollte alles ganz schnell gehen (Einsatz ab dem folgendem Montag) und man merkte deutlich: Die brauchen mich dringend! Nun gut, natürlich fühlte ich mich geehrt und freute mich ... bis ich ihm nach einigen Sätzen aus der Nase gezogen hab, daß es sich dabei ebenfalls um eine geringfügige Beschäftigung handeln soll.

Nun gut, ernüchtert ob dieser Tatsache sagte ich dennoch zu, am nächsten Tag vorbei zu kommen und mir das ganze einmal anzuhören. Am nächsten Tag saß ich nun bei dem Kollegen, die Samthandschuhe und den Honig hatte er schon auf dem Schreibtisch liegen, und hörte mir sein Angebot an:

Er suche dringend einen Mitarbeiter für 2 Wochen (vorerst), der sich mit Vermessung auskenne. Da ich nur 165€ dazuverdienen darf und diese Grenze bei einem 2wöchigen Einsatz sehr schnell ausgeschöpft wäre würde das folgendermaßen funktionieren: Ich baue mir ein Zeitkonto auf, daß dann Monat für Monat in 165€ Happen ausgezahlt wird. Naja, an sich ist das so nicht gedacht mit der geringfügigen Beschäftigung, aber der Gedanke, 2 Wochen zu arbeiten und dann 3 Monate 165€ zu bekommen war schon verlockend.

Natürlich kamen auch die üblichen Aussichten auf eine Festanstellung in dem Betrieb usw. auf den Tisch. Nach einer Absprache mit meinem alten Chef nahm ich das Angebot an, vielleicht würde sich ja wirklich was entwickeln.

Nun gut, bisher klang das ganz vernünftig. Was mir mehr oder weniger verschwiegen wurde war, das mein Einsatz in der Firma gleich mit einer Woche Übernachtungsaußendienst in Bayern beginnen sollte. Und das ganze für 7,20€ die Stunde :eek: Kein Tagegeld, nichts... Und die Kohle für die Übernachtung durfte ich natürlich auch erstmal vorschiessen. Die Arbeitslosen hams ja ...

Da kamen mir erste Zweifel. Dazu kam, daß ich von der Firma nicht nur für 2 Wochen sondern noch darüber hinaus eingeplant wurde. Damit würde ich mir ein Zeitkonto für das nächste halbe Jahr (grob geschätzt ;) ) aufbauen. Und sollte ich eine Festanstellung bekommen, würde das ja dann noch versteuert werden - oh Freude ...

Also Notbremse: Die 2 Wochen und dann ist wieder gut.

Heute nun hatte ich ein "interessantes" Gespräch mit dem Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma, in dem ich ihm das gesagt habe. Er war ziemlich traurig, daß ich zu den Bedingungen nicht weiter zur Verfügung stehen würde. Nach einigem hin und her bot er mir dann doch so etwas wie eine Festanstellung an. Und damit kommen wir zum eigentlichen Grund für diesen Beitrag:

Geradezu gönnerhaft bot er mir einen Stundenlohn von 8€ an. Nachdem ich ihm meine Vorstellung genannt habe, ließ er sich auf 8,10€ ein. Ich habe dankend abgelehnt.

Man überlege sich das mal: Ich bin ein gut ausgebildeter Techniker mit 4 Jahren Berufserfahrung und umfangreichen Kenntnissen. Die Arbeit macht zwar Spaß, ist aber durchaus anstrengend und fast immer mit Übernachtungen verbunden. Und dieser Honk (man verzeihe mir diesen Ausdruck) bietet mir einen Hungerlohn an und hat dabei nichtmal Gewissenbisse. Damit ihr nicht rechnen braucht: bei einer 40 Stunden Woche bedeutet 8,10€ am Monatsende brutto 1295€. Macht Netto ca. 950€ :eek:

Das Arbeit in Deutschland nicht viel wert ist (vor allem im Osten) höre ich nicht zum ersten Mal. Aber wenn mans am eigenen Leib erfährt , tut es fast schon weh irgendwie.

Wie seht ihr das? Schlimmerweise habe ich fast schon ein schlechtes Gewissen, daß ich eine Festanstellung ausschlage. Aber nur fast ;) Seht ihr das ähnlich oder haltet ihr mich für realitätsfern? Ich finde, solche Dumpinglöhne darf man nicht unterstützen - bin ich damit auf dem Holzweg?

Naja, aber vor allem wollte ich daß einfach mal los werden weil es mir schon ziemlich sauer aufstößt...

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit :)
 
Zeitarbeitsfirmen sind Ausbeuter. Die Leiharbeiter verdienen nichts weiter und die Firma streicht einen recht hohen Stundenlohn ein, von dem Leiharbeiter ein Drittel oder weniger abbekommen. Sollte auf dem ersten Blick abschrecken.

Nun aber zu dem kleinen Vorteil:

Du bist weniger gefährdet, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzurutschen.
Wer länger am Stück arbeitet, egal was er verdient hat, der hat größere Chancen auf eine neue Arbeitsstelle, weil man sich ja aus einer vorhandenen Beschäftigung heraus bewirbt.
Du weist quasi eine kleine Existenssicherheit auf.

Dadurch kannst du für eventuell künftige Arbeitgeber interessanter wirken als jemand aus einer länger andauerneden Arbeitslosigkeit.
Gerade weil du durch das Arbeitsleben auf dem neuesten Stand bist und nichts verpasst hast.

Weiter hast du die Möglichkeit dich bei entleihenden Firmen umzusehen. Vielleicht sind diese von deiner Leistung überzeugt und würden dich gerne fest einstellen, weil sie längerfristig den Bedarf sehen. Oder sie können dir anderweitig helfen.

Die Absicht, dich fortzubilden ist super. Durch neue Qualifikationen steigt dein Marktwert. Vielleicht kannst du dabei auch während der Studienphase bei einer Firma ein bezahltes Praktikum erlangen, wo noch die Möglichkeit auf eine Übernahme gegeben ist.

Auf lange Sicht ist eine Zeitarbeitsfirma keine Option. Sieh sie eher als ein Sprungbrett und nicht als Existensgrundlage.


Ein Freund von mir versucht auch durch die Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma an eine neue Arbeitsstelle heranzukommen.

Vielleicht klappt es ja bei dir.
Viel Glück. :)
 
Wieviel müsstest du (netto) verdienen, um im Monat alles bezahlen zu können?
Momentan fehlt mir eine Basis, deine Verhältnisse zu beurteilen.
Für mich wäre das nämlich minimal ausreichend - und ich hätte Rentenzeit.
 
Ich habe* für 7.80€ Brutto im Dreischichtsystem gearbeitet. Aleinverdiener 4köpfige Familie. ;)

*habe, weil zum 30.4. gekündigt wegen Auftragsmangel :cry:
 
Was ist denn der übliche Stundensatz für Vermessungstechniker? Mich würde die Differenz interessieren und damit, welche Wertschöpfung die Zeitarbeitsfirma mit Dir erzielt hätte.
 
Grundsätzlich finde ich es richtig was Du getan haßt, allerdings "nur", weil er Dir eine Festeinstellung zu einem "Hungerlohn" angeboten hat. Ich meine Du bist ja eine qualifizierte Arbeitskraft, da iist theoretisch wesentlich mehr drin.

Ich persönlich habe Zeitarbeit sehr viel zu verdanken. Habe ein paar Jahre Zeitarbeit gemacht, dadurch viele Firmen kennengelernt und letztendlich meine Festanstellung bekommen die ich seit ca. 10 Jahren habe.
 
Zeitarbeit ist nicht schlecht, die haben nur aktuell dasselbe Problem wie alle.
Im Bereich Elektrik ist der Mindestsatz knapp über 9 Euro, gegenüber einer
Festeinstellung wären das ca 3 Euro weniger.
Die anzurechnenden Normalstunden wären IMO 37.5h/Wochen, ab 40 Überstunden.
Monatsmittel sind ~168h, idR kommt man locker drüber. Dazu diverse sonstige
Sätze und KM-Geld (Differenz per EkSt).

Für eine(n) allein langt es, aber wenn man drei Köpfe zu ernähren hat, nicht.
Ich kann daher auch nicht die Quertreiber verstehen, die im TV sich die Blöße
geben und bekunden, dass sie dafür nicht aufstehen würden. Die denken
einfach zu kurz, da hängt einfach mehr dran (nicht nur Rente). Auch
psychologisch passiert da einiges im Kopf, ebenso die Fähigkeit, sich im
Beruf noch zurecht zu finden. 1 Jahr "Pause" macht sich bemerkbar, ganz klar.
Und die waren teilweise 5 und mehr Jahre raus.

Klar, man muss nicht, gerade, wenn sich genügend Optionen bietet, mit denen
man handeln kann. Allerdings glaube ich nicht, dass es ausgerechnet
Vermessungstechniker(innen) besser als der Rest gehen soll ;)
 
Das Leiharbeit ein Sprungbrett sein kann ist mir durchaus bewußt. Ich hätte das Jobangebot sicher zähneknirschend angenommen, wenn ich nicht ab Oktober studieren würde. Und sicher auch, wenn es nicht die eine oder andere Alternative gäbe. Ich denke da vor allem an zukünftige Neben- und Semesterferienjobs.

Brummelchen schrieb:
Wieviel müsstest du (netto) verdienen, um im Monat alles bezahlen zu können?
Momentan fehlt mir eine Basis, deine Verhältnisse zu beurteilen.
Für mich wäre das nämlich minimal ausreichend - und ich hätte Rentenzeit.

Überleben würde ich mit 500-600€. Aber bei einer 40-50 Stunden Woche (plus nicht unerhebliche Fahrzeit) oder gar 4-5 Tagen auf Montage möchte ich nicht nur überleben. Mit der Rentenzeit hast Du natürlich recht.

Vielleicht bin ich tatsächlich völlig realitätsfern, aber ich bin der Meinung, qualifizierte Arbeit sollte auch seinen Wert haben. Und auch wenn das schon tausend mal gesagt wurde: es wird nichts billiger. Dumpinglöhne - genauso wie Dumping Preise - werden uns früher oder später auf die Füße fallen.
 
Es hat ja niemand gepredigt, dass du dort für immer malochen sollst ;)
Es dürfte aber mehr sein, als vom Amt käme, zumindestens nach 12 Monaten
-> H4-Bezieher. Und bewerben kann man sich immer ;)
 
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