Diskussion Urlaubsanspruch während Elternzeit?

chmul

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Helft mir mal auf die Sprünge. Ich habe eben gelesen, dass das Bundesarbeitsgericht einem Arbeitgeber Recht gegeben hat, der einer Mitarbeiterin den Urlaubsanspruch während der dreijährigen Elternzeit gekürzt hatte. Ebenbso gab es einen Fall in dem eine Frau ebenfalls ca. drei Jahre unbezahlten Sonderurlaub genommen hat und dafür ebenfalls Urlaubsanspruch geltend machen wollte.

Wie kann es sein, dass jemand, der über Jahre nicht zur Arbeit kommt (Elternzeit), Anspruch auf Urlaub hat, wenn es der Arbeitgeber vorher nicht ausdrücklich ankündigt, dass der Anspruch gekürzt wird?

Und wie kommt jemand darauf Urlaubsanspruch zu erwerben, wenn er drei Jahre lang Urlaub hat?

Ich dachte immer Urlaub müsse gewährt werden, damit der Arbeitnehmer sich erholen kann, um in der übrigen Zeit seine Arbeitsleistung zu erbringen. Wo ist die Logik, wenn der Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung verzichten aber dennoch Urlaub gewähren muss?

Verstehe ich nicht.

Quelle
 
Kommt aufs Gleiche raus, wenn man hier Monate lang krank ist. Man kommt aus dem Krank zurück und nimmt erstmal seinen Urlaubsanspruch. Man erholt sich sozusagen von nichts tun während der Genesung. Ergibt aus meiner Sicht keinen Sinn, ist aber so.
Nach einem solchen Gedankengang fehlen mir dann immer irgendwie die Leute, denen Deutschland viel zu unsozial und gemein und überhaupt ist.
 
Für mich ist so ein Verhalten asozial. Und warum der AG das vorher ankündigen muss, ist auch typisch für unsere Gesellschaft. Geben und Nehmen war gestern.

Ich habe in meinem Berufsleben viele Überstunden mir nicht bezahlen lassen. Aber ich habe durch mein Weiterkommen in der Firma auch einen Ausgleich gehabt. Und ganz nebenbei, die Arbeit hat mir auch noch Spaß gemacht.

Ich sehe das auch so, wenn jemand unbezahlte freie Zeit für persönliche Anliegen hat, dann ist das etwas anderes, als wenn man in der aktiven Arbeitszeit krank geschrieben wird. Dann konnte man nicht arbeiten und das andere ist, wenn man aus persönlichen Gründen sich freistellen lässt.

Heftig finde ich zudem, dass mit so einem Scheiß oberste Gerichte beschäftigt werden.
Ich stelle mir gerade vor, wie so etwas in einer kleinen Firma laufen könnte, wenn dort jemand erst jahrelang fehlt und dann mit einen Urlaubsanspruch bei der Wiederkehr um die Fichte kommt und die Hand aufhält. Geht's noch? :stupid
 
Wir stolpern hier über die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen. Leider ist der Artikel der Tagesschau (der Link von chmul) dort recht vage.

Es ist durchaus möglich in der Elternzeit bis zu 30 Stunden die Woche in der gleichen Firma Teilzeit zu arbeiten. Dann ist man in Elternzeit und häuft Anspruch auf Urlaub an. Wer jedoch nicht arbeitet, häuft auch nix an. Jedoch wird eventueller Resturlaub, den man vor der Elternzeit hatte übertragen. Außer man arbeitet in Teilzeit. Dann verfällt dieser Urlaub nach den Bestimmungen.

Besonders dieser Block aus dem Link ist halt ziemlich dünn:

Im konkreten Fall war die als Assistentin der Geschäftsleitung angestellte Klägerin
von Anfang Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Im
März 2016 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2016 und wollte in der
Zwischenzeit ihren Urlaub nehmen. Der Arbeitgeber kam dem nicht nach. Die knapp
90 Urlaubstage während der drei Jahre Elternzeit hatte er anteilig gekürzt.

Für den Dezember 2015 häuft sie noch Urlaub an. Genauso in ihrer Arbeitszeit von Januar bis März 2016. Neunzig Tage sind das nicht, außer sie hätte in Teilzeit bei der gleichen Firma gearbeitet. Ob sie das nun tat oder nicht, geht aus dem Artikel nicht hervor.

Die ganze Irritation konnte dadurch entstehen, das im Bundesurlaubsgesetz steht:
Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat (BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 8 mwN zur st. Rspr., BAGE 142, 371). Der Senat hat bereits entschieden, dass auch dann Urlaubsansprüche entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis ruht und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses darauf zurückzuführen ist, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erfüllen kann (BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 13 ff., aaO). QUELLE

Erst jetzt durch diese Klagen hat der Senat die Umrechnung im Falle von Sonderurlaub überhaupt erst vorgenommen.
Der Senat hat diese Umrechnung in Fällen des Sonderurlaubs bisher nicht vorgenommen. An dieser Rechtsprechung (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – Rn. 11 ff., BAGE 148, 115) hält der Senat nicht fest. Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führt dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht. QUELLE

Auf gut Deutsch: Der Senat hat seine Arbeit bisher nicht ordentlich gemacht und jemand hat versucht diese Lücke auszunutzen. Steht ja im Gesetz. ;)

Genaueres zu Elternzeit steht übrigens hier: https://familienportal.de/familienportal/familienleistungen/elternzeit
 
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