Dass dieses Ding einer von Eichels verzweifelten Schnellschüssen ist, steht wohl außer Frage. Und dass jeder popelige Gartenbaubeamte dieses Gesetz nutzen könnte, um seinem Daimler-fahrenden Nachbarn eins auszuwischen, ist unerträglich, aber auch grundgesetzwidrig - und deswegen wird das BVG zumindest in diesem Punkt Änderungen fordern.
Trotzdem sollten wir uns mal vor Augen führen:
Der durchschnittliche Angestellte oder Arbeiter (und das ist immer noch der weitaus größte Teil der deutschen Bevölkerung) ist bereits bis in die hintersten Ecken seines Lebens gläsern.
1.) Das beginnt beim Antrag auf Steuerausgleich, der durch ein paar einfache Rechnungen auf Plausibilität geprüft wird. Schon hier fallen die meisten "merkwürdigen" Transaktionen auf. Im Sinne einer schnellen Abwicklung des Steuerausgleichs müssen diese Merkwürdigkeiten nicht sofort klargestellt werden. Man kann sie auch nächstes oder übernächstes Jahr zusammen mit den neuen Daten abprüfen.
2.) Weiter geht es, wenn unser kleiner deutscher Michel z.B. arbeitslos wird.
In den Hartz-IV-Anträgen wird er gezwungen, sein gesamtes Finanzgebaren offenzulegen. Seine olle Socke wird durchsichtig. Schließlich soll er ja die paar Überlebenskröten aus dem Steuersäckel nicht unberechtigt kassieren dürfen.
3.) Fast jeder Deutsche, der ein Konto hat, ist bereits bei der SCHUFA erfasst. Das heißt, dieser private (
!!!) Verein hat bereits Datensätze über jeden gespeichert, auch wenn der seine Raten bei Quelle immer regelmäßig bezahlt hat. Und hier werden sogar Größenangaben von Kontenbewegungen gespeichert, wenn auch nur
ein Negativmerkmal (z. B. verspätete Zahlung einer Rate) gemeldet wurde. (Eichels Gesetz sieht bisher nur eine Kontenorganisationsübersicht vor. Auskünfte über die
Höhe einer Kontenbewegung müssten mit Hilfe der bereits bestehenden Gesetze eingeholt werden.)
Diese Meldungen erfolgen nach subjektiver Einschätzung der jeweiligen Mitglieder der SCHUFA. Im Klartext heißt dies, dass ein kleiner Angestellter der Quelle-Mahnabteilung (oder Otto, Neckermann, aber auch der Hausbank u.v.m.,) entscheidet, ob Du einen Negativeintrag in den Daten der SCHUFA bekommst. Du merkst das erst mal gar nicht.
Weiter: Die SCHUFA gibt jeder ihrer Mitgliederfirmen Auskunft. Außerdem gibt sie die Daten auch an andere Interessierte weiter, wie z.B. Kreditversicherern oder Kreditschutzgemeinschaften, die wiederum eigene Datenbanken unterhalten.
Außerdem: z.B. werden im Internet Deine persönlichen Vorlieben gelegentlich
abgefragt und gespeichert. Auch solche, die nur durch Dein Verhalten, nicht durch Deine Angaben offenbar werden. Wenn bei dem Versandhaus Deiner Wahl zufällig jemand auf die Idee kommt, diese Datei mit denen der Schufa abzugleichen, was glaubst Du, wieviele Geheimnisse Du noch hättest?
Nochmals Klartext: Du
bist bereits durchsichtig, und Deine - Dir unbekannten - Daten werden qua Entscheidung kleiner Angestellter auf privatrechtlicher Basis weitergegeben.
Hier versucht Eichel nun, ein Gleiches für den Staat einzurichten. Und wenn das Gesetz durchgekommen ist, ist es nicht alleine ein Kind Eichels. Es wäre sehr unfair, ihm das jetzt persönlich anzulasten.
Bei einem Gesetzgebungsverfahren stimmt der ganze Bundestag inklusive Opposition ab. In den Ausschüssen, die Gesetzesvorlagen entwerfen, sind ALLE Parteien des Bundestags ihren Größenverhältnissen entsprechend abgebildet. Außerdem muss das Gesetz noch durch den Bundesrat, wo die Länder ihren Teil der Kontrolle ausüben. Das alles bedeutet, dass dieses Gesetz sehr deutlich, wie Merkel mal sagte, "auch die Handschrift der CDU trägt". Und die FDP, die jetzt so laut mosert, war auch mit dabei. Dies sollten wir nicht vergessen, wenn´s zu den nächsten Wahlen geht.
Aber mal weiter:
Welche Möglichkeiten hat denn ein Staat, Steuerehrlichkeit durchzusetzen?
Es ist in Deutschland, gerade durch die verzwickte Steuergesetzgebung, bei der jeder Deutsche sich mal hier, mal da, zu einer subventionierten Minderheit zählen darf, zu einem Volkssport geworden, die Steuern zu hinterziehen.
Schönfärbereien durch kreative Buchführung sind nicht nur ein Privileg des Finanzministers. Wenn hier ständig auf ihn gedeutet wird, sieht das für mich aus wie: "Schnappt Euch den Dieb, der hat mir das Geklaute geklaut!" Außerdem kommen die Fingerzeige auf den jeweiligen Finanzminister immer zuerst aus den Reihen der Best-Verdienenden. Das gemeine Volk vernimmt es (natürlich gar nie nicht aus der Bildzeitung, die lesen alle ja nur wegen des tollen Sporttteils), und plappert die Vorwürfe nach, weil sie ja auch auf Michel Durchschnitt zutreffen, mit seinen kleinen Tricksereien.
Das Gesetz zielt bei aller mit der heißen Nadel gestrickten Unzulänglichkeit aber in die Richtung derer, die wirklich nennenswerte Beträge hinterziehen. Und hier wird auch deutlich, warum sich CDU und FDP plötzlich in der Öffentlichkeit gegen das von ihnen mitgetragene Gesetz wenden: Ihrer eigentlichen Klientel geht es an den Kragen.
Unsere "Leistungs-Elite" sorgt doch schon von Geburt an für Steuer-Unehrlichkeit. Jedenfalls in ihren eigenen Reihen.
Da wird dem neuen Sprößling des Herrn Breuer schnell mal ein Konto in einem Land eröffnet, das ggü. Deutschland nicht auskunftpflichtig ist.
Der durchschnittliche Sohnemann dagegen kriegt das obligatorische 20-€-Sparbuch der Sparkasse von der Omma und ist damit schon potentieller SCHUFA-Kandidat.
Dass der Breuer-Erbe und seine kleinen Kumpels den richtigen Weg zum Welt-Ökonomen einschlagen, selbst wenn sie hirnlose Idioten sind, wird durch private Kontakte diskret geregelt. Dass hier das wie auch immer erworbene Geld des Herrn Papa eine Rolle spielt, kann auch nur vermutet werden. Aber ist das so unwahrscheinlich? Jedenfalls ist es
möglich, dass der eine oder andere Privatlehrer sich unversteuert ein kleines Extra-Gehalt verdient. Und was möglich ist, wird bei Breuers, Ackermann und Konsorten auch gemacht.
Der 08/15-Filius wird durch eine Ausbildungsversicherung auf den rechten Weg gebracht. Versicherungen? Tja, die sind (Gründungs-)Mitglieder bei der SCHUFA.
Das Studium in Harvard wird durch eine kleine Spende ermöglicht, Amerikaner sind ja für alles offen, was nach Knete riecht. Der Facharbeiter-Sohnemann dagegen beantragt Bafög für ne Provinz-Uni in Hintertupfingen, wobei er eine lückenlose Einkommensbescheinigung über den Vater vorlegen muss. Wie die im Hause Klaus Esser aussehen würde, möcht ich gerne wissen. Aber der braucht sowas ja nicht.
Weitere Beispiele sind täglich in der "Neid"-presse
zu lesen. Schließlich haben diese Jungs ihr Geld ehrlich verdient und immer den Höchststeuersatz murrend, aber willig gezahlt. Und außerdem auch ihre Parteispenden ordentlich und korrekt abgewickelt. Steuerfrei, versteht sich.
Es wäre also zumindest im Gegenzug zu fordern, dass
sämtliche Einkünfte sowie Bankbewegungen offen gelegt werden, auch die von Bankvorständern und Politiküssen.
Die SPD hat zu Beginn ihrer Regierungszeit Gesetze auf den Weg gebracht, die den (von
niemandem (!!!)) in tatsächlicher Höhe gezahlten Spitzensteuersatz gesenkt haben, sie hat den multinational operierenden Unternehmen die Möglichkeit geschenkt, Verlust- und Gewinnfortschreibung beliebig zwischen den einzelnen Unternehmen hin und her zu schieben, so dass sie in Deutschland zwar steuerpflichtig sind, ihre reale Steuerschuld über die Abschreibung aber wieder minimieren können. Sie hat verschiedene (Kohl-)Gesetze so modifiziert. dass ausländische Unternehmen hier beinahe steuerfrei investieren können. Dies alles nur, um die Konjunktur anzukurbeln, damit Schröder sein Versprechen zu den Arbeitslosenzahlen einlösen konnte.
Die Firmen haben sich geweigert, einer ("sozialistischen" *ggg*) Regierung den Gefallen eines Aufschwungs zu tun, stattdessen haben sie versucht, durch Pessimismus und Miesepeterei den in den letzten 50 Jahren erreichten sozialpolitischen Konsens aufzubrechen und eine moderne Form der Sklavenhalterei einzuführen. Dies alles bei ständig steigenden Gewinnen sowie Bezügen der Vorstandsetagen. Auf diese allerdings wurden alle alten und neuen Steuermöglichkeiten angewendet.
Die vom Aufschwung erhofften Steuereinnahmen blieben aus, dies ist die Hauptursache für das augenblickliche finanzpolitische Desaster.
De facto sieht es also so aus, dass die Firmen weiter so wursteln wie bisher, ohne sich ihrer Verantwortung zu stellen, die sie im Austausch gegen Steuerleichterungen eigentlich auf sich nehmen müssten.
Aber man kann ja auch alle Vorteile wahrnehmen, die Verantwortung ablehnen und der großen Masse mit dem Wort "Globalisierung" (Existenz-)Angst einjagen, so dass es weiterhin die Klamotten dieser verantwortungslosen Firmen kauft, nur um die Firma in Deutschland zu halten.
Unter anderem also auch noch ein billiger Reklametrick bei eigentlich negativem Image.
Es bleibt die Frage:
Welche Vorschläge hättet
Ihr denn, wenn Ihr Eichels Berater wärt?
Stellt Euch mal vor, Ihr hättet die Verantwortung.
Edit: Zusatzfrage: Wie würdet Ihr denn die Finanzierungsströme von Terroristen überwachen wollen?