Aufgaben des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident hat die üblichen Funktionen eines Staatsoberhauptes.
Dazu gehören:
Die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland nach innen und außen; nach innen durch sein öffentliches Auftreten bei staatlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen, durch Reden bei besonderen Anlässen, durch Besuche in den Bundesländern und Gemeinden; nach außen durch Staatsbesuche und den Empfang ausländischer Staatsgäste;
Die völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland: durch Unterzeichnung der Verträge mit anderen Staaten; durch förmliche Bestellung (Beglaubigung) der deutschen diplomatischen Vertreter und die Entgegennahme der Beglaubigungsschreiben der ausländischen Diplomaten.
Bei der Wahrnehmung weiterer Rechte kann der Bundespräsident nicht selbständig, sondern nur im Zusammenwirken mit anderen Verfassungsorganen handeln. Seine Anordnungen und Verfügungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister (Art. 58 GG). Damit übernehmen diese die politisch-parlamentarische Verantwortung, der Bundespräsident trägt keine unmittelbare Verantwortung. Das gilt für die:
Unterzeichnung (Ausfertigung) von Gesetzen (Art. 82 GG): Der Bundespräsident muss sie unterzeichnen. Umstritten ist, wie weit sein Recht zu prüfen reicht, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist; 1991 hat sich beispielsweise Bundespräsident von Weizsäcker geweigert, das Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung zu unterzeichnen, weil nach Art. 87 GG die »Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verantwortung geführt« wird.
Ernennung von Bundesministern (Art. 64 GG): Der Bundespräsident muss die vom Bundeskanzler vorgeschlagenen Bundesminister ernennen und entlassen; er kann lediglich Bedenken gegen einen Ministerkandidaten geltend machen, ablehnen könnte er ihn allenfalls wegen Amtsmissbrauchs oder Straftaten.
Ernennung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren (Art. 60 Abs. 1 GG): Auch hier wird der Bundespräsident den Vorschlägen der Regierung oder anderer Verfassungsorgane folgen, außer bei extremen Fehlentscheidungen; Bundespräsident Lübke hat beispielsweise die Ernennung eines Bundesrichters wegen dessen NS-Vergangenheit abgelehnt.
Der Bundespräsident übt nach Art. 60 Abs. 2 GG für den Bund das Begnadigungsrecht aus.
Politisch eigenständig handeln kann der Bundespräsident in bestimmten parlamentarischen Krisensituationen:
Erhält bei der Kanzlerwahl ein Kandidat auch im dritten Wahlgang nicht die absolute, sondern nur die einfache Mehrheit, kann der Bundespräsident ihn zum Kanzler einer Minderheitenregierung ernennen oder den Bundestag auflösen und Neuwahlen herbeiführen (Art. 63 Abs. 4 GG). Angesichts stabiler Mehrheiten ist dieser Fall bisher nicht eingetreten.
Findet der Bundeskanzler bei einer Vertrauensabstimmung keine Mehrheit, kann der Bundespräsident auf Antrag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen (Art. 68 GG).
Zu einer Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten ist es gekommen, als Willy Brandt 1972 und Helmut Kohl 1982 einen entsprechenden Antrag stellten, um Neuwahlen herbeizuführen und eine sichere Mehrheit zu bekommen.