[Information] 2711 Betonstelen

chmul

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2711 Betonstelen

Heute wird in Berlin offiziell das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas eingeweiht. Ab übermorgen ist das Mahnmal dann auch für die Öffentlichkeit freigegeben.

1999 beschloß der Bundestag den Bau des Mahnmals bei dem auf der Fläche zweier Fußballfelder 2711 Betonstelen verschiedener Höhe aufgestellt wurden. Architekt Eisenmann hat keine Gendenkstätte entworfen, durch die man in großen Gruppen ziehen kann. Durch die enge Anordnung der Betonquader soll ein unterschwelliges Gefühl des Alleinseins erzeugt werden.

Unter dem Stelenfeld befindet sich der "Ort der Information", eine kostenlose Ausstellung die sich thematisch mit der Judenvernichtung beschäftigt. Unter anderem sind dort die Namen von 3,5 Millionen jüdischen Opfern des Nziregimes zu finden.

1989 wurde eine Stiftung gegründet die sich für ein Mahnmal zum Gedenken an die ermordeten Juden Europas einsetzt. Im April 2003 beginnen dann die Bauarbeiten, die dann im Oktober 03 wieder eingestellt werden, weil die Firma Degussa, die den Graffitti-Schutz der Stelen liefert, durch die Herstellung von Giftgas an der Ermordung der Juden beteiligt war. Einen Monat später wurde dann aber beschlossen, die Bauarbeiten wieder aufzunehmen, Degussa wurde nicht ausgeschlossen.

Eine Chronik des Mahnmals
 
Es ist falsch, mehrere Millionen Menschen aufgrund Ihrer Herkunft, Abstammung oder Religion zu ermorden.
Dieser Meinung wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch dann, wenn das nie passiert wäre und es kein Mahnmal gäbe.
Offenbar trifft das aber nicht auf alle Menschen zu. Spätestens beim Anblick dieses Bauwerkes dürfte es dann aber wirklich der Letzte einsehen.
(ich hab heute meinen sarkastischen Tag :))
 
Na das ist doch was - darauf degussa ich mir doch glatt einen hinter meine Zahnkronen - mal sehen, was mein Betonkopf aushält - mein Zinken färbt sich natürlich nicht rot :D


(n)
 
Gestern kam hat sich SWR3 im Top-Thema ebenfalls mit der Thematik befasst und unter anderem Geschichtslehrer zu ihren Erfahrungen befragt. Die stellen fest, dass sich bei den Jugendlichen verstärkt Langeweile einstellt, wenn das Dritte Reich oder die Judenverfolgung diskutiert werden.

Rechte Tendenzen werden also durch Desinteresse ersetzt. Unter anderem wohl auch wegen der Häufung. In deutsch wird das Tagebuch der Anne Frank analysiert, in Englisch Zeitungstexte zum Thema Nazireich üebrsetzt, in Gemeinschaftskunde (hieß es bei uns damals) die Auswirkungen rechter Gewalt und in Geschichte sowieso.

Außerdem sagte ein Experte, dass das Wissen um das Dritte Reich heute überwiegend aus Filmen stammt (also Kino und TV).

Meine Generation war von 20 Jahren in der Schule schon ewig weit weg, die heutigen Schüler haben dazu noch weniger Bezug. Vielleicht sollte man den Umfang dessen, was auf die Jungs und Mädels einprasselt wirklich reduzieren um die Wirkung zu erhalten. Eine Pflichtklassenfahrt in ein KZ oder nach Berlin zum Mahnmal könnte da wahrscheinlich mehr bewirken als ein paar Erörterungen und Kapitel im Geschichtsbuch.

Solange aber noch immer Bekloppte durch die Städte ziehen und diese Zeit verherrlichen, muss man leider weiterhin Aufklärung leisten.

Das Mahnmal hat übrigens gut 27 Mio. Euro gekostet. Ne Menge Geld. Wenn man aber sieht, dass Dresden erwägt, per Gentest den Verursacher illegal auf Gehwegen abgelegter Hundehaufen auf die Schliche zu kommen, dann habe ich den Eindruck, dass es genug andere Ansätze gibt um in Deutschland Steuergelder sinnvoller einzusetzen.
 
Meine Meinung dazu, habe ich schon mal hier gesagt. :)

Die Aufklärung über den Holocaust insbesondere bei der jüngeren Generation halte ich auf jeden Fall für wichtig. Die heutigen Nazis streuen immer wieder ihre Lügen und werden nicht aufhören, dass vergangene Unheil zu leugnen. Ob dafür rd. 28 Millionen Euro an einer wichtigen Stelle in Deutschland, wo nicht jeder oft hinkommt ausgegeben werden müssen, dass ist allerdings ein Streitpunkt.
Sicherlich bringen da Klassenfahrten zu den Gedenkstätten eine Menge mehr. Ebenso halte ich Projekte im Schüleraustausch in Osteuropa und Isreal für wichtig.

Wenn allerdings die Einsicht gerade in den jüngeren Generationen dafür fehlt, dass ein solches Mahnmal wichtig ist, dann verfehlt es die gewollte Wirkung.
 
Ich halte einen Besuch in einem ehemaligen KZ für sinnvoller, wirkungsvoller, beklemmender, nachhaltiger....

Viele Kids werden in diesen Klötzen nur eine leere Leinwand sehen, die auf ihre Tags wartet

Gruss
Tim
 
27 Mio. sind zwar eine Stange Geld, aber trotzdem nur ein Bruchteil dessen, was sich deutsche Vertreibungsgewinnler im Dritten Reich an ehedem jüdischem Eigentum unter den Nagel gerissen hatten! Diese Umverteilungsmaschinerie wurde auch durch die späteren Reparationszahlungen an Isreal oder osteuropäische Juden, die den Holocaust überlebten, nie völlig rückgängig gemacht!

Also an Geld sollte man hier wirklich als Allerletztes denken, eher daran, ob ein solcher Haufen schlecht ausgerichteter Betonklötze als Symbol für Millionen ermordeter Juden wirklich taugt! Die Monstrosität dieses Verbrechens, dieser staatlich angeordneten, unerbittlichen Tötungsmaschinerie lässt sich mit keinem noch so gearteten Mahnmal und keiner nachträglich gebauten Gedenkstätte auch nur annähernd erfassen, meine ich. Der Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers wie z.B. Dachau oder Flossenbürg hinterlässt da einen wirklich unauslöschlicheren Eindruck!

Um den Erhalt und die Verfestigung im Bewusstsein dieser das deutsche Selbstwertgefühl eigentlich permanent peinigenden Erinnerungsstätten haben sich alle Regierungen der Nachkriegszeit nicht herumgedrückt! Von daher hätte ein extra Mahnmal von der Größenordnung wie jetzt direkt neben den parlamentarischen Gebäuden nicht sein müssen! Ich kann schon verstehen, dass das von vielen als ein erneutes deutsches Selbstkasteiungsszenario empfunden wird, vor allem von den meisten Nachgeborenen, die ja keinerlei persönliche Schuld an den barbarischen Vorgängen trifft!

Ich kann mich weiterhin auch des Argwohns nicht erwehren, dass da um politischen Kalküls zu wessen Gunsten auch immer zu viel des Guten für das vergangene Schlechte getan wurde! Aber wir können und dürfen uns nicht zu Richtern über die eígene Geschichte aufspielen, da haben andere das letzte Wort, auch in Sachen Vergebung und Vergessen!

gruß schrotti :) :)
 
Original geschrieben von chmul
Die stellen fest, dass sich bei den Jugendlichen verstärkt Langeweile einstellt, wenn das Dritte Reich oder die Judenverfolgung diskutiert werden.

Gibt es irgendwas, was die Jugend nicht langweilt?
 
:confused Tja, mal ganz ehrlich mich langweilt es auch langsam !

Aufklärung, ja klar aber doch nicht so ... wie schon gesagt ... am besten den Film Schindlers Liste im Kino zeigen und danach eine KZ Besichtung, das ist Aufklärung !

Ausserdem es ist 60 Jahre her, jedesmal wenn irgendwo das Thema aufgegriffen wird heisst es immer nur, die bösen Deutschen ... hallo ??? Ich bin Baujahr 1972 --- ich habe damit nichts zu tun !

Fahrt doch mal in die USA und startet eine Kamagne, oder darf man nicht erwähnen das die Amerikaner ca. 20Millionen Indianer abgeschlachtet haben :confused Und das heute noch Behörden gibt die nichts anderes zu tun haben wie alte Indianische Kulturgegenstände zu vernichten !
 
@ Hans- Peter : Interessanter Querhieb, der nichts zur Diskusion aussagt. Dazu eine ziemlich provokante und haltlose Äußerung, Bravo, schöner Kommentar ...

Ich hab zu dem Thema schon damals, als der Bauplatz von der Regierung kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde, meine meinung geäußert und diese hat sich nicht wirklich geändert. Ich halte dieses Denkmal für Geldverschwendung aller erster Güte, das wäre wie wenn ich mir nen Stein von der Straße hole und irgendwo hinstelle und einfach mal sage, dass das jetzt nen Symbol zum Gedenken an den Holocaust ist. Die, die am Holocaust nicht zweifeln, sehen da ein paar Steine und interpretieren allerlei mist rein um ihre Vorstellungen zu untermauern und die, die den Holocaust verleumnden interpretieren ihren Teil herein der ihre Vorstellungen untermauert. Absolut Sinnfrei da einfach keine Aussage rüber gebracht wird. Ich dneke eher, da hat ein Architekt kräftig abgesahnt für nahezu 0 Arbeit.

Allerdings denke ich auch nicht, dass ein Besuch eines KZ großartig mehr Nutzen hätte. Ich weiß zumindest noch wies damals in der 10. Klasse bei mir war -> War eh alles bekannt und 2 oder 3 waren schockiert, der Rest relativ gelangweilt.

Da muss ich chmul recht geben, die Schüler werden mit dem Thema einfach bombardiert. Es soll jeden einzelnen eingehämmert werden, dass die Nazis die Bösen waren und Punkt. Ich denke durch die bei der heutigen Jugend immer mehr aufkommende Perspektivenlosigkeit und die damit verbundene Rebelionsbereitschaft, sorgt nur dafür, dass sich immer mehr Jugendliche den Rechten zuwenden aus bloßem Interesse daran einer alternativen Meinung anzugehören.

Ich kann diese Behauptung damit untermauern, dass auch in anderen Subkulturen immer mehr eine Steigerung von Posern zu vermerken ist und da mit der Musik auch oft die Politische Einstellung mitschwingt vermischt sich das schnell.

Was jedoch mehr bringen würde um die Erinnerung wach zu halten ohne eine Schuldzuweisung zu unternehmen oder das Thema zu vergessen ... keine Ahnung !
Wird es zu extrem hoch geputscht, wird dagegen rebelliert, wird es unter den Tisch gekehrt ... siehe USA Stichwort Farbige ................. Traurige Welt in der wir leben ...
 
So ein Mahnmal an sich ist ja eine gute Idee, aber das Geld hätte sinnvoller investiert werden können:

z.B. in eine gescheite Jugendarbeit...
 
Ich empfinde das Denkmal in dieser Form auch als Schwachsinn...

Mit abstrakten architektonischen Symbolen gigantischen Ausmaßes kann man
weder den Nachkriegs-Generationen den Rechtsradikalismus und seine Folgen erklären,
noch eine adäquate Geste Deutschlands gegenüber dem jüdischen Volk und der restlichen Welt
erreichen...

Vielmehr hätte das dafür aufgebrachte Kapital für ein neutrales Gebäude und
der dokumentarischen Aufbereitung in jeder nur möglichen multimedialen Weise
verwendet werden sollen, um möglichst viele verschiedene Bevölkerungsgruppen
(Alter, Intellekt, usw.) ansprechen zu können und ihnen die Ursachen, den Ablauf
und die Auswirkungen der damaligen Ereignisse und des Rechtsradikalismus im
Allgemeinen verständlich darzubringen...
 
Bei diesem Thema gibt es keine ´richtige´ oder ´falsche´ Meinung.
Selbst unter den Juden ist vieles an diesem Mahnmal, insbesondere die Abgrenzung gegenüber anderen Opfergruppen, sehr umstritten.
Wenn es in einer Schulklasse, die ein KZ besucht, mehrheitlich nur Langeweile gibt (wie von Daishi beschrieben), macht mir das Angst. Dann haben viele Institutionen versagt. Was wird nur werden, wenn es keine lebenden Zeitzeugen mehr gibt...


Gruss
Tim
 
Meiner Meinung nach auch Geldverschwendung. Wie schon weiter oben von Tim erwähnt halte ich den Besuch eines ehemaligen KZ beklemmender als ein paar Betonblöcke.

Ich bin auch nicht für das Vergessen, aber lieber das Geld für die Lebenden als für die Toten verwenden.

Mit 27 Millionen hätte man einiges Gutes machen können.
 
Ich find' das Mahnmal schon recht beeindruckend - ob es "sinnvoll" ist, kann ich nicht beurteilen, dafür müsste ich schon hinfahren. Zu überlegen, ob das Geld woanders besser angelegt wäre, ist relativ müssig - das kommt eh aus ... wie heisst das? Zweckgebundene Quellen oder so? Für "normale" Dinge wär das nie aufgewendet worden.

Etwas OT - heute Nachmittag zeigten sie im ZDF Filmaufnahmen der Judenverfolgung im Nazideutschland, in denen Juden ganz offen und offiziell aus ihren Wohnungen geholt wurden - wenn ich drüber nachdenke, bin ich doch froh darüber in einem so langweiligen Land zu leben, in dem ich mich über Big Brother, Jamba, schlechtes Wetter und schlechte Politiker aufrege.
 
Vermutlich lehne ich mich mit dieser Ansicht ziemlich weit aus dem Fenster, aber ich nehme an, dass bei dem Mahnmal auch touristische Gründe eine Rolle gespielt haben. Mit diesem Stelefenfeld ist ein weiterer Punkt auf Berlins Karte entstanden, den man Besuchen kann/muss. Zugeben wird das wohl kaum jemand, dabei wäre das ja gar nicht so schlimm. Wenn nur ein paar Mahnmaltouristen pro Jahr auch das Info-Center besuchen und einen anderen Blick auf dieses Kapitel kennen lernen, ist schon was gewonnen.

Dass das Stelenfeld manchen Leuten gefällt und von anderen als hässlich oder gar Platzverschwendung gesehen wird, ist ein Schicksal, dass es mit unzähligen anderen Bauwerken teilt.
 
@chmul
Der touristische Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, hört sich zynischerweise gesagt so etwas an wie nach "The show must go on"! Und weil das Verbrechen so monströs war, musste halt eine äquivalente Bühne zur Nachbetrachtung aufgestellt werden und das auch noch in der Frontline der Besucher-Must-See's von Berlin!!

Aber da jetzt schon mal alles steht, muss sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen, zur vielbeschworenen Einheitsfindung in den deutschen Hirnen, was unsere Vergangenheit betrifft, trägt das aber sicher nicht bei!

gruß schrotti
 
Original geschrieben von schrotti

Der touristische Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen....

......eine äquivalente Bühne zur Nachbetrachtung aufgestellt werden und das auch noch in der Frontline der Besucher-Must-See's von Berlin!!

Naja, Touristen bringen Geld und irgendwo her muss die Kohle kommen die jedes Jahr als Reparationszahlung nach Israel geht. Die brauchen das Geld ja schliesslich auch um ihre Säuberung in den Palästinensergebieten finanzieren zu können.


Nein, ich bin froh, dass Deutschland den Krieg verloren hat aber es gibt kein Land was so nachhaltig drauf hingewiesen wird wie böse es war und wenn man sich den Geschichtsunterricht in anderen Ländern anschaut noch heute ist.

In den USA gibt es heute mehr aktive Nazis wie im Dritten Reich in Deutschland, ich frag mich wo da mehr aufgeklärt werden muss.

Es ist schlimm was damals passiert ist das steht ausser Frage aber was hier gemacht wird dient lediglich der Auffrischung von Schuldgefühlen, der finanzielles Interesse zu Grunde liegt und nichts anderes. Und damit meine ich jetzte nicht die Einnahmen die Berlin durch Touristen zukommen.
 
Wir dürfen mit Sicherheit drauf hinweisen, dass es in anderen Ländern ebenfalls Aufklärungs- und Aufarbeitungsbedarf gibt, das hat allerdings nicht den geringsten Eingfluss auf unseren eigenen Aufarbeitungsprozess.

Das unfassbare Leid, das AH und seine Helfer und Mitläufer über die Welt verbeitet hat, lässt sich nicht relativieren, nur weil es in den USA oder Dänemark ne Menge Neonazis gibt oder Israel heute gegen die Palästinenser vorgeht.

Wir können uns gegen diese Missstände aussprechen und vielleicht müssen wir auch aktiv werden. Das hat meiner Ansicht nach aber nix mit dem Gedenken an die getöteten Juden zu tun.
 
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