[Information] Weihnachts- und Urlaubsgeld - Künftig nur für Gewerkschaftler?

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Weihnachts- und Urlaubsgeld - Künftig nur für Gewerkschaftler?

Mit Bonus-Leistungen für Mitglieder in Tarifverträgen will die Gewerkschaft Ver.di in Niedersachsen ihren Mitgliederschwund bremsen. Denkbar sei etwa, dass es Urlaubs- und Weihnachtsgeld nur für Ver.di-Mitglieder gebe, sagte der Landeschef der Dienstleistungsgewerkschaft, Wolfgang Denia, am Donnerstagabend in Hannover. Damit würde es sehr viel spürbarer, dass sich Gewerkschaftsmitgliedschaft lohne. Die Zahl der Ver.di-Mitglieder in Niedersachsen sei in diesem Jahr um "drei bis dreieinhalb" Prozent auf rund 300.000 gesunken.

Denia sagte, Ver.di wolle mit Arbeitgebern - vor allem bei Haustarifverträgen - Vereinbarungen darüber treffen, dass bestimmte Tarif-Bestandteile nur noch Gewerkschaftsmitgliedern zu Gute kämen. "Idealtypisch" solle ein Tarifvertrag künftig nur noch Anwendung für Gewerkschaftsmitglieder finden. Dies sei aber ein langfristiger Prozess.

Grund für die Pläne sei auch, dass in vielen Betrieben der "Solidaritäts-Gedanke" gelitten habe. Nicht-Gewerkschaftsmitglieder könnten nicht mehr erwarten, dass für sie die gleichen Konditionen gelten wie für Gewerkschafter, die sich an Protestaktionen oder Arbeitskämpfen beteiligten. Denia: "Niemand erwartet, dass er, wenn er aus der Kirche austritt, noch vom Pfarrer bestattet wird."

Denia will damit dem Beispiel der IG Metall in Nordrhein-Westfalen folgen. Dort waren rund ein Dutzend Tarifvereinbarungen abgeschlossen worden, die spürbare Sonderleistungen für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen. "Wir sehen nicht mehr ein, dass unsere Mitglieder entscheidend zum Tariferfolg beitragen und wie andere behandelt werden, die sich raushalten", hatte der Leiter des IG Metall-Bezirks Nordrhein-Westfalen, Detlef Wetzel, gesagt.

Arbeitgeber-Verbände hatten die Bonus-Leistungen scharf kritisiert. Solche Regelungen seien nicht haltbar und könnten vor Gericht jederzeit angefochten werden, hieß es.

Quelle

Das finde ich jetzt ziemlich heftig und ich frage mich, ob diese tarifvertragliche Ausgrenzung von Nichtgewerkschaftsmitgliedern überhaupt rechtlich abgesichtert ist.
Außerdem könnte man das ganze auch noch ausweiten auf andere Leistungen und vielleicht auch auf die Arbeitsbedingungen.
 
Mal ehrlich:
Welcher Arbeitgeber würde sich auf so einen Handel einlassen? Die haben doch ein starkes interesse daran, dass möglichst wenige Mitarbeiter organisiert sind, da machen die doch nicht noch Werbung für die Gewerkschaft!
 
Denia sagte, Ver.di wolle mit Arbeitgebern - vor allem bei Haustarifverträgen - Vereinbarungen darüber treffen, dass bestimmte Tarif-Bestandteile nur noch Gewerkschaftsmitgliedern zu Gute kämen.
Wunderbar, somit stellt sich Ver.di auf die Seite der Arbeitgeber, die in einigen Fällen erst jetzt erfahren wer nicht in der Gewerkschaft ist und so wissen wen sie unbesorgt beuteln können. Dies wäre wohl der Anfang vom Ende. Vielleicht zahlen die Arbeitgeber dann denjenigen die nicht in der Gewerkschaft sind einen Bonus um mehr zum Austritt zu bewegen...
 
Tarifverträge gelten schon jetzt nur für Gewerkschaftsmitglieder. Die Arbeitgeber wären aber schön blöd, wenn sie die tarifvertraglichen Leistungen nur diesen gewähren würden - denn kurz darauf wäre der Traum einer jeden Gewerkschaft von 100% Organisationsgrad erreicht.

Es war doch schon immer so, dass die Nichtmitglieder ebenso von Tariferhöhungen etc. profitieren. So lange die Mehrheit der Arbeitnehmer organisiert ist, ist dieses Modell auch nicht gefährdet.
Mit solch hirnverbrannten Ideen schießt man aber nur Eigentore - das käme einer Zwangsmitgliedschaft gleich, gerade in diesen Zeiten brauchen die Gewerkschaften aber Mitglieder, die freiwillig und gerne dabei sind.

Wenn die Leute denken, die Mitgliedschaft sei überflüssig, weil man die Lohnerhöhungen und den ganzen Rest sowieso bekommt, dann stimmt das aber nur so lange, wie diese Leute in der Minderheit sind.

Klar, es gibt keine großen Ziele mehr zu erreichen. Mitbestimmung, Kündigungsschutz, Arbeitszeitverkürzung, Urlaub - wo man hinschaut, durchaus zufriedenstellende Stände.
Diese aber gilt es zum Einen zu verteidigen, zum Anderen sinnvoll zu überarbeiten, und dafür wird die ganze Solidarität der Beschäftigten notwendig sein, über Betriebs- und Branchengrenzen hinaus.
Dafür wird es aber notwendig sein, dass an der Spitze der Gewerkschaften umgedacht wird. Man muss den eigenen Leuten auch mal unbequeme Wahrheiten zumuten und nicht immer nur auf den "Gegner" schimpfen, sonst droht langfristig der Zerfall.

Obwohl "meine" Gewerkschaft (IG Metall) in den letzten Jahren wahrlich kein gutes Bild abgegeben hat, bin ich nach wie vor überzeugtes Mitglied. Wie überzogen und realitätsfremd so manche Forderung auch gewesen sein mag - auf der anderen Seite herrscht die gleiche Unvernunft, daher wird nach wie vor ein starker Gegenpol gebraucht.
 
Dafür wird es aber notwendig sein, dass an der Spitze der Gewerkschaften umgedacht wird. Man muss den eigenen Leuten auch mal unbequeme Wahrheiten zumuten und nicht immer nur auf den "Gegner" schimpfen, sonst droht langfristig der Zerfall.

Genau so ist es und Gewerkschaftler sowie Politiker haben hier die gleiche Aufgabe: Offen und ehrlich die Probleme ansprechen und in der Fläche informieren.
 
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