Irgend etwas liegt im gesetzlichen Rentenversicherungssystem Deutschlands schon seit einiger Zeit im Argen.
In anderen vergleichbaren Mitgliedsstaaten der EU können Arbeitnehmer teilweise sehr viel früher in Rente gehen und erhalten dennoch (Kaufkraft bereinigt) mehr Rente als in Deutschland.
Das hat imho mehrere Ursachen:
das gesetzliche Rentenversicherungssystem ist schon seit einiger Zeit kein echtes Solidarsystem mehr. Eigentlich müssten
alle Einkommen RV-pflichtig (besser: SV-pflichtig in
allen Zweigen der Sozialversicherung) sein und das auch nur in eine einzige Rentenkasse (die berufständigen Versorgungssysteme für Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, usw. gehören aufgelöst und zurück in die gesetzliche RV geführt). Auf die gesetzliche Krankenversicherung trifft übrigens im Prinzip genau dasselbe zu.
Die gesetzlichen Rentenkassen waren in den letzten ~50 Jahren Selbstbedienungsläden der Politik und wurden durch beitragsfremde Aufwendungen leer geplündert. Schon zu Zeiten von Franz-Josef Strauß wurden Starfighter, Schützenpanzer, usw. aus den Rentenkassen finanziert und auch in jüngerer Vergangenheit hat man immer wieder Geld daraus entnommen (z.B. für den finanziellen deutschen Beitrag zum ersten Golfkrieg). Davon mal abgesehen, das das ohnehin nicht zulässig ist (die Gelder sind eigentlich zweckgebunden) werden diese beitragsfremden Leistungen dann natürlich auch nur von den Beitragszahlern finanziert, so etwas
muss aus Steuermitteln von allen Einwohnern Deutschlands getragen werden.
Der von unserem Finanzminister immer wieder gerne geäußerte "Vorwurf", dass der Staat inzwischen etliche Milliarden jährlich in das Rentensystem pumpen müsste, ist natürlich eine glatte Unverschämtheit. Den zum einen wäre das gar nicht nötig, wenn man das Rentensystem in der Vergangenheit nicht derart unverschämt ausgeplündert hätte und zum anderen entspricht der Bundeszuschuss in der Höhe ziemlich genau den Aufwendungen für die Ost-Renten. Und die wiederum sind als Kosten der Wiedervereinigung ohnehin aus Steuermitteln und nicht nur von den Beitragszahlern der Deutschen Rentenversicherung zu finanzieren.
Außerdem hat man der Deutschen Rentenversicherung vorsätzlich Kapital entzogen. Eine freiwillige zusätzliche Aufstockung der Beitragsleistungen hätte auch diese anbieten können, dazu hätte es weder einer Riester- noch einer Rürup-Rente bedurft. Und der Versicherungsnehmer hätte noch den Vorteil gehabt, dass man das Ganze provisionsfrei hätte anbieten können.
Da aber Riester- und Rüruprente von vornherein nur der Gewinnmaximierung der Versicherungsunternehmen dienen sollten hat man den Weg über die Deutsche Rentenversicherung bewusst nicht gewählt.
Das wäre übrigens mal ein paar Punkte für ein Wahlkampfprogramm einer Partei (die SPD sucht doch verzweifelt ein Programm, mit dem sie sich von der CDU abgrenzen kann):
- umfassende und grundlegende Steuerreform (kein ewiges und letztendlich immer ergebnisloses Herumbasteln mehr an den Symptomen)
- Abschaffung der privaten Krankenversicherungen sowie der berufsständigen Versorgungseinrichtungen. Echte Solidarität für alle (ohne jede Ausnahme) und alle beitragsfremden Leistungen raus aus den Sozialsystemen
- endlich mal zugeben, dass Riester und Rürup einfach nur Gewinnmaximierungsmodelle für die Versicherungsbranche waren, den Mist umgehend wieder abschaffen und die Anleger entschädigen
- Arbeitnehmerüberlassungsgesetz abschaffen und Befristungen nur noch mit Sachgrund zulassen. Wer Arbeitskräfte braucht soll sie auch fest und unbefristet einstellen
Und das alles natürlich konkret beim Namen genannt mit einer Zeitschiene, die Umsetzung innerhalb einer Legislaturperiode erlaubt.
Mit WischiWaschi-Äußerungen und wenig konkretisierten Absichtserklärungen, wie sie derzeit Herr Schulz von sich gibt, kann man an der Basis keine Wähler mobilisieren.