[Politik] Die Vertrauensfrage: Notwendiger Schritt oder Farce?

Bio-logisch

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Die Vertrauensfrage: Notwendiger Schritt oder Farce?

Nun, diese Woche wird historisch:
Zum zweiten mal in der Geschichte wird ein Kanzler eine Vertrauensfrage bewußt verlieren, um Neuwahlen herbeizuführen.
Damit wird Schröder zwei Vertrauensfragen in seiner Amtszeit gestellt haben:
1.) Die erste, um sie zu gewinnen: 1999, als der Kriegseinsatz gegen Serbien durchgeboxt werden mußte (der Sündenfall der Pazifisten unter den Grünen)
2.) Dieses mal, um sie bewußt zu verlieren: Er will Neuwahlen, um seine Macht zu festigen und die Fraktion hinter sich zu sammeln.

Ein Vorgehen, das so nicht vorgesehen ist in der Verfassung:
An sich sollte ja immer 4 Jahre lang, also die volle Legislaturperiode, regiert werden.
Daraus ergibt sich eine an Absurdität kaum mehr zu überbietende Situation. SPD-Abgeordnete, die mit diesem Vorgehen des Kanzlers nicht einverstanden sind, haben angekündigt, ihm das Vertrauen auszusprechen, die, die ihm Folgen, werden sich enthalten und damit das Vertrauen formal entziehen, um ihn danach wieder an die Spitze des Staates zu wählen (so der Plan...).

Aber auch daren sieht man, die SPD ist unter Gehard Schröder in eine tiefe Kriese gestürzt, die sogar zu einer Spaltung geführt hat:
Das hat es das letzte mal bei der KPD gegeben (1919)!
Würde nicht das allein schon das Mißtrauensvotum rechtfertigen?
Schon, aber rechtfertigt es auch diese Scharade, ein abgekartetes Spiel um Machtränke?

Der Auslöser des ganzen waren die verlorenen Landtagswahlen in NRW und Schleswig-Holstein, womit der Kanzler im Bundesrat kaum ein Gesetz mehr durchbringen könnte:
Er ist also faktisch regierungsunfähig und würde die nächste reguläre Wahl nächstes Jahr bestimmt verlieren, da man ihm ein Jahr Stillstand anrechnen würde.

Nach derzeitigen Umfragen würde Schröder die Wahl verlieren und eine Kanzlerin Angela Merkel mit einer Union/FDP-Koalition regieren können.
Damit hätten wir zum ersten mal seit langem die Situation, das ein Lager in beiden Parlamenten, Bundestag und Bundesrat, eine Mehrheit hätte:
Damit verbunden eine Hoffnung auf eine einheitlichere Politik, da weniger Kompromisse gemacht werden müßten.

ABER:
Inhaltlich liegen SPD und CDU fast genau auf einer Linie, die Unterschiede muß man mit der Lupe suchen!
Das zeigt sich unter anderem an der großen Koalition in Schleswig-Holstein, wo man nach dem Simonis-Dolchstoß auch in der Lage war, sich zusammenzuraufen.
Müßte der Bundespräsident nicht konsquenter Weise eine Auflösung ablehnen?
Schröder müßte danach eine neue Regierung aufstellen, wobei nur eine Koalition mit der Union sinnvoll wäre.

Oder würde das nicht gehen, weil SPD und Union mit ihrer Parteitaktik eh nichts zustande bringen würden, wie der Jobgipfel ja schon zeigte.

Lange Rede, kurzer Sinn.
Ich bin mir überhaupt nicht im klaren darüber, was ich von der ganzen Geschichte halten soll.

Einerseits haben wir durch Neuwahlen endlich die Chance, eine wirklich handlungsfähige Regierung zu bekommen.
Andererseits ist die Art und Weise, wie diese zustande kommen wird ein Armutszeugnis für die ganze Politk, da wie immer Parteitaktik vor dem Dienst an Deutschland und dem Wähler kommt.

Darum dieses mal keine Abstimmung, sondern ein normaler Thread:
Meinungen sind gefragt!

MfG, Bio
 
Das ist eine typisch deutsche Bullshit-Aktion. Wenn er keinen Bock mehr hat, soll er zurücktreten.
 
Aus Schröders Sicht ist der Schritt nachvollziehbar. Seine Politik ist gescheitert - vielleicht nicht weil er das Falsche tut, sondern weil das "Marketing" nicht stimmt. Viele in der Partei verstehen ihn nicht mehr, das Volk erst recht nicht. Also sagt er: Entweder ihr bestätigt mir, dass ich es richtig mache, oder ihr lasst mich sofort raus aus der Verantwortung.
Es könnte eine gute Sache werden, hätten die Parteien dabei tatsächlich das Wohl von Land und Leuten im Sinn, aber das ist ja nicht der Fall. Vielmehr geht es um Machtkämpfe und Profilneurosen, die uns vorzeitig an die Urne zwingen sollen.
Den Wahlsieg hat die CDU sicher in der Tasche, ganz gleich ob es schon im September oder erst im nächsten Jahr Neuwahlen geben wird.
Egal, welche Partei an der Macht ist, schmerzhafte Einschnitte muss und wird es weiterhin geben. Kurioserweise schreien aber die am lautesten nach einem Wechsel, die unter einer Unionsregierung mit noch viel drastischeren Kürzungen rechnen müssen.
 
Wie verständlich und gerechtfertigt die Gründe für diese Misstrauensvotumsgeschichte sein mögen, sie haben schlimme Konsequenzen für das Ansehen der Politiker und deren Arbeit.

Ich mutmaße jetzt einfach mal, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung keine Ahnung hat, wie das mit dem Misstrauensvotum gehen soll, was das Gesetz dazu sagt, oder wie man sonst noch Neuwahlen herbeiführen könnte. Und von diesen Leuten dürfte ebenfalls die große Mehrheit überhaupt kein Interesse daran haben, wie das gehen soll.

Mach den Laden dicht oder halt bis 2006 durch. Diese Absprache, die ja keine Absprache sondern eine Empfehlung ist und die von bio oben beschriebene absurde Situation bezüglich Vertrauen kommt beim mäßig interessierten Bürger nicht an, kann gar nicht ankommen.

Wenn ich das richtig verstanden habe, könnte Schröder auch mit einem Rücktritt die Neuwahl erzwingen. Damit würde er ein, auch für den Uninteressierten verständliches, klares Signal geben. So geht's nicht weiter, es muss einen Neuanfang geben, entscheidet Euch für oder gegen mich und meine Partei.

Mit dieser Haltung würde er weniger Sympathien verlieren als mit dieser Misstrauensshow.
 
@chmul

Eine Verständisfrage:
Könnte er bei einer Neuwahl antreten nachdem er zurückgetreten ist ?

Tönt in Deinem Post so :confused
 
Ja klar, sein passives Wahlrecht verliert er ja dadurch nicht.
Was das Vorgehen angeht, bin ich vorhin über einen Kommentar in der Zeitung gestolpert: Nicht einmal ihre Selbstentmachtung bekommt die Regierung ordentlich geregelt...
 
Entweder du nimmst den "schwarzen" Revolver oder
den "roten" Colt und jagst dir ne Kugel durch'n Kopp.

Das ist Demokratie!
Du hast ja die Wahl gehabt.
bull shit

Nie bin ich zu Wichtigen Themen, die mich oder mein Land
betreffen, auch nur im entferntesten befragt worden,
geschweige denn hatte auf eine Entscheidung irgend welchen Einfluss.

Aber zeitlich befristete Diktaturen, die darf ich wählen.
Das verkauft sich dann als Demokratie,
was für ein Schwachsinn.

Und gleich kommt auch wieder der Einwand, dass ich
doch was dagegen machen könnt.
Schwachsinn!
Einsprüche an den Petitionsausschuss interessieren Keine Sau.
Wenn etwas nicht Passt wird es passend gemacht.

Wen von den Blindschleichen in Berlin interessiert es schon, das
etliche Beschlüsse der EU gegen das Grundgesetz verstoßen?
Keiner!

Wenn ich über Politik nachdenke, bekomme ich das große Kotzen.
Und ich würde diese .... am liebsten an die Wand stellen.
Wo sind denn heute noch Politiker, die es ehrlich meinen?
Die aus Überzeugung für unser Land und dessen Bewohner
Politik machen?

Die Säcke, ob rot, grün, schwarz oder gelb, denken doch alle
nur ans eigene Vorankommen und ans Geld, an ihr Geld!
Ach und an ihre Rente!



Nachtrag:

Das Grundgesetz wurde in den letzten 15 Jahren schon mehrfach
verletzt:

Asylgesetz, welches keines mehr ist

Lauschangriff auf allen Ebenen

Armeeeinsatz in Angriffskriegen, außerhalb des dt.Territoriums

Untersschrift unter einem EU-Verfassungdvertrag, der milit.
Aufrüstung vorsieht
und mit dem Sozialstaatsgeboot nichts am Hut hat

eine Vermischung von Militär, Polizei und Geheimdienst (siehe
Umwandlung vom BGS zur Bundespolizei, die nach Schilys Willen auch
noch gleich ins Ausland soll), umgekehrt wünscht sich die Union
nichts mehr als die Bundeswehr im Inland...
 
Zuletzt bearbeitet:
Agree..aber kleine Korrektur:

Die denken an UNSER Geld und wie sie es zu IHREM machen können :D

Gruss
Tim
 
Nach der Wa(h)lschlappe in NRW hat die SPD keinen Sitz mehr im
legislativen Bundesrat, sie kann nichts mehr einbringen.

Schröders Schritt war unvermeidlich und auch lange vorbereitet, nicht
umsonst konnte Münte so schnell auf die NRW-Wahl reagieren.

Letztlich hat die SPD keine Chance, sich erneut einzubringen, es
fehlen einfach die Möglichkeiten, die CDU/CSU hat alles in der Hand.

Was mich hier wieder ärgert, sind die angekündigten Enthaltungen.
Und das sind genau die, die den Angstschiss über den Verlust ihrer
Macht schon in der Hose haben.

Und so wie die Regierung Schröder es vorhat, kann es nicht weitergehen,
ebensowenig schmeckt mir die schwarze Politik auch nicht.
Vom Regen inne Traufe...

Wie roots auch sagt - die Typen sollten sich auf das "Wohl des Volkes"
besinnen und nicht nur das Beste vom Volk wollen.
 
Wenn sich ein durchaus funktionierendes, auf eine schmale, aber eigentlich sichere parlamentarische Mehrheit basierendes Regierungsbündnis so selbst seinen Gnadenschuss verpasst, nur um den bevorstehenden Abgang larmoyant zu zelebrieren, dann weiß man mal wieder, was da oben letztlich gespielt wird:

:devil Alles nur Show! :devil

gruß schrotti :) :)
 
[color=808080]/offtopic
  • Politik ist immer Theater, sie wird nur besser bezahlt :devil
/ontopic[/color]
 
ot:

Als Wuttke Intendand vom BE (Berliner Ensemble) war, hatte er mal sein Gehalt veöffentlicht.
500000 DM (in Worten fünfhunderttausend)
Da fiel mir dann auch nix mehr zu ein...
 
[color=808080]/offtopic
  • Für ihre Arbeit im Vergleich zur Wirtschaft, zu wenig, aber aktuell
    einfach zu viel bzw nicht leistungsbemessen und auch nicht haftbar.

    hmpf
/ontopic[/color]
 
Für mich ist nur noch interessant, angesichts der derzeitigen Umfragen und der daraus ersichtlichen Tendenzen ob die FDP und die Grünen im neuen Bundestag sind?

Derzeitig sieht es eher so aus, dass die CDU die absolute Mehrheit gewinnt und die einzigen Oppositionsparteien die SPD und die "linke Alternative" sind.
 
Die Grünen werden imho die 5%-Klausel schaffen, aber wahrscheinlich nur knapp.

Die FDP schafft es hoffentlich nicht (wahrscheinlich doch, aber auch eher knapp).

Die "linke Alternative" hat nach den derzeitigen Umfragen gute Chancen, deutlich über 10% zu kommen.

Die CDU/CSU kriegt sicher kein Ergebnis >50%, ihre Popularität sinkt nach einem anfänglichen Hoch von Umfrage zu Umfrage, kein Wunder bei den derzeitigen "Wahlversprechen" wie MWST-Erhöhung, Festschreibung des Arbeitgeberanteils an den Sozialausgaben (wobei der Arbeitnehmeranteil munter weiter steigen darf) und auch sonstiger totaler Konzeptions- und Perspektivelosigkeit.

Und was übrig bleibt kriegt die SPD.

Ohne Koalitionspartner wird wohl niemand eine regierungsfähige Mehrheit zusammen kriegen, aber selbst wenn (wieder allen Erwartens) die SPD (mit oder ohne Koalitionspartner) wieder in den Bundestag einzieht hat sich an der Situation im Bundesrat im Vergleich zu heute ja trotzdem nichts geändert.

Leute, auf uns kommen lausige Zeiten zu :cry:
 
Der Wiedereinzug der FDP ist ungefärdet, genau wie bei den Grünen.

Die Werte der letzten Sonntagsumfrage:
CDU 46,9 % SPD 27,4 % Grüne 9,2 % FDP 8,1 % PDS 4,8 % Sonstige: 3,6 %
 
Ich finde die Angelegenheit und die Situation auch haarsträubend.

Helmut Schmidt war in der gleichen Situation 1982 (Mißtrauensvotum), wie Schröder jetzt. Er war in der falschen Partei.
Immer wenn die SPD sich also der Mitte nähert, bekommt sie eins auf den Deckel und selbst wenn sie die CDU 1:1 abkupfert, machen sie immer noch alles falsch.

Ich werfe den großen Parteien vor, dass sie sich mehr damit beschäftigen, ihre Kontrahenten fertig zu machen, als die eigene Politik vielleicht auch in Abstimmung mit dem Gegner durchsetzen.

Richtig ist, dass die beiden garnicht so weit auseinander liegen. Aber die Machtgeilheit überschattet alles und ich würde mich nicht wundern, wenn es bei einer Wahl zur geringsten Beteiligung aller Zeiten käme. Die Parteien sind auf dem besten Wege das zu wiederholen, was sie in der Weimarer Republik versaubaeutelt haben. Aber es gibt keine Alternative, denn der braune Sumpf ist der Untergang.
 
Deine letzten Worte sollte man diesen Hornochsen auf die Stirn tätowieren (y)
 
Original geschrieben von Bio-logisch
Der Wiedereinzug der FDP ist ungefärdet, genau wie bei den Grünen.

Die Werte der letzten Sonntagsumfrage:
CDU 46,9 % SPD 27,4 % Grüne 9,2 % FDP 8,1 % PDS 4,8 % Sonstige: 3,6 %

Also ich glaube nicht an "Allensbach" und den meisten sollte doch gewärtig sein, dass just dieses Institut der CDU "nahesteht". Zumal andere Umfragen die FDP und die Grünen im Bereich um die 6-7% (seit Wochen mit sinkender Tendenz) sehen und die linke Wahlinitiatitive über 10%. Die linke Wahlinitiative gibt es ünrigens bei Allensbach noch gar nicht!
 
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